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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 14. Mai 2004
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* Baldige Zinserhöhung unwahrscheinlicher
* Bill Bonner in Las Vegas
* Schlechte Nachrichten sind schlechte Nachrichten
* Das Problem mit den Schulden
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Freitag, 14. Mai 2004
Baldige Zinserhöhung unwahrscheinlicher
von Jochen Steffens
Ich bin darüber mehr als verwundert und frage mich, wie das gehen
soll. Der Verbraucherpreisindex ist lediglich um 0,2 % gestiegen und
lag damit genau in den Erwartungen. Die Kernrate (die Kernrate
schließt die preisvolatilen Bereiche Energie und Lebensmittel aus) ist
mit 0,3 % nur leicht über den Erwartungen, die bei 0,2 % gelegen
haben, aber unter dem letzten Wert von 0,4 %.
Nehmen wir die Zahlen so hin, wie sie da stehen. Für die Märkte
bedeutet das, der Inflationsdruck ist noch nicht wirklich bedenklich
(von diesen Zahlen her ausgehend). Die Fed wird also noch nicht durch
eine ausufernde Inflation gezwungen, die Zinsen anzuheben. Das
bedeutet in der logischen Konsequenz nach den moderateren
Arbeitsmarktdaten von gestern: Eine baldige Zinserhöhung wird etwas
unwahrscheinlicher auch wenn offenbar immer noch viele Analysten davon
ausgehen, dass wir bei der nächsten, bzw. übernächsten Fedsitzung eine
Zinserhöhung erleben werden.
Im Prinzip könnte der Dax also nun wieder bis zur 4200 Punkte Marke
laufen und somit meine These einer Seitwärtsbewegung bestätigen.
Ein kleinen Pferdefuß hat das Ganze: Der hohe Ã-lpreis. Und das macht
die Situation trotzdem schwierig. Der Ã-lpreis könnte die
Wirtschaftsentwicklung nachhaltig bremsen, vielleicht sogar die
US-Konjunktur in die Knie zwingen. Doch auch das würde ein
Zinserhöhung unwahrscheinlicher machen.
Wenn ich mir einzelne Dax Werte anschaue, dann sind einige der Werte
bereits wieder ganz schön runtergekommen. Das schreit geradezu nach
Käufen. Andererseits, und das macht die Situation so vertrackt, haben
einige Werte auch noch deutliches Abwärtspotential. Mit anderen
Worten: Die aktuelle Erholung findet bei einigen Dax-Werten im
"luftleeren" Raum statt.
Wenn jetzt allerdings noch der Ã-lpreis sinken würde, wäre das ein sehr
deutliches Einstiegssignal. Bis dahin sind eher vorsichtige moderatere
Positionen zu empfehlen, die mit dichten Stops abgesichert sind. Denn
Sie wissen ja, eins ist an den Börsen ist gewiss: die Ungewissheit.
Weniger erfreulich, die Lagerbestände sind gestiegen. Das passt
insofern zu dem moderateren Verbraucherpreisanstieg. Die Lagerbestände
stiegen um 0,7 %. Erwartet wurden 0,4-0,5 % nach 0,7 % zuvor.
Die Industrieproduktion ist um 0,8 % gestiegen. Erwartet wurde ein
Anstieg von 0,5 bis 0,6 % nach zuvor -0,1 %. Das war nicht anders zu
erwarten, nach den letzten Zahlen hier ein deutlicher Anstieg.
Die Kapazitätsauslastung liegt bei 76,9 %. Erwartet wurde eine
Auslastung von 76,7 bis 76,9 % nach zuvor 76,5 %. Das entspricht den
Erwartungen und fügt sich in die gestiegene Industrieproduktion ein.
Um 15.45 Uhr schockierte dann die Veröffentlichung der vorläufigen
Zahlen zum Index der Verbraucherstimmung der Universität Michigan die
Märkte. Erwartet wurde der Index bei 96,0 bis 97,0 Punkten nach zuvor
94,2 Punkten. Der Index notiert jedoch lediglich unverändert bei 94,2.
Ich frage mich, ob sich hier nicht auch unbewusst die amerikanischen
Probleme im Irak ausgewirkt haben.
So wie ich die Märkte kenne, werden die Amis nun erst einmal
enttäuscht auf diese Zahl reagieren und später dann doch anziehen, da
auch dieses schlechtere Ergebnis einer drohenden Zinserhöhung etwas
Luft gibt.
