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25.02.2004
Feuilleton
Jörg Romanski
Grüne Streifen
Leise Revolution: In Berlin wurden zwei Laptops per Schwingungen des physikalischen Vakuums verbunden
Wissenschaftliche Revolutionen sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Eine, die die Welt womöglich stärker verändern wird als Dampfmaschine, Elektrizität oder Atomkraft, wurde bisher kaum wahrgenommen. Ein öffentlich vorgeführtes Experiment sollte das am Samstag ändern. In einem Hörsaal der TU Berlin manifestierte sich diese umwälzende Erkenntnis auf dem Gebiet der Physik wenig spektakulär als grüne Streifen. Die flimmerten in identischer Form ebenso wie gleichlautende fünfstellige Zahlen über die Displays zweier Notebooks.
Fast allen rund vierhundert Anwesenden war klar, daß sie einem geschichtsträchtigen Ereignis beiwohnten. Denn die grünen Streifen zeigten, daß die beiden Notebooks stabil über das - nach Meinung der meisten einschlägigen Wissenschaftler gar nicht existente - universale Hintergrundfeld verbunden waren.
Das ist der Knackpunkt: Zur Verbindung beider Laptops wurden keine elektromagnetischen, seismischen, akustischen, thermischen oder sonstigen herkömmlichen Wellen verwendet, sondern die Schwingungen des physikalischen Vakuums. Mit den derzeitigen Meßgeräten erfaßt, werden diese gewöhnlich als chaotisches thermisches und elektromagnetisches »weißes Rauschen« erlebt, im Wissenschaftsjargon auch 3-Kelvin-Reststrahlung genannt.
Daß dieses Rauschen keinesfalls so chaotisch ist, wie es scheint, und daß dessen bisher verborgene harmonikale Struktur sogar für die Kommunikation genutzt werden kann, darf ohne Übertreibung als naturwissenschaftliche Entdeckung ersten Ranges bezeichnet werden. Damit wäre ein Erkenntnis- und Technologieschritt vollzogen, den Experten frühestens in zehn Jahren für möglich hielten. Was die Sache für die etablierte Physik suspekt macht.
Noch verdächtiger ist, daß dieser Schritt Hartmut Müller, einem weitgehend unbekannten Wissenschaftler und Gründer des ebenso wenig bekannten privaten »Instituts für Raum-Energie-Forschung in memoriam Leonard Euler« (IREF) gelang. Und das auch noch ohne einen Euro aus den Fördertöpfen zumindest des deutschen Staates.
Dabei sind die grünen Streifen auf den Displays Resultat von über zwanzig Jahren physikalischer Grundlagenforschung, in der es kaum materielle oder personelle Beschränkungen gab. Denn die Forschungen wurden größtenteils im Rahmen des Raumfahrtprogramms der früheren Sowjetunion durchgeführt, an denen der aus Thüringen stammende Müller wesentlich beteiligt war. Als jahrgangsbester Abiturient 1973 zum Studium nach Leningrad »delegiert«, gelang dem promovierten Naturwissenschaftler 1982 der wissenschaftliche Nachweis, daß unsere Welt einer verborgenen Ordnung gehorcht.
Technologie und Theorie haben bereits einen Namen, der auch als Marke geschützt ist: G-Com. Wobei das G für Gravitation steht. Denn Müllers dazugehörige Global-Scaling-Theorie interpretiert die entdeckte »logarithmisch hyperbolisch skaleninvariante« und deshalb harmonikale und fraktale Struktur des physikalischen Vakuums als Verursacher aller physikalischen Kräfte, wozu auch die Gravitation gehört.
Spätestens bei dieser Aussage heben die meisten Naturwissenschaftler die Augenbrauen. Schließlich kennen die derzeit gelehrten Gravitationstheorien keine Ursache für die Anziehungskraft zwischen Massen. Und dieses eigentlich nicht existierende »Hintergrundfeld« soll nun, weil mathematisch einfach beschreibbar, auch noch zur Kommunikation taugen?
Esoterischer Blödsinn und reine Zahlenmystik, lautete deshalb bis vor kurzem fast einhellig der Tenor der Wissenschaftscommunity. Doch seit ein Forscherteam der Donau-Universtät Krems (Ã-sterreich) im Dezember 2003 nach einem gemeinsamen Experiment mit dem IREF erstmals offiziell bestätigte, daß G-Com funktioniert, bröckelt die Front.
Müller ist nun nicht mehr zwingend ein Scharlatan und Möchtegern-Einstein-Nachfolger. Die Global-Scaling-Vorträge und G-Com-Vorführungen werden zwar distanziert, doch aufmerksam verfolgt. Professor Harald Weinfurter, einer der Protagonisten der deutschen experimentellen Quantenforschung spricht vorsichtig von einem »möglicherweise interessanten Experiment«.
Müller nutzt ein physikalisches Phänomen, dessen Existenz erstmals in den 80er Jahren experimentell nachgewiesen wurde: die räumlich und zeitlich unabhängige Verschränkung von Quanten- und Teilchenpaaren. Das Problem bei der nun »klassisch« zu nennenden Quantenteleportation, wie sie z. B. von Anton Zeilinger in Innsbruck oder eben Weinfurter in München praktiziert wird, bestand in der Markierung der jeweils »richtigen Teilchen«, zu der dann auch die Übermittlung der entsprechenden Information auf klassischem Wege per Schall- oder elektromagnetischen Wellen gehörte. Dieses Problem hat Müller mathematisch gelöst.
Derzeit sind Übertragungsraten von 16 Zeichen pro Sekunde möglich. Da jedes Abhören einen Meßvorgang darstellt, der die Verschränkung zerstört, ist das Verfahren nach heutigem wissenschaftlichen Verständnis völlig abhörsicher. Ähnlich spektakulär ist der Umstand, daß die Übermittlung von Daten unter bestimmten Bedingungen theoretisch unendlich schnell ist. Statt also, wie bisher, rund vierzig Minuten auf ein Feedback von der Marssonde zu warten, könnte diese im Prinzip simultan - in Echtzeit - gesteuert werden.
Zu den Anwendungsperspektiven befragt, dämpft Müller zu hohe Erwartungen: »Noch steckt die Technologie in den Kinderschuhen.« Doch sind er und die beteiligten deutschen und russischen Forscher optimistisch. Stünden ausreichend Mittel zur Verfügung, sollte die G-Com-Technologie schon innerhalb von zwei bis fünf Jahren in der Lage sein, die herkömmlichen Kommunikationsverfahren abzulösen. Das tangiert allerdings massiv wirtschaftliche Interessen global agierender Konzerne. Wir dürfen gespannt sein.
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