-->[ Fundsache von"Publizist" ]
Politiker sind vielbeschäftigte Menschen, jedenfalls Spitzenpolitiker. An sie wenden sich viele Menschen. Einige lassen sich durch Sekretäre(Innen) schon deshalb nicht abweisen, weil der betreffende Politiker ihnen aus vielerlei Gründen dankbar sein sollte oder nur, weil man sich kennt. Auch der Politiker hat sich an viele Menschen zu wenden, und sei es nur weil sie ihm Türen öffnen und medien- oder sonstwie -wirksam Teppiche auf ihrem Weg nach oben auslegen. Denn keine Position ist sicher, außer derjenigen ganz oben.
In Massenorganisationen bilden sich nur an der Spitze - wie der Soziologe Robert Michels, der sich in den zwanziger Jahren vom linken Sozialdemokraten zum rechten Faschisten gemausert hatte, am Beispiel der Sozialdemokratie recht überzeugend zeigen konnte - Oligarchien. Wer einmal auf den Parteivorsitz nachrücken und die erste Zeit der Diadochenkämpfe überstehen konnte, ist in der Regel kaum mehr zu stürzen, es sei denn er macht einen gravierenden Fehler und trennt sich von seinen bisherigen Beratern - aber warum sollte er, wo sie sich doch so bewährt haben. Das gilt entsprechend auch für weniger stabile Führungsämter (z.B. Vorstandsposten in Großunternehmen), in die man gewählt oder ernannt wird.
Das ist für solche Menschen wichtig, weil die positions- und einkommenssichernde Parteiarbeit und Fraktionspolitik meist so aufreibend ist, daß für die eigentliche Politik, das heißt die Ausrichtung des jeweiligen des Amtes, in dessen Führung der Betreffende gewählt wurde, vor lauter Terminen, Händeschütteln und Golfspielen, keine Zeit mehr bleibt. Das wiederum ist weniger wichtig, weil es für diesen Zweck eben Berater gibt -- und davon gleich zwei Kategorien.
Die einen Berater bieten selbst ihre Dienste an, wollen dem Politiker Arbeit, zum Beispiel die Ausarbeitung einer bald fälligen Gesetzesvorlagen oder anderes abnehmen, sie erledigen, und sie dann dem Politiker überlassen, damit er diese als die Frucht des eigenen Fleißes vorzeigen und zur Abstimmung bringen kann. Diese Art Berater gibt es umsonst, sie stellen für ihren Dienst keine Rechnung, sondern bringen sogar noch gerne das eine oder andere Geschenk mit - worauf wir hier aber nicht näher eingehen wollen. Das ist die böse Lobby, auf die zu schimpfen zum täglichen Brot der Demokratiekritiker gehört.
Die andere Art Berater stellen Rechnungen und meistens sogar sehr saftige. Oft ist nicht einmal ganz klar, wofür sie Rechnungen stellen. Als Grund wird meistens auf einen Beratervertrag verwiesen. Neider meinen oft, daß sich Berater und Politiker später insgeheim den Ertrag des Beratervertrags, den ja nicht der beratene Amtsinhaber sondern das Amt, das er inne hat, also letztlich Steuerzahler oder Kunde bezahlt (Beraterverträge in der Wirtschaft sind Kosten, die sich im Preis niederschlagen), teilen. Doch das ist plump gedacht, kann vorkommen, geht aber an der eigentlichen Sache vorbei.
Woher, so könnte der naive Zeitgenosse fragen, rühren die Unterschiede? Nun sie sollten sich aus der Nutzung ergeben. Wenn einem Politiker in Position (nur um die geht es hier) zum Beispiel ein ausgearbeiteter Plan für die Neuordnung des Hochschulwesens in der Republik zugesteckt wird, damit dieser mit dem schönen Plan"Punkte machen" kann, dann gibt es Leute, die sich von einem solchen Plan etwas versprechen, vielleicht weil sie Schulgebäude herstellen, Forschungsgeräte anbieten, mit denen sich Hochschulen ausstatten lassen, oder weil sie in ihrem Betrieb oder ihrer Branche Nachwuchssorgen haben, die sie gerne kostensparend wie der Kuckuck gelöst hätten.
Solche Pläne brauchen deshalb an sich noch nicht schlecht zu sein. Denn die potentiellen Nutznießer, oder diejenigen, die für sie arbeiten, haben neben dem Träger-Politiker (der sie vorträgt und durchsetzt) sicherlich auch (wenn sie nicht doof sind) - die Abstimmungsmaschine und deren Gesetzmäßigkeiten im Kopf und berücksichtigt, daß sich ein solcher Plan auch irgendwie rechtfertigen lassen muß. Sie wollen damit vor allem sicherstellen, daß bei seiner Umsetzung ihre Sonderinteressen nicht zu kurz kommen und sich ihre Aufwendungen schließlich auch wieder auszahlen.
Anders sieht es bei den Beraterverträgen aus, für deren Bezahlung der Politiker sorgen muß. In diesem Fall, ist der Politiker der unmittelbare Nutznießer der Beratung (wenn auch nicht der zahlende, das besorgt das Amt)."Wie", fragt unser Naivling,"wenn der Politiker für das Amt zu doof ist, dann sollte man nicht ihn sondern gleich den Berater ins Amt wählen?" Ist das etwa eine Lösung? Die Arbeit an der eigenen Karriere ist alleine schon so aufreibend, daß die zusätzliche Erarbeitung der nötigen Fachkompetenz darunter leiden muß.