Bill Bonner und Addison Wiggin halten sich in Las Vegas auf. Auch ich
selbst bin an diesem Wochenende bis Dienstag unterwegs und muss mich
deswegen heute etwas kürzer fassen. Am Montag erhalten Sie also nur
die Texte der Amerikaner, am Dienstag bin ich dann wieder für Sie da.
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Freitag, 14. Mai 2004
Bill Bonner in Las Vegas
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Heute ist der Globetrotter Bill Bonner im sagenhaften Las Vegas, für
ein Wochenende voll Glitzer, Glamour und Vorträgen. Dort werden sich
noch andere Korrespondenten des Investor's Daily einfinden, darunter
Addison Wiggin, so dass ich heute aus Paris und Baltimore nichts
gehört habe.
Leider konnte mir Bill Bonner nicht mitteilen, wann genau er auf der
dortigen"Money Show" und dem"FreedomFest" sprechen würde - aber er
versprach mir, seinen Redetext zu schicken.
Ok, jetzt aber zu den Märkten:
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Freitag, 14. Mai 2004
Schlechte Nachrichten sind schlechte Nachrichten
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Für ein paar Minuten behandelten die Kleinanleger schlechte News wie
schlechte News. Das war vorgestern, als der Dow Jones zwischenzeitlich
auf ein neues Jahrestief gefallen war. Aber schon im späteren Handel
begannen die Kleinanleger, die schlechten News positiver zu sehen.
Weder das amerikanische Rekord-Handelsbilanzdefizit noch der Ã-lpreis
bei 40 Dollar noch die amerikanischen Probleme im Irak konnten die
Kleinanleger davon abhalten, dieselben Aktien, die im frühen Handel
noch wie Giftmüll gemieden worden waren, zu kaufen. Der Dow Jones
stieg im Handelsverlauf um imposante 200 Punkte und ging dann sogar
mit einem Plus aus dem Handel. Nun ja, eine Art von technischer
Erholung war wahrscheinlich lange überfällig, aber das exakte Timing
einer solchen Erholung ist so schwierig vorhersehbar wie der Besuch
der Schwiegermutter.
In den Nachrichten kam auch ein grausiger Bericht aus dem Irak: Ein
amerikanischer Zivilist war enthauptet worden. Dieser sadistische
Vergeltungsakt ist abscheulich, aber kaum überraschend. Wie wir jetzt
alle wissen sollten, ist dieser"Krieg gegen den Terror" eine"neue"
Kriegsform - eine, die zwischen Soldaten und Zivilisten keine großen
Unterschiede macht. Aber wie althergebrachte Kriege, so wird auch die
Kampagne gegen den Terror - Ende offen - extrem teuer werden. Die
nicht bezifferbaren Kosten werden die Verluste an Menschenleben
beinhalten, und den Zuwachs an weltweitem Hass. Und die finanziellen
Kosten werden wahrscheinlich Billionen erreichen, und wahrscheinlich
werden sie den Dollar als Kollateralschaden fordern.
Auch das steigende amerikanische Handelsbilanzdefizit drückt auf den
Dollar. Die Amerikaner saugen Importe ein wie ein Elefant mit seinem
Rüssel Erdnüsse. Im März ist das US-Handelsbilanzdefizit um 9,1 %
gestiegen, die Importe von Güter und Dienstleistungen kletterten um
4,6 % auf den Rekordwert von 140,7 Milliarden Dollar (das war auch der
höchste monatliche Zuwachs seit März 1993). Soviel zu der These, dass
ein schwacher Dollar den amerikanischen kollektiven Appetit auf
ausländische Waren zügeln würde.
So hat z.B. der im März schwächere Dollar nicht die US-Nachfrage nach
Ã-l beeinträchtigt; er hat diese Nachfrage nur teurer gemacht. Das
amerikanische Erdöl-Defizit hat sich im März um 12,2 % auf den
Rekordwert von 12,5 Milliarden Dollar erhöht. Denn die Nation der
Geländewagenfahrer importierte im März 331,6 Millionen Barrel Erdöl,
oder 10,7 Millionen pro Tag. Im Februar waren es 287,8 Millionen
Barrel oder 9,9 Millionen pro Tag gewesen.
Das bringt mich zu einer weiteren negativen Nachricht: Die
Energiepreise sind auf ein 20-Jahreshoch gestiegen (gemessen in
Dollar). An der New Yorker Börse ist der Preis für einen
Benzinkontrakt, Fälligkeit Juni, um 5 % auf 1,37 Dollar je Gallon
gestiegen. Das ist der höchste Wert, seit der Handel mit
Benzinkontrakten im Jahr 1984 begann.
