André
09.01.2005, 19:19 |
Der irakische Boden wird heisser - Trotz permanenter PR-Flutberichterstattung Thread gesperrt |
-->"Newsweek" - USA erwägen Bildung von Elitekampfeinheiten im Irak
[09 Jan 2005 - 04:51]
New York, 09. Jan (Reuters) - Die USA erwägen einem Magazinbericht zufolge, irakische Eliteeinheiten im Kampf gegen die Anführer des Aufstandes in dem Golfstaat einzusetzen.
Eine der Überlegungen im US-Verteidigungsministerium sei, ausgesuchte Kurden-Kämpfer oder Angehörige von Schiiten-Milizen für solche Einheiten zu gewinnen, berichtete das Magazin"Newsweek" am Samstag auf seiner Website. Diese Gruppen sollten von US-Teams unterstützt und möglicherweise auch ausgebildet werden. Vorbild des Plans sei der Kampf gegen linke Rebellen in El Salvador in den 80er Jahren, berichtete das Magazin unter Berufung auf mit den Diskussionen vertrauten Militärkreisen. Damals unterstützte die US-Regierung nationalistische Kräfte, die nach Rebellenführern und Sympathisanten fahndeten und diese töteten.
"Alle stimmen darin überein, dass es so wie jetzt nicht weitergehen kann" verlautete aus den Kreisen"Newsweek" zufolge."Wir müssen einen Weg finden, wie wir gegenüber den Aufständischen in die Offensive kommen. Zurzeit sind wir in der Defensive." Eine Entscheidung über den Einsatz solcher Einheiten sei Kreisen den Verteidigungsministeriums zufolge noch nicht gefallen, hieß es. Das Verteidigungsministerium selbst wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.
Negroponte weiss die altbewährten Rezepte anzuwenden...
aber Powell ob der wachsenden Kosten für die US nun bescheidener:
Asked to define success in Iraq, Powell said it would be putting in place an elected government representing all Iraqis, and creating an Iraqi security force capable of protecting the country from insurgents and outside forces.
“If we accomplish those two things, then we’ve accomplished our mission,” he said.
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Emerald
09.01.2005, 20:18
@ André
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OT: Der Blutzoll wird dereinst so hoch ansteigen, dass die Amis mit |
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eingezogenem Schwanz das Weite suchen müssen. Da helfen auch keine
Negropontes, Rice, Rumsfeld und Konsorten darüber hinweg.
Die Gotteskrieger und Glaubens-Partisanen werden dem Besetzer solcheremassen den Garaus bereiten, dass die Amerikaner wieder für 10 - 20 Jahre genug davon
haben ein fremdes Land zu überfallen um es zu berauben.
Vielleicht hilft sogar Iran*) in einem Spät-Stadium der Besatzung die umher-
stapfenden Flugzeug-Träger der Amis zu versenken. Solange diese vor Anker
liegen, bilden sich die GI's ein ständig in den Hinterhof ausweichen zu können.
Emerald.
*)die Werkzeuge dazu sind bekanntlich einsatztauglich vorhanden!
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Zandow
09.01.2005, 20:55
@ Emerald
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Gotteskrieger und Neuschuldner |
-->Hallo Emerald,
daß die Amis im Irak derweil ein Problem haben, ist augenscheinlich.
Doch es handelt sich nicht um ein Problem, welches die Amis als Besatzer haben, sondern um ein internes Problem. Der Krieg, der zur Zeit dort stattfindet, ist ein interner Bürgerkrieg um die Macht NACH der Besetzung. Jetzt werden die Gebiete und der Einfluß verteilt.
>Die Gotteskrieger und Glaubens-Partisanen werden dem Besetzer solcheremassen den Garaus bereiten, dass die Amerikaner wieder für 10 - 20 Jahre genug davon
>haben ein fremdes Land zu überfallen um es zu berauben.
Die Amis rauben nix. Die bezahlen für's Ã-l. Fall nicht auf solcherlei linke Propaganda rein.
