--> SPIEGEL ONLINE - 10. Februar 2004, 17:30
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EU-Haushalt
Kommission verlangt satten Aufschlag
Mit seinem Sparappell fand Finanzminister Hans Eichel bei der EU-Kommission kein Gehör. Der Haushaltsentwurf, den Kommissionspräsident Romano Prodi heute im Europäischen Parlament vorlegte, sieht eine Steigerung der Ausgaben um mehr als 40 Prozent vor.
AP
Komissionspräsident-Prodi: Geplante EU-Projekte erfordern viel Geld
Straßburg - Sollte das EU-Parlament die Forderungen erfüllen, würde der Haushalt zwischen 2007 und 2013 von rund 100 Milliarden Euro auf 143,1 Milliarden Euro steigen und ließe die Grenze von einem Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE), die Deutschland, Frankreich und andere EU-Länder verlangt hatten, weit hinter sich. Nach Angaben der Kommission entspricht ihr Budgetvorschlag einem Anteil von 1,14 Prozent am BNE im Durchschnitt des siebenjährigen Planungszeitraums. Im Jahr 2007 würde der Anteil sogar 1,23 Prozent erreichen und damit an die zulässige Grenze von 1,24 Prozent kommen. Nach derzeitigem Geldwert entspricht ein Prozent des BNE etwa 100 Milliarden Euro. Im Streit mit Berlin und anderen Geberländern geht es daher um viele Milliarden.
Kommissionspräsident Romano Prodi betonte im EU-Parlament, ausschlaggebend für die Planung seien nicht einzelne Geldbeträge, sondern die politischen Ziele der Union. Zu sehr zu sparen unterminiere das gemeinsame Haus Europa. Es sei sehr schwierig gewesen, unterhalb der erlaubten Obergrenze von 1,24 Prozent zu bleiben und gleichzeitig die von den Mitgliedstaaten selbst beschlossenen Ziele in die Tat umzusetzen. Der Vorschlag der Kommission sei"ausgesprochen realistisch", betonte Prodi.
Unmittelbar vor der Bekanntgabe der Zahlen hatten Deutschland und Ã-sterreich die EU-Kommission erneut aufgerufen, die Ausgaben zu begrenzen. Eine starke Ausgabensteigerung sei völlig inakzeptabel, sagte der österreichische Finanzminister Karl-Heinz Grasser in Brüssel am Rande von Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen.
Bundesfinanzminister Hans Eichel sagte, Deutschland trete für ein nur mäßiges Wachstum der EU-Ausgaben ein. Man müsse darauf achten, die Nettozahler, die mehr in die EU-Kasse einzahlen als aus ihr ins Land zurückfließt, nicht zu überfordern. Deutschland ist der größte Nettozahler der Union.
Der Entwurf der Kommission liegt jetzt dem Parlament und dem Ministerrat zur Erörterung vor. Noch vor der Sommerpause will die Brüsseler Behörde im Lichte dieser Beratungen einen korrigierten Vorschlag machen. Eine Entscheidung über den Haushalt fällt aber voraussichtlich erst im Sommer des nächsten Jahres.
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