--><font size="4">Mit der Zinswaffe gegen das Böse </font>
Computerspiele zur Geldpolitik fordern selbst Zentralbanker heraus
Frankfurt/Main - Als Matti Vanhala, Präsident der finnischen Zentralbank und Mitglied im Europäischen Zentralbankrat, vor kurzem die Zinsen nach seinen eigenen Vorstellungen festsetzen konnte, kam es zu einer Hyperinflation. Glücklicherweise nur im Computerspiel.
"Tomb Raider" war gestern - heute gibt es"Mission Bundesbank", wo der Held das Böse nur mit Hilfe der Zinswaffe kämpft. In Frankfurt wie in Stockholm und Helsinki bieten Zentralbanken auf ihren Websites Computerspiele an, um den Bürgern die Geldpolitik näher zu bringen. Und das offenbar mit Erfolg: Das im Oktober eingeführte Bundesbank-Spiel verzeichnete in der ersten Woche bereits 10 000 Mitspieler.
Wer sich wie ein Zentralbankchef fühlen will, muss wirtschaftlichen Schocks entgegenarbeiten und sich außerdem mit der nicht immer freundlich gesonnenen Presse herumschlagen. Setzt ein Spieler die Zinsen nicht richtig fest, drohen galoppierende Inflation, Straßenschlachten vor der Zentralbank und schließlich der Rausschmiss. Auch wer zögert, wird bestraft. Thorsten Polleit, Volkswirt bei Barclays Capital in Frankfurt, grübelte bei seinem ersten Versuch zu lange über einem Datenwust von Geldangebot bis Industrieproduktion und wurde von einem Crash am Aktienmarkt aus der Kurve getragen. Ergebnis: eine deflationäre Spirale und Zeitungsschlagzeilen, die seinen Rücktritt ankündigten.
Erfolgreiche Zentralbankspieler sichern dagegen nicht nur ihrer Volkswirtschaft Preisstabilität, sondern können auch die Früchte ihrer Anstrengungen ernten. Polleit schaffte es im dritten Anlauf bis in den EZB-Zentralbankrat, nachdem er die Inflation während seiner zehnjährigen Amtszeit bei etwa zwei Prozent halten konnte."Das weckt ein bisschen Sympathie für die Zentralbanker", berichtet Polleit, der zwei Expertengruppen angehört, die die EZB beobachten.
Bei"Mission Bundesbank" muss der Spieler als Agent ein geheimes Labyrinth unter dem Hauptsitz der Bundesbank in Frankfurt erkunden. Action spielt allerdings eine kleinere Rolle als Wissen: Weiter kommt man, indem man Fragen zu Themen wie Geldangebot und Devisenhandel richtig beantwortet. Bei dem von der Riksbank in Schweden angebotenen"Stargold"-Spiel muss der Spieler mit einem Raumschiff Gefahren ausweichen und dabei die Geschwindigkeit unter Kontrolle halten. Das Schiff stellt die schwedische Wirtschaft dar, die Geschwindigkeit entspricht der Inflation.
"Kinder und Studenten mögen so etwas", sagt Otmar Issing, Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, der früher als Universitätsprofessor tätig war."Ich habe solche Computermodelle in meinen Kursen verwendet." In Finnland wollen die Lehrer das Spiel im Unterricht einsetzen. Um die Geheimnisse der Geldpolitik ganz zu entschlüsseln, dürften die Zentralbank-Fans allerdings auf eher konventionelle Lernmethoden angewiesen sein, meinen die Zentralbanker."Es ist nett - aber kein Ersatz fürs Lesen", betont Issing, Autor eines Buchs zur"Einführung in die Geldpolitik". Bloomberg
|