JoBar
06.12.2003, 10:37 |
Deitsche Zukunft? Die Australier sollen das Arzthonorar künftig vorschießen Thread gesperrt |
--><h3>Die Australier sollen das Arzthonorar künftig vorschießen</h3>
Nur Sozialhilfeempfänger und Kinder werden noch kostenlos behandelt / Regierung reformiert staatliche Krankenversicherung
"Medicare Plus" - so heißt das neuartige Krankenversicherungs-Modell, das die liberalkonservative Regierung in Australien in diesen Tagen dem Bundes-Parlament in Canberra vorgelegt hat. Die Initiative soll das kränkelnde Gesundheitssystem kurieren.
BORIS B. BEHRSING
Canberra · 5. Dezember · Jeder Arbeitnehmer zahlt mit seinen Steuern eine Umlage von 1,5 Prozent seines Einkommens für die staatliche Krankenversicherung. Bis vor kurzem sicherte ihm dies eine kostenlose ärztliche Behandlung und freien Aufenthalt in einem öffentlichen Krankenhaus zu - wenn dort gerade ein Bett frei war. Doch das 1975 aus der Taufe gehobene Medicare-System ist unter starkem Druck. Nun will der australische Bund 2,4 Milliarden australische Dollar (1,44 Milliarden Euro) in die aufgemöbelte Gesundheitspflege seiner Bürger investieren, 1,5 Milliarden australische Dollar mehr als ursprünglich anvisiert war.
Seit Jahren klagen die Ärzte, dass die von der Regierung erstatteten Behandlungskosten von 35 Dollar pro Fall zu niedrig seien. Nicht selten hängen Mediziner ihre Stethoskope an den Nagel, gehen frühzeitig in den Ruhestand oder wechseln den Beruf. Mehr und mehr Ärzte stellen das"Bulk-Billing" für Patientenbesuche - das direkte Abrechnen der Gebühren mit der australischen Gesundheits-Kommission - ein. So müssen viele Patienten beim Besuch ihres Arztes gleich die volle Gebühr auf den Kassentisch legen. Davon zahlt ihnen Medicare zwar 80 Prozent zurück. Aber selbst das Auslegen des Betrages fällt vielen Australiern schwer, vor allem dann, wenn sie mehrere kranke Kinder haben. Dass die Warteräume heute oft leer bleiben, ist eine Reaktion von verärgerten Australiern. Die letztjährige Bilanz: Die Zahl der Patientenbesuche ging um drei Millionen auf 96,97 Millionen zurück.
Nahezu jeder Australier sieht die freie Behandlung als ein durch die gezahlte Umlage erworbenes Recht an. Doch in Zukunft wird dieses Recht nur Sozialhilfeempfängern und Kindern bis zum 16. Lebensjahr garantiert. Für die Mediziner, die die Behandlung der Kranken aus dieser Gruppe weiterhin direkt bei der Medicare-Behörde abrechnen, sieht der neue Plan die Zahlung von zusätzlich fünf australischen Dollar (drei Euro) für jeden Fall vor.
Für jene Australier, die die vollen Arztgebühren nun aus eigener Tasche vorlegen müssen, wird allerdings von der Regierung ein"Sicherheitsnetz" ausgeworfen: Wessen Einkommen 115 000 australische Dollar im Jahr nicht übersteigt, der muss in diesem Zeitraum Arztrechnungen in Gesamthöhe bis 500 Dollar (etwa 300 Euro) auslegen. 80 Prozent der Ausgaben bekommt er von Medicare zurück. Die Schwelle für Höherverdienende liegt bei 1000 Dollar bezahlter Arztrechnungen.
Die Regierung plant im Übrigen, 1500 neue Ärzte ins Gesundheitssystem einzuführen, die Hälfte von ihnen soll im Ausland angeworben werden. Sie sind vor allem für die entlegenen Landgebiete vorgesehen, in denen der Ärztemangel besonders gravierend ist. Auch 1600 zusätzliche Krankenschwestern stehen auf dem Wunschzettel der Regierung. Die zusätzlichen Ärzte würden den Wettbewerb in dieser Berufssparte verstärken und zu mehr Praxen mit"Bulk-Billing" führen, hofft der neue Bundesgesundheitsminister Tony Abbot.
