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Berliner Zeitung heute morgen:
ein ziemlich guter Artikel!!
sie fand die Politik Stalins faszinierend......
gruß b.
BERLIN, im November. Als Josef Korbel siebenundsechzigjährig am 18. Juli 1977 in Denver stirbt, hat der tschechische Immigrant gerade noch sein Buch"Twentieth Century Czechoslovakia" abgeschlossen. Es ist das letzte einer Reihe von Büchern, die ihm zwar keinen Ruhm, aber doch das Renommee eines der besten Kenner Ost- und Mitteleuropas eingebracht haben. Auch auf seine im Auftrag der Vereinten Nationen erstellten Expertisen - zum Beispiel über den Kaschmir-Konflikt - glaubt kaum eine Institutsbibliothek einer amerikanischen Universität verzichten zu können.
Seine Tochter, die spätere amerikanische Außenministerin Madeleine K. Albright - geboren 1937 in Prag - schreibt über die Beisetzung ihres Vaters:"Unser Haus quoll über vor Blumen, darunter befand sich ein ungewöhnliches Gebinde aus Philodendren in Form eines Klaviers. Als meine Mutter sah, wie ich es musterte, sagte sie:,Das ist von der Lieblingsstudentin deines Vaters.',Wer ist das?',Eine junge Frau, Condoleezza Rice.'"
Dem tschechischen Karrierediplomaten, dem man es zugetraut hatte, einmal Außenminister seines Landes zu werden, hatten erst die Nazis und dann die Kommunisten sein Vaterland gestohlen. So wurde er in den USA Professor für internationale Politik, erwarb sich in seinem Fach hohes Ansehen. Vor allem aber war er Lehrer, begeisterter Lehrer geworden, der von seinen Studenten immer wieder zum besten Dozenten der Universität gewählt wurde.
Er war, seine Tochter betont das mit ironischem Stolz, ganz und gar Amerikaner geworden:"Er vertauschte Anzug und Krawatte mit Rollkragenpulli und Sportsakko und ließ sich einen Bart wachsen. Ich weiß, dass er um seine unter dem Kommunismus leidenden tschechoslowakischen Landsleute trauerte, aber an der Richtigkeit, unsere Familie nach Amerika zu bringen, hat er keinen Augenblick gezweifelt. Wie schrieb doch meine Mutter: Er sagte oft:,Ich war in vielen prächtigen Berufen tätig, aber College-Professor in einem freien Land zu sein war das, was mir am besten gefallen hat...'"
Josef Korbel wurde am 20. September 1909 in Letohradu (Kingberg) geboren. Seine Eltern waren assimilierte, gut verdienende Juden. Korbel ging zum Jura-Studium auch an die Sorbonne nach Paris. Seinen Doktor machte er 1933 an der Karls-Universität in Prag. Internationale Beziehungen waren sein Thema. 1934 trat er in den diplomatischen Dienst der Tschechoslowakei. Die junge Republik war damals eine der liberalsten der Welt. Deutsche Hitler-Gegner - darunter die Brüder Mann und Stefan Heym - wurden gerne aufgenommen. Den Nazis stieß das übel auf. In einem Bericht vom August 1933 heißt es:"Von Seiten der Tschechoslowakischen Regierung werden deutsche Emigranten bisher mit ausgesprochenem Wohlwollen behandelt. Die hiesige tschechische und deutsche Sozialdemokratische Partei, die ja beide in der Regierung vertreten sind, ebnen der Emigration alle Wege und sorgen für eine weite Auslegung des Asylrechts. Gewisse Anzeichen sprechen dafür, dass hinter den Kulissen auch die Präsidentschaftskanzlei und Außenminister Benes ihre Hände segnend über die deutsche Emigration halten."
In diesem politischen Klima begann Josef Korbel seine Karriere. 1937 - im Geburtsjahr seiner Tochter Jana Maria, später Madeleine - wurde er Presseattaché der tschechoslowakischen Botschaft in Belgrad. Als im März 1939 deutsche Truppen die Tschechoslowakei besetzten, emigrierte die Familie nach England. Hier arbeitete Josef Korbel als persönlicher Sekretär Jan Masaryks, des Chefs der Exilregierung. Nach dem Krieg kehrte er zurück nach Prag, wurde Masaryks Kabinettschef und half beim Aufbau des Außenministeriums. Er war Vertreter seines Landes bei der Pariser Friedenskonferenz und Botschafter in Jugoslawien. Nach der Machtergreifung der Kommunisten emigrierten Korbels zum zweiten Mal. Diesmal endgültig und in die USA.
