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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 7. Mai 2004
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* Spannende Momente - Arbeitsmarktdaten besser als erwartet
* Deutsche Börse glänzt mit guten Zahlen
* Degussa überrascht mit steigendem Gewinn
* Letzte Chance vor der Zinserhöhung!
* Hängt der Markt in den Seilen?
* Königliche Hochzeiten, Bush und Kerry
* Ein wichtiger Frühwarnindikator für Rezessionen
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Freitag, 7. Mai 2004
Spannende Momente - Arbeitsmarktdaten besser als erwartet
von Jochen Steffens
Es ist schon spannend, die Kurse der verschiedenen Indizes vor so wichtigen Konjunkturdaten zu beobachten. Der Dax stieg vorher ein wenig an, brach dann heftig ein, um dann noch mehr anzusteigen und dann nach den Zahlen richtig einzubrechen. Gold und Silber rutschten vorher aufgeregt auf ihren Stühlen hin und her. Um 14.30 Uhr kam es dann zu kräftigen Bewegungen. Der Euro schoss zunächst von 1,208 Dollar auf 1,213 Euro und rasierte damit alle Stopps ab, um danach auf 1,196 runter zu rauschen.
Aber hier erst einmal die wichtigen US-Konjunkturdaten:
Die Zahl der Beschäftigten (ohne Landwirtschaft) ist um 288.000 gestiegen. Erwartet wurden 165.000 bis 170.000 neue Arbeitsplätze nach zuvor 337.000 (revidiert von 308.000).
Deutlich über den Erwartungen. Das stimmt so nicht ganz, denn es war erwartet worden, dass die Zahlen über den Erwartungen lagen (so blöd es auch immer wieder klingen mag), aber ein Wert knapp bei 300.000 lag sogar über den Erwartungen, die über den Erwartungen lagen (und da soll noch einer sagen, Börsen seien nicht verrückt!). Ich hatte mir überlegt, beim Bruch der 1400 im Nasdaq100 short zu gehen, wenn die Zahlen deutlich besser ausfallen würden. Aber ich musste noch etwas warten. Denn seltsamerweise ging zwar der Dax in die Knie, aber die Ami-Futures nicht (Ein Dax-Short war nach den Abschlägen gestern nicht mehr ratsam)
Sollte es zu einer Art"Buy the bad news" Effekt kommen? Die schlechten Nachrichten waren hier die guten Arbeitsmarktdaten, die eine Zinserhöhung wahrscheinlicher machen. Es wäre denkbar.
Mich hatte es über den Tag bereits gewundert, dass viele meiner Kollegen damit rechneten und auch in den Medien zu hören war, dass die Märkte nach besseren US-Arbeitsmarktdaten fallen sollten. Wenn so viele Anleger gleicher Meinung sind, dann geht das nur ganz selten gut. Andererseits sind höhere Zinsen eine ernstzunehmende Belastung für die Märkte. Was nun?
Als Charttechniker hat man es leicht. Bei so einem hin und her im Traderkopf kann nur noch ein Blick auf die Charttechnik Klarheit verschaffen und diese besagt: Bricht die 1400 im Nasdaq100 nachhaltig wird es"etwas" bearisher, bricht sogar die 1368 Punkte Marke wird es sehr bearish. Also warte ich ab, was passiert.
Zu den anderen Konjunkturdaten:
Die Arbeitslosenquote in den USA ist ebenfalls gesunken. Sie liegt bei 5,6 %. Erwartet wurden 5,7 % nach bereits zuvor 5,7 %.
Dann wurden noch die US-Stundenlöhne veröffentlicht: Die durchschnittlichen Stundenlöhne sind um 0,05 US-Dollar bzw. 0,3 % auf 15,59 US-Dollar gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg um 0,1 bis 0,2 %.
Und zum Schluss die Zahl der durchschnittlichen Wochenstunden. Sie liegt bei 33,7. Erwartet wurden 33,8 Wochenstunden nach zuvor 33,7.
Es bleibt die alles entscheidende Frage, kann die US-Konjunktur eine Zinserhöhungsphase verkraften und wenn ja, in welchem Umfang. Werden die Zinsen wieder auf ein konjunkturneutrales Niveau von 3-3,5 % angehoben oder bleibt die Fed bei einer langanhaltenden Niedrigzinspolitik?
Wie Sie wissen, rechne ich damit, dass eine Inflation initiiert werden soll. Mit anderen Worten, ich rechne damit, dass wir vor einer längeren Phase niedriger Zinsen stehen. Ob dann die Inflation durch stark steigende Zinsen doch noch in eine langjährige Deflation übergeht, so wie es Bill Bonner hin und wieder andeutet, kann ich noch nicht sagen.
