Taktiker
16.01.2004, 00:52 |
Preiselastizität steigt Thread gesperrt |
-->Zu den gelegentlichen Postings hier über steigende Preise und angebliche Inflation:
Realisieren lassen sich diese Preise auf derselben Stückzahl nicht! Was vor allem steigt, ist die Preiselastizität der Konsumenten. Einige haben noch richtig viel Patte und die werden bestmöglich gemolken. Auf der anderen Seite gibts immer mehr Sonderaktionen, Rabatte usw. Wer findig ist, zieht dieselben Stücke für 20-30% billiger.
Ich kann all nochmal warnen, sich nicht von den Preissteigerungs-Meldungen kirre machen zu lassen. Ich arbeite im Bereich Revenue Management einer ziemlich prominenten Airline in Deutschland. Im Airline-Bereich erfolgte die Marktliberalisierung in den USA schon in den 70ern, bei uns später. Die Airlines haben schon heftigere Krisen als diese hier erlebt und haben mit starker Preisdifferenzierung geantwortet.
Man bekommt mittlerweile ein und denselben Sitz in einer Kabine zu radikal verschiedenen Preisen. Obwohl nur 2 bis 3 physische Compartments (First, Business, Eco) existieren, gibts 20 Buchungsklassen mit einem unglaublichen Preisspektrum! Ziel ist die möglichst exakte Abschöpfung der Preis/Service-Elastizität der Kunden. Dazu werden die verschiedenen Klassen extrem unterschiedlich attributiert (Buchungsrestriktionen - kennt jeder hier), was wiederum rückkoppelnd verstärkend auf die Differenzierung der Nachfrage wirkt!!! Die Elastizitätskurve wird mit jedem Jahr radikaler.
Die Airlines versuchen das Inventar zu optimieren, indem sie die Preiskategorien kontingentieren, um maximalen Ertrag bei maximaler Auslastung zu erreichen. Um zu verhindern, dass Billignachfrage teurer verkaufbare Kapazität früh wegbucht, müssen alle Preiskategorien ständig nachfrageprognostiziert werden, quasi jeden Tag für jeden Flug für jede der 20 Klassen. In der Praxis werden aber keine Flüge prognostiziert, sondern City-Paare, also virtuelle Verbindungen, nochmal ein Vielfaches der physischen Legs. Also ein Heidenaufwand!
Wenn also hier permanent über Teuro-Aktionen gepostet wird, bitte ich zu berücksichtigen, dass der letendliche Yield ganz anders aussieht, denn die Erhöhungen betreffen nur die Rack Rates, haben aber nichts mit den Durchschnittspreisen zu tun, die sich erzielen lassen. Umso teurer die Listenpreise, desto radikaler die nächste Rabattaktion, welche Paulchen Müller Superrentner natürlich nicht abwarten will, da er nicht preissensitiv genug ist. Brauch ich nur meinen Vater anschauen: der kauft jeden Mist noch 10% über dem teuersten Listenpreis. Feilschen oder Taktieren ist absolut suspekt bzw Ungeduld geht vor. Für solche Konsumenten werden die Preise effektiv angehoben.
Soviel dazu und zum Thema"Inflation", nur weil wieder ein Möbelstück teurer werden soll.
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Euklid
16.01.2004, 08:20
@ Taktiker
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Re: Preiselastizität steigt |
-->Du solltest absolut nicht davon ausgehen daß die Flugpreise auf diesem Level bleiben.
Schon längst hat der Staat den nächsten Korridor ausgemacht.
Da Hinz und Kunz jetzt fliegt wird er zum drastischen Steuermarkt ausgebaut und man kann sich dann die Differenzierung der Preise sparen.
Der Staat macht immer gleich alles platt obwohl die jetzige Preispolitik ja sozial wäre.
Wer nicht genügend Zeit hat zahlt eben mehr.
Und Geschäftsleute haben immer zuwenig Zeit.
Wirst sehen:Der Dammbruch der Flugpreise kommt mit der Einführung der Besteuerung des Flugbenzins.
Gruß EUKLID
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Taktiker
16.01.2004, 10:16
@ Euklid
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Auf den Yield kommt es an. |
-->Falsch Euklid: Die untersten Preisklassen sind die, welche nur noch die marginalen Kosten decken. Wenn Flugbenzin teurer wird, mögen diese marginalen Kosten etwas steigen, aber in einer 200-300-Sitze-Kabine werden die marginalen Kosten weiterhin sehr niedrig sein.
