-->14-02-2004 Ein Berater verdiente 3200 Euro am Tag
Der Streit um Gutachten fĂŒr die alte Landesregierung fĂŒhrt zur Kollision von SPD und CDU / Wo sind die Unterlagen geblieben?
Hannover. Der Parteienstreit ĂŒber Gutachten der frĂŒheren Landesregierung nimmt an SchĂ€rfe zu. Stein des AnstoĂes ist ein Auftrag an die Firma Roland Berger aus dem Herbst 2000 zur âĂberprĂŒfung der Mittelinstanzâ - also zur Reform der Bezirksregierungen. âWir haben den Eindruck, dass Steuergeld verschwendet wurdeâ, meint CDU-FraktionsgeschĂ€ftsfĂŒhrer Bernd Althusmann und verlangt eine âgrĂŒndliche AufklĂ€rungâ der VorgĂ€nge, fĂŒr die der damalige MinisterprĂ€sident Sigmar Gabriel (SPD) verantwortlich sei. Sein SPD-Kollege Dieter Möhrmann kontert: âDie SPD hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Die CDU fĂŒhrt eine Kampagne gegen uns und diffarmiert Gabriel. Dabei stĂŒtzt sich die neue CDU/FDP-Regierung genauso auf Gutachter.â
Die Firma Berger hatte Ende 2000 fĂŒr die BeratertĂ€tigkeit zu den Bezirksregierungen 196 000 Euro erhalten - ein Betrag, der knapp unter der Grenze von 200 000 Euro liegt, von der an solche AuftrĂ€ge ausgeschrieben werden mĂŒssen. Am Mittwoch war bekannt geworden, dass kein schriftliches Arbeitsergebnis vorliegt, sondern die RatschlĂ€ge der Berger-Fachleute in Sitzungen von Projektgruppen der Regierung vorgetragen wurden. <font color=#FF0000>Das hochwertige Gutachten verstaubte in der Schublade eines Beamten, der es bei seiner Versetzung mitgenommen hatte</font> Am Donnerstag legte die CDU die Kopie eines Schreibens der Staatskanzlei von Dezember 2000 vor, die sie auf Umwegen von der SPD erhalten haben will. Daraus geht hervor, dass Berger den Auftrag nur mĂŒndlich erhalten habe. Am Freitag prĂ€sentierte die SPD ihrerseits die Kopie eines Schreibens - nĂ€mlich des Angebots, das Berger seinerzeit an die Landesregierung geschickt hatte. Daraus werde klar, so Möhrmann, dass Berger die Arbeiten sehr wohl detailliert beschrieben habe.
In dem Papier ist auch die Bezahlung geregelt: âVier Beratermonateâ wurden vereinbart (also vier Berater je einen Monat lang). Jeder Berater sollte am Tag 3100 Euro verdienen. Möhrmann gab an, dass Berger darĂŒber hinaus ein â500 Seiten starkes Papierâ mit ReformvorschlĂ€gen beigesteuert habe. Dieses liege allerdings der SPD nicht vor, die Landesregierung mĂŒsse es in ihren Akten haben. In den Ministerien allerdings war bis zum spĂ€ten Freitagabend eine solche Unterlage nicht bekannt.
War die Beraterleistung von Berger also top oder ein Flop? Die Kabinettsvorlage, die seinerzeit nach Abschluss der Projektgruppenarbeit gefertigt wurde, fiel dĂŒrftig aus. Wesentliches Ergebnis war, dass die Bezirksregierungen âkunden- und ergebnisorientierterâ werden mĂŒssten, dass sie sich als âRegionalmanagementâ verstehen und nach dem Prinzip âein Anliegen - ein Ansprechpartnerâ organisiert werden mĂŒssten. âDas ist nicht 196 000 Euro wertâ, meint Althusmann. Möhrmann entgegnet: âIch denke, Bergers Preise sind angemessen.â TatsĂ€chlich hat die Unternehmensberatung dem Land ein gutes Angebot gemacht und den Preis um 25 Prozent gesenkt. Im Landtag wird gemutmaĂt, dies sei geschehen, um unter der Ausschreibungsgrenze von 200 000 Euro bleiben zu können.
20-02-2004
Möllrings Attacke (Nds. Finanzminister) lÀsst SPD verstummen
CDU wittert schlimme ZustÀnde in der Regierung zu Gabriels Amtszeit / Unseriöse Angebote von Roland Berger?
Am spĂ€ten Vormittag, als die Fragestunde im Plenum allmĂ€hlich zu Ende geht, herrscht in der SPD-Fraktion Entsetzen: Sigmar Gabriel sitzt starr auf seinem Platz und blickt mit ernster Miene zu seinem GeschĂ€ftsfĂŒhrer Dieter Möhrmann herĂŒber. Einige Abgeordnete schĂŒtteln den Kopf, andere hat es nicht mehr auf ihren StĂŒhlen gehalten, sie stehen jetzt in der NĂ€he der TĂŒr und sehnen das Ende der Debatte herbei. Was sie alle miteinander erleben, ist eine bittere Stunde fĂŒr die SPD.
