Zandow
14.10.2004, 17:39 |
Archäologisches Rätsel: Die Rodgau-Landwehr. Thread gesperrt |
-->Hallo Forumsgemeinde,
in der Nähe Frankfurts gibt es ein interessantes Bodendenkmal: die Rodgau-Landwehr (auch Mainzische Landwehr genannt). Diese aus einem breiten oder zwei schmaleren Gräben und einem aus dem Aushub angehäuften Wall bestehende Landwehr verläuft beginnend"zwischen Pumpenheim und Mühlheim, erreicht an der Käsmühl die Bieber, führt weiter am Heusenstammer Schloß vorbei in Richtung Rembrücken und Hainhausen. Von dort bis Jügesheim bildet die Rodgau gleichsam den Landwehrgraben, der sich nun weiter durch die Jügesheimer Gemarkung und den Stadtwald Seligenstadt in Richtung Froschhausen fortsetzt. Er endet in Klein-Krotzenburg am Main, macht also einen U-förmigen Bogen - am Main beginnend und wieder endend." (K. Hegner, OP) Der Wall war ehemals mit einem Heckenzaun aus Weißbuche, Weißdorn, Schlehe, Hainbuche und anderem undurchdringlichen Gesträuch bepflanzt.
Die Entstehungszeit und der Zweck der Rodgau-Landwehr wird bisher den in der Gegend des heutigen Seligenstadt stationierten Römern zugeschrieben. Demnach sollte die Landwehr der Begrenzung, Kennzeichnung und dem Schutz der zur Versorgung der römischen Soldaten angelegten Güter (agri limetrophi) gedient haben.
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-agri = Acker
-limetrophi, trophi = ernähren; aus dem Griechischen
-oder limitrophos von limitaneus = an den Grenzen befindlich
-dazu auch der mittelalterliche Schriftsteller Lamtr. (oder Lamrt. oder Lambr.) Alex. Fev. (??) = die ihnen gegebenen Äcker
-auch im Codex Iust. 11,59,3: limitrophi fundi
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Trotz des wahrscheinlich römischen Ursprungs erinnert die U-Form der Landwehr sehr an steinzeitliche Ringburgen (siehe dazu: Probst"Deutschland in der Steinzeit"). Andererseits läßt sich die Entstehung und Existenz der Landwehr nur bis ins 14. Jhh. zurückverfolgen, und zwar als Zollgrenze (Wirtshaus mit Herberge und Zollstation). Dies jedoch nur stellenweise, was wegen der U-Form, die ja nur ein kleines Gebiet umschließt, verständlich ist.
So liegt die Geschichte direkt vor der Haustür und gibt dennoch viele Rätsel auf:
Variante 1: Steinzeitliche Ringburg
Dafür: Die Form und die Lage.
Dagegem: Fehlende Funde im Inneren und fehlende hölzerne Pallisandenanlagen.
Variante 2: Römer
Dafür: Allgemein anerkannte Geschichtsschreibung.
Dagegen: Scheint ein Einzelfall zu sein. Zu kleines Gebiet zur Versorgung einer Legion (mehrere Tausend Mann).
Variante 3: Mittelalterliche Zollgrenze
Dafür: Belege von ca. 15. bis 19. Jhh. als Zollgrenze
Rätsel, Rätsel, Rätsel.
@Popeye: Kannst Du was zu dem o.g. mittelalterlichen Schriftsteller Lamtr. Alex. Fev. finden? Ist das ein bekannter Name?
Herzliche Grüße in die Runde, <font color=#008000>Zandow</font>
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dottore
14.10.2004, 18:24
@ Zandow
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Re: Alexanderlied des Pfaffen Lambrecht (12. Jh.) - Gruß! (o.Text) |
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JoBar
14.10.2004, 19:07
@ Zandow
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Re: Archäologisches Rätsel: Die Rodgau-Landwehr. |
-->>in der Nähe Frankfurts gibt es ein interessantes Bodendenkmal: die Rodgau-Landwehr (auch Mainzische Landwehr genannt). Diese aus einem breiten oder zwei schmaleren Gräben und einem aus dem Aushub angehäuften Wall bestehende Landwehr verläuft beginnend"zwischen Pumpenheim
Der Ort heißt Rumpenheim.