Ich wollte auch weniger über die absoluten Discountpreise reden, als vielmehr über die Preisdifferenzierung! Was wir derzeit sehen, ist die Einführung einer viel stärkeren Preisdifferenzierung in Handel und Dienstleistungsgwerbe. Es gibt immer weniger DIE Preisliste, sondern extrem große Spannen. Logischerweise wird immer nur eine Preisliste veröffentlicht, die mit den Standard-Raten. Kennt man doch auch vom Hotel. Die realisierten Raten liegen weit unter denen der Liste. Diesen Prozess sehen wir jetzt viel breiter implementiert.
Die veröffentlichten (Angebots-)preise sind immer weniger maßgeblich. Die Kundschaft wird stärker segmentiert, so auch die Preisspannen. Über den letztendlichen Yield (realisierte Preise pro angebotener Einheit) ist noch gar nichts gesagt, wenn die Listenpreise steigen.
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Euklid
16.01.2004, 10:35
@ Taktiker
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Re: Auf den Yield kommt es an. |
-->Du bist meines Erachtens auf dem falschen Dampfer wenn du der Meinung bist daß eine Erhöhung des Flugbenzinpreises nicht voll durchschlägt.
Flugpreise sind stark sensitiv im Hinblick auf Spritkosten.
Man kann zwar die teuren Anschaffungskosten wegrechnen oder nach hinten schieben aber Sprit bedeutet Liquidität.
Und Liqiditätsmangel bedeutet Konkurs siehe die vielen Konkurse in diesem Bereich.
Just zu dem Zeitpunkt bei dem der Globalisierungswahn wegen Protektionismus endet werden die Flugpreise explodieren.
Nichts wirkt protektionistisch besser als hohe Flugpreise.
Aus mit dem billigen Kaffee,aus mit den Billigen Bananen,aus mit den vielen Shoppping - Touristen in Billigstländern.
Viele werden sogar noch jubeln wenn der Staat die Flugpreise erhöht wenn er vorgibt damit seine soziale Funktion zu erhalten.
Nichts aber auch gar nichts kann auf Dauer billig sein und bleiben wenn der erzielte Preis die Kosten nicht deckt.
Es werden ganz einfache Monopolbildungen mit Fusionen geben (entweder hinten rum oder offiziell über die Börse).
Die Banken wollen keine Unternehmen finanzieren und forcieren in den Hinterzimmern diese Megafusionen.
Geschickter ist natürlich zuerst die Preise abzusprechen,dann die Preise zu erhöhen mit anständigem Gewinnausweis und anschließendem Reibach an der Börse.
So läuft das meiner Meinung nach.
Gruß EUKLID
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Taktiker
16.01.2004, 11:02
@ Euklid
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Globalisierung, Multis |
-->>Du bist meines Erachtens auf dem falschen Dampfer wenn du der Meinung bist daß eine Erhöhung des Flugbenzinpreises nicht voll durchschlägt.
Wie gesagt, mag sein, dass die Discountpreise steigen, aber worauf es mir ankam, war die generelle Feststellung, dass stärkere Preisdifferenzierung Einzug hält. Vor diesem Hintergrund sind viele"Preissteigerungen" zu sehen, die aktuell kommuniziert und hier oft als Inflationszeichen gedeutet werden.
>Aus mit dem billigen Kaffee,aus mit den Billigen Bananen,aus mit den vielen Shoppping - Touristen in Billigstländern.
Richtig! Habe ich hier schon öfter als langfristigen Trend zur Erhöhung der allgemeinen Transaktionskosten beschrieben. Und genau wie Du finde ich das gut. Ich ess' zwar auch gern Bananen, aber wir beide wissen ja um den höheren Preis, den diese Globalisierung fordert. Deswegen finde ich diese Entwicklung gut. Auch die ganzen Verbrauchs- und Verkehrssteuern. Mich kotzt zwar die unendliche Gier der Protagonisten an, aber die Effekte, welche diese Verkehrshindernisse langfristig haben, begrüße ich. Ist auch zum Guten des regionalen Handels, Handwerks und kleiner Mittelständler, welche derzeit in der Globalisierungszange stecken.
>Nichts aber auch gar nichts kann auf Dauer billig sein und bleiben wenn der erzielte Preis die Kosten nicht deckt.
Die volks-/glbalwirtschaftlichen Kosten der Globalisierung sind eben viel höher als derzeit eingepreist. Langfristig werden die scheuen globalen Finanzrehe die komplette Rechnung für ihr Relokations-Monopoly zugestellt bekommen.
>Es werden ganz einfache Monopolbildungen mit Fusionen geben (entweder hinten rum oder offiziell über die Börse).
