Baldur der Ketzer
07.04.2004, 19:49 |
Sonderwirt.Zonen - die Deutschen wollen die Katastrophe, sie können sie haben Thread gesperrt |
-->Hallo,
obiges Zitat (sie wollen die Katastrophe ja haben) ist die Quintessenz aus einem Gespräch, das ein Bekannter neulich führte, als er, frisch ausgewandert, sich in seinem neuen Lebensbereich (FL) in der Nachbarschaft und bei Behörden etc. umhörte.
Da wollen sie also Sonderwirtschaftszonen, in denen offensichtlich hemmendes, unsinniges, kontraproduktives, lähmendes, schwachsinniges Bundes- und Landesrecht nicht mehr gilt, damit es in diesen Oasen wieder anfängt, zu gedeihen.
Sie haben erkannt, daß es diese unsinnigen Gesetze sind, die alles hemmen. Größtenteils jedenfalls.
Nur, um dann, wenns ohne den Schwachsinn sprießt, dieses idiotische, als falsch erkannte Gesetzeswerk dort wieder einzusetzen, um es erneut abzuwürgen.
Ja, spinnen die denn total?
Da hat man nach zwanzig Jahren permanenten Vergammelns endlich gemerkt, was wegmuß, um wieder Leben in die Bude zu bringen, aber anstatt man das dann generell und im ganzen Lande ausforstet und auf den Müllhaufen der ideologischen Irrtümer schmeißt, überlegt man, ob man nicht zaghaft in einem paar Brennpunkten das mal antestet.
Das ist so, als würde man in einer Intensivstation einem Erstickenden den Luftschlauch abknicken und mal gucken, ob es ihm was bringen wird, wenn man so einen Liter pro Minute durchläßt - obwohl die Leitung auch 8 oder 20 liefern würde.
Nein, man knickt ab und schaut, ob das völlig offenkundige, äh, sorry, das offensichtliche natürlich, auch passieren wird. Und wenn ja, wird man so erschrocken sein, daß man den Lufthahn gleich ganz abdrehen wird.
Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Das faßt man nicht mehr. Das ist die Abteilung für ganz durchgedrehte im Tollhaus für Bekloppte.
Beste Grüße vom Baldur
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silvereagle
07.04.2004, 20:47
@ Baldur der Ketzer
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Re: Sonderwirt.Zonen / Quelle? mwT |
-->Hallo Baldur,
> Da wollen sie also Sonderwirtschaftszonen, in denen offensichtlich hemmendes, unsinniges, kontraproduktives, lähmendes, schwachsinniges Bundes- und Landesrecht nicht mehr gilt, damit es in diesen Oasen wieder anfängt, zu gedeihen.
Wer will das? Zugegeben, der Gedanke hätte schon einiges für sich. Besser ein kleiner Anfang, als gar keiner...
> Sie haben erkannt, daß es diese unsinnigen Gesetze sind, die alles hemmen. Größtenteils jedenfalls.
Vielen Dank für diesen Zwei-Wort-Appendix. ;-) Denn alles kann ja so falsch nicht gelaufen sein, wenn man sich schlichtweg vor Augen führt, dass es letztlich auch den letzten 20 Jahren immer weiter aufwärts gegangen ist. Der"Durchschnittsbürger" kann sich definitiv mehr leisten, um auf der rein materiellen Seite zu bleiben. Zig Millionen haben ihren Beitrag dafür geleistet, ja in Wahrheit sogar hunderte Millionen weltweit (Stichwort internationale Arbeitsteilung).
Dennoch stößt man immer klarer an die Grenzen der alten dirigistischen Politik. Das zu erkennen, kann ein ziemlich schwieriger, schmerzvoller Prozess sein. Das kann auch mal ein paar Jahre dauern - auch mal 20, 30 oder auch 40 Jahre... ;-) Je größer der Druck freilich, umso höher die Lernbereitschaft... ;-)
> Nur, um dann, wenns ohne den Schwachsinn sprießt, dieses idiotische, als falsch erkannte Gesetzeswerk dort wieder einzusetzen, um es erneut abzuwürgen. > Ja, spinnen die denn total?
Wiederum: Quelle? Was würde das für einen Sinn ergeben? Wenn sich diese Zonen als erfolgreich erweisen, warum sollte nicht das genaue Gegenteil eintreten? Wozu sonst der ganze Aufwand? ;-)
> Da hat man nach zwanzig Jahren permanenten Vergammelns endlich gemerkt, was wegmuß, um wieder Leben in die Bude zu bringen, aber anstatt man das dann generell und im ganzen Lande ausforstet und auf den Müllhaufen der ideologischen Irrtümer schmeißt, überlegt man, ob man nicht zaghaft in einem paar Brennpunkten das mal antestet.