Josef Korbel hatte für die Uno unter anderem den durch die Teilung Indiens entstandenen Kaschmir- Konflikt analysiert und in einem Buch"Danger in Kashmir", das erstmals 1954 erschien, auch einem breiteren Publikum die Brisanz der Lage klar gemacht. Diese Expertisen für die Uno waren die Eintrittskarte für seine Professur in Denver.
Seine ihn bewundernde Tochter Madeleine studierte bei ihm die Wissenschaft von der Verhinderung der Katastrophen, genannt Internationale Politik. Er verriet ihr nie, dass er womöglich erst während des Zweiten Weltkrieges - mitten im Holocaust - Katholik geworden war. Er verschwieg ihr, dass ihre Großeltern, Tanten und Onkel, viele ihrer Vettern und Cousinen von den Nazis umgebracht worden waren, weil sie Juden waren. Keiner seiner Kollegen am Institut und wohl auch niemand sonst erfuhr, dass Josef Korbel als Kind einer jüdischen Familie auf die Welt gekommen war, dass er eine Jüdin geheiratet hatte, dass die Nazis seinen Namen auf ihren Vernichtungslisten stehen hatten. Niemals war die Rede davon.
Aber es war ausgeschlossen, über Politik im zwanzigsten Jahrhundert zu sprechen, ohne die Judenvernichtung zur Sprache zu bringen. Josef Korbel muss jedes Mal, wenn er in seinen Seminaren und Vorlesungen über den Holocaust sprach oder über die antisemitischen Morde in der Sowjetunion oder in ihren Satellitenstaaten - der Slansky-Prozess lief gerade -, an seine Eltern, Brüder und Schwestern gedacht haben und daran, dass er diese Gedanken vor seinen Kindern, vor seinen Freunden und Kollegen verbarg. Wenn seine geliebte, kluge, wissbegierige Tochter ihn fragte, dann erklärte er ihr alles. Nur eines sagte er ihr nicht: Du warst auch gemeint. Es gab viele überlebende jüdische Familien, in denen über die Toten nicht gesprochen wurde. Aber bei den Korbels musste über die Toten gesprochen werden, nur dass es auch die eigenen Toten waren - das wurde verschwiegen.
Josef Korbels Offenheit, seine Zugänglichkeit, die Begeisterung, mit der er seine Themen vertrat und die er auch bei den Studenten zu wecken verstand, sie waren Masken, die ihm halfen zu verbergen, was wirklich in ihm vorging. Es ist schade, dass er noch keinen Biografen gefunden hat.
Die 1954 in Birmingham, Alabama geborene Condoleezza Rice war neun Jahre alt, als der Ku Klux Klan die Nachbarschule in die Luft sprengte. Eine ihrer Freundinnen starb bei dem Anschlag. Ihr Vater patrouillierte daraufhin mit einem Gewehr bewaffnet vor der Schule seiner Tochter. Ihre Eltern zogen um nach Denver. Mit fünfzehn geriet Condoleezza Rice in Josef Korbels Vorlesung. Sie hatte an der Schule zwei Klassen überspringen können. Sie wollte Konzertpianistin werden und studierte nebenbei, falls sie daran scheitern sollte, Musik für das Lehrfach. Ihr Vater war Vizerektor der Universität Denver geworden, an der Korbel unterrichtete. Condoleezza Rice war beigebracht worden, dass es keinen Sinn machte, auf Gleichbehandlung zu bestehen. Sie hatte gelernt, dass es besser ist, dafür zu sorgen, immer die Beste zu sein. Das war ihr bis dahin mühelos am Klavier - sie war die erste schwarze Studentin am Konservatorium in Birmingham - und beim Eislaufen gelungen. Den Vornamen hatte ihre Mutter, die Musiklehrerin und Orgelspielerin war, aus der musikalischen Vortragsbezeichnung"con dolcezza" gebildet.
Korbels Vorlesungen und Seminare machten von einem auf den anderen Moment aus der introvertierten, sich für nichts als klassische Musik interessierenden Condoleezza Rice eine Fanatikerin der internationalen Politik. Einem Journalisten des Magazins New Yorker erklärte Condoleezza Rice ihre Bekehrung:"Ich weiß noch, dass mir eine Vorlesung wie eine Erleuchtung vorkam, die Vorlesung, die jeder Sowjetexperte über Josef Stalin hält. In den Zwanzigerjahren schwenkte er erst nach rechts und isolierte die Linke, dann nach links und isolierte die Rechte, bevor er später wieder nach rechts zurückschwenkte - und mit einem Mal keine Konkurrenten mehr hatte. Ich fand diese Art von Politik faszinierend."