An diesem Donnerstag stellt Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) das AusmaĂ der Gutachterarbeit fĂŒr die alte, vor einem Jahr abgelöste SPD-Regierung dar. Nicht 368 Studien und BeratervertrĂ€ge hatte diese zwischen 1994 und 2002 in Auftrag gegeben, wie Möllrings VorgĂ€nger Heiner Aller (SPD) im November 2002 vor dem Parlament erlĂ€utert hatte, sondern 141 mehr. Damit wurden nicht 28 Millionen Euro fĂŒr solche Zwecke ausgegeben, sondern fĂŒnf Millionen Euro zusĂ€tzlich. âSie haben damals den Landtag unvollstĂ€ndig informiert, subjektiv und objektiv falsch geantwortet und Gutachten fĂŒr geheim erklĂ€rt, die nie geheim sein durftenâ, betont MinisterprĂ€sident Christian Wulff, an Gabriel gewandt. Die Reaktion der SPD ist Schweigen.
Auf Nachfragen von CDU-Abgeordneten breitet Möllring pikante Details aus. Gleich fĂŒnfmal habe Forsa âReprĂ€sentativumfragenâ erstellt - fĂŒr jeweils rund 12 000 Euro. FĂŒr die âpolitische Kommunikationsberatung des MinisterprĂ€sidentenâ wurde mehrmals die Werbeagentur Odeon II eingeschaltet. 25 000 Euro flossen im Jahr 1995 fĂŒr eine Studie zur âSituation schwuler MĂ€nner in Klein- und MittelstĂ€dtenâ. âUngeheuerlichâ, âdas gibtâs doch nichtâ, ertönen Zwischenrufe aus der CDU.
Dann spricht der Minister einen anderen heiklen Punkt an, die engen Kontakte der SPD-Regierung zur Beraterfirma Roland Berger. In sieben FĂ€llen hĂ€tten Berger-Gutachten knapp unter der Grenze von 200 000 Euro gelegen, oberhalb der hĂ€tte ausgeschrieben werden mĂŒssen. Eine Studie zur Hirnklinik INI sei in ein Grob- und Feinkonzept gestĂŒckelt worden, so dass auch hier keine Ausschreibung nötig war. Und beim Gutachten zur Sanierung des Haushalts, das 600 000 Euro kostete, habe Roland Berger sogar schriftlich die Dreiteilung angeboten. Darauf allerdings hatte sich die Regierung nicht eingelassen.
Je lĂ€nger Möllring vortrĂ€gt, desto finsterer werden Gabriels GesichtszĂŒge. Irgendwann platzt ihm der Kragen. âWir kriegen Euch auch nochâ, ruft er in Richtung Regierungsbank. Dann rĂŒsten sich einige SPD-Abgeordnete zum vermeintlichen Gegenangriff. Was ist denn mit den Gutachten, die die Regierung Wulff in ihrem ersten Amtsjahr vergab? War da nicht ein Auftrag fĂŒr eine Studie zur Privatisierung der HĂ€fen, der an einen OsnabrĂŒcker CDU-Politiker ging? Möllrings Antwort macht die Frage zum Eigentor: Den Auftrag gab es, aber auch er wurde schon zu SPD-Zeiten erteilt.
Punkt elf Uhr ist die Befragung beendet, und Gabriel braucht drei Stunden, diese Debatte zu verdauen. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz bezichtigt er dann Möllring der âLĂŒgeâ. Er verliest eine - interne - Anweisung aus Wulffs Staatskanzlei, nach der die Ressorts diesmal möglichst umfangreich alte Gutachten auflisten sollten. <font color=#FF0000> Wie gemein, ordentliche Arbeit zu fordern </font>âDa sind doch viele BeratervertrĂ€ge genannt, in denen es nur um Meinungsumfragen oder die Erstellung von BroschĂŒren ging.â Das sei doch âeigentlich gar keine Beratungâ. Allerdings zollt Gabriel der Regierung Respekt: âGeneralstabsmĂ€Ăigâ habe Möllring die Attacke auf die SPD vorbereitet, und seine Partei habe nicht wirklich entgegnen können.
War denn wirklich alles an BeratertĂ€tigkeit nötig, was Gabriel anschob, wird er gefragt. Warum musste Odeon II dem MinisterprĂ€sidenten Ende 1999 fĂŒr 1780 Euro eine âRegierungsantrittsredeâ schreiben? âIch war damals im Krankenhaus, brauchte also Hilfeâ, rechtfertigt sich Gabriel.
[img][/img]
<font color=#FF0000></font>
<ul> ~ http://www.odeonzwo.de/ praktisch, die SPD wohnt Odeonstr. 15/16</ul>
|