politico
02.05.2004, 18:45 |
1923 und jetzt Thread gesperrt |
-->An alle!
Im Anhang ist ein Artikel über die deutsche Hyperinflation von 1923. Er stammt zwar bereits aus 1970 ist aber für die USA und möglicherweise auch bald für Europa (Schröder, Chirac wollen es) aktuell.
Kurzfassung:
Wodurch wurde sie ausgelöst. Nicht primär durch den 1. Weltkrieg, sondern durch die erste Nachkriegsregierung (Sozialdemokraten ohne ökonomische Erfahrung), die Versprechungen jeglicher Art gemacht hat, die nun durch Kreditaufnahme bei der Reichsbank eingelöst wurden.
Nachdem man es nicht gewagt hat,"vom Tiger abzusteigen" und eine Stabilisierungskrise zu riskieren, hat man eben immer weiter Geld nachgepumpt bis alles zusammenbrach. Unsere heutigen Politiker sind nicht besser.
Politico.
<ul> ~ The Nightmare German Inflation</ul>
|
Euklid
02.05.2004, 18:57
@ politico
|
Re: 1923 und jetzt |
-->Der Krieg soll keinen Einfluß haben?
Die Millionen von Toten?
Die Millionen von Kriegsversehrten?
Die Millionen Renten an Kriegsversehrte und Hinterbliebenenrenten?
Die Hungerblockaden? (Bevölkerung mußte Steckrüben einsammeln statt anständig zu arbeiten)
Die Gelder für die Kriegsfinanzierung?
Das wären jetzt alles Kriegsfolgen.
Zusätzlich später die kostenlosen Lieferungen von Kohle,Demontage von Anlagen,Ruhrgebietsbesetzung und nicht zu vergessen die Zahlungsverpflichtungen an die Kriegsgewinner.
Wer glaubt denn solch einen Unsinn?
Sicher hat der Krieg zu immensen Folgelasten geführt die nicht mehr ordentlich zu finanzieren waren.
Gruß EUKLID
|
Euklid
02.05.2004, 20:44
@ politico
|
Re: 1923 und jetzt |
-->Hallo politico
dieser Link scheint mir etwas ausgewogener in der Darstellung zu sein als dieses englische Pamphlet.
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Inflation_1914_bis_1923
Gruß EUKLID
|
chiquito
02.05.2004, 21:54
@ Euklid
|
Re: Ganz richtig und für jeden, der sich grundlegend informieren will... |
-->... ist wichtig das Buch von C.-L. Holtfrerich: Deutsche Inflation
|
politico
02.05.2004, 22:10
@ Euklid
|
Der krieg war nur ein Teil |
-->>Der Krieg soll keinen Einfluß haben?
>Die Millionen von Toten?
>Die Millionen von Kriegsversehrten?
>Die Millionen Renten an Kriegsversehrte und Hinterbliebenenrenten?
>Die Hungerblockaden? (Bevölkerung mußte Steckrüben einsammeln statt anständig zu arbeiten)
>Die Gelder für die Kriegsfinanzierung?
>Das wären jetzt alles Kriegsfolgen.
>Zusätzlich später die kostenlosen Lieferungen von Kohle,Demontage von Anlagen,Ruhrgebietsbesetzung und nicht zu vergessen die Zahlungsverpflichtungen an die Kriegsgewinner.
>Wer glaubt denn solch einen Unsinn?
>Sicher hat der Krieg zu immensen Folgelasten geführt die nicht mehr ordentlich zu finanzieren waren.
>Gruß EUKLID
Wieder einer Politikerlegende aufgesessen.
Die Inflation durch den Krieg war schon"eingepreist", als die Nachkriegsregierung jede Menge Versprechen einlöste anstatt zu stabiliseren.
Ja, Krieg führt zu Reduktion des Lebensstandards, auch einige Zeit danach. In England hat man die wirtschaftlichen Folgen über 8 Jahre gespürt, obwohl sie Sieger waren. Dort hat man die Inflation stabilisiert.
Die deutschen Politiker haben natürlich die Ursachen der Hyperinflation auf alle möglichen Gründe geschoben, die noch heute erzählt werden, und von der Adolf profitierte.
