dottore
30.06.2005, 14:52 |
Debitismus und die letzte Kugel im Lauf - schlag nach bei Keynes!Thread gesperrt |
-->Hi,
in seinem Treatise on Money (EA 1930) findet sich eine lehrreiche Ableitung, die einen anderen Ansatz als in der späteren General Theory (EA 1936) aufzeigt.
Im Original (leicht gekürzt):
"I propose to break away from the traditional method of setting out from the total quantity of money irrespective of the purposes on which it is employed, and to start instead with the flow of the community's earnings of money income."
Zum money income zählt bekanntlich allerlei, wobei den Steuern als money income des Staates die wichtigste Rolle zufällt. Will man also mit dem money income"starten", dann muss dieses auch erst einmal in die Welt gesetzt sein. Es ergibt sich nicht"automatisch", sondern ist Resultat entweder von hoheitlich gesetzten Akten oder von kontraktlichen, d.h. diejenigen, bei denen das abfließt, was dann income wird, müssen einen Grund haben, es bei sich abfließen zu lassen. Denn money (oder woraus auch immer das income dann besteht) wechselt nicht"von selbst" die Fronten.
Dass die hoheitlichen den kontraktlichen historisch (und dann bis heute) vorangehen, halte ich bekanntlich für unbestreitbar, wie oft genug beschrieben, wenn auch noch nicht in allen Details ausdiskutiert. Dimi (nachzulesen in seinem Posting 26. Juni:"Geld entsteht als Warengeld bereits vor der Steuer") überzeugt mich nicht, da ich mit dem Begriff"entstehen" nichts anzufangen weiß. Was mag sich darunter konkret verbergen?
Dass Waren (recte: Güter, da Waren Märkte und Preisbildung voraussetzen und demnach ihrerseits einen Standard haben müssen, der seinerseits nicht wiederum"Geld", sozusagen als"Vor-Geld" sein kann) abgeliefert werden mussten, weist den richtigen Weg: Da"entsteht" nichts"aus sich heraus" oder nach einem Palaver in trauter Runde, an dem sich"alle irgendwie beteiligen", Vorschläge machen und verwerfen - bis"man" schließlich mit dem einstimmig gefassten Beschluss"Das ist jetzt Geld - und basta!" auseinander geht.
Was da"entsteht", nämlich Abgaben in durchgehend gesetzter Form (Menge, Material, Konsistenz, Termine usw.), ist just, worin sich alles andere messen und schließlich auspreisen und denmach leihen und verleihen läßt. Um wieder bei Keynes anzuknüpfen: Das"income" geht allem voraus und das, worin es beim"outcome" zu entrichten ist, führt uns zum"money". Doch genug der Abschweifungen und zum Kern des Postings.
Nun bietet Keynes eine interessante Gleichung, die er "fundamental equation" nennt:
Q = I - S, wobei Q die (Unternehmer-)Gewinne sind, I der Wert (!) der investierten Güter (und nicht etwa, wie später bei ihm die"Investitionen") und S die laufenden Ersparnisse (Savings). Die investierten Güter sind zudem"securitisiert", lassen sich also leichter in die Höhe treiben, da es leichter ist, Aktien oder vor allem Anleihen zu kaufen als die Firmen oder den Anleihe-Emittenten selbst.
Die spätere Gleichung lautet bekanntlich I = S, d.h. es wurde nur soviel (neu) investiert, wie gespart wurde, womit sich die Frage nach dem Schicksal des Q stellt - es sei denn es wird durch eine zusätzliche Nettoneuverschuldung gestemmt, die dann ihrerseits die Realisierung des Q ermöglicht (vgl. dazu"Der Kapitalismus" mit der Marx'schen Aporie:"Wie wird der Mehrwert realisiert?").
Setzen wir das Q der"fundamentalen Gleichung" mit money income gleich, steigt dies, je höher die monetären Investments (Titel) sind bzw. je niedriger die monetären Savings. Just dies sehen wir gerade in den USA: Gewinn-Hausse, Titel-Hausse und geringe Sparquote. Dass die Titel Treasuries sind, spielt zunächst ebenso wenig eine Rolle wie die Tatsache, dass US-Gov beim Abschöpfen der money income zögert, diese also nicht auf seine Konten leitet.
Dass das Spiel in sich selber endet, versteht sich von selbst, da US-Gov seine Titel nicht selber halten oder deren Kurswertzuwachs komplett besteuern kann (der bei Laufzeitende ohnehin verschwindet) und die Savings jederzeit in die Höhe schnellen können (was sie tun, sobald die Titel-Hausse ausgereizt ist und entsprechend die money incomes nicht mehr weiter steigen).
Martin Wolf, der kluge Kopf in der FT UK und Darling der Londoner City, hat sich zu dem Komplex eine wegweisende Variante einfallen lassen: "The paradox of thrift: excess savings are storing up trouble for the world economy" (13. Juni).
Dabei bezieht er sich auf Keynes General Theory und die laufenden Investitionen und nicht etwa auf den Wert der vorhandenen Investitionen (Titel), wie sie in der ursprünglichen"fundamentalen Gleichung" von Keynes die entscheidende Rolle für money incomes spielen, wiewohl er in seiner Analyse auf die Titel-Werte rekurriert (siehe gleich).