Die Radikalität (Selbstmordattentäter) beim Kampf gegen die Amis hat ihre Ursache in der Ausweglosigkeit der islamischen Gesellschaft. Ich stimme nicht mit Heinsohn überein ("Söhne und Weltmacht"), der in der Anzahl der jungen Bevölkerung das Problem sieht. Das Problem liegt im Rechtsystem. Jedes Rechtssystem hat ein bestimmtes und vor allem beschränktes oekonomisches Potential. Dieses Potential ist in der islamischen Gesellschaft schon lange ausgereizt. Als das christliche Rechtssystem Ende des Mittelalters an seine oekonomische Grenzen stieß, kam die Aufklärung und brachte mit der beginnenden Säkularisierung Freiheiten mit sich, die weitere oekonomische Potentiale boten.
Man kann auch entsprechend der Debitismus-Theorie sagen, daß die Aufklärung die Möglichkeiten zur Erscheinung von Neuschuldnern (die für den debitistischen Ablauf dringend notwendig sind) im oekonomischen Ablauf schaffte.
Dieses Erscheinen von neuen Verschuldungsmöglichkeiten ist den islamischen Gesellschaften bisher noch nicht gelungen.
Das, und nur das, ist der Grund für die expansive Aggressivität der jungen Menschen aus den islamischen Gesellschaften.
Wenn es den Amis gelingt, im Irak ein Rechtssystem zu etablieren, in dem Neuschuldner erscheinen können, wird die Wirtschaft wachsen und Frieden einkehren. Denn eine wachsende Wirtschaft wird auch den jungen Menschen in den islamischen Gesellschaften neue Lebensperspektiven bieten. Hoffnung auf eine gute Zukunft entsteht. Diese Hoffnung gibt es z.Z. nicht. Und dies liegt an dem begrenzten oekonomischen Potential des islamischen Rechtssystem.
Beste Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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fridolin
09.01.2005, 21:01
@ Zandow
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Frage: ökonomisches Potential? |
-->Das Problem liegt im Rechtsystem. Jedes Rechtssystem hat ein bestimmtes und vor allem beschränktes oekonomisches Potential. Dieses Potential ist in der islamischen Gesellschaft schon lange ausgereizt. Als das christliche Rechtssystem Ende des Mittelalters an seine oekonomische Grenzen stieß, kam die Aufklärung und brachte mit der beginnenden Säkularisierung Freiheiten mit sich, die weitere oekonomische Potentiale boten.
<font color=#0000FF>Hallo,
könntest Du ein bißchen ausführlicher schreiben, was genau mit dem"beschränkten ökonomischen Potential" (jetzt) des islamischen und (früher) des christlichen Gesellschaftssystems gemeint sein soll? Einfach nur das Verbot des Zinsnehmens, oder steckt da, wie ich vermute, mehr hinter der Überlegung? Wäre sicher prinzipiell interessant.
Danke und Gruß. </font>
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R.Deutsch
09.01.2005, 21:06
@ Zandow
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Re: Gotteskrieger und Neuschuldner |
-->Die Amis rauben nix. Die bezahlen für's Ã-l. Fall nicht auf solcherlei linke Propaganda rein.
Ach nee - womit bezahlen die denn?
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Josef
09.01.2005, 21:10
@ Zandow
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Kannst du bitte kurz erlaeutern, inwiefern das islamische Rechtssystem das |
-->Erscheinen von Neuschuldnern behindert?
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Zandow
09.01.2005, 21:19
@ fridolin
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Oekonomisches Potential |
-->Hallo fridolin,
>könntest Du ein bißchen ausführlicher schreiben, was genau mit dem"beschränkten ökonomischen Potential" (jetzt) des islamischen und (früher) des christlichen Gesellschaftssystems gemeint sein soll? Einfach nur das Verbot des Zinsnehmens, oder steckt da, wie ich vermute, mehr hinter der Überlegung? Wäre sicher prinzipiell interessant.
Die Sache steckt bei mir noch in den Kinderschuhen. Ist erstmal nur eine These.
Ein oekonomisches Potential sind z.B. Eigentumsrechte, die auch erst durch gesetztes Recht entstehen und somit weitere Verschuldungsmöglichkeiten bieten.