Hallo Euklid: was ist besser, eine Nachkriegs-Stabiliserungskrise oder eine Hyperinflation, die alle Vermögen ausser die des Smart-money komplett vernichtet?
Politico.
|
Euklid
03.05.2004, 08:19
@ politico
|
Re: Der krieg war nur ein Teil |
-->Hallo Politico
deine Frage erinnert mich an folgendes:Warum schlagen sie ihre Frau öfter als 3 Mal die Woche?
Es ist besser erst gar nicht den Krieg anzufangen,denn dann hat man nachher auch weniger Lasten zu tragen.
England hatte im Gegensatz zu Deutschland im Krieg schon die Steuern angehoben.
Das ist zweifellos richtig gewesen und ist in Deutschland unterblieben.
Vielleicht hätte die Steuererhöhung die Kriegsbegeisterung in Deutschland (die gabs nur vor dem WK I) auch etwas gedämpft.
Ist diese Aussage richtig wären wir jetzt auf dem richtigen Dampfer denn die Steuern und Abgaben werden laufend erhöht,während Amerika in den Krieg zieht und die Abgaben noch senkt.
Offenbar rechnet Amerika jetzt genauso wie Deutschland vor WK I.
Na hoffentlich verrechnet und verkalkuliert sich Amerika da nicht.
Gruß EUKLID
|
Tempranillo
03.05.2004, 09:25
@ politico
|
Re: Legenden und Realitäten |
-->Hallo Politico,
zum Thema,"Wie verhalten sich Siegermächte" habe ich vor einiger Zeit eigene Recherchen angestellt.
Als sich Frankreich durch die Emser Depesche in seiner Ehre verletzt sah, hat es 1870 Preußen-Deutschland den Krieg erklärt, womit die Schuldfrage klar und eindeutig feststeht.
Abgesehen von sehr moderaten Gebietsabtretungen, die noch dazu zu einem nicht geringen Teil von Ludwig 14. (Elsaß) geraubt worden waren, mußte Frankreich an Geldleistungen 5 Milliarden Goldfrancs bezahlen.
Nach Zahlung der Summe, die nach drei Jahren (!) abgeschlossen war, hat der letzte deutsche Soldat französischen Boden verlassen. Die deutsche Besatzung Frankreichs war beendet.
Diese Bedingungen vergleiche man mit dem Versailler Vertrag, nach einem Krieg bei dem die Schuld D-Lands lange nicht so klar war, wie diejenige Frankreichs 1870.
Der Vertrag von Versailles:
Die Höhe der Reparationszahlungen wird nicht genau festgelegt, sondern einer Reparationskommission überlassen.
Die Ablieferung von 5000 Lokomotiven, 150 000 Waggons und 5000 LKWs als erste Reparationslieferung bringt das öffentliche Transportwesen nahezu zum Erliegen.
Ab 1921 hat Deutschland 226 Milliarden Goldmark zu zahlen, des weiteren sind jährlich 12 % des Wertes des deutschen Exportes (etwa 1 bis 2 Milliarden Goldmark) abzuführen.
Zur Wiederholung, weil es alles sprengt, was man sich vorstellen kann:
5 Milliarden Goldfrancs als Forderung Bismarcks stehen
226 Milliarden Goldmark plus Nebengeräuschen gegenüber.
Als Deutschland mit den Reparationen im Rückstand war, wurde das Ruhrgebiet besetzt. Die Gebietsverluste, v.a. im Osten, beliefen sich auf ein Siebtel des damaligen Reichsgebiets und waren der Anlaß, an dem sich 1939 in der Danzig-Frage der 2. WK entzündet hat.
Ich verstehe nicht, wo Du eine Politikerlegende entdecken kannst?
Irgendwie mußten die Leistungen dieses ersten Zivilisationsbruchs, dessen sich das 20. Jahrhundert schuldig gemacht hat, doch aufgebracht werden."Deutschland zahlt, sagte man damals, so wie es heute wieder zahlen wird", schrieb Le Figaro und stellte damit Maastricht und Versailles auf eine Stufe.