Aber auch nach diesen sehr guten Zahlen, rechne nicht so bald mit einer Zinserhöhung. Obwohl ein Anstieg um 0,25 % wäre auch im Sinne einer Inflation zu verkraften.
Nun gut, warten wir ab, ob der Nasdaq100 die 1400er Marke bricht und ob die Märkte heute weiter einbrechen oder vielleicht sogar die Erwartungen aller enttäuschen und gegen alle Vernunft ansteigen. Wir kennen die Amis ja, die brauchen immer etwas, bis sie solche Zahlen richtig analysiert habe.
Freitag, 7. Mai 2004
Deutsche Börse glänzt mit guten Zahlen
von Jochen Steffens
Die deutsche Börse profitiert von der Erholung der Aktienmärkte und kann ihre Erlöse um 8 % auf 379,1 Mio. Euro erhöhen. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 5,3 % auf 132,8 Mio. Euro. Unterm Strich verbleibt ein Gewinn von 76,9 Mio. Euro oder 0,69 Cent pro Aktie.
Begründet wird dieses Rekordergebnis damit, dass die Verwahrung von Wertpapieren, der Kassamarkthandel sowie die Abwicklung börslicher und außerbörslicher Geschäfte von der Erholung an den Aktienmärkten profitiert haben.
Das umsatzstärkste Segment war erneut die Wertpapier - Abwicklung und -Verwahrung durch Clearstream mit 146 Mio. Euro nach einem Vorjahreswert von 131,5 Mio. Euro. An zweiter Stelle folgt die Terminbörse Eurex, die mit 106,9 Mio. Euro zum Umsatz beitrug.
Etwas belastend haben sich Investitionen im Zusammenhang mit dem Ausbau der US-Eurex ausgewirkt.
Ich halte die Deutsche Börse grundsätzlich für eine der interessanteren Aktien. Im Moment befindet sie sich allerdings noch in einer Abwärtsbewegung, die seit seit Anfang des Jahres besteht. Beobachten.
Die deutsche Börse kann gegen den Markt um 2,15 % auf 44,64 Euro zulegen.
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Freitag, 7. Mai 2004
Degussa überrascht mit steigendem Gewinn
von Jochen Steffens
Der Spezialchemiekonzern Degussa konnte den Gewinn im ersten Quartal um knapp 22 % auf 89 Mio. Euro steigern. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 5 % auf 217 Mio. Euro. Analysten hatten hier mit einem leichten Rückgang gerechnet. Der Umsatz ging um 4 % auf 2,7 Mrd. Euro zurück. Hier hatten sich Währungseffekte ausgewirkt.
Beim Ausblick auf 2004 zeigt sich Degussa optimistisch im Kerngeschäft eine leichte Steigerung bei Umsatz und Ebit erreichen zu können.
Degussa sinkt nach dieser Nachricht um 0,5 % auf 29,65 Euro.
Freitag, 7. Mai 2004
Letzte Chance vor der Zinserhöhung!
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Wenn Du losziehst, um Wien zu erobern - dann erobere Wien", so ein Rat von Napoleon.
Hier beim Investor's Daily wollen wir jeden Tag die Finanzmärkte verstehen. Deshalb geben wir uns jeden Tag mit ihnen ab - obwohl gestern nicht viel passiert ist, mit dem man sich abgeben könnte.
Die Europäische Zentralbank traf sich... und tat nichts. Die Chinesen produzierten weiter Güter für Leute, die für sie nicht zahlen können. Die Amerikaner haben weiter ihre Hypotheken erhöht, um diese chinesischen Güter kaufen zu können.
Es sieht sogar so aus, als ob sich die Hypotheken-Aktivität noch verstärkt:
"Letzte Chance vor Zinserhöhung - das erhöht die Nachfrage", so eine CNN-Schlagzeile.
Das könnte die letzte Möglichkeit sein, sich zu den noch niedrigen Zinssätzen zu verschulden. Vorgestern hat die Fed signalisiert, dass sie nicht mehr so geduldig das aktuelle Zinsniveau bis in alle Ewigkeit festschreiben will.
Diese Ansicht stimmt mit der allgemeinen Ansicht überein, dass die Wirtschaftslage sich verbessert, was zu einer"Verbesserung" der Lage am Arbeitsmarkt führen wird... und dann zu einer"Verbesserung" der Konsumnachfrage... und all das wird zu einer Erhöhung der Inflationsrate führen, was sich in einem Anstieg der Konsumentenpreise zeigen wird. Genau dann wird die Fed die Zinsen erhöhen - so die allgemeine Argumentation. Auf diese Weise können die Genies der Fed die gesamte Weltwirtschaft auf Raumtemperatur halten - nicht zu kalt, nicht zu heiß.
