JoBar
02.03.2004, 21:09 |
Sauer auf SPD: Verdi und IG Metall erwägen Gründung einer eigenen Partei Thread gesperrt |
-->02.03.2004 18:07 Uhr
DGB/SPD - Graben zwischen den Genossen
Aus Enttäuschung über die SPD erwägen Teile der Gewerkschaften Gründung von eigener Partei.
Von Jonas Viering
Die Unruhe wächst. In den Gewerkschaften wird von Tag zu Tag heftiger über das Verhältnis zur SPD debattiert.
Auch das Treffen von DGB-Chef Michael Sommer mit dem Kanzler am Montag hatte keine wirkliche Annäherung gebracht, auch wenn Gerhard Schröder sich laut Sommer zur gewerkschaftlichen Lieblingsforderung der Ausbildungsumlage bekannte.
Jetzt planen Teile von Verdi und IG Metall sogar, eine Partei zu gründen, so weit ist die Entfremdung fortgeschritten.
„Vagabundierendes Wählerpotenzial“
Vorerst mag sich niemand offen zu dem Projekt bekennen, erste Treffen werden nahezu konspirativ vorbereitet, doch in den internen Datennetzen kursieren schon Strategiepapiere.
Bis auf die Abteilungsleiterebene hinauf soll der Kreis der Unterstützer reichen. „Es sind nicht bloß die üblichen Spinner“, sagte ein hochrangiger Gewerkschafter.
Sogar eine Internetadresse gibt es schon: www.wahlalternative.de. Der einzige Text darauf aber lautet bezeichnenderweise: „Es sind noch keine Inhalte hinterlegt.“
Kaum verhohlen wird in den Papieren von den Chancen einer linkspopulistischen Partei gesprochen.
„Dahinter steht die These, dass es ein vagabundierendes Wählerpotenzial von bis zu 20 Prozent gibt, das sich einfangen ließe“, erklärt ein Gewerkschafter. Gedacht ist an ein Wahlbündnis zusammen mit den Globalisierungskritikern von Attac.
Deren Sprecher jedoch winkt vorerst ab: „Für Attac als Organisation ist das Antreten bei Wahlen kein Thema.“
Blick auf Schill
Die Aktivisten blicken bei ihren Planungen auch nach Hamburg: Hier brach einerseits am Wochenende die SPD bei der Wahl ein, trotz des Personalwechsels an der Parteispitze von Schröder zu Franz Müntefering.
Andererseits hatte hier 2001 der Rechts-Populist Ronald Schill vorübergehend fast zwanzig Prozent der Stimmen gewonnen. Nicht nur von Rechten, sondern auch von vielen frustrierten SPD-Wählern.
In den Gewerkschaften ist die Frage einer Parteigründung sehr umstritten. Die Spitzen wollen darüber gar nicht erst reden.
Sie fürchten den offenen Bruch mit der SPD - und sie halten eine neue Partei machtpolitisch für chancenlos.
Auch Michael Schlecht, Chef der wirtschaftspolitischen Abteilung von Verdi, verneint, dass er zu den Unterstützern gehört (was Verdi-intern herumgeflüstert wird). Aber er sagt auch, eine Parteigründung „läge eigentlich in der Luft“.
Der Wechsel an der SPD-Spitze habe nicht zu einem Politikwandel geführt. Die Partei mache einfach keine gewerkschaftliche Politik mehr.
IG-Metall-Chefdenker Hans-Jürgen Urban kann nicht dementieren, dass es Diskussionen über eine neue Partei gibt. Er hält sie für falsch. Aber auch er sagt: „Wir haben keinen Ansprechpartner mehr im parlamentarischen Raum.“
Weiter unten wird offener gesprochen. „Schröder ist dabei, die Seele der SPD zu zerstören - das ist dann nicht mehr reparabel“, erklärt etwa Sibylle Stamm, Chefin im mächtigen Verdi-Bezirk Baden-Württemberg.
„Man müsste eine Alternative anbieten“ - von den Partei-Plänen aber wisse sie nichts. Vielleicht kommen die auch nicht mehr zur Ausführung: Die Gewerkschaftsspitzen wollen die Debatte ersticken.
Die Kampagne gegen die Regierungspolitik der SPD aber geht in jedem Fall weiter. Erster Schritt soll der „Aktionstag“ Anfang April sein, er dient zu Mobilisierung. Ein „Perspektivkongress“ im Mai soll dann die Konzepte für eine andere Politik nachliefern. Mitveranstalter ist jeweils Attac.
