-->Guten Abend,
die EU wird zunehmend wichtiger für unser politisches und wirtschaftliches Zusammenleben in Europa. Die neuen EU-Kommissare werden am 1. November 2004, also in einem Monat ihre Arbeit aufnehmen. Aus diesem Anlass möchte ich ein wenig über Ziele und Aufgaben der Kommission referieren und dabei einige EU-Kommissare vorstellen.
wikipedia, die freie Enzyklopädie beschreibt die Europäische Kommission als:"die"Regierung" der Europäischen Union, die die Verträge umsetzt. Der Präsident und die Mitglieder der Kommission werden von den Mitgliedstaaten mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments ernannt. Die Kommission ist ein vollständig von den Mitgliedstaaten unabhängiges und somit tatsächlich supranationales Organ der Europäischen Union."
Die Verwaltung ist eine weitere Aufgabe der Kommission. Die politischen Grundsätze werden im Europäischen Rat festgelegt. Das EU-Parlament hat nur wenige Kompetenzen: Gesetzesentwürfe können nur auf Vorschlag der Kommission eingebracht werden. Diese Gesetze und der Haushalt können vom EU-Parlament nur gemeinsam mit dem Ministerrat beschlossen werden. Sonst darf das EU-Parlament nur noch Misstrauensanträge gegen die gesamte Kommission einbringen und die Kommission beraten. Die für Demokratien so wesentliche Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebung und Politik / Verwaltung fehlt völlig. Die Kommission, die die Gesetze formuliert und die Verwaltung durchführt, wird nicht einmal gewählt, und steht unter dem direkten Einfluss der Wirtschaft. Deren Vertreter haben ständigen Zugang zu allen Bereichen der Kommission.
In Form der Europäischen Kommission wird durch die Europäische Verfassung ein Gremium legitimiert, welches in allen drei Bereichen weitreichende Kompetenzen besitzt und die EU nach Außen vertritt. (Mit Ausnahme der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (A.I-25).
Umgekehrt wirken von Außen verschiedene Gremien und Lobbyisten auf die Kommission ein, z.B der European Round Table abgekürzt ERT ("This is not just another lobby organization"). Der ERT ist keine Lobby wie jede andere, sondern"Das Who-is-Who europäischer Großunternehmen" (Europa-Digital). Zusammen mit Frankreich stellt Deutschland das größte Kontingent an Wirtschaftsvertretern mit besten Beziehungen zur Kommission. Für Deutschland sitzen folgende Vertreter am Tisch: Heinrich von Pierer (Siemens), Manfred Schneider (Bayer), Jürgen Weber (Lufthansa), Kai-Uwe Ricke (Telekom), Bernd Pischetsrieder (VW), Wulf Bernotat (E.ON) und Gerhard Cromme (ThyssenKrupp). Cromme ist auch seit 2001 Vorsitzender des ERT.
Da das EU-Parlament als einzig direkt gewählte Institution sehr wenig Befugnisse hat, schafft die EU-Verfassung einen zentralistischen Staat von entmündigten Bürgern. Es entsteht der Eindruck, dass es nicht um Demokratie geht, sondern um eine problemlose zentrale Verwaltung.
Im folgenden möchte ich einige Kommissare kurz vorstellen, und manche mit Kernproblemen konfrontieren, die bisher in der Presse nur vereinzelt aufgetaucht und nicht zusammengefasst wurden:
Rocco Buttiglione
Helmut Kohl-Fan Rocco Buttiglione ist ein Freund von Berlusconi und Vertrauter des Papstes. In der EU soll der zukünftige Kommissar für Recht und Ordnung sorgen. Dafür bekommt sein Ressort den schönen Namen:"Justiz, Freiheit und Sicherheit". Die Lösungen, die Buttiglione von Brüssel aus für ganz Europa entwerfen will, beschreibt der Italiener kurz und knapp:"Ich werde für eine schnelle und effiziente Justiz sorgen"
Heribert Prantl schrieb am 07.Juli 2003 in der Süddeutschen Zeitung über das werdenen EU-Recht:
"Das werdende Strafrecht ist so konstruiert, dass die EU-Strafverfolger einen Eingriff in Grundrechte immer in dem Land beantragen können, wo es am leichtesten geht: Wie im Supermarkt nimmt man sich aus jedem Regal etwas heraus, und so werden die Dinge aus dem nationalen Kontext gerissen. Werden zum Beispiel in einem bestimmten EU-Land üppige Abhörrechte durch ebenso üppige Zeugnisverweigerungsrechte ausgeglichen, so ist es mit dieser Balance auf EU-Ebene vorbei. Ergebnis dieses Einkaufs im Supermarkt der Paragrafen: Bürgerrechtlern vergeht Hören und Sehen. Rechtsstaatliche Bastionen werden, so die deutschen Professoren,"auf kleinstem gemeinsamem Nenner geschleift".
