-->manager-magazin.de, 26.04.2004, 19:41 Uhr
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VERSCHULDUNG
Deutschland vor neuem Sündenfall
Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten, dass Finanzminister Hans Eichel auch 2005 die Defizitgrenzen der EU verletzen wird. Auch das Wachstum dürfte hinter den Erwartungen zurück bleiben.
Berlin - Offiziell legen die sechs führenden Institute ihr Frühjahrsgutachten erst am Dienstag vor. Nach und nach aber sickern einige Kernzahlen durch. Aus Sicht der Ã-konomen werde das Haushaltdefizit des Bundes auch 2005 die im EU-Vertrag festgelegte Stabilitätsgrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) überschreiten, berichtet die"Financial Times Deutschland". Die Regierung geht bisher nicht davon aus. Auch die EU erwartet bisher, dass Deutschland 2005 bei der Neuverschuldung im Rahmen bleibt.
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Woher nehmen? Finanzminister Eichel braucht Geld für den Schuldenabbau
Die Institute sagen aber für nächstes Jahr einen Fehlbetrag von 3,5 Prozent des BIP voraus, so die"FTD". Begründung: Auch 2005 werde die Wirtschaft nur um 1,5 Prozent wachsen, nicht schneller und nicht langsamer als in diesem Jahr. 2004 wird Deutschland die Defizitgrenze ohnehin verfehlen.
Die Zahl der Arbeitslosen wird den Angaben zufolge in diesem Jahr erstmals seit 2001 wieder sinken. Sie gehe von 4,376 Millionen 2003 auf 4,332 Millionen zurück, glauben die Volkswirte. Im kommenden Jahr werde sie weiter auf 4,276 Millionen sinken.
"Dann wird es eng"
Nach Berechnungen der rot-grünen Koalition zeichnet sich unterdessen ab, dass im Bundeshaushalt 2004 schon jetzt eine Lücke von sechs bis zehn Milliarden Euro klafft. Es werde"ein schwieriges, aber machbares Unterfangen", die Neuverschuldung bei den geplanten 29,3 Milliarden Euro zu halten, meldete AP am Montag unter Berufung auf Koalitionskreisen. Das Finanzministerium wollte keine Angaben dazu machen und lehnte die von SPD und Grünen geforderten Maßnahmen zur Haushaltssicherung ab.
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Die von der Union genannten fast 16 Milliarden Euro Defizit seien"zu hoch gegriffen", hieß es in den Kreisen. Eine Rekordneuverschuldung von 45 Milliarden Euro sei nicht in Sicht."Das heißt nicht, dass die Lage rosig ist." Es sei aber möglich, die Situation zu beherrschen, ohne noch mehr Kredite aufzunehmen. Das Haushaltsloch werde auf zehn Milliarden Euro anwachsen, wenn die Konjunktur nicht anziehe, die Steuerschätzung erneut eine Hiobsbotschaft bringe und die Zinsen stiegen."Dann wird es eng."
Abfuhr an Eichel: Gold-Erlöse in die Bildung
Union und FDP plädierten für einen Nachtragsetat. Trotz der sich abzeichnenden Haushaltslöcher hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder darauf bestanden, die Milliarden-Einnahmen aus dem Verkauf deutscher Goldreserven in den Bildungsbereich statt in den Schuldenabbau zu stecken. Er erteilte möglichen Begehrlichkeiten Eichels eine Absage."Jeder Finanzminister will Geld haben, um Schulden abzubauen", sagte Schröder. Er aber unterstütze den Vorschlag des zurückgetreten Bundesbankpräsidenten Ernst Welteke, die Milliarden in eine Bildungsstiftung zu stecken.
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