Deren Ansage lautet: Rot-Grün mache eine „nicht verbesserungsfähige Politik“, die Agenda 2010 „muss weg“. Gegen solche Eindeutigkeit wehrt sich vor allem die Schröder-nahe Chemiegewerkschaft IGBCE.
Angeblich hat sie sogar schon mit dem Ausstieg aus dem Vorbereitungsbündnis gedroht.
Der DGB laviert, um die gewerkschaftliche Einheit zu erhalten.
Nach der Bundestagswahl 2006 könnte alles einfacher werden.
„Das Verhältnis zwischen Gewerkschaften und SPD war stets glänzend, solange die in der Opposition war“, sagt sarkastisch ein Realo-Metaller.
(SZ vom 3.3. 2004)
Quelle http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/709/27682/
J.
|
Dieter
02.03.2004, 22:31
@ JoBar
|
Verdi und IG Metall erwägen Gründung einer eigenen Partei |
-->wahrscheinlich auch noch Verdi-dominierend, sozusagen staatstragend, also Schillyismus à la Stalin, also weit rechts oder vermutlich gar rechtsextrem, also typisch Verdi, also ein Grund mehr sich mit Lebensalternativen zu beeilen, denn spätestens dann werden zusätzlich andere Extreme erstarken.
Gruß Dieter
|
Sascha
03.03.2004, 00:49
@ JoBar
|
verrückte Gewerkschaften [mkT] |
--> > Deren Ansage lautet: Rot-Grün mache eine „nicht verbesserungsfähige > Politik“, die Agenda 2010 „muss weg“. Gegen solche Eindeutigkeit wehrt sich > vor allem die Schröder-nahe Chemiegewerkschaft IGBCE.
Das glaub' ich der Gewerkschaft gerne. Denn die müssen langsam fürchten. Denn die Zahl der"Ich-war-einmal..."-Gewerkschaftsmitglieder steigt. a) aus Frust und b) aufgrund von Arbeitslosigkeit.
Bei uns hier in der Gegend Mannheim/Karlsruhe kann beobachten, daß alte Metaller auf ihre frühere Gewerkschaft ganz schön sauer sind... Bei der Heideldruck AG in Wiesloch wurden hunderte von Leuten entlassen. Früher war der Arbeitgeber der Scharlatan. Heute beginnen langsam endlich mal ein paar der Arbeitslosen nach den wahren Gründen zu forschen und realisieren, daß die extremen Lohnforderungen ihrer eigenen Gewerkschaft wohl letztlich die Hauptursache für ihren Arbeitsplatzverlust sind.
Die Wut dieser ehemaligen Gewerkschaftsmitglieder wird v.a. dann umso größer je mehr das soziale Netz von Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld abgebaut und gekürzt wird. Denn ähnliche Schicksale driften mehr und mehr auseinander. Während die einen noch bei Heideldruck arbeiten und es mal wieder 3,5 bis 4 % mehr Lohn gibt und sich freuen können und die Löhne damit international in immer weitere Höhen gedrückt werden sitzen die anderen zuhause und bekommen nicht mehr sondern weniger... Und sie bekommen auch deswegen weniger weil die anderen mehr bekommen. Nur leider bekommen die anderen nicht mehr weil sie mehr arbeiten sondern weil verrückte Gewerkschaften den Lohn künstlich hochschrauben.
Die Gewerkschaftsmacht sollte nicht zerschlagen aber eingeschränkt werden. Jede Berufsgruppe ist den Höhen und Tiefen des Marktes ausgesetzt. Jeder Selbständige und Bauarbeiter war es in den letzten Jahren auch. Und die meisten anderen sind es auch. Die Gewerkschaften sorgen mit ihrer Lohnpolitik dafür, daß in großen Industrieunternehmen in schwierigen Zeiten viele gar keinen Job mehr haben und der Rest der Belegschaft die höheren Löhne. Das kann's doch wohl nicht sein.
Viele Grüße,
Sascha
|
Baldur der Ketzer
03.03.2004, 02:03
@ Sascha
|
Re: verrückte Gewerkschaften - wer meinen Betrieb mobbt, gefährdet meinen Job |
-->Hallo, Sascha,
bei uns gibt es großformatige Anzeigen mit dem Tenor:
wer meinen Betrieb mobbt, gefährdet meinen Arbeitsplatz.
Richtig. Vollinhaltlich zutreffend.