Was von diesen Nachrichten ist bitteschön gut für die Aktienkurse?
Oder um es anders zu formulieren: Welcher Teil von"Chaos im Irak",
"Rekord-Handelsbilanzdefizit" oder"Ã-lpreis bei 40 Dollar" wird den
Dow Jones auf ein neues Rekordhoch befördern können?
Anders als die Aktien sind die amerikanischen Anleihen wieder ein
bisschen im Hintergrund verschwunden. Dabei befindet sich der
US-Anleihenmarkt seit Ende März, als die Rendite der 10järhigen
Anleihen bei 3,69 % gelegen hatte, im freien Fall. Aktuell steht
dieser Wert bei rund 4 3/4 %, also über einen Prozentpunkt darüber.
Seit Anfang März hat es der US-Anleihenmarkt nicht mehr geschafft, 3
Tage in Folge zu steigen. Das spricht dafür, dass"reale" Investoren
am Bondmarkt wirklich etwas realen Schmerz spüren und deshalb WIRKLICH
darüber nachdenken, ob sie lang laufende Anleihen halten sollten.
Ich werfe ihnen solche Gedanken nicht vor; auch ich würde mir Sorgen
machen... wenn ich US-Staatsanleihen besitzen würde.
Aber sollten sich nicht auch die Aktieninvestoren ein bisschen wegen
der steigenden Zinsen Sorgen machen? Ein Zyklus von steigenden Zinsen
ist Grund genug für jeden Aktienmarkt, Probleme zu bekommen - ganz zu
schweigen von einem Aktienmarkt, der so hoch bewertet ist wie der
amerikanische des Jahres 2004. Wenn der Aktienmarkt erst einmal hoch
am Galgen der steigenden Zinsen hängt, dann wird er vielleicht endlich
sehen, dass die schlechten Nachrichten wirklich schlechte Nachrichten
waren.
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Freitag, 14. Mai 2004
Das Problem mit den Schulden
von John Myers
"Ich sehe die Wirtschaft als die erste und wichtigste republikanische
Tugend, und öffentliche Schulden als die größte Gefahr, die wir
fürchten müssen."
- Thomas Jefferson
Die Mehrheit der amerikanischen Aktien- und Anleiheninvestoren hat
eine unheilvolle Zukunft vor sich. Das einzige, was noch höher als die
Spannungen im Mittleren Osten ist, ist der Erdölpreis. Währenddessen
stellt mittlerweile auch in den USA die breite Presse die
Wiederwählbarkeit des Präsidenten in Frage.
Sie denken, ich spreche von der aktuellen Situation? Nein, ich habe
von 1979 gesprochen... aber die Parallelen zu 2004 sind
unabstreitbar. Präsident George W. Bush ist ganz bestimmt aus einem
anderen Holz geschnitzt als der damalige Präsident Jimmy Carter, aber
die Probleme, die Amerika in den späten 1970ern hatte - steigende
Schulden, langsames Wachstum und ein explosiver Mittlerer Osten - sind
wieder da.
Diejenigen unter uns, die zumindest ein paar graue Haare haben,
erinnern sich an die 1970er. Nicht nur an die ausgefallenen Kleider
und die sinnlose Musik, sondern auch an die Probleme mit den
Benzinpreisen. Und wer könnte den jahrzehntelangen Bärenmarkt bei
Aktien und Anleihen vergessen? In den 1970ern war das Konzept von
ewigen Staatsschulden zumindest in den USA noch eine relativ neue
Idee. Denn zu Beginn der 1970er waren die USA noch der größte
Gläubiger der Welt. Seitdem haben allerdings die folgenden Präsidenten
und Kongresse keine deflationären Perioden mehr zugelassen. Wenn eine
große Gesellschaft wie Chrysler vor der Pleite stand, dann wurde
dieser Gesellschaft eben mit Steuergeldern weiter geholfen. Das wurde
bei diversen Krisen in den 1980ern auch bei den Banken so gehandhabt.
Es scheint so, als ob es in Problem gäbe, das Washington nicht mit
Steuergeldern wegwischen könnte. Aber genauso wie es Grenzen dafür
gibt, wieviel Erdöl wir aus der Erde holen können, gibt es auch
Grenzen dafür, wieviel Geld sich die USA leihen können, ohne eine
wirtschaftliche Krise zu verursachen. Eine Regierung verdient
schließlich kein Geld. Sie kann nur auf 2 Wege an Geld kommen: Durch
Steuern oder durch Schuldenmachen. Und dieses Jahr wird die
US-Regierung voraussichtlich 500 Milliarden Dollar neue Schulden
machen. Und trotz dieser besorgniserregenden Tatsache gehen der
Präsident und der Kongress weiterhin neue Verpflichtungen ein. Da sind
die 100 Milliarden - und mehr - Dollar, die für das amerikanische
Engagement im Irak bezahlt werden müssen. Und die 14 Milliarden Dollar
für den"Krieg gegen den Terror". Und in diesem Umfeld will Bush die
Steuern senken und die Wirtschaft ankurbeln. Und dann sind da noch die
Zinskosten für all diese Schulden.
