-->Polens Wachstumstrick
EU beendet Steuernachlässe in den 14 Sonderwirtschaftszonen -
Dass in Ostdeutschland ausgerechnet jetzt über eine Sonderwirtschaftszone diskutiert wird, muss in den Ohren Warschauer Politiker wie bitterer Hohn klingen. Die EU erzwang in den Beitrittsverhandlungen, dass das Land jene Vergünstigungen streicht, mit denen es bisher Investoren angelockt hatte.
Polen bot bisher keine nationalen Subventionen in Millionenhöhe wie Sachsen und Thüringen, wo mehrere Investoren etwa der Automobilbranche sich niederließen. Damals hatten die aussichtsreichen Konkurrenzstandorte in den EU-Beitrittsländern das Nachsehen.
Polen lockte vor allem mit Steuererleichterungen. Brüssel kassierte sie - eine der harten Auflagen in den 2002 beendeten Beitrittsverhandlungen. Kein Wunder, dass Warschau später scharf kritisierte, dass Berlin sich im EU-Verfassungsentwurf festschreiben ließ, nationale Beihilfen für"durch die Teilung Deutschlands betroffene Gebiete" seien"mit dem Binnenmarkt vereinbar".
1994 war in Polen ein Gesetz über Sonderwirtschaftszonen (Specjalna Strefa Ekonomiczna) in Kraft getreten. Heute gibt es 14. Bis Ende 2003 nahmen mehrere hundert Firmen das Angebot der Sonderwirtschaftszonen wahr, darunter Volkswagen, Toyota, Flextronics, und Motorola. Sie investierten etwa 13,2 Mrd. Zloty (2,8 Mrd. Euro) und schufen mehr als 12 000 Arbeitsplätze. Insgesamt könnten dadurch laut Schätzungen in den Zonen und der Umgebung mehr als 60 000 Arbeitsplätze entstehen. Unklar ist nach einer Studie der polnischen Regierung jedoch, wie wichtig die Vergünstigungen tatsächlich für eine Investitionsentscheidung sind.
Verwaltet werden die Sonderwirtschaftszonen von eigens geschaffenen Aktiengesellschaften oder GmbH, in denen der Staat oder die Wojewodschaft (Bezirk) über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt. Diese Gesellschaften vergaben auch die Investitionsgenehmigungen, wobei jede Zone die Bedingungen unabhängig festlegte. Über Steuerbefreiungen und -nachlässe, kostenlose oder -günstige Flächen und Infrastruktur und bestimmte Dienstleistungen sollte sich die Ansiedlung lohnen.
Grundbedingung war eine Investition von mindestens 100 000 Euro. Das Unternehmen muss in der Folge mindestens fünf Jahre am Ort tätig sein. Für mehrere Jahre konnten die Verwalter einer Sonderwirtschaftszone die polnische Körperschaftssteuer ganz erlassen, für einen weiteren Zeitraum halbieren. Die EU setzte durch, dass die Begünstigung bei großen Investoren maximal 50 Prozent der gesamten Investitionssumme, bei kleinen 65 Prozent betragen darf.
"Brüssel hat auf die Gefahr von Prozessen und Entschädigungsforderungen keine Rücksicht genommen", beklagt Cezary Banasinski, Chef der polnischen Konkurrenz- und Konsumentenschutzbehörde UOKiK. Mehrere Investoren haben bereits angekündigt, gegen die Regierung in Warschau zu klagen, um die zugesagten Erleichterungen in voller Höhe zu bekommen.
Als erfolgreiche Sonderwirtschaftszone gilt die im oberschlesischen Katowice. In ihr wurden 5,7 Mio. Zloty investiert und 12 500 Arbeitsplätze geschaffen. Wie anderswo haben sich der Zone mehrere"Unterzonen" in der Umgebung angegliedert, etwa in Jastrzebie Zdroj. Dessen Bürgermeister sagte, es gehe darum, die"Monokultur des Bergbaus" in seiner Stadt zu überwinden. Um die Zone funktionsfähig zu machen, hat die Stadt erhebliche Summen in Infrastruktur und Kanalisation gesteckt und dabei auch Vorbeitrittshilfen aus Brüssel nutzen können.
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