Schau, Baldur, das ist die Lektion, die ich in letzter Zeit von Grund auf lernen musste: Wenn es um die"Gründlichkeit" bzw."Revolutionsartigkeit" von Reformen geht, dann gibt es da ein Stadium, ab welchem das Risiko eines totalen Scheiterns überproportional größer wird. Klar, viele"kleine" Gesetze und VO könnte man sicher von heute auf morgen einstampfen, und kaum jemand würde es merken. Andererseits: All diese Normen hängen irgendwie zusammen, durchdringen sich gegenseitig, begrenzen sich gegenseitig. Je abprupter die Veränderung, umso größer die Gefahr, dass das (höchst komplexe!) Werk von Zahnrädern schweren Schaden nimmt. Stell Dir nur mal vor, man würde von heute auf morgen alle Normen des Konsumentenschutzes (willkürliches Beispiel) aufheben - das würde (in den Konsequenzen) kaum jemand verstehen oder auch nur für richtig halten. Es würden (subjektiv) viel mehr neue Ungerechtigkeiten entstehen, als beseitigt würden.
Das kann doch nicht Sinn und Zweck der Übung sein, oder? ;-)
Nein, hier sind mehrere kleine Schritte (zum Beispiel über einen Zeitraum von vier Jahren, also einer Regierungsperiode) viel erfolgsversprechender. Umgekehrt schliesst das nicht aus, durchaus auch gleich am Beginn den einen oder anderen stärkeren Einschnitt zu vollziehen, den man auch spürt. Dann wäre jedenfalls geklärt, dass man es jedenfalls ernst meint, und nicht endlos alles zerredet.
Wir alle sind das Produkt unserer Vergangenheit. Dessen sollte man sich bewusst sein, bevor man irrationale, undurchdachte"Radikalreformen" vorschlägt. Solche waren jedenfalls bisher stets zum Scheitern verurteilt. Es mag zwar leicht sein, die"Patentlösung" anonym im Internet zu propagieren - aber wenn man wirklich Hand anlegen soll, und wirkliche Verantwortung übernehmen muss, dann lichten sich die Reihen doch sehr rasch... ;-)
> Das ist so, als würde man in einer Intensivstation einem Erstickenden den Luftschlauch abknicken und mal gucken, ob es ihm was bringen wird, wenn man so einen Liter pro Minute durchläßt - obwohl die Leitung auch 8 oder 20 liefern würde.
Wie auch immer: Entweder liefert die Leitung in der Realität eben nur 7,5 oder vielleicht 8, oder aber das Bild vom"Patienten auf der Intensivstation" stimmt dann doch nicht so akkurat... ;-)
> Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Darüber, was ist, kann man als Mensch aber auch unterschiedlicher Meinung sein.
> Das faßt man nicht mehr. Das ist die Abteilung für ganz durchgedrehte im Tollhaus für Bekloppte.
Ja, das ist unser Baldur, wir ihn alle schätzen. Immer nur raus damit. Das rüttelt auf. Und das soll es auch! [img][/img]
Gruß, silvereagle
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Baldur der Ketzer
07.04.2004, 22:05
@ silvereagle
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Re: Sonderwirt.Zonen / Schwundort Deutschland |
-->Hallo, Silberadler,
daß ein fragiles Gebäude durch das Wegnehmen einer Seitenwand ganz kollabieren kann, ist mir schon klar. Vielleicht will man auch Vorzeigegebiete schaffen, als empirische Beweise dafür, daß es in der ganzen Breite auch funktionieren würde, ohne sofort das Risiko für das Ganze einzugehen.
Nur: sollten wir den maßgeblichen Po-Litikern diese Weitsicht, dieses Kalkül überhaupt zutrauen? Da hab ich so meine Zweifel.
Als Quelle kann ich leider nur auf Autoradio-Nachrichten und die Berichte darin verweisen, im aktuellen Spiegel gibt es auch so eine Diskussion betreffend Aufbau-Ost.
Klaus von Dohnany (Ex-HH) muß wohl der Vordenker einer zuständigen Kommission sein, die vorschlug, man müßte in den ganz problematischen Gebieten der Beitrittsländer eben Sonderwirtschaftszonen schaffen, in denen bestimmte Bundes- und Landesgesetze einfach außer Kraft gesetzt werden können.
Es kommt immer auf den Standpunkt an.
Wenn der Staat 20% weniger Steuereinnahmen haben sollte, dann werden die einen befürchten, daß er dies auf alte Omas, Kranke, echte Bedürftige und Kindergärten abwälzen würde.