Frauen z.B. genießen in islamischen Gesellschaften nicht die gleichen Rechte wie Männer. Dies ist eine Einschränkung, die sich oekonomisch niederschlägt.
Grundsätzlich ist es so, daß die oekonomischen Möglichkeiten (Neuverschuldungsmöglichkeiten) eines jeden Rechtssystems untersucht werden müssen. Ich stehe erst am Anfang dessen.
Z.Z. hab' ich den Sachsenspiegel in der"Mache", ca.1220-1230.
Erster Absatz übrigens (sinngemäß):
'Es gibt zwei Schwerter: das weltliche und das geistliche'.
Desweiteren jede Menge Regelungen zum Eigentum und zur Vererbung.
Naja, später dazu evtl. mehr, wenn ich damit weiter bin.
Beste Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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Emerald
09.01.2005, 21:24
@ Zandow
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Re: Gotteskrieger und Neuschuldner |
-->Lieber Zandow
Ich danke Dir für Deine durchaus erhellenden Fakten, welche mir durchaus nicht
entgangen sind. Ich wusste nicht, dass ich hier möglicherweise linkem Gedanken-
Gut anhänge, bzw. solches auch noch verbreite.
Auch der Amerikaner ist fuchs-schlau-genug, das irak. Oel gegen Dollar anzu-
kaufen. Den grössten Teil davon verbrauchen diese ja gerade im dortigen Land
mit ihren benzinfressenden Gross-Vehikel.
Was Deine Argumentation sehr wertvoll macht, ist die Tatsache, dass junge
Menschen im alten Regime, und bis auf weiteres auch im neuen, keine Zukunft
erblicken können, weil Sitten, Gebräuche und die Religion an sich schlichtweg
mittelalterlich anmuten. Ich unterstütze weder frauenfeindliche noch hyper-
ortodoxe Koran-Auslegungen, weil undemokratisch und zukunftsfeindlich.
Aber darum geht es dem Amerikaner schlichtweg nicht, sonst hätten wir heute nicht die Zustände in Saudi-Arabien wie wir sie dort antreffen. Saudi-Arabien
ist dabei in vieler Hinsicht noch ein Vorzeige-Land, nur die gebildete und westlich eingestellte Jugend sieht sich all ihrer Früchte beraubt, weil das
Herrscher-Haus einen tödlichen Business-Plan mit seinem Beschützer und
Geschäftspartner USA eingegangen ist.
Ich stimme Dir vollauf zu, dass alle und jeder Iraki die Zuversicht verdienen
in eine bessere Zukunft zu gelangen. Diese Voraussetzungen waren teilweise auch
unter S.H. schon teilweise vorhanden. Missionieren für Demokratie und Globali-sierung können aber nie und nimmer mit Laser-Bomber und Hightec-Waffen herbei-
geführt werden. Auch erst recht nicht, wenn der zu Bekehrende über die grössten Erdölvorräte der Welt verfügt.
Emerald.
Als Lesezeichen zwischen die Zeilen: Yukos ist inzwischen russisch geblieben,
aber es hätte nicht viel gefehlt und die Beute wäre an der Wall-Street verteilt worden?
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Zandow
10.01.2005, 14:55
@ Josef
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Islamisches Rechtssystem |
-->Hallo Josef,
> Kannst du bitte kurz erlaeutern, inwiefern das islamische Rechtssystem das > Erscheinen von Neuschuldnern behindert?
Jo, genau das ist die Frage. Daß dem so ist, sieht man ja wohl. Doch woran liegt es?
Westliche Gesellschaften haben z.B. unbeschränkten Zugang zu Informationen (Internet z.B.). Dies ist nicht in allen islamischen Gesellschaften der Fall. Firmen lassen sich nunmal nur mit einer guten Ausbildung (statt Koranschule) und dem freien Zugang zu Infos gründen.
Wir hatten nach WKII in Europa einen industriellen Boom, nichts dergleichen in Arabien. Warum? Was hat die Leute dort von Autokäufen (in Deutschland war in den 60ern der VW-Käfer DER Hit), schicken Wohnungen und (Urlaubs)Reisen abgehalten? Woran liegt das?
