dottore
11.12.2003, 12:30 |
@Galiani zu Hayek, der Historiographie und David Hakett Fischer Thread gesperrt |
-->Hi,
danke für den Aufsatz. Er ist äußerst schwach. Warum?
1. H. will letztlich darauf hinaus, dass Theoretiker die Historiographie missbrauchen, um ein "political ideal or concept" darzustellen, zu erreichen, zu fordern oder durchzusetzen. Dafür führt er die üblichen Verdächtigen an, von Marx bis Sidney & Beatrice Webb, auch der arme Sombart ist dran. Das ist ein alter Hut und jedermann weiß, dass Geschichtsschreibung"biased" ist. Das geht bei den Hofgeschichtsschreibern der Antike los (Polybios, Livius!) und ist bis heute Standard.
2. Er kann sich dazu jeden beliebigen Historiker vornehmen. Da haben wir Sozialisten wie aktuell noch Hobsbawm (will das Los der Arbeitsklasse, auch Hayek spricht von"working class", verbessern), Nationalisten, Anbeter"großer Männer" (Gall und Bismarck, auch Hägermann), Sezierer historischer Verbrecher (Fest), Internationalisten, Reichs-Kritiker (Fischer"Griff nach der Weltmacht"), usw. usw. Es gibt Braudel, die Schule der"Annales", die Hagiographen, und weiteres en masse.
3. Das Thema hatte D.H. Fischer in"Historians' Fallacies - Toward a Logic of Historical Thought" 1970 umfangreich behandelt und praktisch der gesamten Zunft ein Cannae bereitet, vor allem der"New Left", gegen die sich Hayek in Form der"Old Left" Englands ebenfalls wendet (das Whig-Problem). Er schreibt (307)"Any serious attempt to answer the question 'What is good history?' leads quickly to another - namely 'What is good for?'"
4. Der Historiker, den H. im Auge hat, will also etwas erreichen: Er ist einen Schritt näher an der"direct power over public opinion" als der Theoretiker, was impliziert, dass sich aus der öffentlichen Meinung schließlich etwas ergibt, das man"Veränderung zu jeweiligen Zustände" nennen kann. Davon bin ich so weit entfernt wie nur vorstellbar. Weder interessiert mich die öffentliche Meinung noch will ich sie beeinflussen oder über diese Beeinflussung irgendwelche"Veränderungen" herbeiführen. Meine Karriere als"Weltverbesserer" darf ich als definitiv beendet vermelden - unbeschadet lustiger Beiträge, die ich dazu noch zu publizieren pflege. Demnächst sogar ein Buch zum Thema, wie Deutschland"endlich" wieder vorankommen könnte.
5. Das mit dem Wunsch nach"Veränderungen" ist schon deshalb ganz ausgeschlossen, da ich mit der Kernthese, dass wir es bei Staat und Wirtschaft mit einem unlösbaren Problem zu tun haben, wohl kaum reüssieren könnte, da das Publikum ja Lösungen fordert und nicht den Hinweis darauf, dass es keine gibt - außer Vertagungen und Prolongationen. Ich kann nur darstellen, was wie gewesen war und dass wir es mit einer Wiederholung des Macht-Durchlaufs zu tun haben und wie der möglicherweise weiterhin ablaufen wird - als Variante früherer Abläufe: Aufstieg und Niedergang eben. Diesem Ablauf zu entkommen, ist ganz unmöglich, weil Systeme, die bewaffneten Zwang in Krieg und Frieden einsetzen, ohne Wenn und Aber scheitern müssen.
6. Die sog."Freiheitsrechte" werden der Macht abgerungen (sie zediert niemals freiwillig) und laufen in ihrer"positiven" Wirkung (z.B. dem von Marx/Engels schon im Kommunistischen Manifest so sehr bewunderten Sturmlauf der"Bourgeoisie") aus, sobald die Macht nicht weitere Rechte zedieren kann. H. denkt in seiner immensen, weltfern-professoralen Schlichtheit, die Geschichte"ende" im allgemeinen Wohlstand, wenn nur der"liberale Kapitalismus" mit"freiheitlich-demokratischen" Girlanden geschmückt endlich und ein für alle Mal etabliert sei. So ähnlich lasen wir es schon bei Milton Friedman ("Kapitalismus und Freiheit", von mir damals übersetzt und zutiefst bejaht und bewundert) und zuletzt bei Francis Fukuyama ("The End of History","Capitalism and Democracy" usw.). Das ist alles wishful thinking und alberne Heilslehrerei.
7. H. verkauft auch Selbstverständlichkeiten, wie jene:"The recognition that the working class (Klasse! - wie feinsinnig vom adeligen Staatsrentner und Lebenszeitbeamten formuliert) as a whole benefited from the rise of modern industry is of course entirely compatible with the fact that some individuals or groups in this as well as other classes may for a time have suffered from its results." Als ob es jemals anders gewesen wäre! Dass er dann aber gleich mit einer "new order" (Werte-Faschist, ick hör' Dir trapsen!) daherkommt, erledigt seinen ganzen Gedankengang. Denn er vollzieht damit nichts anderes als jene, die er kritisiert. Denn die wollen ja auch eine"new order" erreichen mit dem was sie aus der Geschichte saugen bzw. in ihren Hirnen theoretisieren.
8. Ich darf nochmals anmerken, dass mir keinerlei"new order" vorschwebt und ich weder eine"old order" zurücksehne noch eine"completely other order" im Sinn habe oder mir als"Ziel" vorstellen kann - ganz abgesehen davon, dass der bewaffnete Zwang, einmal in die Geschichte gekommen, nicht mehr aus ihr verschwinden wird (die Haltbarkeit von Waffen aller Art übersteigt weit jeden Zeithorizont, den wir uns vorstellen können, abgesehen auch davon, dass ihr Einsatz als Zwangsmittel permanent verfeinert wird, man erinnere sich nur an die 7.000 bewaffneten Zöllner, die auf Schwarzarbeiterfang unterwegs sind).
9. Was D.H. Fischer als historischen"Utilitarismus" zum Schluss anbietet (also, was"nützt" es, sich mit der Geschichte überhaupt zu beschäftigen) gebe ich gern noch weiter (315 f.):
a) Zusammenhänge klar machen, in denen aktuelle Probleme auftreten.
b) Verstehen, was uns in Zukunft erwartet.
c) Eine"wenn - dann"-Matrix aufstellen.
d) Ermitteln, wo wir uns gerade befinden.
Das hat absolut nichts mit den Hayekschen "Werten" zu tun ("definite values"), sondern ist eine völlig kalte und leidenschaftslose Analyse, die jeder Einzelne für sich und in seinen eigenen Interesse anstellen (oder auch lassen) kann.
Aus der Geschichte lernt man nicht, um irgendetwas"zu verändern", was außerhalb der ganz privaten Sphäre liegt und ergo "anderen" nahe zu legen oder aufzuzwingen wäre. Geschichte ist ausschließlich dazu da, um seinen eigenen Vorteil daraus zu ziehen, wobei man die Fischer'schen Punkte gut gebrauchen kann.
10. Dass auch Fischer mit Kindereien endet ("Men must learn to live in peace with other men if they are to live at all" - kommt uns diese Sentenz nicht irgendwie bekannt vor? Lauschen wir ihr nicht schon seit 3000 oder so Jahren?), kann nicht überraschen, da auch Fischer ein Historiker ist. Sein schließender Appell an die Vernunft ist die Hilflosigkeit selbt:"Reason is indeed a pathetically frail weapon... But it is the only (kursiv von ihm) weapon we have." Die"Waffe" der Vernunft gegen eine Glock 20, von WMDs ganz zu schweigen - wie putzig!