"Ha! Genies! Wollt Ihr mich ver...?" Ich höre schon Dr. Kurt
Richebächer, wie er sich empört.
"Ja, ok, sie sind Genies. Sie sind genauso Genies, wie Manager des LTCM (Long Termn Capital Managament)-Hedgefonds Genies waren. Sie haben die USA in einen gigantischen Hedgefonds verwandelt. Und irgendwann wird der platzen... genau wie es damals mit LTCM der Fall war."
Die Genies haben es geschafft, Amerika zu verwandeln. Von einer Nation, die Waren produzierte und verkaufte, zu einer Nation, die der größte Konsument und Schuldner der Welt geworden ist. Statt Geld zu sparen, leihen sich die Amerikaner Geld. Statt Dinge zu produzieren, kaufen sie sie sich. Statt mit realem Geld zu bezahlen, überfluten sie die Welt mit Billionen von Dollar, die jeden Tag weniger wert werden.
Der Dollar ist zuletzt ja wieder etwas gefallen - er steht jetzt gegenüber dem Euro auf einem 4-Wochen-Tief.
Paul Kasriel schrieb im letzten Jahr:"Zwischen 1960 und 1984... erwirtschafteten die Banken, Brokerhäuser und Finanzgesellschaften zwischen 12 % und 22,5 % der gesamten Unternehmensgewinne. 2002 hat der Anteil des Finanzsektors 44,75 % erreicht..."
So ist zum Beispiel General Motors, einst die größte Gesellschaft der USA, jetzt"mehr Bank als Autohersteller", so das Wall Street Journal. Mit dem Verleih von Geld konnte man in den USA gutes Geld verdienen. Der Schuldensektor ist so heißgelaufen, dass ich Sie warnen möchte: Fassen Sie ihn nicht an.
Irgendwann, wenn die Genies scheitern, dann wird der Verleih von Geld kein so gutes Geschäft mehr sein weder für die US-Autohersteller noch für die ausländischen Käufer von US-Staatsanleihen.
"Jedes Mal wenn es Perioden von Durcheinander und großen Veränderungen gibt, dann gibt es immer welche, die davon profitieren, und andere, die darunter leiden", das habe ich heute Morgen im neuen Buch von John Mauldin gelesen. Ich habe erst gestern Abend mit diesem Buch angefangen, aber wenn ich von dem, was ich bis jetzt gelesen habe, auf das gesamte Buch schließen kann, dann freue ich mich schon auf das weitere Lesen. Ich könnte dann sogar soweit gehen und Ihnen das Lesen dieses Buches empfehlen.
In der Zwischenzeit sind her mehr News:
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Freitag, 7. Mai 2004
Hängt der Markt in den Seilen?
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Hängt der Markt derzeit in den Seilen oder an einem Strick? Der arme, er sieht ein bisschen mitgenommen aus derzeit. Wie ein Boxer nach mehreren Runden steht er zwar noch, aber er schwankt sichtlich. Ein harter und gewaltiger Angriff von widrigen Trends hat unseren Helden noch nicht k.o. geschlagen, aber ich frage mich, wieviel Schläge er noch einstecken kann.
Ich frage mich, wieviel Kampfkraft er noch in sich hat. Kann er den Tiefschlägen durch hartnäckig hohe Ã-lpreise und wachsende Zeichen für eine Inflation noch lange widerstehen? Kann er weiterhin den geopolitischen Aufruhr ignorieren? Was ist, wenn steigende Zinsen auf seine hohen Bewertungen drücken? Ich bin nicht optimistisch...
Die Rendite der 10jährigen US-Staatsanleihen ist auf ein neues 10-Monats-Hoch gestiegen, auf 4,58 %. Aber die höheren Zinsen konnten den Dollar nicht unterstützen, der gegenüber dem Euro schwach bleibt, auch wenn er sich gestern etwas erholen konnte. Der Ã-lpreis ist auf ein 13-Jahres-Hoch gestiegen, nachdem vermeldet wurde, dass die amerikanischen Ã-lvorräte unkomfortabel mager geblieben sind.
Der Aktienmarkt könnte noch eine Zeitlang auf schmalem Grat tanzen, aber laut Michael Belkin wird der müde Boxer bald auf seinem Rücken liegen. Belkin beruft sich auf ein Computer-Modell, dass die Entwicklung der Aktienmärkte, der Rohstoffpreise und der Schulden berücksichtigt.