Premierminister Howard hat den Senat beschworen, das neue Modell noch vor Weihnachten zu verabschieden. Selbst die Ärztekammer hat ihr Einverständnis mit dem neuen Gesundheits-Programm bekundet. Aber im Oberhaus dominieren die Oppositionsparteien und Unabhängigen. Die Grünen fordern jetzt eine Untersuchungskommission, die"Medicare Plus" unter die Lupe nehmen soll. Angepeilt wird vor allem eine Senkung der Sicherheitsnetz-Schwelle für die Wenigverdienenden auf 300 Dollar. Labor will die Kommission außerdem dazu bewegen, die"Bulk-Billing"-Provision von bisher Sozialhilfeempfängern und Kindern auf die gesamte Bevölkerung auszuweiten, damit alle Australier sich kostenlos von ihrem Arzt behandeln lassen können. Das würde freilich die Kosten des Medicare-Systems um voraussichtlich 400 Millionen Austral-Dollar verteuern.
Grüße
J
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Silver_Bullet
06.12.2003, 14:22
@ JoBar
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Find ich OK, mehr Eigenverantwortung ist gefragt... |
-->Ich bin vom Ende der 60er bis in die 80er in Australien groß geworden.
Das musste man, wenn man mal wirklich zum Arzt ist 12 Dollar an der Rezeption hinlegen, um überhaupt für einen Termin angenommen zu werden.
Das meiste wurde daheim gelöst und war dann erledigt.
Somit hatten die Ärzte auch wenig Gelegenheit rumzupfuschen und leuten Angst zu machen ;-)
Das Krankensystem hier dient im Gro ja nur der Pharma- und Apothekerindustrie.
Bei so einer Flächendeckenden"Versorgung" wie hierzulande seit Jahrzehnten, müsste doch die Bevölkerung richtig gesund sein. Ist sie aber nicht und es wird zunehmend schlimmer. Das gilt es zu überlegen was schiefgelaufen ist.
Bei Unfallchirurgie respektiere die Medizin sehr. Daher finde ich eine Unfallversicherung als sinnvoll. Den ganzen anderen Mist (Z.B. Erkältungen etc. ) kann mann getrost selber auskurieren, da hilft auch bewiesenermaßen keine Medizin weiter. Bei der nächsten"Grippewelle" rennen alle zum Doc, verursachen horrende Kosten, bei etwas was eh von alleine wieder weggeht.
Es gibt natürlich viele Ausnahmesituationen, aber die Grundüberlegung des erstmal-was-Zahlens finde ich gut. Da rennen die Leute dann nicht mehr los, weil es kost ja eh nix. Das Argument habe ich schon oft genug gehört. Das die Menschen hier ein Großteil davon mit den KK-Beiträgen finanzieren
ist ja klar, aber vielen anscheinend nicht bewusst genug.
Gleich Cash hinlegen vermittelt in meinen Augen eher das Ursache-Wirkungsprinzip und fordert mehr Transparenz sowie Eigenverantwortung.
So, das wollte ich mal loswerden
ein schönes Wochenende
Silver_Bullet
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Karl52
06.12.2003, 22:14
@ Silver_Bullet
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Re: Find ich OK, mehr Eigenverantwortung ist gefragt... |
-->Von Unfallsituationen ausgenommen, sach ich datt ma mit Eugen Roth:
"Was bringt den Doktor um sein Brot?
a) die Gesundheit, b) der Tod.
Drum hält er uns, auf daß er lebe,
zwischen beiden in der Schwebe."
Gab's da nicht mal eine Pressemeldung anläßlich eines Ärztestreiks, währenddessen die Sterblichkeit dramatisch zurückgegangen ist; der Streik soll seinerzeit vier Wochen gedauert haben, statistisch signifikant immerhin.
Könnte da ein Zuammenhang bestehen? Ist nicht Zardoz, gerade mal ein schlappes halbes Jahrhundert alt, stolz darauf, immer noch keinen Hausarzt zu haben?
Gruß zur Nacht, Karl
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- Elli -
06.12.2003, 22:20
@ Karl52
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Re: @Karl52 - Ärztetreik... |
-->>Gab's da nicht mal eine Pressemeldung anläßlich eines Ärztestreiks, währenddessen die Sterblichkeit dramatisch zurückgegangen ist; der Streik soll seinerzeit vier Wochen gedauert haben, statistisch signifikant immerhin.
>Könnte da ein Zuammenhang bestehen? Ist nicht Zardoz, gerade mal ein schlappes halbes Jahrhundert alt, stolz darauf, immer noch keinen Hausarzt zu haben?
>Gruß zur Nacht, Karl
Genau das hat Turon 10 Min. vorher geschrieben:
"...Bei einem einmonatigen Ärztestreik in Israel sank die
Zahl der Krankenhausaufnahmen um 85 % und die Zahl der
Sterbefälle um 50 %. In Kolumbien gingen bei einem
Ärztestreik von 52 Tagen die Sterbefälle um 35 % zurück...."
http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/239839.htm
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Karl52
07.12.2003, 05:42
@ - Elli -
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Re: @Karl52 - Ärztetreik... |
-->Sorry, hatte ich auf die Schnelle übersehen.
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