Gruß!
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Zardoz
11.12.2003, 13:03
@ dottore
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Besten Dank... |
-->... für diese wunderbar knappe Zusammenfassung dessen, was mich auch schon länger umtreibt.
>Aus der Geschichte lernt man nicht, um irgendetwas"zu verändern", was außerhalb der ganz privaten Sphäre liegt und ergo "anderen" nahe zu legen oder aufzuzwingen wäre. Geschichte ist ausschließlich dazu da, um seinen eigenen Vorteil daraus zu ziehen, wobei man die Fischer'schen Punkte gut gebrauchen kann.
Der Mensch quasi als Zeitreisender, der sich nach seiner"Materialisierung" nicht nur räumlich sondern auch zeitlich orientieren muß: Was war? Was ist? Was kann daraus werden? Besonders wichtig: Wo will ich hin? Daraus erst kann das entstehen, was man anschließend einen"Lebensweg" nennen wird.
Ein Fremder in einem fremden Land.
Nice week,
Zardoz
PS: Falls der Silberadler noch liest, sollte ihm das bekannt vorkommen... ;-)
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Ricardo
11.12.2003, 14:35
@ dottore
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falsche Wertvorstellung |
-->Hallo dottore,
mir scheint, Galiani hat den von mir angeregten Gedanken unvollkommen interpertiert. Der Aufsatz von Hayek ist in diesem Zusammenhang etwas unpassend. Mir ging es dabei insbesondere nicht darum, die Wertvorstellung als irgendein unveränderliches "political ideal or concept", vor allem Maßstab, darzustellen. Wertvorstellungen ändern sich früher oder später, aber der Maßstab dafür kann nur der Preis (wobei ich hierbei jede soziale Bewertung meine, also ganz allgemein Zuspruch bzw. Ablehnung) sein. Ohne Zuspruch oder Ablehnung gibt`s auch keine Werteänderung.
Dieser Maßstab gilt IMO auch bei jeder Machtdefinition. Wobei hohe Preise dann sozusagen gesetzt sind, ohne Interaktion der Individuen und vor allem ohne die von mir beschriebene Rückkopplung (zunächst). Wie sonst ist die von Dir oft beschriebene Situation von Aufstieg und Fall von"Dynastien" zu beschreiben, wenn sie am Ende doch bewertet (und zwar dann objektiv) werden. Jedenfalls nicht aus sich selbst heraus.
Da gibt`s übrigens noch einen anderen Aufsatz von Hayek, Informaitonsverarbeitung in Gesellschaften betreffend (mir fällt der genaue Bezeichnung im Moment nicht ein), in dem er genau auf das zentrale Problem der Machtausübung d. h. bei von Zentralverwaltungen gesetzten Preisen, zu sprechen kommt. Kernaussage ist das diesen Preisen diejenigen Informationen fehlen, die die Koordination der Individuen überhaupt gewährleisten. Hier wieder das Beispiel der ehem Ostblockstaaten.
Grüsse
Ricardo
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Galiani
11.12.2003, 15:15
@ dottore
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@Galiani zu Hayek, der Historiographie und David Hakett Fischer |
-->Hallo
Danke für Ihre Stellungnahme. Also ich finde den Aufsatz schon interessant und tiefschürfend; - besonders die Schlußfolgerungen, die Hayek aus seiner (meiner Meinung nach: bestechenden) Analyse der sozialistisch/marxistisch inspirierten Historiographie in den ersten paar Absätzen seines Aufsatzes für die Geschichtsschreibung insgesamt zieht. Die Aussage, daß jeder, der aus der Geschichte irgendwelche"Lehren" oder"Gesetze" ableitet, notwendigerweise - ob er sich dessen nun bewußt ist oder nicht - anhand eines Werte-Repertoirs interpretiert, scheint mir nicht nur interessant, sondern auch schlüssig und von Hayek (durch seine nachfolgenden Ausführungen im Detail) wohlbegründet zu sein. Das war ja der Auslöser, der mich nach den Hinweisen von @ricardo überhaupt erst veranlaßt hat, die von Ihnen verwendete Methode zu hinterfragen.
Außerdem wirft Hayeks historische Analyse natürlich auch im Zusammenhang mit Ihrer"Machttheorie" manche materielle Frage auf. Einige diesbezügliche Bemerkungen habe ich in meinem Posting an JoBar, wenngleich nur sehr kursorisch, gemacht.
Bevor ich zu den einzelnen Punkten Ihres Postings kurz Stellung nehme, noch eine Frage zu Ihrer hochinteressanten Darstellung betreffend die Münzfunde in Skandinavien: Das alles ist wie gesagt sehr interessant und ich habe auch keine wirklich stichhaltige Erklärung dafür. Aber mir ist nicht ganz klar, was Sie aus alledem schließen. Offenbar sehen Sie in diesen Befunden eine Bestätigung Ihrer"Machttheorie". Mir ist aber die von Ihnen unterstellte Beweisaussage nicht ganz klar. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich diesbezüglich noch etwas ausführlicher erklären könnten.
Nun zu einigen Details Ihres Postings:
Zunächst:
Natürlich war Hayek nicht der erste und auch keineswegs der letzte, der auf den Mißbrauch der Historiographie durch viele Autoren hingewiesen hat.
Dieser Mißbrauch kommt daher, wie Sie richtig betonen, weil der Geschichtsschreiber "etwas erreichen will". Von Ihrer Meinung allerdings, daß das auf Sie eben nicht zuträfe, bin ich, ohne Ihnen nahetreten zu wollen, nicht ganz überzeugt: Richtig! Sie bieten keine Kochrezepte als Lösungen an. (Was für jemanden wie Sie, mit einem so umfassenden Wissen, schon ein anerkennenswerter Akt der Selbstbeschränkung ist. Ich sage das ganz ehrlich und ohne jede Ironie!) Aber Sie bieten doch ein Konzept, ein geschichtliches Ablauf-Modell an, sozusagen also ein sinngebendes Band, das die einzelnen von Ihnen als darstellenswert angesehenen Fakten der Geschichte, auf die Sie sich ja laufend beziehen, verbindet. Damit interpretieren Sie somit sehr wohl. Auch wenn das"Werte-Repertoir" auf das Sie sich dabei stützen, soweit ich"auf die Schnelle" sehe, hauptsächlich aus zwei Negativ-Annahmen besteht: (a) Die"Macht" ist selbstsüchtig; und (b) der einfache Mensch ist der"Macht" wehrlos ausgeliefert.
(Wobei ich nicht versäumen möchte, an dieser Stelle - wie schon so oft - erneut darauf hinzuweisen, daß diese beiden"Wertstützen" Ihrer Machttheorie einander meiner Meinung nach widersprechen: Wie sollte dieser"wehrlose" Mensch je in die Lage kommen, dem Ober-"Machthalter" Teile seiner"Macht" abzutrotzen, so daß es also zu der von Ihnen behaupteten"Zession von Macht" überhaupt je kommen kann? Aber da ist ein anderes Thema!)
In Ihrem Punkt 7 beschimpfen Sie Hayek dann; diesmal als"Werte-Faschist". (Was soll das eigentlich sein, ein"Werte-Faschist"? Abgesehen natürlich von den mit einem von Natur aus so bösen Wort verbundenen Assoziation der Verabscheuungswürdigkeit! Was ist ein"Werte-Faschist"? Im übrigen glaube ich nicht, daß Sie sich einen Gefallen tun, wenn Sie laufend Nobelpreisträger als"Micky-Maus-Ã-konomen", als"Werte-Faschisten" oder mit anderen herabwürdigenden Urteilen belegen; das könnte nur allzu leicht auf den zurückfallen, der das sagt!)