Der Artikel bezieht sich auf Greenspans berühmte"Ich kapier's auch nicht"-Rede am 6. Juni in Peking, auf den Bernanke-Vortrag vom 14. April (The global saving glut and the U.S. current account deficit) und eine Brookings-Studie (Is the US Current Account Deficit Sustainable And if not, how costly is adjustment likely to be?").
Ausgangspunkt sind sehr schöne Beobachtungen:"Fiscal deficits will not crowd out private spending, but rather crowd it in", Klartext: Je mehr Titel ex Defiziten erscheinen, desto mehr werden sie vom Markt genommen, um die Renditen"einzusperren".
Wolf:"Another likely outcome, will be 'reaching for yield'". Klartext: Die Realverzinsung, auch jene auf Kapitalinvestments wird sinken.
Folge: Immer riskantere Anlagen werden gesucht (siehe den immer kleineren Spread von Junks zu AAA-Titeln), was die gesamte Lage immer anfälliger werden lässt. Und:"Deficit countries act as spenders of last resort in the world economy" (wovon hier vor Geraumen schon die Rede war: letztlich halten die US-Defizite die Weltwirtschaft am Laufen).
Wolfs verzweifelter Hilfeschrei: "Reduce the excess savings, particularly in emerging market economies!" Das ist Keynes purissimo, allerdings der der Theory und nicht der des Treatise.
Dennoch lässt sich eine Brücke zur"fundamentalen Gleichung" schlagen: Es sollen jetzt die Savings (S) minimiert, Klartext: Der Rest der Welt muss auf den amerikanischen Weg getrimmt werden, also Q = I - S ---> max!:
"To summarise, excess savings in about 60 per cent (!) of the world economy largely explain today's low real interest rates, somewhat manic (!) reaching for yield, persistent fiscal deficits and growing and dangerous global imbalances."
Dabei soll es dann eine weltweite"co-operative solution" (aha!) geben, die die"adjustments" dann schon richten wird. Runter mit dem S, runter, runter! Ob auf dem G-8er-Treffen davon schon gewispert werden wird?
Summa: Der Kapitalismus, unser herzliebstes debtitistisches Kettenbrief-System mit dem (noch, noch) infalliblen Schuldner Staat, schiebt die letzte Kugel in den Lauf...
Dennoch feinsten Gruß!
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Diogenes
30.06.2005, 15:06
@ dottore
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Deitismus und die letzte Kugel im Lauf / verstehe Bahnhof |
-->Hi dottore,
>Nun bietet Keynes eine interessante Gleichung, die er "fundamental equation" nennt:
>Q = I - S, wobei Q die (Unternehmer-)Gewinne sind, I der Wert (!) der investierten Güter (und nicht etwa, wie später bei ihm die"Investitionen") und S die laufenden Ersparnisse (Savings).
Gewinn = Investitionen - Ersparnisse.
Was will Keynes damit sagen? Kannst du mir das genauer erklären?
Was den guten Wolf angeht, wüßte ich gerne, wie er die"Ersparnisse" herunterfahren will, ohne die Schulden abzubezahlen.
Es sind nicht die Excess-savings, sondern die Exzess-Schulden die"trouble upstoren" (Aufgestapelte Schulden = aufgestapelte Troubles)
Danke & Gruß
Diogenes
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dottore
30.06.2005, 16:39
@ Diogenes
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Re: Debitismus und die letzte Kugel im Lauf / verstehe Bahnhof |
-->Hi Diogenes,
>>Nun bietet Keynes eine interessante Gleichung, die er "fundamental equation" nennt:
>>Q = I - S, wobei Q die (Unternehmer-)Gewinne sind, I der Wert (!) der investierten Güter (und nicht etwa, wie später bei ihm die"Investitionen") und S die laufenden Ersparnisse (Savings).
>Gewinn = Investitionen - Ersparnisse.
>Was will Keynes damit sagen? Kannst du mir das genauer erklären?
Es geht ihm ums gesamte money income, das zunächst verfügbar ist. Es besteht aus dem, was die Investitionen abwerfen, was er ihrem jeweiligen"Wert" zuschlägt. Davon sind die Savings derer abzurechnen, die das money income als erste in Händen halten. Die Top-Priorität ist also das money income aus den Investments und damit das Investment selbst - oder anders: Ohne Investments (Kapital, betiteltes Kapital) kein income. Entsprechend: Je höher diese, desto höher das insgesamt verfügbare money income.
Die Löhne kommen erst danach, da sie ohne money income der"Investoren" gar nicht ausgezahlt werden könnten und die Investoren nur auszahlen können, nachdem sie selbst money income bezogen haben. Die Savings der Lohnbezieher, die heute eine große Rolle spielen (im Gegensatz zur Keynes-Zeit) werden letztlich so gesehen, als würden sie gar nicht erst einen"Umweg" über das Bankensystem nehmen, sondern werden den Investoren direkt zugerechnet - so als ob die Arbeiter den Investmentsektor selbst finanzieren (eine Art"Investivlohn" also).
