-->Hallo,
ich weiss zwar nicht, ob dies schonmal hier gepostet wurde, aber ich fand den Artikel einfach zu gut:
Kolumne: Wunder Wachstum
Von Thomas Fricke
Bislang tun Deutschlands Experten so, als wüssten sie, wie eine Wirtschaft aus der Krise zu holen ist. Dabei haben Ã-konomen davon im Grunde keine Ahnung, wie einige jetzt einräumen. Des Rätsels Teil I.
Wenn es um Reformen geht, sind deutsche Wirtschaftsexperten stets eifrig dabei. Dann werden radikale Umbrüche im Steuersystem gefordert. Oder Kopfpauschalen und Deregulierungen. Nur in einem wirken die meisten auffällig zurückhaltend: wenn es darum geht, wie schnell und wie stark die Reformen wirken - und wann sie den versprochenen großen Wachstumsschub bringen. Dann ist meist von langen Zeiträumen die Rede. Und davon, dass das ja so genau nicht vorherzusagen sei.
Was nach vornehmer Bescheidenheit klingt, könnte sich jetzt als bittere Wahrheit herausstellen. Darauf deutet eine spektakuläre Studie von drei renommierten Harvard-Professoren hin. Die lässt beängstigend daran zweifeln, dass Ã-konomen Ahnung haben, wann und warum eine Wirtschaft boomt; und was dazu nötig ist - oder eher schadet....Die Modelle scheinen schneller zu wechseln, als die Experten mitkommen. Vor kurzem noch jubelten Reformpäpste über Holland, das jetzt in tiefer Rezession steckt. Die japanische Wirtschaft hörte auf zu wachsen, ohne dass Ã-konomen das vorher gemerkt hatten; umgekehrt boomte in den 90er Jahren ganz ohne große Reformen Amerikas Wirtschaft, die noch Ende der 80er Jahre in tiefen Selbstzweifeln und Defiziten versunken war....
Das Phänomen hat es in sich, wie die Ã-konomen Ricardo Hausmann, Lant Pritchett und Dani Rodrik herausfanden, als sie die Performance von mehr als 100 Ländern über fast fünf Jahrzehnte auswerteten: Seit Anfang der 50er Jahre gab es rund um den Globus mehr als 80 Fälle, bei denen das Wachstum vorher kriselnder Volkswirtschaften plötzlich um mehrere Prozentpunkte anzog und das Tempo sich über acht Jahre hielt. Zu einem Fünf-Jahres-Wunder kam es gar in 125 Fällen.
Schon das widerspricht der Standardlehre, wonach gut strukturierte Volkswirtschaften gegen Krisen gewappnet sind. In Wirklichkeit gebe es"nur sehr wenige Länder, deren Wirtschaft über mehrere Jahrzehnte kontinuierlich stark gewachsen ist", schreiben Hausmann, Pritchett und Rodrik:"Typischer ist, dass sich Wachstum, Stagnation und Rückfall abwechseln." Nur warum? Hier beginnt das noch größere Dilemma für die Experten....
Der Haken ist, dass sich der Zusammenhang jeweils als recht locker erweist: Manchmal zieht die Erklärung, meistens nicht. Selbst alle ökonomischen Standard-Erfolgsfaktoren zusammen können demnach"nur einen Bruchteil" der tatsächlichen Wirtschaftswunder der vergangenen Jahrzehnte erklären....
Laut Standardlehre hätte es in neun von zehn Fällen gar nicht zum Wachstumswunder kommen dürfen. Das erklärt, warum es die Experten oft so unvorbereitet traf -"für die Ã-konomen Anlass zu größerer Bescheidenheit", so Hausmann. Dies gilt zumindest für jene, die gerne behaupten, das ja allen klar sei, was zu tun ist. Vieles spreche dafür, dass Wachstumsschübe durch kleine und (landes-)eigene Änderungen ausgelöst werden.
Für den Kanzler könnte das zum Desaster reichen. Zwar treffen die brisanten reformpolitischen Schlüsse der Studie nur bedingt auf Deutschland zu, weil hier zum Beispiel die Grenzen längst offen sind. Laut Hausmann dürfte das Ergebnis dennoch ähnlich ausfallen und auf andere Reformen übertragbar sein. Und das würde bedeuten, dass der Kanzler derzeit unter hohen Verlusten Reformen durchzusetzen versucht, die orthodoxe Ã-konomen zwar täglich vorbeten, die den Wachstumsgott aber mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit unbeeindruckt lassen werden.
<ul> ~ Quelle: FTD(via AOL) hier gehts weiter</ul>
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