Davon aber einmal ganz abgesehen, sagen Sie in diesem Punkt 7 und setzen das im nächsten Punkt 8 überdies auch noch weiter fort: <font color=#0000FF>"... Dass er dann aber gleich mit einer"new order" (Werte-Faschist, ick hör' Dir trapsen!) daherkommt, erledigt seinen ganzen Gedankengang..."</font>
Also Sie haben offenbar den ganzen Aufsatz oder zumindest die betreffende Stelle entweder überhaupt nicht oder zumindest nicht richtig gelesen!
Denn Hayek spricht da keineswegs von einer "new order" in dem von Ihnen hier hineingeheimnisten ideologischen Sinn, sondern was er sagt, ist eine ganz einfache und sowohl völlig harmlose wie auch unangreifbare Tatsachenfeststellung, nämlich, daß <font color=#FF0000>"die neue Wirtschaftsordnung, die das Zeitalter der Industrialisierung gegenüber der vorindustriellen, agrarisch bestimmten Zeit mit sich brachte, zu sich rasch verändernden Lebensumständen und zu einem schnellen Anstieg des Wohlstandes führte, die sehr weitgehend bedingt waren durch.... (folgt eine historisch-sozialpsychologische Erklärung Hayek's).</font> Insgesamt lautet der von Ihnen gründlich mißverstandene und mißinterpretierte Satz im Original wie folgt: <font color=#0000FF>"The new order meant an increased rapidity of change, and the quick increase of wealth was largely the result of the increased speed of adaptation to change which made it possible."</font> Was um Himmels Willen gibt es daran auszusetzen? Was daran ist gar"Werte-faschistisch"?
Und wenn Sie schließlich in Punkt 9 meinen, daß die von D. H. Fischer erläuterte Aufgabe des Historiographen "absolut nichts mit...'Werten' zu tun" habe, sondern eine "völlig kalte und leidenschaftslose Analyse" sei, so hält Hayek Ihnen entgegen:
<font color=#FF0000>Geschichtsschreibung ist - ganz im Gegensatz zur Geschichtsforschung - nicht nur „Wissenschaft“, sondern ein ebenso großes Stück weit auch „Kunst“. Und der Geschichtsschreiber, der sich nicht völlig darüber im Klaren ist, daß seine Aufgabe darin besteht, das (objektiv) Geschehene im Lichte vorausgesetzter Werte zu interpretieren, gibt sich einer Selbsttäuschung hin und ist das Opfer seiner ihm selbst gar nicht bewußten vorgefaßten Einstellungen, Meinungen und Urteile. </font>Im Original: <font color=#0000FF>"Historiography, as distinguished from historical research, is not only at least as much an art as a science; the writer who attempts it without being aware that his task is one of interpretation in the light of definite values also will succeed merely in deceiving himself and will become the victim of his unconscious prejudices."</font>
Man kann ja geteilter Meinung darüber sein und viele hier im Board sind uneinig darüber, was die"Machttheorie" genau besagt und ob sie die Wirklichkeit korrekt beschreibt oder nicht. Niemand aber, ich wiederhole: absolut niemand, der bei Sinnen ist, dürfte Ihnen zustimmen, wenn Sie von sich selbst meinen, daß Sie diese Ihre Theorie "kalt und leidenschaftslos" vertreten würden. Nein, das ist sicher nicht richtig.
Gruß
G.
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Galiani
11.12.2003, 16:33
@ Ricardo
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@ricardo - Re: falsche Wertvorstellung |
-->Hallo ricardo
Natürlich hat mich Dein ursprüngliches Posting zu einem sehr viel weiteren"Screening" der von Hayek geäußerten Gedanken veranlaßt. Dabei bin ich dann auf den Aufsatz von 1954 mit seinen allgemeinen Bemerkungen zur"Historiographie" gestoßen, dessen einleitende Gedanken mir für die von dottore verwendete Methode schon relevant erschien.
Der von Dir angeführte Gedanke Hayek's zieht sich selbstverständlich durch praktisch dessen ganzes späteres Lebenswerk. Es scheint mir fast so, als hätte F.A. v. Hayek seit den frühen 60-er Jahren hauptsächlich an der Verfeinerung dieses Gedankens gearbeitet, der natürlich immense Auswirkungen auf die"Wohlfahrtspolitik" und die gesamte"Wirtschaftspolitik" hat. Lesenswert ist in diesem Zusamenhang insbesondere Hayek's Nobellesung vom 11. Dezember 1974 mit dem Titel"Die Vortäuschung von Wissen" (die bei Recktenwald, Die Nobelpreisträger, Bd. I nachgelesen werden kann. Ich glaube, diesen Text hast Du in Deinem Posting gemeint).
Einen sehr guten Einblick in die Vielfalt der Fragestellungen, die sich aus diesem Gedanken ergeben, gewährt jedoch die Antrittsvorlesung Hayeks in Freiburg von 1963,"Wirtschaft, Wissenschaft und Politik" (Freiburger Universitätsreden, Neue Folge, Bd. 34). Dort heißt es (ich zitiere nur eine ganz kurze Passage):
<font color=#0000FF>[i]"... Das Hauptergebnis der Theorie der Marktwirtschaft ist..., daß unter allgemeinen Bedingungen, auf die ich hier nichtnäher eingehen kann, der Wettbewerb eine Anpassung an zahllose Umstände bewirkt, die in ihrer Gesamtheit keiner Person oder Behörde bekannt sind oder bekannt sein können, und daß daher diese Anpassung nie durch zentrale Lenkung der Wirtschaft hervorgebracht werden kann. Daraus folgt in erster Linie, daß entgegen einer weitverbreiteten Meinung die Wirtschaftstheorie sehr viel über die Zweckmäßigkeit verschiedener Wirtschaftssysteme oder Wirtschaftsordnungen zu sagen hat, also gerade über jene Fragen, vor deren Behandlung der Gelehrte oft zurückschreckt, weil sie mit gegensätzlichen Weltanschauungen verbunden sind, aber verhältnismäßig wenig über die konkreten Wirkungen besonderer Maßnahmen in gegebenen Umständen. Wir kennen den allgemeinen Charakter der selbstregulierenden Kräfte der Wirtschaft und die allgemeinen Bedingungen, unter denen diese Kräfte funktionieren oder nicht funktionieren werden, aber wir kennen nie all die besonderen Umstände, an die sie eine Anpassung herbeiführen. Das ist unmöglich infolge der allgemeinen Interdependenz aller Wirtschaftsvorgänge, das heißt infolge des Umstandes, daß wir, um an irgendeiner Stelle erfolgreich einzugreifen, alle Details der gesamten Wirtschaft - nicht nur unseres Landes, sondern der ganzen Welt - überblicken müßten.
Insoweit wir uns überhaupt der Marktwirtschaft bedienen wollen - und darüber, daß wir das tun müssen, wenn wir unseren Lebensstandard auch nur annähernd erhalten wollen, kann wohl kein Zweifel bestehen - muß die Wirtschaftspolitik sich zweckmäßigerweise darauf beschränken, die Bedingungen zu schaffen, unter denen sie so gut wie möglich funktionieren wird, darf aber nicht ihre Aufgabe darin sehen, die einzelnen Tätigkeiten bewußt zu beeinflussen oder zu lenken. Die Hauptaufgabe der Wirtschaftspolitik ist daher, ein Rahmenwerk zu schaffen, innerhalb dessen der Einzelne nicht nur frei entscheiden kann, sondern seine auf Ausnützung seiner persönlichen Kenntnisse gegründete Entscheidung soviel wie möglich zum Gesamterfolg beitragen wird. Und die Beurteilung jeder einzelnen Maßnahme wird nicht so sehr von ihren besonderen Folgen abhängen, die wir meist gar nicht überblicken können, sondern davon, ob sie - um einen ich glaube von Eucken eingeführten Ausdruck zu verwenden - „systemgerecht" ist.