Keynes sieht im Treatise die Wirtschaft (und damit Löhne, Arbeitsplätze) ausschließlich als investitionsgesteuert an. Die weiteren Keynes- oder"keynesianischen" Ableitungen, z.B. das"Kickstarten" der Wirtschaft durch zusätzliche Staatsnachfrage mit Multiplikator- und Akzelerator-Effekten kommen erst Mitte der 1930er auf, als vermutet wurde, dass den - nach wie vor entscheidenden Investments - noch anders auf die Sprünge geholfen werden sollte / könnte.
>Was den guten Wolf angeht, wüßte ich gerne, wie er die"Ersparnisse" herunterfahren will, ohne die Schulden abzubezahlen.
Die Schulden will der gar nicht abbezahlen. Seine These:"Foreign governments have played a huge part in sustaining their domestic savings." Seine Zahl: 42 % des net fundings des US current account deficits seien von"official sources" gekommen, was durch staatliche Interventionen plus straffer monetärer und fiskalischer Disziplin ermöglicht wurde. Das sei die"large danger" für die Weltwirtschaft.
>Es sind nicht die Excess-savings, sondern die Exzess-Schulden die"trouble upstoren" (Aufgestapelte Schulden = aufgestapelte Troubles).
Klar. Aber sie trommeln als hätten sie den Verstand verloren. Als weitere Quelle für diesen"Weitermachen-so-aber-jetzt-mal-endlich-alle"-Trend:
Für Okonomie-Masochisten
Recent Papers, dann das zweite Paper von oben anklicken. Falls es der Server nicht packt, bitte selbst eingeben.
Gruß zurück!
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Diogenes
30.06.2005, 17:00
@ dottore
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Re: Debitismus und die letzte Kugel im Lauf / verstehe Bahnhof |
-->Hi dottore,
>Es geht ihm ums gesamte money income, das zunächst verfügbar ist. Es besteht aus dem, was die Investitionen abwerfen, was er ihrem jeweiligen"Wert" zuschlägt.
Was ist mit"abwerfen" genau gemeint: Umsatz, Gewinn, Investitionssumme?
>Davon sind die Savings derer abzurechnen, die das money income als erste in Händen halten.
Wie kommt das money income in diese Hände?
>Die Top-Priorität ist also das money income aus den Investments und damit das Investment selbst - oder anders: Ohne Investments (Kapital, betiteltes Kapital) kein income. Entsprechend: Je höher diese, desto höher das insgesamt verfügbare money income.
Was ist mit Konsum?
>Die Löhne kommen erst danach, da sie ohne money income der"Investoren" gar nicht ausgezahlt werden könnten und die Investoren nur auszahlen können, nachdem sie selbst money income bezogen haben.
>Die Savings der Lohnbezieher, die heute eine große Rolle spielen (im Gegensatz zur Keynes-Zeit) werden letztlich so gesehen, als würden sie gar nicht erst einen"Umweg" über das Bankensystem nehmen, sondern werden den Investoren direkt zugerechnet - so als ob die Arbeiter den Investmentsektor selbst finanzieren (eine Art"Investivlohn" also).
Wenn die Ersparnisse zu den Investitionen zählen, was sind dann die Savings?
>Keynes sieht im Treatise die Wirtschaft (und damit Löhne, Arbeitsplätze) ausschließlich als investitionsgesteuert an.
Investitionen sind von der (erwarteten) Nachfrage gesteuert.
>>Was den guten Wolf angeht, wüßte ich gerne, wie er die"Ersparnisse" herunterfahren will, ohne die Schulden abzubezahlen.
>Die Schulden will der gar nicht abbezahlen. Seine These:"Foreign governments have played a huge part in sustaining their domestic savings."
*LOL*"Goverments played huge part in sustainig their domestic savings" Den werde ich mir merken, ist wirklich gut.
>Seine Zahl: 42 % des net fundings des US current account deficits seien von"official sources" gekommen, was durch staatliche Interventionen plus straffer monetärer und fiskalischer Disziplin ermöglicht wurde. Das sei die"large danger" für die Weltwirtschaft.
Ich glaube es ist wohl eher umgekehrt: Zuerst kommt das (US-)Schuldenmachen dann das (Rest-der-welt-) Titel-hereinnehmen-halten.
>Klar. Aber sie trommeln als hätten sie den Verstand verloren.
Hatten sie jemals einen? Wenn ja, wieso haben sie derart Mist gebaut.
So wie denen der Angstschweiß steht auf der Stirn steht, scheinen sie mir langsam zu Sinnen zu kommen.
Dankeschön und Gruß
Diogenes
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dottore
30.06.2005, 18:20
@ Diogenes
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Re: Debitismus und die letzte Kugel im Lauf / verstehe Bahnhof |
-->Hi Diogenes,
>>Es geht ihm ums gesamte money income, das zunächst verfügbar ist. Es besteht aus dem, was die Investitionen abwerfen, was er ihrem jeweiligen"Wert" zuschlägt.
>Was ist mit"abwerfen" genau gemeint: Umsatz, Gewinn, Investitionssumme?
Das gesamte money income, entspräche also dem Umsatz.
>>Davon sind die Savings derer abzurechnen, die das money income als erste in Händen halten.
>Wie kommt das money income in diese Hände?
Dadurch, dass sie etwas haben, was andere dazu bringt oder zwingt, das, was aus diesem"etwas" (Kapital, Investment oder Titel eben) kommt (Leistung, Güter) nachzufragen.