Da hat es auch einige Funde aus der Hallstein-Zeit lt. Karte 14: Die Fundorte der Hallstattzeit (C/D), Seite 5
...
153 Egelsbach
Flur: Offenthaler Schneise, Feldschneide,
Isenburgische Landwehr, Dreischläger Allee
Gruppe von 12 Hügeln mit sha Bestattungen
Lit.: Vorgsch. Hessen 355 - Schumacher 170
Lit.: 5920-007
...
Schau doch einfach mal in die Dissertation Beiträge zur Vorgeschichte des Aschaffenburger Landes im Spiegel der Sammlungen des Aschaffenburger Stiftsmuseums hinein. Ein Auszug aus dem Inhaltsverzeichnis:
Zum Stand der Forschung in der Region 6
Forschungsgeschichte und Museumsgeschichte 18
- Die Aschaffenburger Römersteine von 1777 19
- Die Ermittlungsakte Pflaumheim von 1787 21
- Die Gründung des Aschaffenburger Museums 1854 24
Die Funde im chronologischen Kontext 42
- Paläolithikum 42
- Mesolithikum 44
- Neolithikum 46
-- Die Artefakte 57
- Bronzezeit 64
- Urnenfelderzeit 72
- Hallstattzeit 96
- Latènezeit 106
- Ausblick auf die Fundbestände aus Römischer Kaiserzeit und Frühmittelalter des Aschaffenburger Landes 130
<hr>
Aber in dieser Gegend baute man gern ein"Landwehr" Gibt es direkt in und auch um Frankfurt herum reichlich. Hier zB mal erwähnt
http://www.agenda21-maintal.de/biotopgruenemittenord.pdf, Seite 3
Viel Spaß beim studieren
J
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dottore
14.10.2004, 19:09
@ Zandow
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Re: Text-Beleg zur U (förmigen)"Burg" hier: |
-->Hi,
und aus dem Alexanderlied dann diesen Passus (Vorau-Exemplar, ab Zeile 705):
"Dâ wârn die mûre harte
von quâdrestein geworhte,
mit îserenen spangen
was al daz werch befangin,
unde dâ zû morter unde blî,
wie mehte siu vester sîn.
Drî wâren der mûre,
umbe waz solte si daz gût vertûren.
Daz golt sie ne hâlen:
sie thâten die turne mâlen,
daz daz rôthe golt dar ab schein
gemûseth oben an den stein.
Dan zwiscen gingen de bogen,
si wâren al mit golde bezogen."
Mure = Mauern, Quaderstein mit Eisenspangen, Mörtel, Blei usw. - wie man es also damals gehalten hatte, was Du unter"Trotz des wahrscheinlich römischen Ursprungs erinnert die U-Form der Landwehr sehr an steinzeitliche Ringburgen..."
Klar, weil es nur"dri mure" (= 3 Mauern) gibt ("drei waren der Mauern..." = oben gefettet)
Bei Lamprecht drinne dann der übliche Goldschatz, siehe Text....
"... dazwischen gingen die Bogen
sie waren alle mit Gold bezogen..."
Das Fev. (? Fassung ex Vorau?) bezieht sich möglicherweise auf diese Fassung, denn der Passus fehlt in den anderen beiden.
Gruß!
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JoBar
14.10.2004, 21:29
@ JoBar
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Re: Archäologisches.. Ist schon eine mühsame Geschichte |
-->Nach dem überfliegen der Dissertation sage ich mal:
Es ist schon ziemlich keck jedem Historiker / mittelalterlichen (Schreib-)Mönch einfach nur pure Fälschungs-Absicht zu unterstellen.
Klar kann/sind sie oft auf dem Holzweg, aber immer nur einfach aus böser Absicht?
J
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dottore
14.10.2004, 22:36
@ JoBar
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Re: Nöö, ganz simpel |
-->>Nach dem überfliegen der Dissertation sage ich mal:
>Es ist schon ziemlich keck jedem Historiker / mittelalterlichen (Schreib-)Mönch einfach nur pure Fälschungs-Absicht zu unterstellen.