Andere werden hingegen hoffen, daß dann endlich kein Geld mehr da wäre für (aus deren Sicht schwachsinnige) Ausgaben wie das 47.111te Schandmal oder für Bundeswehr-Exkursionen an den Hindukusch, oder Kreuzfahrten der Bundesmarine am Horn von Afrika.
Die Gewerkschaften und Verwaltungsbeamten werden freilich leugnen, daß die überhohe Steuerlast, die Bürokratie und zu viel Schutzgesetze die Wirtschaft erdrücken.
Bekanntlich darf jemand, der einen Sumpf trockenlegen will, nicht vorher die Kröten darin fragen. Es gibt ja ganze schmarotzende (=unproduktive= Wirtschaftszweige, die vom Status Quo profitieren.
Von der Preisgabe des sinnvollen Konsumentenschutzes ist ja nicht die Rede. Aber halt vom Abschneiden des Unsinnigen.
Ich kann mir eh nicht vorstellen, daß diese Sonderwirtschaftszonen jemals Wirklichkeit werden, schon allein wegen des Gleichheitsgrundsatzes. Fürs Sommerloch ist es noch zu früh, saure Gurken gibts auch noch nicht, vielleicht war es ja wirklich so etwas wie ein glorreicher Einfall, ein Ei des Columbus.
Trotzdem: allein der Eiertanz, einerseits zuzugeben, daß man der Wirtschaft fürs Gedeihen mehr Luft verschaffen müßte, und andererseits es, wenn überhaupt, keinesfalls für alle zuzulassen, ist doch ein Oberhammer.
Das ist: absurd. Eben.
Ich denke sowieso nicht, daß man in den nächsten zehn Jahren irgendwas wirklich hilfreiches in Absurdistan durchsetzen wird.
Und so geht es halt seinen Gang. Den Gesetzen von Gefällen, Anziehungskraft, kommunizierenden Röhren usw. nach.
Überwiegende Leistungserbringer werden abwandern, überwiegende Leistungsbezieher werden zuwandern, Ost- und Mitteleuropa werden sich wirtschaftlich annähern, indem es hier runter und dort rauf geht.
Man kann das auch ganz emotionslos feststellen.
Nur, der groteske Spagat der bundesdeppublikanischen Oberdödel hat was, was man wirklich nicht überall findet.
Ich hebe ja bekanntlich jede Menge Zeugs auf, als Belege.
Seit ich mich erinnern kann, lese ich über Vorschläge, über Appelle zu Steuersenkungen.
Jedes Jahr die gleiche Leier. Obwohl an den Steuersätzen herumgebastelt wurde, ist die effektive gesamtstaatliche Abgabenüberfrachtung durch immer schlimmer geworden, Jahr für Jahr.
Die ganzen Diskussionen hatten nicht nur keinen Effekt, nein, es wurde immer noch ungünstiger.
Desgleichen, was Bürokratie betrifft.
Im letzten Focus (Polen usw.), Seite 24, war ein Vergleich zwischen den vergleichbaren Einkommen eines AN in der BRD und der CH. Überschrieben mit:
Schwundort Deutschland
Um ein verfügbares Jahreseinkommen eines Arbeitnehmers (40, verh., 2 Kinder) von jeweils 53.325 Eurotzern zu gewährleisten, muß der Arbeitgeber in der Schweiz 77.219 aufbringen, in der BRDDR jedoch 99.497.
Alle Versuche, irgendwas daran zu verbessern, endeten in den letzten Jahrzehnten immer mit Mehrbelastungen statt Minderbelastungen.
Aus welchem Grund sollte es diesmal anders sein?
Beste Grüße vom Baldur
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Tassie Devil
08.04.2004, 13:16
@ silvereagle
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Re: Ja aber hallo, wo bleibt denn da die Liberalitaet? |
-->>Schau, Baldur, das ist die Lektion, die ich in letzter Zeit von Grund auf lernen musste: Wenn es um die"Gründlichkeit" bzw."Revolutionsartigkeit" von Reformen geht, dann gibt es da ein Stadium, ab welchem das Risiko eines totalen Scheiterns überproportional größer wird. Klar, viele"kleine" Gesetze und VO könnte man sicher von heute auf morgen einstampfen, und kaum jemand würde es merken. Andererseits: All diese Normen hängen irgendwie zusammen, durchdringen sich gegenseitig, begrenzen sich gegenseitig. Je abprupter die Veränderung, umso größer die Gefahr, dass das (höchst komplexe!) Werk von Zahnrädern schweren Schaden nimmt. Stell Dir nur mal vor, man würde von heute auf morgen alle Normen des Konsumentenschutzes (willkürliches Beispiel) aufheben - das würde (in den Konsequenzen) kaum jemand verstehen oder auch nur für richtig halten. Es würden (subjektiv) viel mehr neue Ungerechtigkeiten entstehen, als beseitigt würden.