Kannst Du Dir solch einen Text in einer bundesdeppuscharlatanischen Zeitung vorstellen? ich nicht......
Beste Grüße vom Baldur
frei nach Cognac-Willy/Frahm: so fällt zusammen, was zusammengefallen gehört, hicks........
|
dottore
03.03.2004, 10:07
@ JoBar
|
Re: Das Programm von 1875 kann Eins zu Eins übernommen werden |
-->Hi,
brillante Idee. Bsirske als Bebel. Jetzt fehlt im bloß noch eine schöne Villa in Zürich. Aber vielleicht verkaufen ja Peters & Cie ihre Hannoveraner Liegenschaften und ziehen allesamt dorthin?
Und das hat doch wirklich was:
Hier steht's.
Dann kann Schröder mit einem kleinen Ansatz von wegen"gemeingefährliche Bestrebungen" à la Bismarck kontern.
Immerhin wurde die SPD im Reich so peu à peu stärkste Partei. Das dauert zwar bis 1912. Also hätten wir die Bsirske-Gewerkschafts-Parallele anno 2041 wieder gaaaanz vorn.
Freu mich schon. Die Arbeit als einzige"Quelle des Reichtums" wird doch wohl niemand bestreiten - oder?
Gruß!
|
Zandow
03.03.2004, 11:04
@ dottore
|
Kriegsanleihe...... |
-->.... und weil Macht so schön ist, hat die SPD dann gleich noch <font color=#FF0000>für</font> die Kriegsanleihe gstimmt, ohne die der WKI nicht zu finanzieren gewesen wäre.
"2. Direkte Gesetzgebung durch das Volk. Entscheidung über Krieg und Frieden durch das Volk."
Völker, hört die Signale!!!
[img][/img]
|
Euklid
03.03.2004, 11:58
@ dottore
|
Ist das historisch korrekt? |
-->Bebel:
gelernter Drexler
1861 schloß er sich dem Leipziger Gewrblichen Bildungsverein an,förderte die Gründung der ersten modernen Bergarbeiterorganisation und sprach gegen Lasalles Forderung nach allgemeinem,gleichem Wahlrecht,weil er den Arbeiter für unreif und die bonapartistische Versuchung für groß hielt.
Die Begegnung mit Liebknecht 1865 sollte ihn prägen,seitdem gab es keine Brücke mehr zum Fortschrittsliberalismus,auch dann nicht mehr,als Bebel selbst Unternehmer und Rentier wurde.
Denn um für die Politik zu leben,ohne von ihr leben zu können,mußte er sich von der Arbeiterexistenz entfernen.
Als Kleinmeister zahlte er einen halben taler mehr Wochenlohn als die Konkurrenten und ließ täglich eine Stunde weniger arbeiten;das beruhigte das Gewissen und schärfte den Sinn für wirtschaftliche Zusammenhänge.
Die Baukonjunktur nach der Gründerzeit half ihm:die Werkstatt für Tür und Fensterbeschläge wurde Fabrik.
Bebel gewann einen Sozius,der sich um die Technik kümmerte,und bediente sich der unternehmerischen Verbindungen von Friedrich Engels.
1884 zog Bebel sich zurück und erhielt eine Abfindung,die ihm eine bequeme bürgerliche Existenz ermöglichte.<font color=#FF0000>Längst schon verbrachte er mit Frau und Tochter den größten Teil des Jahres am Zürichsee,wo ihm ein Vierzehn-Zimmer-Haus mit großem Obstgarten (50Ar) zu eigen war,dazu Badehaus und Bootsplatz am See.</font>
Bebel war nicht mehr Proletarier,sondern lebte in beneidenswert bourgeoisen Verhältnissen,wie es überhaupt in der Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie keinen wirklichen Arbeiter gab.
Mußte nicht die Villa den revolutionären Donner dementieren den Bebel so liebte?
Wo Wasser gepredigt und Wein getrunken wird,bleibt immer ein Rest von Zweifel.
Aber in der Partei schadete es ihm nicht.
Wo Oben und Unten so gefestigt waren,wo das eherne Gesetz der Oligarchie so unumstößlich regierte wie in der deutschen Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg und wo die Achtung vor persönlicher Tüchtigkeit - und die konnte Bebel niemand bestreiten - so groß war,da stärkte bürgerliche Lebensform die politische Stellung.
Gruß EUKLID
|
LenzHannover
04.03.2004, 00:18
@ JoBar
|
Und die IG Metall geht noch an die Börse:-( (o.Text) |
-->
|