-->Hallo,
vorhin war ein MDR-Bericht über Spanien-Auswanderer aus Merseburg, die sagten, sie seien mittlerweile nach Besuchen in der alten Heimat wieder froh, an den neugewählten Ort im sonnigen Klima zurückkehren zu dürfen.
Daheim würden sich die Sorgen betreffend die Politik und unsichere Zukunft sofort auf einen legen, und es werde überall nur gemeckert. Im Ausland sei man mit anderen Umständen konfrontiert (Unzuverlässigkeit), das sei aber per saldo das geringere Übel, denn unterm Strich laufe es ja trotzdem, wenn auch verzögert, man habe weniger psychischen Streß, und das Klima sei um vieles gesünder.
Dies ist nichts anderes, als wir von unserer spanischen Forumsfraktion immer hören.
Etwas anderes ist mir noch aufgefallen, ein Zeitungsbericht über die schweizer Großbanken, die die Kosten auf ein Mindestmaß gedrückt hätten, das nicht mehr zu unterbieten sei, ohne die erreichte Position zu gefährden, die Zeit der Kostenreduktion sei jetzt passe´, jetzt müsse im Zentrum stehen, wieder mehr Erträge zu erwirtschaften.
Dies entspricht ja auch meiner Zielsetzung für 2005, daß einfach mehr Risikobereitschaft erzwungen wird, nachdem man 2004 kostenmäßig so schlank wie nur möglich geworden ist.
Wo liegen erfolgversprechende Bereiche, wovon sollte man sich fernhalten?
Ich bin davon überzeugt, daß die nächsten zehn Jahre Umwälzungen in derzeit nicht für möglich gehaltenem Ausmaß bringen werden.
In China entsteht eine eigene Autoindustrie mit unglaublichem Potential, das ist der Absatzmarkt der Zukunft schlechthin, was andererseits bedeutet, daß dort auch der Absatzmarkt der Zulieferer ist, und auf Sicht die ganzen mittelständischen Autozulieferer samt deren Zulieferanten (Werkzeugmaschinen etc.) einem Sog nach Asien unterliegen. Eine heimische Produktion wird immer schwieriger werden, und der Transport von irgendwelchen Metallteilen in Containern um die halbe Welt stellt heute kein Hindernis mehr dar.
Dagegen gibt es Produkte, bei denen die heimische, kleinräumige Produktion einen Wettbewerbsvorteil genießt, die Produkte sind frischer, stammen aus nachvollziehbarer Erzeugung.
Beispiel Nahrungsmittel und Energieträger (Biomasse).
Die Brennstoffzellen scheinen den Durchbruch geschafft zu haben, man rüstet jetzt Campingmobile und Handys damit aus, was einen Nachfrageschub für Methanol nach sich ziehen sollte, was man wiederum aus Biomasse vor Ort erzeugen kann.
Die Überalterung wird alles, was im Pflegebereich liegt, anschieben, von barrierefreiem, betreuten Wohnen bis hin zu Reisen für Gebrechliche oder Hilfsmitteln für alterstypische Einschränkungen.
Andererseits wird entspart, Aktien etc. werden für die hohen Kosten im Alter verkauft, ebenso wie zu groß gewordene Häuser, deren Unterhalt nicht mehr zu schaffen ist (Gartenpflege, Dachrinnen säubern usw.) und die nicht mehr den Bedürfnissen entsprechen (zusperren und in urlaub fahren, keine Treppen mehr etc.).
Dies sollte aus meiner Sicht konstanten deflationären Druck auf Aktien und EFH erzeugen.
Bildung muß ein privates Anliegen werden, nur der kompetente hat heute Chancen, und deswegen wird der Bildungsbereich ein interessantes Betätigungsfeld bleiben, zumal die bloße sprachliche Übersetzung eines didaktisch aufbereiteten Lernprogramms ein leichtes ist, um dann die ganze Welt damit beliefern zu können - die Video- und Computerstandards sind ja eh gleich.
Auch lokal erzeugte Energie wird immer benötigt, eher mehr als bisher, was einen sicheren Absatz für alle diesbezüglichen, innovativen Produkte sichern sollte.
Im Nahrungsmittelbereich könnte ich mir vorstellen, daß Aquakulturen gute Chancen in leerstehenden Fabrikhallen bieten, es entfallen die weiten Transportwege von der Küste, die Versorgung ist unabhängig von schwankenden Fangergebnissen, die Qualität ist konstant.