>Das kann doch nicht Sinn und Zweck der Übung sein, oder? ;-)
Ja aber hallo, Silberadler!
Wo bleibt denn da das Liberale?
Warum muss es denn ueberhaupt"Normen" eines"Konsumentenschutzes" geben, wenn wenige Gesetze, die darueber hinaus nur marginale Anteile der human resources eines aufgeblaehten"Konsumentenschutzes" beschaeftigen, die selbstverstaendlich von irgendjemandem bezahlt werden muessen, Monopolbildungen verhindern koennen?
Warum solche aufgeblaehten Monstren wie z.B. eben diese"Normen" eines"Konsumentenschutzes", wenn mit wenigen Gesetzen klipp und klar die Hersteller von Produkten in Haftung genommen werden koennen, ggf. mit langjaehrigen Haftstrafen der Verantwortlichen, insofern diese Produkte ganz offensichtlich und technisch nachweisbar produktinhaerent verantwortungsbewusste Menschen zu Schaden bringen?
Wo bleibt denn das liberale Flaggschiff namens Wettbewerb?
Koennte es sein, dass unter der Flagge der"Ungerechtigkeiten" wieder eine stolze Buskolonne, abgefuellt bis unter's Dach mit Sozen, die mit dem Buchstabieren des Wortes L-I-B-E-R-A-L aufgrund langjaehrig geuebter PISA-Praxis hoffnungslos ueberfordert sind, einherfaehrt, wobei deren Insassen der Begriff"Wettbewerb" und Selbstverantwortung ein Greuel ist wie dem Teufel das Weihwasser?
>Nein, hier sind mehrere kleine Schritte (zum Beispiel über einen Zeitraum von vier Jahren, also einer Regierungsperiode) viel erfolgsversprechender. Umgekehrt schliesst das nicht aus, durchaus auch gleich am Beginn den einen oder anderen stärkeren Einschnitt zu vollziehen, den man auch spürt. Dann wäre jedenfalls geklärt, dass man es jedenfalls ernst meint, und nicht endlos alles zerredet.
Du erhoffst Dir also, und Du empfiehlst, durch einige behutsame Trippelschritte Richtung mehr Selbstverantwortung, sprich Liberalitaet, den langen aber kontrollierten Marsch zu einer als Oase erscheinenden fernen Fata Morgana antreten zu koennen, die mehr Selbstverantwortung verspricht?
Und was, bitteschoen, gilt fuer den Fall, wenn die Kolonne erschoepft schon nach wenigen Kilometern immer noch auf dem Areal der riesengrossen morschen Falltuere eine undeterminierte Rastpause einlegt?
>Wir alle sind das Produkt unserer Vergangenheit. Dessen sollte man sich bewusst sein, bevor man irrationale, undurchdachte"Radikalreformen" vorschlägt. Solche waren jedenfalls bisher stets zum Scheitern verurteilt. Es mag zwar leicht sein, die"Patentlösung" anonym im Internet zu propagieren - aber wenn man wirklich Hand anlegen soll, und wirkliche Verantwortung übernehmen muss, dann lichten sich die Reihen doch sehr rasch... ;-)
Da hast Du natuerlich voellig recht.
Jedoch hier ist die gute Nachricht: die Anzahl der blockierten Notausgaenge nimmt seit Jahren stetig und rasch zu, bis auf diejenigen, ueber denen in knalligem Rot die Aufschrift leuchtet"Exitus for Humans".
>> Das ist so, als würde man in einer Intensivstation einem Erstickenden den Luftschlauch abknicken und mal gucken, ob es ihm was bringen wird, wenn man so einen Liter pro Minute durchläßt - obwohl die Leitung auch 8 oder 20 liefern würde.
>Wie auch immer: Entweder liefert die Leitung in der Realität eben nur 7,5 oder vielleicht 8, oder aber das Bild vom"Patienten auf der Intensivstation" stimmt dann doch nicht so akkurat... ;-)
Ich muss Dich leider enttaeuschen. Da die Leitung stark inflexibel ist und die"Patienten auf der Intensivstation" durchgaengig laut roechelnd ihre de facto letzten Atemzuege ihres diesseitigen Lebens geniessen ;-), ist leider nichts mehr zu machen.
Es bleibt dabei. Zwischen 2005 und 2010 wird es krachen.
Auch in Westeuropa.
Und zwar gewaltig, dabei wird kaum ein Auge trocken bleiben!
>Gruß, silvereagle
Sportsgruesse!
TD
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