Wie gesagt: Muß noch alles untersucht werden.
Herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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Zandow
10.01.2005, 15:21
@ Emerald
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Irakis und Saudis |
-->Hallo Emerald,
>Was Deine Argumentation sehr wertvoll macht, ist die Tatsache, dass junge
>Menschen im alten Regime, und bis auf weiteres auch im neuen, keine Zukunft
>erblicken können, weil Sitten, Gebräuche und die Religion an sich schlichtweg
>mittelalterlich anmuten.
Ja, das meinte ich. Hier kommen sicherlich bald Gesetze, die es auch Ausländern mit den von ihnen gewohnten Standards erlauben, Geschäfte mit arabischen Firmen zu machen. Dazu ist der Schutz von Investitionen, ein westlichem Niveau entsprechendes Vertragsgesetz usw. erforderlich. Und ein funktionierendes Bankwesen natürlich. All diese Dinge, die für uns zu Normalitäten gehören, müssen dort erst entstehen. Dann kommt die Wirtschaft in Schwung.
In Amiland und Euroland gibt es viele Frauen als Firmenchefs. Sie kleiden sich europäisch 'bissiness'-mäßig. Glaube nicht, daß sich die von den Arabern Vorschriften zur Kleiderordnung machen lassen. Lieber verzichten sie doch auf ein Geschäft mit denen.
>Aber darum geht es dem Amerikaner schlichtweg nicht, sonst hätten wir heute nicht die Zustände in Saudi-Arabien wie wir sie dort antreffen.
Den Amis geht es nicht vordergründig ums Oel. Das können sie kaufen (unter Clinton begann die Oelexploration in Alaska, ehemals strenges Naturschutzgebiet), wenn nicht bei den Arabern, dann eben bei den Russen.
> Saudi-Arabien
>ist dabei in vieler Hinsicht noch ein Vorzeige-Land, nur die gebildete und westlich eingestellte Jugend sieht sich all ihrer Früchte beraubt, weil das
>Herrscher-Haus einen tödlichen Business-Plan mit seinem Beschützer und
>Geschäftspartner USA eingegangen ist.
Die Amis in Saudi-Arabien sind die Garantie für das Herrscherhaus der Saud. Ohne die amerikanische Präsenz wären die Familie Saud längst gestürtzt worden. Die Herrscher machen die Geschäfte mit dem Oel, verdienen sich dumm und dämlich dabei, der Rest ist denen doch egal.
Was die Amis im Irak jetzt wollen ist die Vorbereitung der ganzen Region als neuen Absatzmarkt. Die denken langfristig. Europa ist als Absatzmarkt erschöpft. Hier geht es nur noch um Marktanteile. Neue Märkte müssen aber her! Afrika ist noch nicht soweit und Asien auch schon abgegrast. (China kommt evtl. noch) Also: nächst Region ist Arabien.
>Ich stimme Dir vollauf zu, dass alle und jeder Iraki die Zuversicht verdienen
>in eine bessere Zukunft zu gelangen. Diese Voraussetzungen waren teilweise auch
>unter S.H. schon teilweise vorhanden. Missionieren für Demokratie und Globali-sierung können aber nie und nimmer mit Laser-Bomber und Hightec-Waffen herbei-
>geführt werden. Auch erst recht nicht, wenn der zu Bekehrende über die grössten Erdölvorräte der Welt verfügt.
Krieg ist immer eine schlimme Sache.
Doch wie schaut die Zukunft im Irak und der ganzen Region aus?
Den Deutschen hatte nach dem WKII auch kaum jemand eine Fähigkeit zur Demokratisierung zugetraut (heute noch an den Schwierigkeiten mit den Volksentscheiden zu erkennen) und in Spanien war's nach der Diktatur ähnlich. Trotzdem ist die Entwicklung ganz gut gelaufen. Sprechen wir diese mögliche Entwicklung den Irakis und anderen Arabern nicht ab.