>>Die Top-Priorität ist also das money income aus den Investments und damit das Investment selbst - oder anders: Ohne Investments (Kapital, betiteltes Kapital) kein income. Entsprechend: Je höher diese, desto höher das insgesamt verfügbare money income.
>Was ist mit Konsum?
Kommt nicht vor. Kein Vorwurf an den Keynes von 1930. Es gab damals noch keinerlei Ansätze zu gesamtwirtschaftlichen Rechnungen (VGR schon garnicht). Die Gleichung Y = I + C (Sozialprodukt, interessanterweise noch mit"yield" bezeichnet, daher Y, setzt sich aus Investition und Konsum, zusammen).
>>Die Löhne kommen erst danach, da sie ohne money income der"Investoren" gar nicht ausgezahlt werden könnten und die Investoren nur auszahlen können, nachdem sie selbst money income bezogen haben.
>>Die Savings der Lohnbezieher, die heute eine große Rolle spielen (im Gegensatz zur Keynes-Zeit) werden letztlich so gesehen, als würden sie gar nicht erst einen"Umweg" über das Bankensystem nehmen, sondern werden den Investoren direkt zugerechnet - so als ob die Arbeiter den Investmentsektor selbst finanzieren (eine Art"Investivlohn" also).
>Wenn die Ersparnisse zu den Investitionen zählen, was sind dann die Savings?
Die Savings der"Arbeiter". Die Savings stehen nicht mehr als money income zur Verfügung, werden daher abgezogen (Umsatz- bzw. modern: Konsumverzicht).
>>Keynes sieht im Treatise die Wirtschaft (und damit Löhne, Arbeitsplätze) ausschließlich als investitionsgesteuert an.
>Investitionen sind von der (erwarteten) Nachfrage gesteuert.
So weit war's damals noch nicht. Die Vorstellung, dass money income in der nächsten Runde zu Nachfrage würde, war gänzlich fremd. Damals herrschte die Quantitätstheorie ("quantity of money"), aber Keynes löst sich von der Vorstellung eines"vorhandenen Geldes" und startet seine Analyse eben dort, wo sie (seiner Meinung nach) starten müsse: Wie kommt es zum ersten Mal zu"earnings of money income".
>>>Was den guten Wolf angeht, wüßte ich gerne, wie er die"Ersparnisse" herunterfahren will, ohne die Schulden abzubezahlen.
>>Die Schulden will der gar nicht abbezahlen. Seine These:"Foreign governments have played a huge part in sustaining their domestic savings."
>*LOL*"Goverments played huge part in sustainig their domestic savings" Den werde ich mir merken, ist wirklich gut.
Nicht zu früh lachen. Wolf hält z.B. die asiatischen Dollar-Käufe für"domestic savings".
>>Seine Zahl: 42 % des net fundings des US current account deficits seien von"official sources" gekommen, was durch staatliche Interventionen plus straffer monetärer und fiskalischer Disziplin ermöglicht wurde. Das sei die"large danger" für die Weltwirtschaft.
>Ich glaube es ist wohl eher umgekehrt: Zuerst kommt das (US-)Schuldenmachen dann das (Rest-der-welt-) Titel-hereinnehmen-halten.
Richtig. Nettogeld zum Kauf der Titel gibt's natürlich nicht. Andererseits haben wir z.B. den Ã-lpreis-Effekt: Je mehr die Förderer (OPEC und so) an"money income" daraus ziehen, desto mehr können sie in Titel investieren. Die Korrelation zwischen Ã-lpreis und T-Kursen verblüfft. Angenommen, die Förderer(-Monopolisten) könnten ihre Umsätze erneut verdoppeln, dann werden sie das Geld nicht per Hubschrauber über ihren Bevölkerungen abladen (was auch kaum möglich wäre, bei nahe Nullsteuern und Haus und Medicare for free für jeden usw.), sondern eben weiter in Titel gehen.
>>Klar. Aber sie trommeln als hätten sie den Verstand verloren.
>Hatten sie jemals einen? Wenn ja, wieso haben sie derart Mist gebaut.
Klar jammern jetzt die"Experten", siehe eben erst wieder Straubhaar & Co. An dem bekannten Satz, dass wir von Ã-konomen regiert werden, die seit 25 Jahren tot sind, ist was dran.
>So wie denen der Angstschweiß steht auf der Stirn steht, scheinen sie mir langsam zu Sinnen zu kommen.
Ja, jetzt beginnt die Angst um Pfründe und Pensionen. Das macht munter.
Dankeschön und Gruß zurück!
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Elmarion
30.06.2005, 18:39
@ dottore
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Re: Debitismus und die letzte Kugel im Lauf - schlag nach bei Keynes! |
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Wie weit wird diese Kugel fliegen?
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Dimi
01.07.2005, 14:29
@ dottore
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Re: Debitismus und die letzte Kugel im Lauf - schlag nach bei Keynes! |
-->>Dass die hoheitlichen den kontraktlichen historisch (und dann bis heute) vorangehen, halte ich bekanntlich für unbestreitbar, wie oft genug beschrieben, wenn auch noch nicht in allen Details ausdiskutiert. Dimi (nachzulesen in seinem Posting 26. Juni:"Geld entsteht als Warengeld bereits vor der Steuer") überzeugt mich nicht, da ich mit dem Begriff"entstehen" nichts anzufangen weiß. Was mag sich darunter konkret verbergen?