Deutschland bliebt ein großer Markt in der Mitte Europas, der auch dann noch interessant ist, wenn er weiter schrumpft. Man muß eben etwas finden, das nicht jeder andernorts beliebig kopieren kann.
Ich sehe keine Anzeichen für eine Trendwende, daß irgendetwas für ein erneutes breites Wirtschaftswachstum in Deutschland sorgen könnte. Also wird es weiter langsam, aber konstant erodieren, die Schere zwischen wohlhabend und bedürftig wird weiter aufgehen, was den Markt für Sicherheitstechnik positiv betrifft.
Die sorgenvolle äußere Meckerstimmung führt zu einer Rückbesinnung auf Heim und Familie, so daß für Hobbies und persönliche Freude (Events) immer noch Wachstumspotential vorhanden sein sollte.
Die Vergangenheit lehrt, daß in katastrophalen Zeiten Musik, Kultur, Ablenkung und dergl. stark gefragt waren, ganz im Gegenteil zu dem, was man erwarten würde. Das wird wohl weiter eine konstante Nachfrage erfahren.
Im Vermögensverwaltungsbereich liegen unverändert Chancen, denn dort ist das Geld ja schon vorhanden, das in anderen Branchen erst mühsam erwirtschaftet werden soll. Und per Saldo ist in Europa sehr viel Kapital vorhanden, es fehlt derzeit an aussichtsreichen Anlagen, was wiederum am Projektsektor vielversprechend sein müßte, Ideen und Kapital zusammenzuführen.
Immobilien in der BRD, mein altes Haßthema, sehe ich im Gegensatz zu Euklid als schlechte Investition an, mit Ausnahme vielleicht von rein land- und forstwirtschaftlichen Flächen.
Deutschland hat von allen umliegenden Ländern die größten Lasten zu schultern, auch in Zukunft, die geringsten Standortanreize, und die größten bürokratischen Hemmnisse, noch dazu ein vergiftetes Investitionsklima. Dazu noch die lukrativsten Wettbewerber in der unmittelbaren Nachbarschaft.
Ich sehe insbesondere die schlechte Stellung des Vermieters und die wachsenden Lasten durch zahlungsunfähige Sozialfälle, die Unsicherheiten bei kommunalen Kostenüberwälzungen, und die schwindende zahlungskräftige Bevölkerung. Da wird es noch weiter runter gehen mit den Werten.
Aus den über die Feiertage geführten Gesprächen geht hervor, daß kaum eine deutsche Firma noch strategische Planungen hat, fast alle kämpfen ums Überleben der nächsten paar Monate. In diesem Klima ist auch eine Fremdfinanzierung durch Banken massiv erschwert (Basel II), was den Wirtschaftsstandort aus mittelständischer Sicht nochmals abwertet.
Was für Deutschland gilt, sehe ich - ketzerisch - auch für die Schweiz ähnlich. Es hat oft den Anschein, daß die Schweiz den ganzen Unsinn des großen Nachbarn übernimmt, aber die eigenen Vorteile gleichzeitig preisgibt. Ich fürchte, daß das hohe Niveau nicht zu halten sein wird und die Schweiz als großer Überraschungsverlierer ins Rampenlicht geraten müßte, da auch hier das politische Klima, zumindest aus meiner Sicht des Gastes, vergiftet ist. Und die Risse unübersehbar sind zwischen Deutsch- und Welschschweiz, zwischen links und rechts. Der Wohlstand hat dies als Brücke verbunden, was ist, wenn der weiter erodiert?
Ob die ganzen europäischen Industrienationen den Wandel überhaupt aushalten, ist für mich völlig offen. Wachstum hängt auch mit der Bevölkerungsnetwicklung zusammen, und die stagniert im Westen bzw. ist rückläufig, während sie in Asien wächst. Enstprechend ist für mich die von Faber u.a. prognostizierte Verlagerung der Wohlstandsansammlung zwingend.
Als Europäer wird man davon aber nur selten profitieren können, insb. China ist eine geschlossene ethnische Gesellschaft, und hat durch die Auslandschinesen genug eigene Kapitalmittel.
Wie Erich B. schon seit langem schreibt, bräuchte es einen weiteren großen Technologiedurchbruch, der dem Westen nochmals Luft verschaffen könnte, indem er den bislang vorhandenen Wissensvorsprung in Werkstoffwissenschaften, Verfahrenstechnik etc. nutzen könnte.