Das bedeutet auch, daß wir oft allgemein auf Grund von Annahmen handeln müssen, die zwar in der Regel, aber nicht immer zutreffen: zum Beispiel wurden alle Ausnahmen von der Regel, daß freier internationaler Handel beiden Teilen Vorteil bringt, von überzeugten Freihändlern entdeckt; doch hinderte sie dies nicht, konsequente Freihändler zu bleiben, weil sie gleichzeitig erkannten, daß es kaum je möglich ist, das Bestehen jener ungewöhnlichen Umstände festzustellen, die eine Ausnahme rechtfertigen würden. Vielleicht noch bemerkenswerter ist der Fall des vor wenigen Jahren verstorbenen englischen Ã-konomen A. C. Pigou, des eigentlichen Begründers der Theorie der Wohlfahrtsökonomie; am Ende eines langen Lebens, das fast ausschließlich der Aufgabe gewidmet war, die Umstände herauszuarbeiten, unter denen Staatseingriffe die Ergebnisse des Marktes verbessern könnten mußteer zugeben, daß der Wert dieser theoretischen Überlegungen zweifelhaft sei, da wir nur selten feststellen können, ob die besonderen von der Theorie angenommenen Umstände auch wirklich vorliegen. Nicht, weil er so viel weiß, sondern weil er weiß, wieviel er wissen müßte, um erfolgreiche Eingriffe durchzuführen, und weil er weiß, daß er allediese relevanten Umstände nie kennen kann, sollte sich der Nationalökonom zurückhalten, einzelne Eingriffe selbst dort zu empfehlen, wo die Theorie zeigt, daß sie manchmal wohltätig sein könnten.
Die Erkenntnis dieser Beschränkung unseres Wissens ist wichtig, wenn wir nicht die Verantwortung auf uns nehmenwollen, Maßnahmen zu unterstützen, die tatsächlich mehr schaden als nützen. Die Folge, die wir aus dieser Einsichtziehen sollten, ist, daß wir uns in der Beurteilung wirtschaftspolitischer Maßnahmen nur von ihrem allgemeinen Charakter und nicht von ihrer besonderen Wirkung auf bestimmte Personen oder Gruppen leiten lassen sollen. Daßeine bestimmte Maßnahme jemandem Bedürftigen hilft, ist alleinkeine ausreichende Rechtfertigung, wenn wir nicht bereit sind, Maßnahmen dieser Art allgemein zu empfehlen.
Diese Einstellung setzt uns natürlich leicht dem Vorwurf der Prinzipienreiterei aus. Das ist ein Vorwurf, durch den wir uns nicht einschüchtern lassen, sondern den wir vielmehr stolz hinnehmen sollten, denn Prinzipien sind derwichtigste Beitrag, den wir zur Frage der Politik leisten können. Es ist kein Zufall, daß in unserem Fach, häufiger als, glaube ich, in irgendeinem anderen, das Wort Grundsätze oder „Principles" so oft im Titel zusammenfassender Werke gebraucht wird. In der Wirtschaftspolitik sind Grundsätze ziemlich alles, was wir zu bieten haben.
Grundsätze sind besonders wichtig, wenn das letzte politische Ziel, das wir voraussetzen dürfen, die persönliche Freiheit ist. In einem großen Buch, das noch nicht auf deutsch vorliegt, habe ich zu zeigen versucht, daß der letzte Grund, der die persönliche Freiheit so wichtig macht, unsere unvermeidliche Unkenntnis der meisten Umstände ist, die das Handeln anderer bestimmen, von dem wir nichtsdestoweniger Nutzen ziehen. Habe ich auch meinen letzten Vortrag hier in Freiburg dazu benutzt, zu zeigen, wie sehr diese Freiheit gefährdet ist, wenn wir uns in unserenpolitischen Entscheidungen ausschließlich von den voraussehbaren Folgen der Einzelmaßnahmen leiten lassen, weil zwar die unmittelbaren Folgen, derenthalben ein Staatseingriff unternommen wird, meist voraussehbar, die durch die Beschränkung der Freiheit verhinderten Entwicklungen ihrer Natur nach aber immer unbekannt sind. Ich will darumheute auf diese Fragen nicht weiter eingehen....
</font>
Liebe Grüße
G.
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dottore
11.12.2003, 16:37
@ Galiani
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Re: Die Rapidität der"new order" als"Wert"? |
-->>Hallo
>Danke für Ihre Stellungnahme. Also ich finde den Aufsatz schon interessant und tiefschürfend; - besonders die Schlußfolgerungen, die Hayek aus seiner (meiner Meinung nach: bestechenden) Analyse der sozialistisch/marxistisch inspirierten Historiographie in den ersten paar Absätzen seines Aufsatzes für die Geschichtsschreibung insgesamt zieht.
Hi Galiani!
Das wird nicht bestritten. Historiker sind schließlich so unsozialistisch nicht, da sie zumeist auf der Payroll des (immer sozialistischen, wenn auch in unterschiedlicher Stärke!) Staats stehen. Letztlich ist der verbeamtete, also Staatsrente beziehende Historiker ein Staats- und Macht-Lakai und würde schon deshalb niemals den Staat und den vom ihm ausgeübten bewaffneten Zwang hinterfragen. Die sozialistischen Staatsmonopole sind bestens bekannt: Bildung, Infrastruktur, Geld als GZ, Polizei, Armee, (Kriegs-)Waffen, Besteuerung, usw. usw.
>Die Aussage, daß jeder, der aus der Geschichte irgendwelche"Lehren" oder"Gesetze" ableitet, notwendigerweise - ob er sich dessen nun bewußt ist oder nicht - anhand eines Werte-Repertoirs interpretiert, scheint mir nicht nur interessant, sondern auch schlüssig und von Hayek (durch seine nachfolgenden Ausführungen im Detail) wohlbegründet zu sein.
Es wird bestritten, dass es so etwas wie"Werte-Repertoire" gibt. Wer es hinstellt, will andere zwingen, sie zu akzeptieren. Warum sagt er nicht: Das kann man machen oder bleiben lassen? Nein, hier wird die übliche quasi-religiöse Heilslehre verbreitet: <bDas[/b] sind die"Werte" und basta.
(...)
>Bevor ich zu den einzelnen Punkten Ihres Postings kurz Stellung nehme, noch eine Frage zu Ihrer hochinteressanten Darstellung betreffend die Münzfunde in Skandinavien: Das alles ist wie gesagt sehr interessant und ich habe auch keine wirklich stichhaltige Erklärung dafür. Aber mir ist nicht ganz klar, was Sie aus alledem schließen. Offenbar sehen Sie in diesen Befunden eine Bestätigung Ihrer"Machttheorie". Mir ist aber die von Ihnen unterstellte Beweisaussage nicht ganz klar. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich diesbezüglich noch etwas ausführlicher erklären könnten.
Ich darf auf das Paper verweisen und die Ableitung des"Machtkreislaufs", der - bezüglich des"Geldes" dieses überhaupt erst kurant macht. Die Theorie, dass"Geld" deshalb kurant ist, weil man "Vertrauen" darin hat, ist nicht zu halten. Vertrauen ist nicht einklagbar. Hätte jeder"Vertrauen" in"Geld", müsste es nicht durch etwas besichert sein (Pfand, Eigentum, später fällige Forderung), schon gar nicht dadurch, dass es in Form von Edelmetall als Note (verwendbar gegenüber Dritten) konstruiert wird, die der Einfachheit halber ihren "Wert" gleich selbst mit sich rumträgt.