Hallo Dottore,
Geld"entsteht", weil Menschen Wert transportieren wollen, über die Zeit, und auch über die Vielfalt an Gütern.
Sie"erfinden" es dabei nicht, noch wird es zu Beginn staatlich"festgelegt".
Vielmehr stehen sie vor (insgesamt einer Vielzahl an) Wert-Transportfragen: Wie speichere ich Wert? Wie bringe ich Wert von A nach B? Der eine nimmt einen Krug Milch - die ist aber bald verdorben -, der nächste nimmt Frau und Kinder - die sind dann aber weg -, der dritte ihren Schmuck - Heureka, die Lösung, und alle machen's nach.
Es handelt sich weder um eine hoheitliche, noch um eine Kontraktthematik. Indem Du nur auf diese Ursachen abzielst, schließt Du unnötigerweise andere aus.
Anfangs steht der einzelne nur vor der Frage des Transportes des Wertes. Ob ihm jemand den Schmuck (am Zielort/in der Zukunft) abnimmt, weiß er nicht sicher.
Die Wertransportfrage ist ohne heutiges Geld übrigens ein durchaus ernstes Problem.
Selbst mit heutigem Geld kann sie eines werden. Ich darf daran erinneren, daß Du mal Gold gekauft hast. Wozu eigentlich? Letztlich doch wohl nur, um Wert zu speichern. Du hast damals Gold gewählt, keine Milch, und auch kein Steuerzahlmittel.
Gruß, Dimi
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dottore
01.07.2005, 17:59
@ Dimi
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Re: Distanz"wert" Waffe |
-->Hi Dimi,
>Geld"entsteht", weil Menschen Wert transportieren wollen, über die Zeit, und auch über die Vielfalt an Gütern.
Einspruch. Der erste Wert, der über Distanzen transportiert wurde, war ohne Zweifel die Waffe. Denn damit konnte jederzeit an jedem Ort just das gewonnen werden, was die Bewaffneten als"Wert" (subjektiv für sie) ansahen.
Der Wert der Waffe entspricht dem, was mit ihrer Hilfe abkassiert werden konnte.
Daher das bekannte Kupferbeil-Geld, z.B.
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Ein Beil aus Kupfer ist nichts (einmal kloppen - und das war's)."Scharf" wird es erst durch die Zugabe von Zinn o.ä. Weshalb Cu-Geld in Beilform immer schön getrennt von Zinn abgefordert wurde. Massenhafte Funde dieser"nutzlosen" Gegenstände von der Bretagne über die Slowakei bis Nahen Osten. Gerade erst ein Mega-Fund im Märkisch-Oder-Kreis.
Du bist zu friedvoll und denkst, die Leutchen streiften so ganz unbewaffnet durch die weite Welt (und ihren"Wertgegegenstand" hatten sie als Werttransportmittel dabei). Sie wären schon im ersten Wäldchen von Bewaffneten überfallen worden. Die Waffe konnte auch steinzeitlich sein, vgl. Obsidian. Aber der ließ sich nicht so schön zu"Geld" formen (teilen, standardisieren, usw.). Und"obelos" (Obolus)? Das schöne Frühwort für solche Spieße im Griechischen. (Laum deutet sie als"Bratspieße", auch ein Friedensfreund).
>Sie"erfinden" es dabei nicht, noch wird es zu Beginn staatlich"festgelegt".
Vom Clan-Chef, der mit Beil usw. der Beste war. Bei den Kelten musste der Clan-Chef (König) abdanken, wenn er in der Schlacht (man kämpfte nackt) verwundet wurde - der Macht halt nicht gewachsen war.
>Vielmehr stehen sie vor (insgesamt einer Vielzahl an) Wert-Transportfragen: Wie speichere ich Wert?
Waffe.
>Wie bringe ich Wert von A nach B?
Hole ich mir in B mittels Waffe. Quasi bargeldloser Transfer.
>Der eine nimmt einen Krug Milch - die ist aber bald verdorben -, der nächste nimmt Frau und Kinder - die sind dann aber weg -, der dritte ihren Schmuck - Heureka, die Lösung, und alle machen's nach.
Der Bewaffnete trifft einen Geschmückten ohne Waffen - wie geht's weiter?
>Es handelt sich weder um eine hoheitliche, noch um eine Kontraktthematik. Indem Du nur auf diese Ursachen abzielst, schließt Du unnötigerweise andere aus.
Das hoheitliche (Waffen- und Gewalt-Monopol ist DAS Hoheitliche schlechthin) immer stramm als erstes.
>Anfangs steht der einzelne nur vor der Frage des Transportes des Wertes. Ob ihm jemand den Schmuck (am Zielort/in der Zukunft) abnimmt, weiß er nicht sicher.
Der kommt niemals zum Zielort.
>Die Wertransportfrage ist ohne heutiges Geld übrigens ein durchaus ernstes Problem.
Werttransporte? Jeden Tag Tausende, die Jungs sind gut bewaffnet. Schau mal auf der Autobahn einem Buba-Transporter (grün-weiß, mit den berühmten Doppelringen auf dem Dach, damit die Hubschrauber nicht so lange suchen müssen) nach. Jede Menge Blaulicht, die Jungs in zwei, meist drei Begleitfahrzeugen mit schußbereiter HK auf den Knien, jeder 200 Schuss Munition. Ex G + D fahren fast täglich solche Konvois ab - und die drucken für viele Länder frische Banknoten, die man halt schlecht"mit heutigem Geld" überweisen kann.