Bei Mitgliedern höherplazierter Gremien handelt es sich meistens auch schon um Menschen, die an solcher Tätigkeit Gefallen gefunden haben und die es einzurichten wissen, daß sie dabei nicht draufzahlen - eher das Gegenteil. Auch diese Leute haben wenig Zeit, denn diese ist ausgefüllt mit Gesprächsterminen, Verabredungen, Händeschütteln und - nicht zu vergessen - Golfspielen. Nun muß als Vertreter in einem höherplazierten Gremium ein Vorsitzender oder Delegierter in ein noch höheres Gremium gewählt werden."Wen soll man wählen? X und Y sind sympathisch, an dem stört dieses an jenem das und der dritte riecht aus dem Mund. Wen wählen?" Den Besten natürlich! Aber wer ist das und zu welchem Zweck ist er der Beste (Man denke an die Frage, was besser sei, Schuhsohle oder Schnitzel). Wer für den eigenen nächsten Karriereschritt der Beste sein könnte, ließe sich vielleicht noch selbst herausfinden. Wer aber ist es längere Sicht und für das ganze Gefüge, das die eigene Karriere trägt? Diese Frage ist so schwer zu beantworten, weil dazu sehr viele Eventualitäten zu berücksichtigen sind. Dafür eben gibt es Berater, die näher an das herangekommen sind, was dieses Gefüge im innersten Zusammenhält. Um nicht mißverstanden zu werden, das ist kein Neutrum, sondern etwas mit Kopf und Hintern - nur eben in der Regel unbekannt.
Berater verlangen - wie man weiß - einen hohen Preis, und sind ihn in der Regel wert, vielleicht ein wenig anders die Zielsetzung des Beratervertrags ausweist. Denn ohne den richtigen Rat zur rechten Zeit an der richtigen Stelle wäre so manche Karriere nicht möglich geworden. Schließlich müssen die Zuständigen erfahren, wen sie möglichst in welches Amt hieven sollen. Der Beraternutzen reicht über die bloße Hilfe bei Wahl- und sonstigen Entscheidungen weit hinaus. Was wäre eine hochdotierte Führungspersönlichkeit ohne Hintergrundinformationen? Die betreffen die wirklichen (nicht die geäußerten) Einstellungen und Meinungen von Freund und Feind über und unter der eigenen Position. Man sollte über Ereignisse Bescheid bekommen, ehe sie noch eintreten und vor allem sollte man allerlei Leichen in allerlei Kellern kennen, die keine Ã-ffentlichkeit zu erfahren braucht, deren angedeutete Kenntnis aber Gremienentscheidungen nachhaltiger beeinflussen als die treffsichersten und logischsten Sachkenntnisse. Ohne den richtigen Berater ist man von den meisten dieser Informationen abgeschnitten, deren Kenntnis über die eigene Karriere und das Funktionieren im Amt entscheidet.
Es gibt noch einen Grund, weshalb nicht der Berater statt des Politikers ins Amt gewählt und der Politiker nur sein PR-Agent fürs Händeschütteln etc. wird: Denn vielleicht strebt der Berater gar keine Karriere an und fühlt sich im Schatten und hinter der Bühne viel wohler. Letzteres sicherlich, sonst würde er ja ins Licht hinaustreten. Doch was macht ihm den Schatten so angenehm und erstrebenswert? So kann man sich verrennen, wenn man der schwierigen Antwort auf die erste Frage (Schuhsohle oder Schnitzel) aus dem Weg geht. Denn warum der Berater für den Politiker gut ist, das konnten wir mit einigem Nachdenken - jedenfalls im Prinzip - relativ leicht herausfinden. Offen ist noch die die Frage, wofür der Politiker für den Berater gut zu sein hat, damit er dessen Karriere fördert. Kommt hier bitte nicht mit Geld - das ist, wenn es um Macht geht, immer nur Begleitmusik.
Ohne weitere Spekulation können wir nur feststellen: Berater sind die Treibriemen der heutigen, der westlichen Demokratie. Deren eines Rad, das angetrieben werden soll, kennen wir. Doch welches ist das antreibende Rad, das den Treibriemen antreibt? Wem die so betriebene Demokratie nicht paßt, wer ohne Berater das Gemeinwesen nach dem eigentlichen"Wählerwillen" bewegt sehen will, wird ebenfalls bald auf"Berater" stoßen, Doch die machen ihm das Leben schwer, weil sie zuständigen Leuten etwas zuraunen wie:"Der ist vom KGB, vom CIA, vom BND, ein dies und das oder etwas anderes Unappetitliches", kurz man, erweise sich als guter"Demokrater" und sichere sich den Genuß zutreffender Beratung, wenn man einen solchen schlimmen Menschen so weit als möglich auflaufen läßt usw.
Ihr glaubt das nicht? Probiert es aus! Ihr könnt das leicht haben, denn das beginnt schon in den Organisationen und Gremien der untersten Ebene, wo es manchmal mit etwas Mut noch aufgedeckt werden kann - aber darüber...
"Beraterverträge sind wichtig", hört man dieser Tage allenthalben; also muß was dran sein.
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