>Als Lesezeichen zwischen die Zeilen: Yukos ist inzwischen russisch geblieben,
>aber es hätte nicht viel gefehlt und die Beute wäre an der Wall-Street verteilt worden?
Hab' die Sache nicht verfolgt. Kann bei Putin keinen klaren Kurs erkennen.
Herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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bernor
11.01.2005, 00:58
@ Zandow
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Ã-konomisches Potential: Westen versus Islam - keine prinzipiellen Unterschiede? |
-->Hi Zandow,
Du mußt mit Deinen Nachforschung nicht unbedingt bei Adam & Eva anfangen [img][/img], aber ein Blick ins Geschichtsbuch kann nie schaden:
1) Warum fanden Entdeckungen und Fortschritte in Wissenschaft und Technik, soweit erkennbar, stets in jenen Zeiten und in jenen Gegenden statt, in denen es keine Monopolmächte gab, z.B. im griechisch besiedeltem Gebiet des -6. Jh. (Pythagoras, Thales von Milet u.a.), dann dort wieder im -3. und -2. Jh. (Archimedes, Erastosthenes u.a.: Erfindung diverser Maschinen, Zahnradgetriebe, Bestimmung des Erdumfangs usw.), danach erst wieder im Europa des Spätmittelalters und der Neuzeit, wo neben dem Staat (Fürst bzw. Stadtrepublik) und dem Klerus auch andere Subjekte in gewisser Autonomie ("Stände-Gesellschaft") existieren konnten?
2) Ist nicht eine bestimmte und in Jahrhunderten gewachsene Kultur, wie oben angedeutet, erforderlich, um"Kapitalismen" hervorzubringen? Was hat der islamische Orient in dieser Hinsicht vorzuweisen? Belegt nicht der Umstand, daß sich diverse Herrscher islamischer Staaten bis heute als"Beherrscher der Gläubigen" (amir al mu'minim) bezeichnen, deutlich genug die fehlende Abgrenzung des Individuums vom Staat und des Staates von der Religion? Warum stehen die drei Konsonanten des Wortes SaLaM ("Friede") auch im dem Wort iSLaM ("Unterwerfung [unter dem Willen Gottes]")? Warum ist demgegenüber das"Befrieden" (lat.: pacare) durch Kontrakt-/"Pakt"-bildung und -erfüllung zweitrangig?
3) Die islamische Wirtschaft, zumal (offiziell) ohne Zins, mag in unseren Augen"primitiv" erscheinen, ist aber, gemessen an den kargen Umwelt- und Ausgangsbedingungen, eine durchaus geeignete Form des Überlebens über Jahrhunderte (wenn nicht gar über Jahrtausende) - was der westliche"Kapitalismus", der ja bisher nur"Expansion" in allen möglichen Formen kannte, erst noch lernen muß: im Orient werden Zinsen entweder durch"Provisionen" ersetzt (jedoch ohne"Zinseszins") oder der"Gläubiger" ist Teilhaber des Unternehmens, hat also Anteil am Gewinn wie auch am Verlust desselben. Solche Modelle werden derzeit hierzulande, natürlich unter anderem Namen, neuerdings (wieder) propagiert, um als KMU zwischen Skylla und Charybdis, also zwischen"Basel II" und der Pleite hindurch manövrieren zu können.
4) Es gibt derzeit zwei - gegenläufige - Trends:
a) der unerbittliche und scheinbar unaufhaltsame Vormarsch des (nach 1990 ohnehin)"siegreichen Kapitalismus", vor allem in Gestalt der"Weltmacht" USA,
b) der allerdings, nach den furiosen 90ern, sein ökonomisches Pulver weitgehend verschossen hat und um sein Überleben bangen muß, der nur mit dem agieren kann, was ihm noch verblieben ist: mit seiner Militärmacht, siehe die USA derzeit im Irak, wo es tatsächlich ums Kriegführen an sich (Ablenkung der"Heimat" & Aufrechterhaltung letzten verbliebenen und unverzichtbaren größeren Industrie-Sektors), demnächst wohl gegen den Iran,"strategische Positionen" & Ã-lreserven sichern und bestenfalls noch um die Installation eines"Saddam Hussein light"-Regimes geht. Das Fehlen irgendwelcher Alternativen zum US-Kurs sagt auch genug über den im Grunde desolaten Zustand des Westens aus.
