-->Hi Zandow,
Dank für Dein posting vom 28. Juni. Hab's eben erst gelesen, alldieweil ich z.Z. nur selten im Netz bin.
Hast Du noch a bissl was zu den Straßburger Eiden da, Entstehungsgeschichte, Umfeld usw.? Besonders, ob in diesen Schriften wirklich das Jahr 842 auftaucht. Denn die Zählung der Jahre nach 'Anno Domini' (Jahre des Herrn?) kam erst so ab 12./13. Jhh. in Gebrauch.
erstmal zur Quelle: keine eigens anfertigte Urkunde, sondern Teil der lateinisch verfaßten Chronik des Nithard (Libri I-IV), die jedoch nur als Abschrift aus dem 10. Jh. vorliegt (siehe Link unten).
Dort sind nur Tagesdaten (z. B."XVI. Kalend. Marcii" = 14. Feb.), aber keine Jahreszahlen vermerkt, somit auch hier kein"Anno Domini".
Zum Inhalt selbst siehe diese Links:
http://www.frankreich-experte.de/fr/6/lit/straseide.html
(Nur romanischer Text, mit deutscher Übersetzung)
http://www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/09Jh/StrassburgerEide/eid_text.html
(als Jahr 841 statt 842, Texter beider Sprachen, mit Abbildung der Quelle = Abschrift)
http://www.stefanjacob.de/Geschichte/Unterseiten/Quellen.php?Multi=61/4_1
(mit kurzer Darstellung der Karolinger-Geschichte )
Aufgrund der je zwei romanischen und germanischen Textpassagen (Eide) können wir davon ausgehen, daß dieses Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, unabhängig davon, wie dieses zeitlich einzuordnen ist und ob im Wege der Abschrift der lateinische Begleittext möglicherweise"verändert" worden ist.
Interessant ist, daß zur Absicherung der Schwüre der Fürsten deren Gefolgschaften ebenfalls schwören mußten - aber nicht etwa wie die heutigen Beamten positiv (volle Unterstützung des Dienstherrn), sondern negativ: für den Fall, daß der eigene Herr seinen Eid gebrochen hat und der andere nicht, Verweigerung der Gefolgschaft bei Aktionen gegen den anderen, wobei sie auch zumindest zum Versuch verpflichtet waren, ihren Herrn bzw. jeden anderen vom Eidbruch bzw. den Folgetaten abzuhalten.
Das läßt auf eine fehlende Zentral- oder Über-Macht schließen, die Verstöße gegen Absprachen hätte sanktionieren können (die Kirche war offenbar auch keine solche Instanz). Damit würde die obige Begebenheit auch ganz gut in die Merowingerzeit passen, wo es ja bekanntlich"hoch herging" - es ist schon verwirrend, den Überblick über die vielen Theude-, Chari- und Sigiberts und Childerichs usw. zu behalten, wie sie sich miteinander verbünden, sich danach gegenseitig aus dem Weg zu räumen versuchen, sich wieder verbünden usw.... mit"Treu und Glauben" war da nix.
Daß man auch die Überlieferung dieser Zeit (Gregor von Tours, Fredegar), zumindest, was die Zeitangaben angeht, mit Vorsicht genießen muß, belegt eine Urkunde in merowingischer Diplomschrift (mit einem A. D.-Datum!) aus der Zeit Chilperichs I., Teilkönig von Soissons (561-584), die anläßlich des Wiederaufbaus der Kirche von Beauvais erstellt wurde und"data anno dominicae incarnat(ionis) DCVI, indictione VIIII, anno regni chilperici regis XXII."*
Also: Datiert A. D. 606(!), obwohl das 22. Regierungsjahr Chilperichs eigentlich das Jahr 583 sein müßte...
Es gibt noch viel zu forschen.
Dir ein schönes Wochenende und herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
Danke gleichfalls & Gruß!
bernor
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*) aus Karl Faulmann: Geschichte der Schrift (Reprint der Ausgabe von 1880)
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