>Klar kann/sind sie oft auf dem Holzweg, aber immer nur einfach aus böser Absicht?
Jau! Keine"böse" Absicht. Nur einfach das kirchliche Geschäftsmodell.
Unterstellst Du Siemens"böse" Absichten? Ziel von Siemens = Gewinn ---> max!
Ein Abt war nicht"irgendwer". Er musste sich z.T. für hohe Summen in diese Position einkaufen. Also? Also: Gewinn ---> max!
Von den höheren Herren (Bischof usw.) ganz abgesehen. Schau Dir doch bloß mal die Geschichte Salzburgs an. Text:"Am 10. Dezember 1800 floh Colloredo entgültig aus Salzburg, nicht ohne sich selbst eine hohe Abfindung zu genehmigen. 1812 starb er in Wien. Colloredo war der letzte Fürsterzbischof von Salzburg, der zugleich Landesherr war." (Ein Nachkomme war in meiner Schule).
Oder weiter zurück, der Kollege Lang von Wellenburg, ein Machtmensch wie er im Buche steht:
"Ende 1506 war er aber jedenfalls so wohlhabend, dass er König Maximilian 40.000 Gulden zur Verfügung stellen konnte. Dafür erhielt er unter Vorbehalt der landesfürstlichen Oberhoheit und jenem der Wiedereinlösung die Gerichtsherrschaft Kitzbühel.
Für weitere Leihen bekam er als Pfand die Herrschaft Osterwitz in Kärnten und die Stadtsteuer von Augsburg.
Im Jahre 1510 erlangte er die Dompropstei Konstanz. Am 10.März 1511 wurde er von Papst Julius II. zum Kardinal erhoben - ein weiterer Meilenstein in seiner außergewöhnlichen Laufbahn.
Mit 5.September 1512 anerkannte ihn der Papst auch als Bischof von Cartagena in Spanien. Das Erzbistum Salzburg gehörte in dieser Zeit zu den vornehmsten [= holte die meiste Kohle] Bischofssitzen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Salzburg war damals das wichtigste und auch reichste [eben!] Bistum Süddeutschlands.
Vor allem war damit auch eine weitere Würde verbunden, nämlich jene des Legatus natus. Natürlich waren auch die Bodenschätze und die geografische Lage von Bedeutung. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich Lang um keine Würde so bemühte wie um die des Erzbischofs von Salzburg. Mit Bulle vom 5.April 1512 ernannte Papst Julius II. über Fürsprache Maximilians ihn dann auch zum Koadjutor des Salzburger Erzbischofs Leonhard von Keutschach mit dem Recht der Nachfolge.
Kardinal Matthäus Lang hielt am 23. September 1519 Einzug; erst ab Februar 1522 sollte seine eigentliche Regierung in Salzburg beginnen, da er zuvor noch häufig abwesend war.
Spannungen zwischen der Bürgerschaft und dem Erzbischof führten im Jahre 1523 zu einer militärischen Auseinandersetzung, die Lang für sich entscheiden konnte. Die unblutig verlaufene Auseinandersetzung wurde als „Lateinischer Krieg“ bezeichnet. Folge der Niederlage war, dass die Vertreter der Stadt schriftlich auf alle strittigen Rechte verzichten und den Erzbischof ohne Einschränkung als Stadtherrn anerkennen mussten sowie ein Zwangsdarlehen von 4.000 Gulden zur Bedeckung der Kosten für die Söldner zu gewähren hatten. Energische Maßnahmen, wie etwa die Salzburger Stadt- und Polizeiordnung, ein Religionsmandat, Visitationen und vieles mehr folgten. Das Ende der bürgerlichen Freiheiten war gekommen...."
Jööööö - die armen Salzburger... Was wird sich R.Deutsch barmen!
Selbst die"Kaiserwürde" war eine Investition. Die Vorfinanzierung erledigten die"Kapitalisten", von Bardi & Peruzzi (England) bis zu Karl V. (Fugger, Welser).
Wir denken viel zu viel in Kategorien des"moderen" (altruistischen - *LOL* total!) Staates (was er sowieso nicht ist, vgl. Eichels 12-Mille-Pension p.m.).
Es ging und geht in Sachen"Macht" (Regierung usw.) immer nur um eins: Geld!