>Nun zu einigen Details Ihres Postings:
>Zunächst:
>Natürlich war Hayek nicht der erste und auch keineswegs der letzte, der auf den Mißbrauch der Historiographie durch viele Autoren hingewiesen hat.
>Dieser Mißbrauch kommt daher, wie Sie richtig betonen, weil der Geschichtsschreiber "etwas erreichen will". Von Ihrer Meinung allerdings, daß das auf Sie eben nicht zuträfe, bin ich, ohne Ihnen nahetreten zu wollen, nicht ganz überzeugt: Richtig! Sie bieten keine Kochrezepte als Lösungen an.
Wozu etwas anbieten, das es nicht gibt?
>(Was für jemanden wie Sie, mit einem so umfassenden Wissen, schon ein anerkennenswerter Akt der Selbstbeschränkung ist. Ich sage das ganz ehrlich und ohne jede Ironie!) Aber Sie bieten doch ein Konzept, ein geschichtliches Ablauf-Modell an,
Kein Kozept, nur den Versuch einer Ablaufbeschreibung, die historisch iterativ vorgekommen ist. Schließlich gab's"Freiheit" und"Demokratie" schon des öfteren. Wie konnte das immer wieder in Vergessenheit geraten?
>sozusagen also ein sinngebendes Band, das die einzelnen von Ihnen als darstellenswert angesehenen Fakten der Geschichte, auf die Sie sich ja laufend beziehen, verbindet. Damit interpretieren Sie somit sehr wohl.
Eine befestigte Stadt wie Megiddo mit einem in ihr ebenfalls befestigten Palast muss nicht interpretiert werden. Sie spricht für sich selbst. Die Mauer in der Mauer war gewiss nicht zur Belustigung der Bevölkerung errichtet worden - oder?
>Auch wenn das"Werte-Repertoir" auf das Sie sich dabei stützen, soweit ich"auf die Schnelle" sehe, hauptsächlich aus zwei Negativ-Annahmen besteht: (a) Die"Macht" ist selbstsüchtig;
Sie ist vom Machthalter aus gesehen produktiv: Er kann sich die Leistung für sich selbst ersparen und andere für ihn leisten lassen. (Mit selbstverständlich abnehmenden Erträgen).
>und (b) der einfache Mensch ist der"Macht" wehrlos ausgeliefert.
Das ist er auch nicht, sonst hätte es niemals Zessionen der Macht gegeben und die ganze Welt würde heute einem persischen Großkönig oder einem Ptolemäer gehören und gehorchen.
>(Wobei ich nicht versäumen möchte, an dieser Stelle - wie schon so oft - erneut darauf hinzuweisen, daß diese beiden"Wertstützen" Ihrer Machttheorie einander meiner Meinung nach widersprechen: Wie sollte dieser"wehrlose" Mensch je in die Lage kommen, dem Ober-"Machthalter" Teile seiner"Macht" abzutrotzen, so daß es also zu der von Ihnen behaupteten"Zession von Macht" überhaupt je kommen kann? Aber das ist ein anderes Thema!)
Nein, das ist kein anderes Thema. Aufgrund der immer eintretenden diseconomies of scale, die sich aus dem Ausüben von bewaffnetem Zwang ergeben, muss der Machthalter immer weiter zedieren oder der nächstbeste Umsturz fegt ihn hinweg.
>In Ihrem Punkt 7 beschimpfen Sie Hayek dann; diesmal als"Werte-Faschist". (Was soll das eigentlich sein, ein"Werte-Faschist"? Abgesehen natürlich von den mit einem von Natur aus so bösen Wort verbundenen Assoziation der Verabscheuungswürdigkeit! Was ist ein"Werte-Faschist"?
Jemand, der uns seine Wert-"Vorstellung" nahe legen will, was nur bedeuten kann, dass er sie - im Falle der eigenen Machterringung - uns aufzwingen würde. Oder hätte ein (zufälliger) Diktator Hayek den Sozialismus eingeführt? Auch der Sozialismus geht von Wert-"Vorstellungen" aus. Dummerweise kam er an die Macht.
Wären die Hayek'schen Werte valid, müssten sie auch ohne Staat funktionieren. Hätte ein Diktator Hayek den Staat abgeschafft?
>Im übrigen glaube ich nicht, daß Sie sich einen Gefallen tun, wenn Sie laufend Nobelpreisträger als"Micky-Maus-Ã-konomen", als"Werte-Faschisten" oder mit anderen herabwürdigenden Urteilen belegen; das könnte nur allzu leicht auf den zurückfallen, der das sagt!)
Gern. Da bin ich sehr robust. Sie dürfen mich gern einen ignoranten Armleuchter nennen.
>Davon aber einmal ganz abgesehen, sagen Sie in diesem Punkt 7 und setzen das im nächsten Punkt 8 überdies auch noch weiter fort: <font color=#0000FF>"... Dass er dann aber gleich mit einer"new order" (Werte-Faschist, ick hör' Dir trapsen!) daherkommt, erledigt seinen ganzen Gedankengang..."</font>
>Also Sie haben offenbar den ganzen Aufsatz oder zumindest die betreffende Stelle entweder überhaupt nicht oder zumindest nicht richtig gelesen!
>Denn Hayek spricht da keineswegs von einer "new order" in dem von Ihnen hier hineingeheimnisten ideologischen Sinn, sondern was er sagt, ist eine ganz einfache und sowohl völlig harmlose wie auch unangreifbare Tatsachenfeststellung, nämlich, daß <font color=#FF0000>"die neue Wirtschaftsordnung, die das Zeitalter der Industrialisierung gegenüber der vorindustriellen, agrarisch bestimmten Zeit mit sich brachte, zu sich rasch verändernden Lebensumständen und zu einem schnellen Anstieg des Wohlstandes führte, die sehr weitgehend bedingt waren durch.... (folgt eine historisch-sozialpsychologische Erklärung Hayek's).</font>
Wer sagt denn, dass eine agrarische Gesellschaft ("old order"?) nicht funktionieren kann? Das mit dem"Wohlstand", der zu 50 % aus schlussendlich uneinbringlichen Geldforderungen besteht, ist eine höchst ephemere Erscheinung. Warum hat sich in der Geschichte dieser"Wohlstand" immer wieder rätselhaft veflüchtigt?
Jetzt auf einmal soll er ewig währen? Weil wir es"endlich kapiert haben"? Alle vor uns waren also Ignoranten?
>Insgesamt lautet der von Ihnen gründlich mißverstandene und mißinterpretierte Satz im Original wie folgt: <font color=#0000FF>"The new order meant an increased rapidity of change, and the quick increase of wealth was largely the result of the increased speed of adaptation to change which made it possible."</font> Was um Himmels Willen gibt es daran auszusetzen? Was daran ist gar"Werte-faschistisch"?
Die"new order". Es gibt ziemlich viele Menschen, die mit der"rapidity of change" weder mitkommen noch damit einverstanden sind. Wir haben nicht gerade wenig Arbeitslose weltweit. Auch geht's nicht um die Rapitität, sondern um die Beschleunigung derselben. Das Berufs- und Geschäftsleben derer, die nicht auf der Payroll der Macht stehen, wird immer schwieriger. Wir beide kennen doch die Postings der jungen Menschen hier (Sascha!).
Von der rapide (!) abnehmenden Lebensqualität schweigen wir besser.
