-->Villeicht liegt es daran?
Auszüge aus einem Interview mit Roger Willemsen http://www.neue-oz.de/information/noz_print/medien/willemsen.html:
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Wie haben Sie die Arbeit unter Quotendruck erlebt?
Willemsen: Die Zwangsvorstellung der Quotenerwirtschaftung habe ich als Regisseur, Produzent und Moderator erlebt. Insofern weiß ich, was es heißt. Sie können ja mal recherchieren, was Regisseure für Auflagen für Fernsehfilme kriegen: Wann muss die erste Frau nackt aus der Dusche kommen, damit der Zuschauer auch ja dran bleibt? Kann es künftig noch Filme geben, die bei Nacht spielen, weil doch angeblich Filme bei Nacht geringere Quote haben? Irgendwann wird man feststellen, dass blonde Menschen eine bessere Quote haben als dunkelhaarige
Und in der Talk-Sparte?
Willemsen: Es ist noch jeder Moderator, der was anderes wollte, von der Medienkritik mit Dreck beworfen worden - ob das Friedrich Küppersbusch war, ob ich es war oder ob es Charlotte Roche ist, die ich als im Augenblick die größte Lichtgestalt des Interviews überhaupt sehe.
Das Resultat ist das schlechteste gemeinsame Vielfache: Beckmann. Die Kulturkritik, die aus dem Feuilleton kommt, finde ich immer relativ billig. Wenn die Zeitungen selbst ins Fernsehen gehen, machen die dasselbe wie die kommerziellen Anstalten: Sie holen sich eine Schickse als Moderatorin, holen sich den Straßenstrich in Belgrad oder ein Pornocasting in Budapest. Ich weiß nicht, wie der „Spiegel" überhaupt noch Kulturkritik machen soll.
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Die Talkshow ist gerade 25 Jahre alt geworden: Werden Sie nostalgisch, wenn Sie sich die „NDR Classics" ansehen?
Willemsen: Die Wahrheit ist: Ja. Talkshow hat am Anfang sehr viel von einer Gesprächsform gehabt, die weitgehend aus dem Fernsehen verschwunden ist. Sie bemerken bei Reinhard Münchenhagen, bei Dietmar Schönherr und Wolf Schneider Wege des Erforschens von Personen. Und ich gucke zu, wie die Person stammelt, verlegen wird, nicht weiter weiß. Heute gibt es kaum eine Show, bei der die Redakteure sich nicht schon vorher alles erzählen lassen. Und dann können die hinter der Bühne mitlesen, wie man die Antworten kriegt, die man schon produziert hatte. Ich lehne das Siegen auf die feige Beckmann-Art ab - nach dem Prinzip: Ich brauche nur noch Naddel, um zu zeigen, was ich selbst für eine intellektuelle Größe bin. Dazu muss man wirklich das sehr kleine menschliche Kaliber von Reinhold Beckmann haben. Und der wird dann auch bei „GQ" Medienmann des Jahres. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Inthronisierung des Nichts.
Wie sind Ihre eigenen Erfahrungen mit dem investigativen Interview?
Willemsen: Es kommt darauf an, ob der Gast satisfaktionsfähig ist. Als ich Helmut Markwort vor mir hatte, war das ein Mann, der durch Fernsehen und durch „Focus" massenhaft Bewusstsein bildet und der massenhaft Unwahrheiten vertreibt. Dann habe ich ein Interview nur über diese Fälschungen gemacht. Das Gespräch darf nie wieder ausgestrahlt werden; ich habe eine Rüge vom Fernsehrat dafür bekommen. Heute wird an den journalistischen Instituten damit gearbeitet. Wir haben einen schwunghaften Handel mit dieser Videokassette getrieben. Seit dieser Sendung darf ich in „Focus" nicht mehr vorkommen. Und: Ich durfte danach über zwei Jahre keine Politiker im ZDF interviewen.
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Haben Sie eins auf Lager?
Willemsen: Das Wort „natürlich" gebraucht mittlerweile jeder zweite Moderator in jedem zweiten Satz. An erster Stelle eine der für mich unsympathischsten Figuren des Fernsehens: Carsten Spengemann. Der gibt sich mit jedem „natürlich" den Gestus desjenigen, der das Selbstverständliche verwaltet.
Apropos Spengemann. Finden Sie nicht auch seine Mimik noch viel kurioser?
Willemsen: Exakt. Ich gucke immer auf seine Mimik, vor allem, während er nicht spricht. Die ist auf eine so fratzenhafte Weise dämlich und gleichzeitig noch, sagen wir mal, windig, halbseiden, gebrauchtwarenverkäuferartig.
Jetzt müssen wir uns nur noch einigen, welche Vokabel da zitierfähig ist.
Willemsen: Alle. Es gibt keine Vokabel, vor der man Carsten Spengemann in Schutz nehmen müsste.
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Grüße
J.
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