-->8. Dezember 2004, 02:08, Neue Zürcher Zeitung
Das Rally an der Wall Street verselbständigt sich
bnb. (New York) Das Rally an der Wall Street läuft und läuft. In den vergangenen Tagen hat der S&P 500 die Marke von 1200 Punkten erreicht. Zuletzt notierte er dort, wo er vor den Anschlägen vom 11. September 2001 stand.
In den Kursen schlagen technische Faktoren kräftig zu Buche: Institutionelle Anleger, die im Jahresverlauf über weite Strecken kaum Renditen erzielt hatten, schaufeln ihr Geld in den Aktienmarkt. Sie setzen darauf, dass der Trend den Trend nährt und ihnen zum Jahresende doch noch von der Performance abhängige Bonuszahlungen beschert. Zugleich schichten Investoren ihre Portfolios unter dem Aspekt der Steueroptimierung um: Da Verluste aus Wertpapiergeschäften gegen Gewinne aufgerechnet werden können, hat der jüngste Kursaufschwung zahlreiche Anleger dazu verleitet, durch die Veräusserung von Aktien mit negativer Kursentwicklung ihre Abgabenlast zu reduzieren. Da wird manche Position geschlossen, nur um im Januar wieder geöffnet zu werden. Dies erhöht die Kursschwankungen und treibt die Handelsvolumina.
Den Rahmendaten wird das seit Mitte Oktober andauernde Kurs-Rally unterdessen immer weniger gerecht. Während Dividendentitel zum Beispiel im vergangenen Monat Aktienfonds die bisher beste Performance im Jahresverlauf brachten, blieben die Gewinnerwartungen von Analysten verhalten. In den Heraufstufungen drückte sich vor allem ein wachsender Optimismus hinsichtlich der Erträge von Energieunternehmen aus. Der wird sich mit dem jüngsten Rückgang des Erdölpreises aber relativiert haben. Tatsächlich sehen die Perspektiven für US-Unternehmen angesichts der Talfahrt des Dollars und tendenziell weiter steigender Zinsen trübe aus. Spätestens im neuen Jahr dürfte sich dies auch im S&P 500 niederschlagen.
http://www.nzz.ch/2004/12/18/bm/page-articleA2HLG.html
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