Die amerikanischen finanziellen Verpflichtungen sind so groß, dass sie
kein reines Fantom sind. Man kann es so beschreiben: Das jährliche
amerikanische Haushaltsdefizit entspricht ungefähr dem Wert der
gesamten Güter und Dienstleistungen, die Kanada in einem Jahr
produziert. Bis zur Mitte der 1970er blieben die Schulden der
amerikanischen Bundesregierung in etwa konstant. Aber von da an sind
sie fast ohne Pause gestiegen. Und es gibt Prognosen, die für das Ende
dieses Jahrzehnts ein jährliches US-Haushaltsdefizit von 1 Billion
Dollar PRO JAHR sehen - dank des"Kanonen-UND-Butter-Kurses".
Vor gar nicht langer Zeit argumentierten die Volkswirte so:
Staatsschulden seien nicht so wichtig, da das Geld ja dem eigenen Volk
geschuldet würde. Das ist bei den USA nicht mehr der Fall. Von den 3
Billionen ausstehenden Staatsanleihen halten die Ausländer mehr als
die Hälfte. Mit anderen Worten: Der Rest der Welt - von dem ein
Großteil auf die amerikanische Lebensart neidisch ist - finanziert die
amerikanischen Sozialausgaben, die Zinsausgaben der US-Regierung und
sogar die amerikanischen Verteidigungsausgaben.
Wenn die Ausländer ihre US-Staatsanleihen verkaufen würden, dann würde
das den Dollar abstürzen lassen und den Anleihenmärkten fallende Kurse
bringen. Amerika ist mittlerweile so abhängig vom ausländischen Geld -
besonders von dem der ausländischen Zentralbanken - geworden, dass es
ohne dieses Geld nicht wüsste, wie zu überleben.
Militärisch gesehen ist die Macht der USA unangefochten... aber
dennoch sind die USA wirtschaftlich verwundbar. Das Ausland hält
US-Vermögensanlagen im Wert von 8 Billionen Dollar - darunter 13 %
aller US-Aktien und 24 % aller US-Unternehmensanleihen. Und die
Ausländer haben die Möglichkeit, diese Investments langsam aber sicher
abzustoßen. Und ich glaube, dass genau das im letzten Jahr passiert
ist.
Eins scheint sicher: Angesichts einer gesamten amerikanischen
Schuldenlast (Staat, Unternehmen, Verbraucher), die 4 Mal so groß ist
wie das Bruttoinlandsprodukt, werden diese Schulden nicht
zurückbezahlt werden können. Es ist wahrscheinlich sicher zu sagen,
dass sich kein Imperium seit dem Römischen in einer so bestürzenden
Ausgangslage befand.
Die amerikanische Schuldenblase ist so groß geworden, dass es nur noch
einen Ausweg gibt - den Dollar zu inflationieren und die realen
Zinskosten damit zu verringern. Um das zu tun, darf die Fed die Zinsen
nicht erhöhen.
Die Zinsen müssten gar nicht stark steigen, um zu einem Kollaps der
mit Schulden überladenen Wirtschaft zu führen. Das letzte Mal, dass
die Fed die Zinsen erhöhte (1999 bis 2000) führte das schließlich zu
einem Kollaps am Aktienmarkt und einer folgenden Rezession. Heute ist
die US-Wirtschaft noch erheblich abhängiger von Preissteigerungen bei
Immobilien, Aktien, Anleihen. Deshalb würde ein starker Zinsanstieg
eine ernste Deflation in Papier-Vermögensanlagen bringen.
Die Schulden werden ausgeweitet werden, bis keine neuen Geldgeber mehr
gefunden werden können. Dann wird die Regierung auf die Fed
zurückgreifen, und diese wird die Haushaltsdefizite der
US-Bundesregierung finanzieren. Diese monetäre Inflation würde
praktisch einen Bullenmarkt beim Gold, Silber und den Rohstoffen
allgemein garantieren.
Drucken Sie weiter Geld, Mr. Greenspan, drucken Sie weiter Geld...
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