Widerspruch: Die Einschränkung des globalen Handels begünstigt keine weltweiten Fusionen oder Kartelle, sondern regionale Experten und Nischenakteure. Das Fusionskarussell ist ein Produkt der überregionalen, ja überstaatlichen Wirtschaftswelt... welche in Anfängen bereits im Rückzug ist.
>Geschickter ist natürlich zuerst die Preise abzusprechen,dann die Preise zu erhöhen mit anständigem Gewinnausweis und anschließendem Reibach an der Börse.
Wie Du vorher erkanntest, steigen aber die Transaktionskosten rapide an, stärker als sich Preiserhöhungen in den ausgelaugten kaufkraftschlaffen Heimatmärkten realisieren lassen. Die Multis sind zu dauernden Gewinnausweisen verdammt, also werden sie freiwillig den Rückzug antreten. Die Ballons werden nicht platzen, sondern langsam die Luft ablassen. Rückzug der Produktion in die Heimatmärkte bzw mein Favoritenszenario:
Die Multis werden zersplittern und nur noch formell unter einem Konzerndach residieren. Faktisch werden sie in den Heimatmärkten produzieren und absetzen - und weiter zersplittern, bis ins Regionale. Die Adern zwischen diesen Bestandteilen werden verkümmert sein und der Ober-CEO eines Multis wird nur noch ein Frühstückspräsident sein.
So läuft das meiner Meinung nach.
Gruß Taktiker
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chiron
16.01.2004, 15:00
@ Euklid
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Re: Auf den Yield kommt es an. |
-->Hallo Euklid
Dass ständig neue Steuern erhoben werden und dies zu Preissteigerungen führt ist klar. Aber Preissteigerungen lassen sich immer weniger durchsetzen, weil sich dies immer weniger leisten können. Auf was ich hinaus will ist folgendes. Die Preissteigerungen, die wir jetzt noch sehen, kommen nur dem Staat zu Gute aber nicht den Unternehmen. Die Unternehmensgewinne werden daher nicht steigen. Und darum scheint mir auch Dein Szenario von hyper-inflatorisch steigenden Preisen und Aktien nicht realistisch. Die meisten Unternehmen gehen vorher Konkurs, weil sich die Masse diese durch Steuererhöhungen getriebenen Preise nicht mehr leisten kann. Kostendruck aller Orten bis zum Overkill resp. Konkurs, so beginnen Deflationen, Steuererhöhungen hin oder her.
Gruss chiron
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Euklid
16.01.2004, 17:11
@ chiron
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Re: Auf den Yield kommt es an. |
-->Ist alles richtig was du schreibst.
Dagegen steht aber daß man fast 0 Euro mehr an Steuern einnimmt,dafür aber die Frechheit besitzt aus den 0 Euro Einnahmen plötzlich 3 Euro Staatsausgaben zu kreieren.
Und dieser Prozeß läuft.
Es gibt bald neue Flugzeugträger für Europa.Das Geld kommt vom heiligen Geist;-))
In der Schweiz wird die Deflation eher spürbar.
War schockiert als ich heute morgen die eingeschlagenen Fenster in Zürich gesehen habe.
Auch die vermummten Gestalten (Globalisierungsgegner) die in eurem Fernsehen zu sehen waren hat mein Bild über die Schweiz jetzt richtig gestellt.
Ich glaube die Schweiz erlebt katastrophalere deflationäre Zusammenbrüche da deren Big-Mac Index noch viel Fett und Speck aufweist.
In Deutschland ist eh schon fast alles zusammengerissen.
Bei 6 Millionen echten Arbeitslosen (ohne die Frisur von Clement) sind die Firmen inzwischen ziemlich knapp mit dem Personal.
Ich sehe hier bei uns keine fallenden Preise.
Das mag ja in Berlin wie Taktiker beschreibt völlig anders sein.
Ich glaube wir vergessen bei unseren ganzen Diskussionen immer den Bezugsort (lokal) wo man Deflation sieht.
Gruß EUKLID
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chiron
16.01.2004, 17:30
@ Euklid
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Re: Auf den Yield kommt es an. |
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>War schockiert als ich heute morgen die eingeschlagenen Fenster in Zürich gesehen habe.
>Auch die vermummten Gestalten (Globalisierungsgegner) die in eurem Fernsehen zu sehen waren hat mein Bild über die Schweiz jetzt richtig gestellt.
Die kommen doch aus dem nahen Ausland...!
Schmunzelnde Grüsse
chiron
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Euklid
16.01.2004, 17:51
@ chiron
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Re: Auf den Yield kommt es an. |
-->No chiron
da muß ich widersprechen.
Der Dialekt dieser Vermummten war eindeutig und unüberhörbar.
Gruß EUKLID
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