5) Ist es daher so völlig aus der Luft gegriffen, anzunehmen, daß eher der (zumindest europäische) Westen"islamische" Wirtschaftsformen (einschließlich der Hawala-Geldtransfersystems) übernehmen wird als der Irak oder andere islamische Länder den"Kapitalismus"? Wird sich das scheinbar Weichere als das in Wahrheit Härtere erweisen?
Zuletzt: Eine Theorie an sich ist ja gut und schön; problematisch wird's nur, wenn daraus über einen reinen Erklärungsansatz hinaus ein"So soll es sein!" und damit ein"ethischer" Grundsatz wird: die Welt wird seit eh und je, auch im"Kapitalismus", sei es oben oder unten, von"Praktikern" gestaltet - den"Ethikern" bleibt da nur übrig, mehr oder weniger komfortable Nischen zu suchen und zu besetzen, sich dabei mehr oder weniger an die jeweils herrschende Macht anschmiegend, in der Hoffnung, den/die Machthaber wenigstens zu einer länderfristigen und damit tendenziell rationaleren, auf"Frieden / Stabilität" ausgerichteten Planung"überreden" zu können.
Gruß bernor
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Zandow
12.01.2005, 11:11
@ bernor
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@bernor zu Hawala |
-->Hi bernor,
Dank für posting.
Kennst Du Dich gut mit dem Hawala-Geldtransfersystem aus. Von Interesse ist das eigentliche Bankensystem, denn das Hawala vergibt doch wohl keine Kredite? Ist dies ausschließlich für den Geldtransfer oder auch für Kredite?
Beste Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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LeCoquinus
12.01.2005, 13:19
@ bernor
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Hallo Bernor, |
-->Deine Feststellungen sind ein absoluter Hingucker!
Ich möchte nur anmerken, daß für eine erfolgreiche Gesellschaft die Propaganda, der Nimbus, ein unverzichtbarer Bestandteil ist.
Zwei Beispiele:
a) Ägypten
Irgendein ein wichtiger Pharao (Ramses??, Name hab ich jetzt nicht zur Hand), führt zur Vergrößerung des Reiches verschiedene Feldzüge durch. Ergebnis dieser Kriege waren Niederlagen oder wenigstens Pattsituationen. Diese vermarktete er dem eigenen Volk als überwältigende Siege. So absurd das klingt, unter seiner Herrschaft erlangte das Reich eine bisher nie gekannte Ausdehnung.
b) China
Den Chinesen wird das Bewußtsein der überglegenen Kultur schon in die Wiege gelegt. Jeder hat in diesem konfuzianischen Gesellschaftsystem seine Rolle zu spielen. Um die Überlegenheit Chinas vor dem eigenen Volke und anderen Völkern zu demonstrieren, wurden viele Jahrhunderte lang die Staatseinnahmen durch den internationalen Handel als Tribute der handeltreibenden Nationen deklariert (!!!!), während die Staatsausgaben bei Einkäufen zu Geschenken der Gottkaiser wurden.
Ob so eine Haltung praktisch ist, sei mal dahingestellt. Immerhin war diese Praxis schon immer ein wichtiger Stein in der Waagschale. Spätestens am Erfolg des Staates China (bewundernswerte 5000 Jahre Geschichte) und sein atemberaubendes Comeback sprechen für sich.
Was dem Islam fehlt ist eine entsprechende Vermarktung (von mir aus à la Hollywood). Wäre das chinesische Propagandasystem Teil des Islams, würden wir heute mit Sicherheit 5 x am Tag den Gebetsteppich ausrollen.