Diese Lektion scheint Condoleezza Rice niemals vergessen zu haben. Sie ist von Josef Korbel, dem tschechischen Emigranten, der vergessen machen wollte, dass er auch ein jüdischer Emigrant war, auf eine Spur gesetzt worden, der sie bis zuletzt treu blieb. Im Zentrum ihres Interesses war stets der Ost-West-Konflikt, die Politik, die Sicherheits-, die Militärpolitik der großen Mächte."Die deutsche Einheit und das Ende der Spaltung Europas" - so der Untertitel ihres Buches zum Thema - hat sie nicht nur beschrieben, sondern sie war als Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates auch aktiv daran beteiligt. Für die neue Welt, in der Amerika die alles überschattende Supermacht ist, die davor bewahrt werden müsste, dem Irrglauben zu verfallen, sie könne auch alles beherrschen, hat Josef Korbel sie nicht ausrüsten können.
Sie hat sich, was die politische Gesinnung angeht, deutlich weiter von ihrem Lehrer entfernt als dessen andere große Schülerin Madeleine Albright. Aber in einer Weise offenbar nicht weit genug, um aus der Dichotomie von Gut und Böse, aus dem simplen Gegenüber von Freund und Feind herauszukommen. Condoleezza Rice ist ein spätes Kind, ein Adoptivkind des Kalten Krieges, und sie kommt - zu unser aller Unglück - nicht klar mit der neuen Unübersichtlichkeit der internationalen Beziehungen. Ganze Kontinente straft sie seit Jahrzehnten mit Desinteresse. Jede ihrer auffällig spärlichen Veröffentlichungen, jede ihrer Äußerungen macht das deutlich. Der blinde Fleck der Condoleezza Rice ist die Macht der USA. Sie ist vor ihrer Ohnmacht dorthin geflohen. Wie Josef Korbel. Aber Condoleezza Rice hat keine Chance, ihre Herkunft, ihre Verletzlichkeit zu verbergen.
<ul> ~ http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/seite_3/397194.html</ul>
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-->>...die beiden schweißt über die persönliche Bekanntschaft hinaus, eine unverkennbare Seelenverwandtschaft zusammen, z.B. so:
>In einem kürzlich ausgestrahlen Interview von"60 minutes", fragte Leslie Stahl Madeleine Albright:
>"Soweit bekannt, starben 500.000 irakische Kinder aufgrund unserer
>Wirtschafts - Sanktionen.
>War es das wert?"
>Albright antwortete:"Das war es wert!"
>(Quelle: Ausgabe S99-124,"Peace" 18, July 16, 1999)
>Ich behaupte so, oder so in etwa hätte Condoleezza Rice auch geantwortet.
>Was trennt die beiden entzückenden Damen also voneinander?
>Vielleicht ihre Haarfarbe oder die Miedergröße, das schon.
>Bei denen beiden Frauen kann man den militanten Feministinnen nur zustimmen, wenn sie immer wieder Land auf, Land ab verkünden, dass Frauen eine ganz andere Politik als Männer machen.
>[img][/img]
>bis denne
>prinz_eisenherz
diese Aussage von Albright
war mir kurzfristig leider entfallen, danke für die Erinnerung.
Ich vermute, Con dolceezza hat genau wie Albright einen fetten Vaterkomplex, ein psychologisches Phänomen, das man Karrierefrauen generell nachsagt.
Und es stimmt wohl auch, daß Frauen nur dann in unsrer besten aller Gesellschaften etwas werden könne, wenn sie von einem Mann protegiert oder unterstützt werden. Es sind die Vatertöchter, die groß rauskommen.
Das wundert einen nicht, ist es doch schon immer eine Art Erfolgsrezept gewesen, sich auf die Seite des Agressors zu stellen, insgesamt vielleicht sogar gesünder, als zum Opfer zu werden, wenn man nur die beiden Wahlmöglichkeiten hat.
Aber an dem Artikel fand ich noch anderes bemerkenswert, was ich hier gar nicht aussprechen möchte.
Nur so viel, daß die Gutste Condi wohl vergessen hat, wer ihre Vorfahren nach Amerika verschifft hat, aber vielleicht fällt ihr das ja irgendwann wieder ein....
Und die Stelle über Stalins Politik erinnert mich kolossal an bestimmte Protokolle, Richtlinien für eine bestimmte Politik, nach der heute verfahren global verfahren wird. Das muß wohl Zufall sein.
P.S. nach dem Buch von Theweleit Objektwahl in der Liebesbeziehung (oder so ähnlich) soll es ja auch Männer geben, die diese Art Karrierefrau bevorzugen, allerdings nicht (natürlich nicht) um ihrer selbst willen, sondern weil dahinter der Mann steht( bzw.stand), der sie selber sein (oder werden) wollen.
Juchhu, wenn sie das dann endlich sind, suchen sie sich die völlig unemanzipierte kleine Maus als Geliebte und als nächstes Objekt.
Jaja, die Pschyschologie....
gruß b.
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