>Die Inflation durch den Krieg war schon"eingepreist", als die Nachkriegsregierung jede Menge Versprechen einlöste anstatt zu stabiliseren.
Ja, vor allem das"Versprechen" sich an die im Vertrags-Diktat der Siegermächte festgeschriebenen Bedingungen zu erfüllen.
>Ja, Krieg führt zu Reduktion des Lebensstandards, auch einige Zeit danach.
Bei den Verlierern ganz bestimmt.
>In England hat man die wirtschaftlichen Folgen über 8 Jahre gespürt, obwohl sie Sieger waren. Dort hat man die Inflation stabilisiert.
Wenn schon im Land eines der Sieger Probleme auftauchen, wie mag es dann erst bei den Verlierern gewesen sein?
>Die deutschen Politiker haben natürlich die Ursachen der Hyperinflation auf alle möglichen Gründe geschoben, die noch heute erzählt werden, und von der Adolf profitierte.
Zum Beispiel auf den Satz eines"Staatsmanns", daß es seiner Ansicht nach 20 Millionen Deutsche zu viel gäbe. Von dieser Einstellung ausgehend, die wahrscheinlich von den anderen Siegern geteilt wurde, erklären sich vielleicht die"Vertragskonditionen" etwas besser.
Tempranillo
|
MI
03.05.2004, 09:39
@ Tempranillo
|
Guter Vergleich |
-->Hallo Tempranillo,
danke für den Vergleich der Reparationsforderungen. Habe ich in dieser Gegenüberstellung auch noch nicht gesehen. Ich sehe schon, daß ich da einiges an Nachholbedarf habe, was Geschichte und Kriege und deren Ursachen angeht.
Gruß,
Michael
|
dottore
03.05.2004, 12:27
@ MI
|
Re: Das wirkliche Problem lag etwas anders |
-->Hi Michael,
das wirkliche Problem war nicht die Höhe der Reparationsforderungen, sondern die Höhe der Staatsverschuldung, vor allem Frankreichs und GBs (die den Krieg abenfalls auf Pump finanziert hatten), die diese Staaten bei ihrer Bevölkerung bzw. in den USA hatten. Dazu kam gerade bei F der Staatsbankrott Russlands (Lenin bediente keine Zarentitel mehr), dessen Folgen nicht auf die französische Bevölkerung (hielt die meisten Zarentitel) abgewälzt werden sollte.
Nach den Zahlen bei Cassel, die ich noch kursorisch in Erinnerung habe (kann gerade nicht auf die Unterlagen zugreifen) kamen so summa weit über 200 Mrd Goldmark zusammen. Die Frage war also: Wer sollte bezahlen?
Die Steuerzahler der Siegermächte oder die der Besiegten? Die"politische" Lösung lag auf der Hand. Dass sie wirtschaftlich nicht funktionieren konnte, hatte schon Keynes ("How to Pay for the War?") nachgewiesen: Deutschland hätte entsprechende Handelsbilanzüberschüsse erwirtschaften müssen, was aber die Siegermächte ihrerseits nicht zulassen wollten, weil dies auf Kosten ihrer eigenen Beschäftigung gelaufen wäre und die Arbeiter in den Siegerstaaten hielten nicht die Rententitel, so dass sie davon hätten solange leben können, bis Deutschland alles bedient hätte.
Sattdessen wurde den Deutschen das Geld"geliehen" (Kapitalbilanz), womit sie die Reparationen vorübergehend zahlen konnten und als die Kredite abgezogen wurden, brach das Kartenhaus zusammen.
Hätten die Deutschen gewonnen, wäre es genauso gelaufen, nur umgekehrt: Die deutschen Staatstitel hätten die Besiegten bedienen und zurückzahlen müssen. Das wäre bei Frankreich (da dann besetzt à la 1871 oder besetzbar à la Ruhrgebiet) einfach gewesen, bei GB und den USA unmöglich.
Gruß!
|
MI
03.05.2004, 15:46
@ dottore
|
Gut, daß ich hier nochmal nachgesehen habe. Ich danke, dottore! (o.Text) |
-->
|