Gruß
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bernor
12.01.2005, 19:02
@ Zandow
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@Zandow zu Hawala |
-->Hi Zandow,
Kennst Du Dich gut mit dem Hawala-Geldtransfersystem aus. Von Interesse ist das eigentliche Bankensystem, denn das Hawala vergibt doch wohl keine Kredite? Ist dies ausschließlich für den Geldtransfer oder auch für Kredite?
das wesentliche zum Hawala-System steht hier (österr. Bundesministerium des Innern):
http://www.bmi.gv.at/oeffentlsicherheit/2002/09_10/artikel_4.asp
einschließlich der offiziellen Sichtweise ("auch für Schwarzgeld / Finanzierung des Terrorismus"), wobei hier wohl mehr Mutmaßungen als echte Erkenntnisse im Raum stehen (vermutlich verführt schon allein die Tatsache, daß in diesem Geschäft Infos nur codiert weitergegeben werden, zur Vermutung / Feststellung, hier seien regelmäßig Kriminelle zugange).
Übersehen wird dabei, daß das Vertrauen in die Hawaladar (Händler) sowohl auf deren Verschwiegenheit als auch auf einer gewissen Integrität basiert: Wer von ihnen Geld unterschlägt oder sich mit (erkannten) Kriminellen einläßt (und das spricht sich in diesem Gewerbe schnell herum), fliegt aus dem Geschäft: dann bekommt er weder Aufträge von den anderen noch nehmen diese welche von ihm an.
Mit dem Hawala-System wird lediglich Geld(-Infos) transferiert, keineswegs neues Geld bzw. Kredite geschaffen (außer vielleicht, wenn ein Hawaladar sich zwischenfinanzieren müßte, weil der Ausgleich der"beiden Töpfe" sich mal verzögerte).
Dieses System kommt eines Tages sicher auch für nicht-muslimische/-chinesische Inländer in Betracht, sobald die sich abzeichnende Kreditkontraktion, im privaten und gewerblichen Bereich, die herkömmlichen Banken in eine auswegslose Lage bringt, in der sie nur noch die Gebühren (eben auch für Überweisungen) massiv anheben können, um noch möglichst lange liquide zu bleiben (nicht zuletzt für den Staat, der wegen der irreversiblen Staatsverschuldung permanent auf Bankenliquidität angewiesen ist) - vom bürokratischen Firlefanz und der künftigen heimlichen Dauerüberwachung der Konten durch den Staat mal ganz abgesehen.
Gruß bernor
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bernor
12.01.2005, 23:18
@ LeCoquinus
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Das mit dem"5 x Gebetsteppich täglich" kommt vielleicht doch noch... |
-->Hi LeCoquinus,
danke für die Blumen und die Ergänzung.
Deine beiden Beispiele zeigen auch, wo die Unterschiede liegen; warum China immer wieder „on the top“ und Ägypten dagegen, wohl für immer, in den Staub der Geschichte gesunken und nur noch „einer von vielen“ ist:
1) in China war und ist, im Gegensatz zu Ägypten, nicht der „Kaiser“, sondern eben der Konfuzianismus der eigentiche Bezugspunkt, unabhängig vom jeweiligen politischen System.
Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl verstärkt(e) sich noch durch:
a) die weitgehende Homogenität der Bevölkerung (gut 90% sind Han-Chinesen, der Rest verteilt sich auf Minderheiten in Südchina (Thai, Meo) und Randgebieten wie Tibet (wo die Tibeter inzwischen auch eine Minderheit sind), der Mandschurei (Mandschu) und Sinkiang im Westen (muslimische Uiguren - auch sie nur noch eine Minderheit im „eigenen“ Land) und
b) die chinesische Schrift, weil die Verständigung der Chinesen untereinander aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung der Dialekte sprachlich zum Teil nicht mehr gegeben ist und daher durch die althergebrachten Schriftzeichen, die keine Laut- sondern alte Bildzeichen sind, gesichert werden muß (siehe diese Schriftzeichen als „Untertitel“ im chinesischen Fernsehen, auch bei Wiedergabe von Ansprachen und Berichten in der Amtssprache).
