--><font size="5">"Die Bären haben sich blutige Pranken geholt"</font>
Börsenpsychologe Joachim Goldberg (Fa. Cofnitrend/Deutsche Bank) zum Dax
WELT am SONNTAG: Herr Goldberg, der Dax ist fulminant ins neue Jahr gestartet. Inzwischen steht er bei über 4100 Punkten. Müsste die Luft nicht langsam dünner werden?
Joachim Goldberg: Wir sehen noch keinen Anlass zur Sorge. Der Markt steigt zwar beständig, aber nicht besonders schnell. Wir beobachten bei den Teilnehmern zurzeit einen gesunden Optimismus, von einer gefährlichen Überhitzung sind wir noch weit entfernt.
WamS: Ist es nicht schon gefährlich genug, dass der Markt die Buchführungsprobleme bei Adecco praktisch ignoriert?
Goldberg: Im derzeit positiven Stimmungsumfeld nimmt die Sensitivität für solche Meldungen ab. Die Marktteilnehmer akzeptieren offenbar, dass diese Probleme hin und wieder auftreten und scheinen bereit, dieses Risiko auch künftig in Kauf zu nehmen.
WamS: Sind die Bären also erst einmal vom Parkett vertrieben?
Goldberg: Sie haben sich zuletzt zumindest ein paar Mal blutige Pranken geholt. Der Dax ist an der Marke von 3985 drei Mal nach oben abgeprallt. An dieser Marke haben die Hände der Nachfrager die angebotenen Aktien immer wieder bereitwillig aufgenommen. Möglich, dass ein Teil der Akteure, die den Dax noch einmal deutlich unter 4000 sehen wollten, das Lager gewechselt hat und unterhalb dieser Marke schließlich sogar als Käufer aufgetreten ist.
WamS: Der vorläufige Richtungswechsel beim Euro nach den Verbal-Interventionen der Europäischen Zentralbank EZB hat diesen Wechsel zusätzlich erleichtert.
Goldberg: Das ist sicherlich ein wichtiger Aspekt, vor allem für die Exportwerte. Aber auch das besser als erwartet ausgefallene US-Handelsbilanzdefizit für November mag für manchen Händler ein Grund gewesen sein, sich auf die Käuferseite zu stellen.
WamS: Wieder auf der Käuferseite treten auch die deutschen Lebensversicherer auf. Was bedeutet das für den Markt?
Goldberg: Das kann eine zusätzliche Stütze sein. Gerade wenn der Markt zurückkommt, setzt dann von dieser Seite Nachfrage ein, die das Rückschlagspotenzial weiter begrenzen sollte. Institutionelle, allerdings aus dem Ausland, haben übrigens schon im vergangenen Jahr mit für die beeindruckende Rallye im Dax gesorgt. Sie haben damit nicht nur von den Kurssteigerungen der Aktien, sondern zusätzlich von den Währungseffekten durch den steigenden Euro profitiert.
WamS: Sind die Privatanleger eigentlich jetzt an die Börse zurückgekehrt oder nicht?
Goldberg: Das ist ganz interessant. Viele Private haben bisher offenbar dabei zugeschaut, wie sich ihre noch bestehenden Positionen verbessern. Für Neuengagements hat vielen bisher noch der Mut gefehlt.
WamS: Welche Marke ist jetzt im Dax wichtig?
Goldberg: Ein besonderes Augenmerk aus technischer Sicht gilt der Unterstützung bei 4025 Punkten. Solange die nicht fällt, ist der positive Trend nicht in Gefahr.
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