Weltweit werden p.a. 80 Milliarden Banknoten gedruckt! G + D allein 10 bis 12 Milliarden Stück.
>Selbst mit heutigem Geld kann sie eines werden. Ich darf daran erinneren, daß Du mal Gold gekauft hast. Wozu eigentlich?
Spekulation gegen das GZ.
>Letztlich doch wohl nur, um Wert zu speichern. Du hast damals Gold gewählt, keine Milch, und auch kein Steuerzahlmittel.
Goldkauf und -verkauf gegen STZM/GZ.
Gruß zurück!
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dottore
01.07.2005, 18:07
@ Elmarion
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Re: Debitismus und die letzte Kugel im Lauf - schlag nach bei Keynes! |
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>Wie weit wird diese Kugel fliegen?
Hi Elmarion,
solange, bis sich nichts mehr leveragen läßt, also das money income bringende EK hebeln.
Immerhin verabschieden sich p.a. schon ca. 18 % aller Hegdefonds (NZZ - es können auch 12 % gewesen sein, hab's grad nicht auf dem Tisch). Bei einem größeren Klops würde es dann schnell gehen.
Ansonsten nach dem Wolf-Modell und einem Abschmelzen von 10 % p.a. mindestens vier Jahre, aber ich weiß es natürlich ernsthaft nicht.
Gruß!
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Dimi
02.07.2005, 11:10
@ dottore
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Re: Distanzwaffe"Wert" ;-) |
-->Lieber Dottore,
es ehrt mich ja, daß Du mich für friedvoll hälst. Aber das heißt doch nicht, daß ich nicht die Gewalt in jedem von uns kenne, genauer, als Dir vielleicht bewußt ist. Darüberhinaus habe ich hinreichende historische und völkerkundliche Kenntnisse, um zu wissen, daß an allen Ecken und Enden gekloppt und geprügelt wurde.
Und?
Habe ich die bessere Waffe, raube ich Dich aus. Wo entsteht da Geld?
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Es gibt doch auch gesellschaftliche Prozesse. Du sagst dann:"Der Bewaffnete trifft einen Geschmückten ohne Waffen - wie geht's weiter?" - Mal abgesehen davon, daß der Geschmückte auch Waffen trägt - s. Indianerfilme;-) -, gibt es doch die ganzen gesellschaftlichen Prozesse ebenfalls.
Daran ändert auch das"stramm als erstes" der Hoheit nichts; wenn der Gerichtsvollzieher Steuerschuld eintreibt, kommt er es als erster dran. Aber darunter gibt es doch trotzdem weiterhin den Bäcker, der nur gegen Bezahlung bäckt, und die Bank, die nur gegen Zinsen leiht.
Nur weil an irgendeiner Stelle die Macht, oft nur kurzfristig, an übergeordneter Stelle ist, fallen alle übrigen Ursachen nicht weg. Du willst mit Macht ja auch nicht den Weihnachsbaum erklären, und trotzdem gibt es ihn.
Im Deinem Posting speicherst Du nun sogar Wert mit der Waffe. Wie soll das gehen? Du gehst ins Dorf des Nachbarstamms und forderst die Rausgabe der Rinder? Du lebst ungefähr noch eine Minute, und dies auch nur, weil alle völlig baff sind (mit der Waffe Wert über die Zeit bis ins Rentenalter zu speichern, ist erst recht fragwürdig).
Nun kannst Du einwenden, dann raubst Du die Rinder oder kommst mit Deinem ganzen Stamm und unterjochst und versklavst usw. Hat es alles zur Genüge gegeben. Auch heute noch gibt es Ladendiebe usw., aber eben auch Leute, die beim Bäcker zahlen. Und Du kannst nun nicht das normale Zahlen als Nicht-Existent postulieren, nur weil:"Waffe" (ich zitiere).
Also: Du kannst Phänomene nicht wegdiskutieren, nur weil andere Phänomene machtvoller sind. Den Händler gibt es, obwohl es auch den Räuber gibt.
So kriegst Du meine Argumente nicht vom Tisch.
Mal abgesehen davon, daß auch ich Macht und Gewalt miteinbeziehe, etwa beim Strafgeld.
Positiv argumentierst Du natürlich auch, insbesondere in früheren Postings. Geldentstehung via Steuer. Neben den historischen und völkerkundlichen Einwänden, daß dies nicht plausibel aus den Beobachtungen herausleitbar ist, bleiben verschiedene, bis heute unbeantwortete Einwände, etwa:
- Wieso nimmt einer Herrscher zur Abgabe, was vorher keinen Wert hat? Damit kann er nichts anfangen. Zudem wäre er einem anderen Herrscher unterlegen, der als Abgabe etwas Wertvolles - Getreide, Vieh usw.- abfordert (womit dieser z.B. auch im Aussenhandel etwas anfangen könnte).
- Wie kann etwas einen Wert im Markt erlangen und zum Geldgebrauch benutzt werden, weil man damit Steuern zahlen kann? Für die Steuer braucht man nur einmal im Jahr das Abgabengut einzuwechseln.