Belkin ist ein faszinierender Typ - ich hatte das Vergnügen, ihn bei verschiedenen Gelegenheiten zu treffen. Seine Prognosen sind natürlich nicht immer korrekt, aber sie sind immer faszinierend... und sie sind OFT korrekt. Im Februar 2000 hörte ich einer Präsentation von Belkin zu, in der er prognostizierte, dass der Aktienmarkt später"deutlich fallen würde". Einen Monat später begann der große Bärenmarkt des Jahres 2000.
Und im Februar 2003 sagte er voraus, dass der Nasdaq-Composite bald eine Rally von 40 % hinlegen würde, Zeitraum ein paar Monate. Er hatte Recht.
Aktuell gehört Belkin zum Bären-Lager. Genauer gesagt: Zu den Mega-Bären. Seiner Ansicht nach war der Bärenmarkt der Jahre 2000-2002 nur die Eröffnung für den Bärenmarkt, der uns noch bevorsteht. Es stimmt, die großen Indizes hatten ihr Allzeithoch im März 2000 erreicht, aber Indizes für amerikanische Nebenwerte - wie der S&P Smallcap 600 oder der S&P Midcap 400 - erreichten alle letzten März ein Allzeithoch. Belkin meint, dass es jetzt Zeit dafür sei, dass der RICHTIGE Bärenmarkt beginnt.
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Freitag, 7. Mai 2004
Königliche Hochzeiten, Bush und Kerry
von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Madrid
*** Ich bin gerade in Madrid - und ganz Madrid ist aufgeregt. Das erste Mal seit vielen, vielen Jahrzehnten wird es eine königliche Hochzeit geben. Prinz Felipe, der Erbe des spanischen Throns, wird heiraten.
"Das ist eine große Sache... eine sehr große Sache", sagte mir ein Freund gestern beim gemeinsamen Abendessen. Er heiratet eine Bürgerliche. Das stört keinen. Aber er heiratet eine Frau, die schon einmal verheiratet war. Das stört eine Menge Leute."
Wir waren im Café d'Oriente. Auf dem Platz wurde bereits an den Dekorationen für die Hochzeit gearbeitet. ***"Ich hasse diesen Mann!"
Einer der Gesprächspartner bei unserem Abendessen war ein Amerikaner. Der"Mann", den er meinte, war George W. Bush.
Wo immer ich hingehe, da finde ich Amerikaner, die auf ihren Präsidenten schimpfen.
"Durch ihn sehen wir alle wie Idioten aus", ist ein verbreiteter Kommentar.
In einem Gespräch mit Ausländern distanziert sich der typische Amerikaner in Übersee - und damit meine ich Amerikaner, die im Ausland leben, nicht notwendigerweise Touristen - sehr schnell von der Bush-Administration.
"Ich habe ihn nicht gewählt", heißt es dann meist. Und das ist ehrlich gemeint.
Ob er richtig oder falsch handelt, gut oder schlecht - George W. Bush ist für fast alle Amerikaner, die ich im Ausland getroffen habe, eine Peinlichkeit.
"Ich habe ihn vor kurzem im Fernsehen gesehen", so mein Freund weiter."Und ich konnte es nicht glauben. Er klingt wirklich dumm."
"Wir können nur hoffen, dass Kerry gewinnt", sagte ein anderer Freund in Paris."
***"Er vertritt keine klaren Positionen." Laut TV-Berichten ist das die am meisten geäußerte Beschwerde über den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Kerry.
Ich habe Sympathien für Mister Kerry. Oft höre ich mir beide Seiten in einer Argumentation an, und ich finde Positives an beiden. Da könnte ich auch keine klare Position beziehen.
Aber Mister Kerry hat für diverse Punkte eine typisch politische Sichtweise: Wenn es ihm nützt, dann kann er dafür eintreten.
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Freitag, 7. Mai 2004
Ein wichtiger Frühwarnindikator für Rezessionen
von John Mauldin
Ich schreibe seit Anfang 2000 über die Zinskurve - denn dieser Indikator ist einer der wichtigeren Schlüssel für die Zukunft der Wirtschaft.