2) in Ägypten war der Pharao als Gottheit („Weisheit“) einst das Nonplusultra - der Rest der Bevölkerung bestand aus den „Zuarbeitern“ (Priester und Beamte, mit spezialisiertem Wissen in erforderlichem Umfang) und den Bauern („dumm“, weil total unwissend), den „Fellachen“, wie sie heute heißen. Daher ist in Ägypten nicht der jeweilige „Pharao“ oder der (einst auf ihn bezogene) Glaube die eigentliche historische Konstante, sondern das oben beschriebene Fellachentum: als z.B. der Papst vor einiger Zeit Ägypten besuchte. wußte die übergroße Mehrheit der Ägypter vorher nicht einmal, daß es diesen überhaupt gab.
Die Zentrierung alles irdisch Verehrungswürdigen auf den Pharao war also, da das Regime immer wieder mal wechselte, die Schwachstelle der einstigen Großmacht - und dem Absturz wird absehbar kein Wiederaufstieg mehr folgen, weil der heutige Glaube, der materiell und auch geistig eher „bedürfnislose“ Islam, das Fellachentum noch verfestigst hat (die immer noch anhaltende Verfolgung der christlichen Kopten hat ihre eigentliche Ursache m.E. darin, daß die Kopten im allgemeinen gebildeter sind und deutlich mehr wissen als ihre muslimisch-fellachischen Nachbarn und daher beruflich erfolgreicher sind - sofern sie nicht dabei behindert werden).
Auch im Hinblick auf den Islam könnte der Unterschied nicht größer sein - während Ägypten zur Beute der Muslime wurde, hat China (wie auch der größte Teil Indiens) dem Ansturm des Islam widerstanden und ist zudem als einzige Macht (nach Spanien im 12.- 16. Jh.) in der Lage, die Muslime zurückzudrängen (durch die „Bevölkerungsbombe“, siehe Sinkiang).
Daß die Welt im globalen Rahmen trotzdem fast überall westlich und nicht chinesisch geworden ist ( sichtbar auch in Äußerlichkeiten: westliche Anzüge statt Mandarin-Gewänder, auch in China), liegt daran, daß Europa weniger monopolmächtig und dafür innovativer war. China hat das Erfinder-Potential, das anfangs auch in ihm steckte, siehe diverse frühe Erfindungen, nicht konsequent weitergenutzt und ist daher „erstarrt“ und im 19. Jh. vorübergehend ein Spielball westlicher Mächte gewesen.
Aber diese Zeiten sind schon wieder vorbei und China wird wie Indien (auch wenn es, wegen der weiterhin bestehenden Monopolmacht, kein neuer „Westen“ wird) noch die besten Aussichten haben, dem Islam Paroli bieten zu können - was man vom Westen so nicht sagen kann, weil wegen seiner permanenten Staats-und Wirtschaftskrise - und der durch „Nine-eleven“ beschleunigten Umwandlung in eine US-geführte Monopolmacht, einschließlich ihrer Ableger in der Wirtschaft - sein einziger Vorteil, das Innovationspotential, so langsam dahinschwindet und nur für kurze Zeit durch überlegenes Militärpotential (siehe USA) kompensiert werden kann.
Von der neueuropäischen Krankheit des „Mea culpa, mea maxima culpa“ (dem Zerrbild der „Aufklärung“, nicht nur in der BRD endemisch geworden), die nicht gerade das Selbstwertgefühl fördert, gar nicht zu reden.
Womit endet Oswald Spenglers „Untergang des Abendlandes“?
Ducunt fata volentem, nolentem trahunt.
(etwa: Es führen die Geschicke den Wollenden, den Unwilligen schleifen sie mit.)
Wir gehen also „spannenden“ Zeiten entgegen - und sollten uns, wenn wir schon etwas „wollen“, eher Gedanken über das Auskommen mit dem Islam (der „Bevölkerungsbombe“ in Europa) machen, anstatt in möglicherweise neokolonial erscheinender Manier darüber nachzuhirnen, wie man nichtwestliche, gar islamische Gebiete zum Kapitalismus „bekehren“ kann (auch das derzeitige US-„Experiment“ im Irak, so es denn eines sein soll, spricht für sich).
Gruß bernor
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Zandow
13.01.2005, 12:00
@ bernor
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Dank für Link und Text (o.Text) |
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