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[i]Beispiel Laszlo Kovacs
Der Sozialist war bisher ungarischer Außenminister. Jetzt übernimmt er als EU-Kommissar das Energieressort. Der studierte Volkswirt spricht fließend Englisch und Russisch, was einen Vorteil sein könnte, wenn es um die Verhandlungen mit den Russischen Engergiekonzernen geht. Von den Rechten im EU-Parlament wird Kovacs angefeindet. Sie werfen ihm vor, seine Karriere in der"sowjetischen Kaderschmiede" begonnen zu haben. Auch die Grünen sind mit Laszlo Kovacs nicht glücklich:"Was für eine Idee: Da bekommt jemand das Energieportfolio als Übergang in den Ruhestand. Jemand, der in seinem Leben noch nie was mit Energiepolitik zu tun hatte. Und das in einem Moment, wo das Ressort so wichtig ist wie nie“.
Die Atomgegner erwarten keine Abkehr von der bisherigen atomenergiefreundlichen Politik der EU. Kovacs wird den Atomkurs seiner Amtsvorgängerin De Palacio unvermindert fortsetzen. Der 1957 abgeschlossene Euratomvertrag gilt weiter und wird sogar im EU-Verfassungsentwurf ausdrücklich bestätigt. Wir haben keine konjunkturelle Ã-lkrise, sondern eine strukturelle", urteilt der Luxemburger Grüne Claude Turmes. Bereits vor einem Jahr hat die EU-Kommissarin Loyola de Palacio Energierationierungen ab 2007 angekündigt. Die Sozialisten kennen sich historisch gesehen, mit knappen Gütern und deren zentrale Verteilung bestens aus...
">http://www.dw-world.de/dwelle/cda/p...65_G_1341275_1340740_19,00.html] Stavros Dimas
Das Umweltressort übernimmt der Grieche Stavros Dimas, der vorher EU-Kommissar für Arbeit und Soziales war. Stavos ist ausgebildeter Wirtschaftsjurist, und arbeitete sowohl für die Weltbank, als auch für die Wall-Street. In Griechenland war der konservative Politiker unter anderem Landwirtschafts-, Handels- und Industrieminister. Über Beziehungen zum Umweltschutz ist bisher nichts bekannt.
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Beispiel Günther Verheugen
der bisherige Erweiterungs- und künftige Industriekommissar und einer von fünf Vize-Präsidenten Günter Verheugen will der starke Mann in der neuen Kommission werden. Anfangs noch als Superkommissar von Berlin empfohlen, sieht er sich jetzt als Wächter der Wettbewerbsfähigkeit und fügt hinzu:"In den Ressorts, die ich koordiniere, werde ich künftig alle Maßnahmen daraufhin überprüfen, welche Auswirkungen sie auf den Wettbewerb haben". Sein holländischer Kollege Frits Bolkestein nannte ihn den Pudel Berlins und das"das Vollzugsorgan Berlins in der Kommission". Offentsichtlich genießt Verheugen das Medieninteresse um ihn, denn er erwiederte: Pudel sind besonders intelligente, manche sagen sogar besonders schöne Tiere." Noch vor Amtsantritt versprach Verheugen im Streit um das neue EU-Chemikaliengesetz der europäischen Industrie entgegenkommen. Das Chemikalien-Gesetz zwingt die Industrie, chemische Stoffe auf Gefahren für Mensch und Umwelt zu überprüfen.
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Beispiel Neelie Kroes
Neue Wettbewerbskommissarin wird Neelie Kroes, die in Holland Nickel-Neelie genannt wird, und der Verbindungen zu Bill Gates nachgesagt werden. Ihr Ressort befasst sich vor allem mit kartellrechtlichen Fragen und der Überwachung staatlicher Beihilfen. Die Berliner Zeitung warf der 63-jährigen sogar eine Sammelleidenschaft vor:"Auf mehr als fünfzig Posten in Aufsichtsräten, Vorständen und Verwaltungsgremien brachte es Neelie Kroes allein in den vergangenen zehn Jahren". Noch bei ihrer Nominierung saß die Ã-konomin in 14 Aufsichtsräten. Ihre Aktien im Wert von 1,6 Millionen Euro sind in einer Stiftung, ihre Aufsichtsratssitze zurückgelegt, dazu hat Kroes versprochen, Fälle mit Verdacht auf Interessenkonflikte an Kollegen abzugeben. Sie hat für so viele Konzerne gearbeitet, dass Zweifel an ihrer Unabhängigkeit aufkamen: Vom Autohersteller Volvo über die Rüstungsfirma Thales, das Telekom-Unternehmen MMO2, bis zum High-Tech-Unternehmen Lucent saß sie in Aufsichtsräten. Der konservative Abgeordnete Werner Langen sagte der taz:"Sie hat ja außer in der Pharmaindustrie praktisch überall Aufsichtsratsposten gehabt."Frau Kroes ist ein Risiko für die Kommission", befand der österreichische Sozialdemokrat und EU-Abgeordnete Hannes Swoboda. Wenige Wochen nach ihrer Nominierung, hatte Kroes sämtliche Posten niedergelegt. Bereits in den 80er Jahren war Kroes niederländische Ministerin für Verkehr und Kommunikation und trat für die Privatisierung von Staatsbetrieben ein.[/i]
Das Parlament darf der neuen Kommission noch zustimmen.
Grüsse
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