>Und wenn Sie schließlich in Punkt 9 meinen, daß die von D. H. Fischer erläuterte Aufgabe des Historiographen "absolut nichts mit...'Werten' zu tun" habe, sondern eine "völlig kalte und leidenschaftslose Analyse" sei, so hält Hayek Ihnen entgegen: >
><font color=#FF0000>Geschichtsschreibung ist - ganz im Gegensatz zur Geschichtsforschung - nicht nur „Wissenschaft“, sondern ein ebenso großes Stück weit auch „Kunst“. Und der Geschichtsschreiber, der sich nicht völlig darüber im Klaren ist, daß seine Aufgabe darin besteht, das (objektiv) Geschehene im Lichte vorausgesetzter Werte zu interpretieren, gibt sich einer Selbsttäuschung hin und ist das Opfer seiner ihm selbst gar nicht bewußten vorgefaßten Einstellungen, Meinungen und Urteile. </font>
Eben. Das gilt für Hayek logischerweise ebenso. Auch er interpretiert die"Industriaisierung" mit vorgefasster Meinung. Dabei hat er z.B. übersehen, dass ein Essential der Industrialisierung, die Watt'sche Dampfmaschine just in jenen Zinngruben benötigt wurde, deren Output der britischen Waffenproduktion diente.
>Im Original: <font color=#0000FF>"Historiography, as distinguished from historical research, is not only at least as much an art as a science; the writer who attempts it without being aware that his task is one of interpretation in the light of definite values also will succeed merely in deceiving himself and will become the victim of his unconscious prejudices."</font>
Zur Historiographie als"Kunst" empfehle ich LeGoff über Ludwig den Heiligen. Da hat jemand aus Fiktionen eine ca. 1000 Seiten starke"fiction" geschrieben. So was muss man wirklich"können" (= Kunst).
>Man kann ja geteilter Meinung darüber sein und viele hier im Board sind uneinig darüber, was die"Machttheorie" genau besagt und ob sie die Wirklichkeit korrekt beschreibt oder nicht. Niemand aber, ich wiederhole: absolut niemand, der bei Sinnen ist, dürfte Ihnen zustimmen, wenn Sie von sich selbst meinen, daß Sie diese Ihre Theorie "kalt und leidenschaftslos" vertreten würden. Nein, das ist sicher nicht richtig.
Völlig richtig, ich entschuldige mich für gelegentliche, leider noch nicht ganz abzutötende Gefühlsausbrüche. Aber die Ergebnisse der"Theorie" müssen kalt genossen werden, da sonst Selbsgefährdung droht.
Und nochmals Gruß!
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Ricardo
11.12.2003, 16:49
@ Galiani
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Danke Galiani |
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der Text gefällt mir schon besser. Hatte da allerdings einen anderen Aufsatz in Erinnerung, wo er explizit auf den Preis als Koordinierungsinstrument eingeht.
Werde ihn suchen und dann später mal präsentieren.
Grüsse
Ricardo
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Ricardo
11.12.2003, 17:44
@ Ricardo
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zurück zur Kerthese dottores Machttheorie |
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dottores These:
Austauschprozesse hat es nie gegeben, weil es Macht gab oder gibt.
Antithese: Machtprozesse treten nur dann in Erscheinung, wenn es diese Austauschprozesse nicht gibt. Schwindet die Macht, dann aufgrund des Wiederauflebens dieser Austauschprozesse. Also muss es auch zu Beginn einen Austauschprozess gegeben haben.
>Hallo dottore,
>mir scheint, Galiani hat den von mir angeregten Gedanken unvollkommen interpertiert. Der Aufsatz von Hayek ist in diesem Zusammenhang etwas unpassend. Mir ging es dabei insbesondere nicht darum, die Wertvorstellung als irgendein unveränderliches "political ideal or concept", vor allem Maßstab, darzustellen. Wertvorstellungen ändern sich früher oder später, aber der Maßstab dafür kann nur der Preis (wobei ich hierbei jede soziale Bewertung meine, also ganz allgemein Zuspruch bzw. Ablehnung) sein. Ohne Zuspruch oder Ablehnung gibt`s auch keine Werteänderung.
>Dieser Maßstab gilt IMO auch bei jeder Machtdefinition. Wobei hohe Preise dann sozusagen gesetzt sind, ohne Interaktion der Individuen und vor allem ohne die von mir beschriebene Rückkopplung (zunächst). Wie sonst ist die von Dir oft beschriebene Situation von Aufstieg und Fall von"Dynastien" zu beschreiben, wenn sie am Ende doch bewertet (und zwar dann objektiv) werden. Jedenfalls nicht aus sich selbst heraus.
>Da gibt`s übrigens noch einen anderen Aufsatz von Hayek, Informaitonsverarbeitung in Gesellschaften betreffend (mir fällt der genaue Bezeichnung im Moment nicht ein), in dem er genau auf das zentrale Problem der Machtausübung d. h. bei von Zentralverwaltungen gesetzten Preisen, zu sprechen kommt. Kernaussage ist das diesen Preisen diejenigen Informationen fehlen, die die Koordination der Individuen überhaupt gewährleisten. Hier wieder das Beispiel der ehem Ostblockstaaten.
>Grüsse
>Ricardo
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sensortimecom
11.12.2003, 18:24
@ dottore
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Wer A sagt, muss auch B sagen, @dottore... |
-->Mir sind da nur 2 Absätze von Ihnen ins Auge gestochen:
>5. Das mit dem Wunsch nach"Veränderungen" ist schon deshalb ganz ausgeschlossen, da ich mit der Kernthese, dass wir es bei Staat und Wirtschaft mit einem unlösbaren Problem zu tun haben, wohl kaum reüssieren könnte, da das Publikum ja Lösungen fordert und nicht den Hinweis darauf, dass es keine gibt - außer Vertagungen und Prolongationen. Ich kann nur darstellen, was wie gewesen war und dass wir es mit einer Wiederholung des Macht-Durchlaufs zu tun haben und wie der möglicherweise weiterhin ablaufen wird - als Variante früherer Abläufe: Aufstieg und Niedergang eben. Diesem Ablauf zu entkommen, ist ganz unmöglich, weil Systeme, die bewaffneten Zwang in Krieg und Frieden einsetzen, ohne Wenn und Aber scheitern müssen.
Hallo.
Das würde bedeuten, dass eine Lösung des Macht-Problems aus systemischen Gründen UNMÃ-GLICH ist, und die Menschheit GEZWUNGENERMASSEN immer wieder Aufstieg und Niedergang von Mächten hinzunehmen habe (mit allen Konsequenzen...).
Das wäre auch eine Art von RELIGION. Sie erinnert frappant an die buddhistische Weltsicht (mit dem NIRWANA als einzig möglichen Ausweg).
Hier scheiden sich die Geister. Nimmt man dies als einzig mögliche Konsequenz an, kann man getrost ALLE Religionsbücher samt der Bibel zum Teufel werfen. (Auch den Teufel selbst). Jesus kannste getrost als Spinner vergessen. Sein Tod war völlig SINNLOS; die Tat eines Totalverrückten.
>8. Ich darf nochmals anmerken, dass mir keinerlei"new order" vorschwebt und ich weder eine"old order" zurücksehne noch eine"completely other order" im Sinn habe oder mir als"Ziel" vorstellen kann - ganz abgesehen davon, dass der bewaffnete Zwang, einmal in die Geschichte gekommen, nicht mehr aus ihr verschwinden wird (die Haltbarkeit von Waffen aller Art übersteigt weit jeden Zeithorizont, den wir uns vorstellen können, abgesehen auch davon, dass ihr Einsatz als Zwangsmittel permanent verfeinert wird, man erinnere sich nur an die 7.000 bewaffneten Zöllner, die auf Schwarzarbeiterfang unterwegs sind).
Zu 8):
Wer A sagt, muss auch B sagen.