Es gab (erinnerlich) noch mehr.
Macht und Gewalt gab es (und es gibt sie noch), aber sie erklärt nicht das, was Du mit ihr erklären möächtest.
Füge doch Deinem Debitismus das Tauschen hinzu, und nicht die Macht (bzw. diese an anderer Position).
>Spekulation gegen das GZ.
Eben. Ist das GZ weg, ist der Wert Deines Goldes noch da.
Deine Überlegung damals war doch nicht, daß Gold nach einem Abgang von USD usw. wertlos würde.
Im übrigen, wenn mein friedvolles Wesen Basis meiner Geldtheorie ist, könnte Basis Deiner Machttheorie ja ein gewalttätiges Wesen sein. Das ist aber nicht der Fall. Zwar scheint manches Schriftwerk von Dir von einer Art Krach-Bumm-Ader in Dir zu zeugen, das ist aber was anderes, eher die Erwartung eines Unterganges, und was die Qualität unseres Geldes angeht, liegst Du da nicht völlig verkehrt. Zudem trug diese Ader dazu bei, daß Du bereits in den Achtzigern als einer der ersten deutlich gewarnt hast. Nicht vergebens, wie ich denke, wenn auch frühestens nach dem jetzigen Zyklus.
Gruß, Dimi
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Zandow
03.07.2005, 14:08
@ dottore
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Frage zum Obolus u.a. |
-->Hallo dottore,
>Der erste Wert, der über Distanzen transportiert wurde, war ohne Zweifel die Waffe. Denn damit konnte jederzeit an jedem Ort just das gewonnen werden, was die Bewaffneten als"Wert" (subjektiv für sie) ansahen.
>Der Wert der Waffe entspricht dem, was mit ihrer Hilfe abkassiert werden konnte.
Soweit ist alles klar.
>Daher das bekannte Kupferbeil-Geld, z.B.
>[img][/img]
>Ein Beil aus Kupfer ist nichts (einmal kloppen - und das war's)."Scharf" wird es erst durch die Zugabe von Zinn o.ä. Weshalb Cu-Geld in Beilform immer schön getrennt von Zinn abgefordert wurde. Massenhafte Funde dieser"nutzlosen" Gegenstände von der Bretagne über die Slowakei bis Nahen Osten. Gerade erst ein Mega-Fund im Märkisch-Oder-Kreis.
Gibt's zu diesem Fund irgendeine Quelle? Museum irgenwo, oder eine Veröffentlichung?
Neulich war ich in Halle/Saale, mir die Himmelsscheibe anschauen. In dieser Ausstellung auch viele Bronzeschwerter und -dolche. Die Verzierungen an den Klingen sind schon erstaunlich. Kaum zu erkennen, aber hochpräzise.
Z.Z. sind die Goldhüte in Speyer ausgestellt. Faszinierende Handwerkskunst.
>Du bist zu friedvoll und denkst, die Leutchen streiften so ganz unbewaffnet durch die weite Welt (und ihren"Wertgegegenstand" hatten sie als Werttransportmittel dabei). Sie wären schon im ersten Wäldchen von Bewaffneten überfallen worden. Die Waffe konnte auch steinzeitlich sein, vgl. Obsidian. Aber der ließ sich nicht so schön zu"Geld" formen (teilen, standardisieren, usw.). Und"obelos" (Obolus)? Das schöne Frühwort für solche Spieße im Griechischen. (Laum deutet sie als"Bratspieße", auch ein Friedensfreund).
Oops, das ist ja eine ganz neue Interpretation. (Komme an den Laum grad nicht ran. Bei mir stapeln sich die Bücher kreuz der quere.) Laum sieht den Obolus als Symbol für die Portion Fleisch, die in einer religiösen Zeremonie verteilt wurde. Das Rind war Abgabemittel, welches dann verteilt wurde. Das Symbol erlangte somit den Wert dessen, was es anzeigte, nämlich die Portion Fleisch. In dem Spieß (Obolus; wobei nicht geklärt ist, ob damit der ganze Spieß oder eine Portion Fleisch gemeint ist) ein Metall als Abgebemittel zu sehen, welches der Produktion der Waffe dient, erscheint mit in diesem (griechischen) Zusammenhange doch etwas gewagt.
Trotz dieses Zweifels bleibt zu beachten:
Eine Macht, möchte sie Macht bleiben, bedarf zweierlei: Die bewaffnete Sicherung ihrer Macht und ihre Legitimierung. Gibt es keine Legitimierung, so bleibt nur der bewaffnete Zwang, was einer lupenreinen Militärdiktatur entsprechen würde (historisch eher seltener Fall; Sparta vielleicht, selbst das heutige Nordkorea hat eine seltsame Ideologie zur Machtlegtimierung). Als erste, frühe Form der Legitimierung von Macht sehe ich die wie auch immer geartete Religion. Über diese erfolgte die Verteilung von Subsistenzmitteln (später Einkommen allgemein) zur Bewältigung von Krisen. Aus diesen Verteilungsinstitutionen ging der Staat hervor (Hinweis dazu bei Bernbeck). Nun stellt sich die Frage, was neben der Verteilung in Griechenland zur Zeit des Obolus die Macht der Priester gesichert hat, denn die Religion diente nicht der Sicherung, sondern der Legitimierung der Macht. Sollte der von Laum als Bratspieß interpretierte Spieß wirklich der Besicherung der Macht zugeordnet werden können, oder der Verteilung (zur Machtlegitimierung)?
