--><font size="4">Wird höhere Tabaksteuer zum Milliarden-Flop? </font>
Viele Raucher greifen zu Billigware oder zu Schmuggelgut
Um die 3,60 Euro bezahlt ein Raucher im Kiosk aktuell für eine Packung Markenzigaretten. Mit der Erhöhung der Tabaksteuer auf 2,18 Euro pro Päckchen erhoffte sich der Staat weitere lukrative Einnahmen. Doch ein Blick in die"Zentrale Steuerstelle" in Bünde zeigt, dass das Geld nicht so sprudelt, wie erhofft.
Raucher streiken gegen Tabaksteuer
Nur ein unauffälliger Schriftzug an einer hübschen Fachwerkvilla verrät den Sitz der effizientesten Bundesbehörde Deutschlands. In Bünde bei Bielefeld war vor Jahrzehnten noch das Herzstück der deutschen Zigarrenproduktion. Heute wird hier eine der attraktivsten Geldquellen des Staates zentral verwaltet: die Tabaksteuer. Die 27 Mitarbeiter der"Zentralen Steuerzeichenstelle" erwirtschafteten 2003 für den Bund 14,1 Milliarden Euro. Das entspricht knapp dem Bruttosozialprodukt Kubas. Die weithin unbekannte Behörde verbucht die Bestellungen für die kleinen Banderolen an Verpackungen, rechnet die Einnahmen ab und versorgt die Hersteller mit Steuerzeichen.
Versiegende Geldquelle: Raucher im Steuerstreik
Um die 3,60 Euro bezahlt ein Raucher im Kiosk aktuell für eine Packung Markenzigaretten."Davon entfallen 2,18 Euro auf die Tabaksteuer", erläutert Behördenleiter Klaus Jakomeit."Genauer gesagt sind es 2,175216 Euro." Denn angesichts der Dimensionen ist auch die sechste Stelle hinter dem Komma für Berlin Gold wert. Aber der Staat hat mit der bislang sprudelnden Geldquelle mittlerweile ein Problem. Denn viele Raucher sind angesichts der immer häufigeren Tabaksteuererhöhungen - zuletzt im März - in den Steuerstreik getreten: Sie greifen entweder zu Billigware oder zu Schmuggelgut - manche hören sogar ganz mit dem Rauchen auf. Jakomeit mag sich zu den Auswirkungen der Beschlüsse aus Berlin nicht äußern. Doch die Zahlen des Statistischen Bundesamts sind eindeutig.
222 Millionen weniger als im Vorjahr
Stolze 1,8 Milliarden Euro Mehreinnahmen hatte die Bundesregierung mit der jüngsten Erhöhung für den Staatshaushalt 2004 eingeplant. Geld, das das Gesundheitssystem entlasten sollte. Der erwartete Geldsegen wurde zwischenzeitlich behutsam reduziert - auf eine Milliarde Euro. Und jetzt das: Allein im zweiten Quartal sanken die Einnahmen bei der Tabaksteuer im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 222 Millionen Euro. Statt eines Zugewinns muss der Fiskus damit ein Tabaksteuer-Minus von sechs Prozent verbuchen.
Die Vorzeichen für geplante weitere Stufen im Dezember sowie im kommenden Jahr scheinen also alles andere als günstig."Ã-konomisch und fiskalisch sind die Pläne völlig kontraproduktiv", sagt Peter Lind, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband Deutscher Tabakwaren - Großhändler und Automatenaufsteller in Köln."Allein in diesem Jahr ist mit Steuerausfällen von einer Milliarde Euro zu rechnen." Für die Tabakindustrie und den Fachhandel brachte der Raucher-Teilboykott ebenfalls empfindliche Einbußen:"Der Staat hat es dieses Mal einfach zu weit getrieben. 70 Prozent Steuererhöhung innerhalb von zweieinhalb Jahren sind zu viel."
Tabaksteuer schon seit fast 400 Jahren
Dabei sind Steuererhöhungen für Raucher nichts Ungewöhnliches. Schon 1625 bat der englische König Karl I. seine qualmenden Bürger zur Kasse. Tabakbesteuerung nach heutigem Muster gibt es seit knapp 90 Jahren in Deutschland. Und jahrzehntelang akzeptierten die Raucher Erhöhungen. Doch die Steuerschraube dreht sich immer schneller: So wurde für Zigaretten 1980 erhöht, dann 1982, 1989, schließlich 1992. Nach einer Pause begann der Marathon: 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, im laufenden Jahr zwei Mal. Und auch für 2005 ist eine höhere Last vorgesehen.
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