Fulda hat z.B. durch Mönch Eberhard ein Liegenschafts-("Schenkungs-" wie putzig!)-Verzeichnis ("Codex Eberhardi") anfertigen lassen (12. Jh.). Na wehe, wenn der Eberhard was ausgelassen hätte! Deshalb erschienen dort Immobilien, die entweder nie zu Fulda gehört haben können oder deren"Eigentümerschaft" eines anderen von F. bestritten wurde.
Der"Mönch" hat Rechte ("EÃgentum") & entsprechende Pfründe (= leistungsloses Einkommen) nachzuweisen bzw. plausibel zu machen - sonst nix!
Gruß!
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JoBar
17.10.2004, 15:57
@ dottore
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Re: kirchliches Geschäftsmodell -- Hast Du dazu Literatur-Hinweise? |
-->>>Nach dem überfliegen der Dissertation sage ich mal:
>>Es ist schon ziemlich keck jedem Historiker / mittelalterlichen (Schreib-)Mönch einfach nur pure Fälschungs-Absicht zu unterstellen.
>>Klar kann/sind sie oft auf dem Holzweg, aber immer nur einfach aus böser Absicht?
>Jau! Keine"böse" Absicht. Nur einfach das kirchliche Geschäftsmodell.
>Unterstellst Du Siemens"böse" Absichten? Ziel von Siemens = Gewinn ---> max!
>Ein Abt war nicht"irgendwer". Er musste sich z.T. für hohe Summen in diese Position einkaufen. Also? Also: Gewinn ---> max!
Ich habe mich damit noch nicht weiter beschäftigt. Und gemäß dem, was in der Schule gelehrt wurde, war das ganz und gar nicht so
Gemäß der Redewendung"Religion ist Opium fürs Volk" ergäbe sich, daß die Kirche(n) das Äquivalent zu den heutigen Drogen-Dealern wäre(n). Und der Papst müßte demzufolge seinen Sitz in Medellin/Kolumbien haben [img][/img]
TIA
J
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dottore
17.10.2004, 18:04
@ JoBar
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Re: Das Thema"Pfründe(n)" ist mit tausenderlei Literatur belegt |
-->Hi,
>Ich habe mich damit noch nicht weiter beschäftigt. Und gemäß dem, was in der Schule gelehrt wurde, war das ganz und gar nicht so
Selbst in kirchlichen Privatschulen wird doch das Thema Pfründen (= Einkauf in ein mit laufenden Einnahmen verbundenes Amt) lang und breit behandelt.
>Gemäß der Redewendung"Religion ist Opium fürs Volk" ergäbe sich, daß die Kirche(n) das Äquivalent zu den heutigen Drogen-Dealern wäre(n).
Das ist doch kompletter Blödsinn.
>Und der Papst müßte demzufolge seinen Sitz in Medellin/Kolumbien haben
Der sitzt in Rom (Vatikan). Der Kirchenstaat als eine Form einstiger Mega-Pfründe ist auf wenige Hektar im Quadrat zusammen geschrumpft.
Gruß!
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Baldur der Ketzer
17.10.2004, 19:42
@ dottore
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"Pfründe" - wie stehts mit Konkordaten und Metastasen, äh, Gesandten, und KiSt? |
-->Hallo, dottore,
>Der sitzt in Rom (Vatikan). Der Kirchenstaat als eine Form einstiger Mega-Pfründe ist auf wenige Hektar im Quadrat zusammen geschrumpft.
ohne Dukatenesel wie beispielsweise die Diözese? Köln und deren Kirchensteuereinnahmen wären die Rotsockenträger etwas weniger gestopft unterwegs.
Immerhin haben sie die Welt durchsetzt und beanspruchen Rechte, als ob sie Metastasen im demokratischen neutralen Völkerkorpus wären........sogar von den Arbeotslosen kriegen sie Transferzahlungen rüber, auch von Nichtkatholen. Ein Skandal aus Ketzersicht! Das Vorbild Frankreich winkt..........aber dafür war dann der Adolf wieder recht und nützlich........auch wenn Napoleon der erste Kehrer mit dem eisernen Besen war......
Beste Grüße vom Ketzer
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