Der schwindet aber zusehends, und bis es zur billigen Nachahmung und Kopie käme, würde nicht lange dauern, es sei denn, es wären nach außen unbekannte, nicht patentierte Syntheseverfahren.
Wenn man also eher eine Schrumpfung in Europa annimmt, verlieren die Exportbranchen an Bedeutung, und alles, was lokal produziert werden muß, gewinnt wieder an Bedeutung (eben Energieerzeugung, Kaufkraft bleibt daheim, Nahrungsmittel).
Auch alles, was für die vorhandene Bevölkerung an Verbrauch anfällt, wird Bestand haben.
Wachsende Bevölkerung bringt mehr Nachfrage und mehr Absatz bei medizinischen Produkten mit sich, ein Zahn in China unterscheidet sich nicht von einem schweizerischen, auch die mögliche Behandlung ist gleich. Auch mehr Nachfrage nach typischen Wohlstandsprodukten (Markenartikel) sollte in einer wachsenden Gesamtbevölkerung gesichert sein, und da ist es dann wieder eine Frage von Marketing etc., sowie penibler Qualitätssicherung, die den Europäern einen Vorsprung erhalten kann (Mode, Fahrzeuge, Uhren, Schmuck).
Bei Massenprodukten kann der Absatz schrumpfen, aber er kann nie auf Null fallen, insb. im Ersatzmarkt. Autos brauchen Reifen, Auspuffanlagen, Bremsen, die Nahrungsmittelindustrie braucht täglich frische Eier, usw. - hier ist es dann *nur* ein Kostenproblem, aber kein Absatzproblem an sich.
Im Investitionsgüterbereich aber kann es in kurzer Zeit zu einem völligen Absatzzusammenbruch kommen.
Ich denke nicht, daß wir wirklich in eine Informationsgesellschaft transformiert werden, eher sehe ich ein Zurückschlagen des Pendels hin zu einer Entglobalisierung und erneuten Betonung des lokalen Marktes, einfach deswegen, weil wir mit dem billigen Ausland nicht mehr Schritt halten können, und uns die Märkte dort verloren gehen.
Egal, wo und wie, bestimmte Dinge gehören zum täglichen Lebensbedarf, ob nun Nahrungsmittel, Bildung, Versorgung, oder Kultur. Und die beinhalten aus meiner Sicht die größten Zukunftschancen, für alle, die hier bleiben möchten und trotzdem was verdienen.
Beste Grüße vom Baldur
|
-->Hallo Baldur,
ein frohes Neues noch.
Grundsätzlich mögen Deine Gedanken in die richtige Richtung gehen.
"Ich denke nicht, daß wir wirklich in eine Informationsgesellschaft transformiert werden, eher sehe ich ein Zurückschlagen des Pendels hin zu einer Entglobalisierung und erneuten Betonung des lokalen Marktes, einfach deswegen, weil wir mit dem billigen Ausland nicht mehr Schritt halten können, und uns die Märkte dort verloren gehen."
Wenn wir dort angekommen sind, sind wir kurz vorher knietief durch den Dreck gegangen, weil dann alles platt ist.
Ich durfte mich mit einem verzweifeltem Vertriebsleiter eines italiennischen Reifenherstellers unterhalten. Kurz: joint - venture in der DDBRD, Kosten pro Kopf / Stunde 27,-. In Brasilien 6,-, in Italien 24,-. China scheidet aus, Qualität, Kommunikation etc..Jetzt wird eine Hütte in Rumanien aufgemacht. Kosten 2,- pro Kopf /Stunde. Stellenweise war es mehr ein Monolog. Im war klar, dass man nicht im Schwellenland (oder 3. Weltland) ewig produzieren kann und so die Kaufkraft, den Arbeitsmarkt in der 1. Welt vernichtet und damit sich selbst, auf längere Sicht.
"Egal, wo und wie, bestimmte Dinge gehören zum täglichen Lebensbedarf, ob nun Nahrungsmittel, Bildung, Versorgung, oder Kultur. Und die beinhalten aus meiner Sicht die größten Zukunftschancen, für alle, die hier bleiben möchten und trotzdem was verdienen."
Ein Freund hat sich gerade am Plattensee neue Zähne besorgt (Implantate für kleines Geld). Weil unser Junior nicht genug Gas gibt, geht er vielleicht nach Budapest um Medizin zu studieren (kein Numerus Klausus). Wird ein deutscher Studiengang angeboten. Und zu irgendeinem Event flieg ich mit Madame für 29,- nach Mailand in die Scala. Zum Frühstück gibt es frisches Brot aus Polen (just in time, gibt es schon).