Eine Erkenntnis, die einmal in die Welt gekommen ist, aus welcher Quelle auch immer, sei es von @dottore oder von woanders - hat die Eigenschaft, dass sie NIE MEHR WIEDER RAUSZUSCHAFFEN ist. Sie wird zum Allgemeinwissen, genauso wie das Wissen über den Aufbau der Atombombe oder Einsteins Relativitätstheorie.
Was will ich damit sagen?
Nun, wenn die Wirtschaftswissenschaft, Soziologie oder Politologie einmal HERAUSGEFUNDEN hat, dass der"bewaffnete Zwang" Schuld am ewigen, immer wiederkehrenden Elend dieser Welt hat, so wird sie diese früher mal von @dottore postulierte These nach ihrer erfolgten Popper`schen Falsifizierung ("Totalcrash") als Schul- und Binsenweisheit auf die Fahnen heften und es werden BEWEGUNGEN, ja Kampagnen entstehen, die JEDE Art von Ordnung, die irgendeinen"bewaffneten Zwang" impliziert, HINWEGFEGEN werden. Am Ende bleibt möglicherweise nur noch das"NIRWANA" bestehen;-)
Bitte dieses Statement ERNST nehmen! Ignorierung hat in diesem Fall KEINEN Sinn, auch wenn das Posting bloß von einem unbedeutenden BLÃ-DMANN wie mir geschrieben worden ist! Ja!
mfg Erich B.
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dottore
11.12.2003, 18:55
@ Ricardo
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Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie |
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>dottores These:
>Austauschprozesse hat es nie gegeben, weil es Macht gab oder gibt.
Doch, genau deshalb hat es sie überhaupt erst gegeben.
Der erste"Austausch" ist die Abgabe von Surplus (erzwungen) bzw. Tribut (erzwungen).
Dieses Austauschen beginnt mit Nahrungsmitteln, welche die Macht bunkert (Großkeramik, Kammern in den Maya-Pyramiden oder in Lagerhäusern, Tempeln, wie wir sie aus unendlich vielen Grundrissen kennen, zuletzt sehr schöne Ausgrabungen aus Georgien dazu: riesige Burgareale und daran angegliedert Dutzende von gewaltigen, gemauerten Kammern).
Dann kommt das Austauschen in Form von Beilgeld usw. (siehe Hethiter, siehe Chinas"Messergeld", siehe Mitteleuropa von der Bretagne bis Ungarn).
Dieser Austausch (Abgabe) ist dann zunächst beendet. Die Macht kassiert die sog."Vorformen" des Geldes nicht um sie anschließend wieder auszugeben (vgl. Gerloff), sondern um sie zu behalten (Thesaurierung).
Dann müssen fremde Truppen zum Machterhalt her: Die Leistungen der Söldner werden gegen Edelmetall getauscht, das diese dann wieder gegen Güter tauschen, dabei zunächst ausschließlich Stückgüter (Haus, Boden, Sklave, Vieh usw.). Ein Austauschen von Gattungswaren (Getreide, Ã-l usw.) gibt es nicht.
Damit haben wir als ersten Markt, auf dem kurantes Geld erscheint? Den für menschliche Leistungen! Und nicht für irgendwelche"Waren".
Der gedungene Killer ist die erste"Ware" und nicht etwa Huhn, Ei, Gans oder ein Fell.
>Antithese: Machtprozesse treten nur dann in Erscheinung, wenn es diese Austauschprozesse nicht gibt. Schwindet die Macht, dann aufgrund des Wiederauflebens dieser Austauschprozesse. Also muss es auch zu Beginn einen Austauschprozess gegeben haben.
Drei Schweine gegen acht Hühner?
Gruß!
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Galiani
11.12.2003, 19:18
@ sensortimecom
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Richtig! Aber - Mühe umsonst! Geht nur noch um Rechthaberei! (owT) |
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Ricardo
11.12.2003, 19:36
@ dottore
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Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie |
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>>dottores These:
>>Austauschprozesse hat es nie gegeben, weil es Macht gab oder gibt.
>Doch, genau deshalb hat es sie überhaupt erst gegeben.
***dann hat es Macht gegeben weil alle so frei waren sich auszutauschen?
Ich dachte an freie Austauschprozessen.
>Der erste"Austausch" ist die Abgabe von Surplus (erzwungen) bzw. Tribut (erzwungen).
***der erste"Austausch" ist der Austausch von Meinungen (Zuspruch vs. Ablehnung)
>>Antithese: Machtprozesse treten nur dann in Erscheinung, wenn es diese Austauschprozesse nicht gibt. Schwindet die Macht, dann aufgrund des Wiederauflebens dieser Austauschprozesse. Also muss es auch zu Beginn einen Austauschprozess gegeben haben.
>Drei Schweine gegen acht Hühner?
Denk an die Heringssaga: du bist nur solange Meinungsführer wie die relative Masse Deiner Anhänger zu Dir steht. Charisma ist schliesslich nichts von Gott gegebenes, das muss erarbeitet werdern und ist endlich.
Grüsse
Ricardo
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dottore
11.12.2003, 20:04
@ sensortimecom
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Re: Vom Dolch und von"blöden" Gedanken |
-->>Mir sind da nur 2 Absätze von Ihnen ins Auge gestochen:
>>5. Das mit dem Wunsch nach"Veränderungen" ist schon deshalb ganz ausgeschlossen, da ich mit der Kernthese, dass wir es bei Staat und Wirtschaft mit einem unlösbaren Problem zu tun haben, wohl kaum reüssieren könnte, da das Publikum ja Lösungen fordert und nicht den Hinweis darauf, dass es keine gibt - außer Vertagungen und Prolongationen. Ich kann nur darstellen, was wie gewesen war und dass wir es mit einer Wiederholung des Macht-Durchlaufs zu tun haben und wie der möglicherweise weiterhin ablaufen wird - als Variante früherer Abläufe: Aufstieg und Niedergang eben. Diesem Ablauf zu entkommen, ist ganz unmöglich, weil Systeme, die bewaffneten Zwang in Krieg und Frieden einsetzen, ohne Wenn und Aber scheitern müssen.
>Hallo. > Das würde bedeuten, dass eine Lösung des Macht-Problems aus systemischen Gründen UNMÃ-GLICH ist, und die Menschheit GEZWUNGENERMASSEN immer wieder Aufstieg und Niedergang von Mächten hinzunehmen habe (mit allen Konsequenzen...).
So schaut's aus. Ich kann nichts dafür. Solange es einem A mit Hilfe des bewaffneten Zwangs möglich ist, sich das, was er zum Leben benötigt, von B leisten zu lassen, wird es A geben. Kann A neben B auch noch C, D und E zwingen, lebt er schon sehr komfortabel und je mehr er zwingen kann, desto feiner.
Dass dies seine Grenzen erreicht, versteht sich von selbst. Entweder die Nicht-A's machen nicht mehr mit ("Untertanen" kommen abhanden, vgl. F. Galiani) oder sie legen A um. Das will A verhindern, logo. Also wird er B und C privilegieren, die dann ihrerseits wieder weiter suchen, um erzwingen zu können. Das ist also ein Hierarchie-Phänomen, das sich von selbst ergibt und ein die Hierarchie-Bildung automatisch begleitendes Zessions-Phänomen dazu.
1 Minister - 2 Staatssekretäre - 6 Ministerialdirektoren - 20 Ministerialdirigenten - usw. usw.
Alles abhängig davon, dass es nach unten (!) offen bleibt, dass nach unten (!) weiter zediert werden kann. Ist bzw. geht unten nix mehr, geht's schief.