Lassen Sie uns zurückblicken. Im Juni 1996 da veröffentlichten Arturo Estrella und Frederic S. Mishkin von der New Yorker Fed ein ziemlich wichtiges Papier mit dem Titel"Die Zinskurve als Frühindikator für amerikanische Rezessionen." Darin stellten sie fest:"Die Zinskurve - genauer gesagt der Abstand zwischen den Renditen von 10jährigen Treasury Notes und Treasury Bills mit 3 Monaten Laufzeit - ist ein wertvoller Frühindikator. Er ist einfach zu nutzen und ist signifikant besser als andere finanzielle und gesamtwirtschaftliche Indikatoren, wenn es darum geht, Rezessionen vorauszusagen, die 2 bis 6 Quartale in der Zukunft liegen."
Estrella und Miskin zeigten, wie jede amerikanische Rezession in der Nachkriegszeit durch eine negative Zinskurve vorher angekündigt wurde. Wenn ich von einer negativen Zinskurve spreche, dann meine ich damit, dass die kurzfristigen Renditen über den langfristigen Renditen liegen, was normalerweise nicht der Fall ist. Denn normalerweise sollte man mehr Zinsen pro Jahr erhalten, wenn man länger laufende Anleihen kauft, weil man dann ja auch mehr Risiken eingeht. Wenn die langfristigen Zinsen höher sind als die kurzfristigen, dann spricht man von einer positiven Zinskurve.
Im August 2000 war die Zinskurve negativ und so niedrig wie seit 1989 nicht mehr. Basierend auf der Studie von Estrella und Miskin war es nicht schwer, vorauszusagen - wie ich es tat -, dass im Sommer 2001 eine Rezession beginnen würde.
Deshalb war es nicht allzu schwer, zu empfehlen, dass man aus dem Aktienmarkt hinausgehen sollte. Und da in einer Rezession die Zinsen tendenziell sinken - was steigende Anleihenkurse bedeutet -, war es ab August 2000 profitabel, von Aktien in Anleihen zu wechseln.
Da die Zinskurve heute positiv ist, können wir daraus schließen, dass in der absehbaren Zukunft keine Rezessionen eintreten werden? Leider nicht. Denn die aktuelle Zinskurve ist unnatürlich gestört worden; die Fed hält die kurzfristigen Zinsen bei 1 %, und es wäre da fast unmöglich, dass die langfristigen Zinsen unter diese Marke fallen.
Ich möchte Ihnen meine Bedenken erklären. Sehen Sie sich das folgende"Was wäre wenn"-Szenario an...
Wir haben gerade gesehen, dass die US-Wirtschaft etwas langsamer als die Konsensschätzung gewachsen ist. Aber immerhin lag das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal bei robusten 4,2 %. Die Inflation in diesem Quartal war höher als erwartet, aber nicht so hoch, als dass man sich Sorgen machen bräuchte. Wenn wir nicht einen dramatischen Anstieg bei der Zahl der neuen Arbeitsplätze sehen werden (damit meine ich nicht die Teilzeit-Arbeitsplätze) oder einen deutlichen Rückgang der Inflationsrate (was nicht der Fall ist), dann könnte die Fed locker bis August warten, bis sie sich dazu entscheidet, die Zinsen zu erhöhen. Und dann könnte sie immer noch bis November warten, bis sie den Zinsschritt tatsächlich durchführt - wenn der Markt sie nicht zu schnellerem Handeln zwingt.
Was wäre, wenn ich Recht hätte und die Fed die Zinsen nicht vor November erhöhen würde? Lassen Sie uns einmal annehmen, dass die Inflation im Sommer immer weiter steigen würde und im Spätsommer bei 3 bis 4 % stehen würde. Wie hoch müssten die kurzfristigen Zinsen"normalerweise", also ohne Fed-Einfluss, sein? 4 %? 5 %? 5,5 %?
Erinnern Sie sich daran, dass die langfristigen Zinsen (für 10jährige US-Staatsanleihen) bei 4,5 % liegen. Könnte die"natürliche" Zinskurve ab dem Spätsommer negativ werden, was für eine Rezession 12 Monate später sprechen würde? Würden wir dann aktuelle eine"falsche" positive Zinskurve sehen, weil die Fed die Leitzinsen künstlich niedrig hält? Und wäre es deshalb nicht ein Fehler, anzunehmen, dass wir keine Gefahr einer Rezession in 12 Monaten hätten?
Ich sehe, dass beide Seiten in dieser Diskussion gute Argumente auf ihrer Seite haben. Meine Antwort ist, dass wir uns in völlig unbekanntem Gebiet bewegen, für das es kaum historische Vorläufer gibt. Die Zwillingsdefizite, die Rekord-Ã-lpreise, die hoch bewerteten Aktienkurse und der boomende Immobilienmarkt sprechen für eine interessante, unvorhersehbare Zukunft.
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