In 10 Jahren springen hier nur noch Nemos, Loser und Hilflose rum, ohne mich!
Was aus der Schweiz wird ist mir nicht egal, aber das Bankgeheimnis bleibt auf absehbare Zeit erhalten. Das ist die Planungsgröße, nicht mehr!
Gruß
V
|
-->>>>H
>hallo Kizkalesi (ist das eigentlich türkisch?)
>genau!!
>Selbst nur 5 Tage Luxemburg lassen einen alleine schon auf Grund der Tatsache regelrecht durchatmen, daß man sich nicht an diesem deutschen Straßen-Verkehrshorror beteiligen muß.
>arvito
hallo Arvito,
du fragst oben:
hallo Kizkalesi (ist das eigentlich türkisch?)
ja,es hat mit der Türkei zu tun.
Es ist der Name eines kleinen Ortes an der türkischen Mittelmeerküste, allerdings fast ganz im Osten in der"Ecke", also schon tiefes Anatolien, Richtung Syrien wo normalerweise kaum ein Deutscher oder anderer Westeuropäer hingekarrt wird, weil es weit und breit keinen Flughafen gibt.
Adana ist der nächste, und der liegt noch 2 Stunden Fahrt entfernt.
Und es gibt keine Luxushotelkästen wie an der türkusischen Riviera und das alles ist natürlich nichts für gediegene Westeuropäer. Ich kenne allerdings sogar zwei hier vom Forum, die diese Gegend dort auch kennen. Die haben Ahnung...[img][/img]
An der Küste findet man Mersin (60 km) als nächst größere Hafenstadt.
Da ist die Türkei noch Türkei - und nicht wie in Side, Bodrum, Kemer oder Marmaris, diesen ätzenden eingedeutschen Touristenhochburgen.
"kizkalesi" heisst"Mädchenburg" und eine mächtige Ruine solch einer Burg in der kleinen Bucht dominiert auch einen Ort, der übrigens intressanterweise vor 4 Jahren durch solch eine sogenannte"Flutwelle" auch nahezu dem Erdboden gleichgemacht wurde.
Nur nannte man es nicht gleich Tsunami, sondern man sprach halt ziemlich emotionslos von"das Meer ist hochgekommen. Pech gehabt! Damit müsse man, wenn man am Meer lebt und so nah dran baut, eben leben", habe ich damals ziemlich pragmatisch erklärt bekommen, erfahren. Hat mich beeindruckt, wie klaglos man damit umging.
Schätzungsweise über 70 Prozent der Häuser (500 ungefähr) waren auch demoliert bzw. zerlegt, und mussten mit schwerem Räumgerät weggschoben und weggefahren worden. Selbst drei von vier dreistöckigen (!) Hotels (3 türk.Sterne), waren nicht mehr bewohnbar und schrottreif.
Eine nagelneues Reiterstandbild Attatürks auf Marmorsockel von angeblich 6 Tonnen war über Nacht weg! Vom hochkommenden Wasser ins Meer gezogen worden, und erst Monate später wieder aufgespürt worden. Die am Strand stehenden Restaurants in gewohnter Leichtbauweise waren alle weg - über Nacht
Die Bilder die ich gesehen habe damals, entsprachen den Schreckenbilder die uns heute gezeigt werden.
Nur, da hat hier und nirgends kein Hahn nach gekräht, weil es wahrscheinlich auch nur ca. 10 Verletzte gab. Und das Wasser war wohl auch sozusagen mit Ankündigung gekommen. Bis heute ist auch irgendwie ungeklärt, was die Ursache für die Wucht war. Es war im Winter, und es waren allgemein heftigste, stürmische Tage, die die Hochhäuser sogar im nahegelegenen größeren Mersin zum wackeln gebracht hat. Und kleine Beben gibt es da sozusagen den ganzen Tag. Ich erinnere an das schwere Beben vor 5 Jahren, als die Anatolien-Metropole Adana samt Flughafen einem Schrotthaufen glich.
Inzwischen ist der Ort längst wieder aufgbaut und die Türken (und die paar Dutzend europäischen Insider) liegen wieder am schönen Strand in der schönen Bucht, wo man herrlichsten Urlaub machen kann.
Warum ich den Namen habe, ist eine andere Geschichte.
aws
kiz.
|