Nach dem Schiefgehen kommt ein Riesen-Durcheinander. Aber eins bleibt: die Waffe (egal in welcher, dann noch so bescheidenen Form; die erste Erzwingungswaffe, die hierarchietauglich eingesetzt wurde, war der Dolch. Mit keiner anderen Waffe kommt man schneller zum Ziel, das ja logischerweise ganz nah ist. Bis der andere, einen Meter entfernt, sein Schwert ziehen kann, den Morgenstern schwingt - aus die Maus. In den ältesten"Königsgräbern" finden wir den Dolch. In den ältesten Abbildungen von Herrschaft überhaupt ist er stets"am Mann" - für mein Paper hatte ich Abbildungen dazu noch und noch vorgeführt, auch wie der Großkönig ihn seiner medischen Leibgarde überlassen hat. Es gibt sogar den Dolch-"Gott": Ein Dämon hinter dem Herrscher stehend, den Dolch über ihn zückend - und der Herrscher in genau der selben Haltung - aber ohne Dolch. Also völlig klar, was Sache ist.
> Das wäre auch eine Art von RELIGION. Sie erinnert frappant an die buddhistische Weltsicht (mit dem NIRWANA als einzig möglichen Ausweg).
Nöö, keine Religion, obwohl mir der Hinweis gefällt: Sobald die Macht zwar bewaffnet ist (was sie ja auch definiert) - und dem zu Zwingenden ist es wurschtegal, game over für die Macht. Da wären wir auch wieder bei den frühen"Christen": Frohlocken, sobald ihnen (wg."Ungehorsam" oder so) der Tod angedroht wird und jubelndes Fragen:"Wann dürfen wir endlich in die Arena, um abgeschlachtet zu werden?" Da waren die Römer halt platt.
> Hier scheiden sich die Geister. Nimmt man dies als einzig mögliche Konsequenz an, kann man getrost ALLE Religionsbücher samt der Bibel zum Teufel werfen. (Auch den Teufel selbst). Jesus kannste getrost als Spinner vergessen. Sein Tod war völlig SINNLOS; die Tat eines Totalverrückten.
Nein. Das sind hochinteressante Machtaushebelungs-Methoden. Das ist es auch, was die"Terroristen" so unbesiegbar macht. Fällt die Tat mit der Sanktion, die sonst später fällig wäre, zusammen: Keine Chance für die andere Seite.
>>8. Ich darf nochmals anmerken, dass mir keinerlei"new order" vorschwebt und ich weder eine"old order" zurücksehne noch eine"completely other order" im Sinn habe oder mir als"Ziel" vorstellen kann - ganz abgesehen davon, dass der bewaffnete Zwang, einmal in die Geschichte gekommen, nicht mehr aus ihr verschwinden wird (die Haltbarkeit von Waffen aller Art übersteigt weit jeden Zeithorizont, den wir uns vorstellen können, abgesehen auch davon, dass ihr Einsatz als Zwangsmittel permanent verfeinert wird, man erinnere sich nur an die 7.000 bewaffneten Zöllner, die auf Schwarzarbeiterfang unterwegs sind).
> > Zu 8):
>Wer A sagt, muss auch B sagen.
>Eine Erkenntnis, die einmal in die Welt gekommen ist, aus welcher Quelle auch immer, sei es von @dottore oder von woanders - hat die Eigenschaft, dass sie NIE MEHR WIEDER RAUSZUSCHAFFEN ist. Sie wird zum Allgemeinwissen, genauso wie das Wissen über den Aufbau der Atombombe oder Einsteins Relativitätstheorie.
Na ja, Forumsplaudereien.
>Was will ich damit sagen?
>Nun, wenn die Wirtschaftswissenschaft, Soziologie oder Politologie einmal HERAUSGEFUNDEN hat, dass der"bewaffnete Zwang" Schuld am ewigen, immer wiederkehrenden Elend dieser Welt hat, so wird sie diese früher mal von @dottore postulierte These nach ihrer erfolgten Popper`schen Falsifizierung ("Totalcrash") als Schul- und Binsenweisheit auf die Fahnen heften und es werden BEWEGUNGEN, ja Kampagnen entstehen, die JEDE Art von Ordnung, die irgendeinen"bewaffneten Zwang" impliziert, HINWEGFEGEN werden.
Äußerst positive Sicht der Dinge, der ich nicht widersprechen möchte. Nur wäre die Zeit bis dahin ziemlich lang. Nicht vergessen: Wirtschaftswissenschaftler, Soziologen, Politologen stehen auf der Payroll der Macht. Schrecklicher Gedanke sich vorstellen zu müssen, dass sie von einm Tag auf den anderen arbeiten müssten.
>Am Ende bleibt möglicherweise nur noch das"NIRWANA" bestehen;-)
>Bitte dieses Statement ERNST nehmen! Ignorierung hat in diesem Fall KEINEN Sinn, auch wenn das Posting bloß von einem unbedeutenden BLÃ-DMANN wie mir geschrieben worden ist! Ja!
Nein, Erich, das sind sehr gute Gedanken und von"blöd" oder"unbedeutend" kann kein Rede sein.
Sehr herzlichen Gruß!
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dottore
11.12.2003, 21:01
@ Ricardo
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Re: zurück zur Kerthese dottores Machttheorie |
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>>>dottores These:
>>>Austauschprozesse hat es nie gegeben, weil es Macht gab oder gibt.
>>Doch, genau deshalb hat es sie überhaupt erst gegeben.
>***dann hat es Macht gegeben weil alle so frei waren sich auszutauschen?
Wie"alle"? Da kommt ein Trupp über den Horizont (landet ein Schiff) und auf geht's mit dem Austausch: Du gibst und darfst am Leben bleiben. Falls nicht, dann nicht.
>Ich dachte an freie Austauschprozessen.
Was soll das bitte sein? Beispiel?
>>Der erste"Austausch" ist die Abgabe von Surplus (erzwungen) bzw. Tribut (erzwungen).
>***der erste"Austausch" ist der Austausch von Meinungen (Zuspruch vs. Ablehnung)
Ich weiß nicht, was ich für eine Meinung haben soll, wenn jemand mit der Waffe vor mir steht. Vielleicht kannst Du mir anhand des Melier-Dialogs bei Thukydides erklären, wie Du das mit Zuspruch vs. Ablehnung meinst. Die Melier lehnten bekanntlich ab.
>>>Antithese: Machtprozesse treten nur dann in Erscheinung, wenn es diese Austauschprozesse nicht gibt. Schwindet die Macht, dann aufgrund des Wiederauflebens dieser Austauschprozesse. Also muss es auch zu Beginn einen Austauschprozess gegeben haben.
>>Drei Schweine gegen acht Hühner?
>Denk an die Heringssaga: du bist nur solange Meinungsführer wie die relative Masse Deiner Anhänger zu Dir steht.
Wer will Meinungsführer sein? Ich jedenfalls nicht, und an der Börse ist es sowieso tödlich.
>Charisma ist schliesslich nichts von Gott gegebenes, das muss erarbeitet werdern und ist endlich.
Na ja, es gibt auch solche, die es sich niemals erarbeiten könnten. Andere dagegen haben so was wie eine"Naturbegabung".
Falls Du mich meinst: Meine Oma sagte immer:"Du wirst mal Volksredner!" Ich hätt's mal besser werden sollen (Politiker mit einem Pensionsanspruch à la Hans Eichel). So viel Charisma wie Hans Eichel bringe ich noch auf.
Ob Charisma endlich ist? Es gibt ja viele Denkmäler, Grabmäler (Marx) und so. Sogar Nero erlebte im 3. / 4. Jh. eine riesige Renaissance, vgl. die ihm zu Ehren geprägten Kontorniaten. Napoleon war ein Mega-Schlächter und doch steht sein Sarkophag heute an höchst prominenter Stelle. A bisserl was bleibt immer.
Grüße zurück!
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