>>Sie"erfinden" es dabei nicht, noch wird es zu Beginn staatlich"festgelegt".
>Vom Clan-Chef, der mit Beil usw. der Beste war. Bei den Kelten musste der Clan-Chef (König) abdanken, wenn er in der Schlacht (man kämpfte nackt) verwundet wurde - der Macht halt nicht gewachsen war.
>>Vielmehr stehen sie vor (insgesamt einer Vielzahl an) Wert-Transportfragen: Wie speichere ich Wert?
>Waffe.
>>Wie bringe ich Wert von A nach B?
>Hole ich mir in B mittels Waffe. Quasi bargeldloser Transfer.
>>Der eine nimmt einen Krug Milch - die ist aber bald verdorben -, der nächste nimmt Frau und Kinder - die sind dann aber weg -, der dritte ihren Schmuck - Heureka, die Lösung, und alle machen's nach.
>Der Bewaffnete trifft einen Geschmückten ohne Waffen - wie geht's weiter?
>>Es handelt sich weder um eine hoheitliche, noch um eine Kontraktthematik. Indem Du nur auf diese Ursachen abzielst, schließt Du unnötigerweise andere aus.
>Das hoheitliche (Waffen- und Gewalt-Monopol ist DAS Hoheitliche schlechthin) immer stramm als erstes.
>>Anfangs steht der einzelne nur vor der Frage des Transportes des Wertes. Ob ihm jemand den Schmuck (am Zielort/in der Zukunft) abnimmt, weiß er nicht sicher.
>Der kommt niemals zum Zielort.
In diesem Zusammenhang denke ich an das mittelalterliche Reisekönigtum. Da die zur Abgabe fälligen Dinge nur schwer zu transportieren waren, hat sich der König dieses auf seinen Reisen direkt abgeholt und an Ort und Stelle verbraucht. Dazu hatte er über das Burgenrecht den ständigen Zutritt zu den Burgen seiner abgabepflichtigen Fürsten. Trotzdem kommt mir die Sache irgendwie komisch vor, wenn ich mir so vorstelle, wie der König samt seines Gefolges so durch die Gegend zieht. Große Werte kann er nicht transportiert haben, wegen der Gefahr von Überfällen in den dunklen deutschen Walden. Und nur ein Zugangsrecht zu den Burgen sollte den Fürsten bei eigener Unwilligkeit vom Hochziehen der Brücke und dem Aussperren des Königs doch wohl nicht abgehalten haben. Mir erscheint das Reisekönigtum sehr konstruiert. Weil wir keine festen Königsresidenzen aus dieser Zeit kennen, mußte wohl eine Erklärung her, die genau diese fehlenden Residenzen begründet. Unklarheiten bleiben.
Schön, Sie wieder hier an Bord zu haben.
Herzliche Grüße und sich auf viele fetzige postings freuend, <font color=#008000>Zandow</font>
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dottore
03.07.2005, 14:13
@ Dimi
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Re: Geld als Kriegskind und Kriegsvater |
-->>Lieber Dottore,
>es ehrt mich ja, daß Du mich für friedvoll hälst. Aber das heißt doch nicht, daß ich nicht die Gewalt in jedem von uns kenne, genauer, als Dir vielleicht bewußt ist. Darüberhinaus habe ich hinreichende historische und völkerkundliche Kenntnisse, um zu wissen, daß an allen Ecken und Enden gekloppt und geprügelt wurde.
>Und?
Lieber Dimi,
es wurde nicht gekloppt, um sich zu kloppen, sondern um den anderen (Unterlegenen) nach Ende der Klopperei zu etwas zwingen zu können. Geht doch schon am Schulhof los. Der Klassen-"Stärkste" mit seinem Clan erhält von der Gruppe der Unterlegenen alles Mögliche, von der Cola bis zum Joint. Das machen die"Schwächeren", um nicht unentwegt weiter verkloppt zu werden. Vgl. Peer-Theorie ausführlicher.
Die Unterlegenen (griechische Antike z.B.: Metoiken) werden dabei gleich noch"Schutzbefohlene". Sie stehen hinfort unter dem"Schutz" ihrer Oberhunde, und sind so gegen die Ausbeutung durch andere Clans"versichert". Das klassische Staatsmodell also: Ich beute dich aus und schütze dich davor (Armee und so), von anderen eventuell noch krasser ausgebeutet zu werden. Gern auch als"Feudalismus" verkauft.
Feines Beispiel ebenfalls die Mafia. Entstanden im 19. Jh. als Schicht jener, die für den Latifundisten die Abgaben (Pachten usw.) eintreiben durften (Variante: tax farming). Als in der Bodenreform die Latifundisten ihrer Inkasso-Rechte entkleidet wurden, behielten die"Maffiusi" ihre Funktion bei, kassierten also weiter, ohne aber wie bisher abliefern zu müssen.
Nun mussten sie für ihre Erpressung einen Grund nachliefern, weil der ursprüngliche entfallen war: So entstand das schöne Institut des"Schutzgeldes": Wer bezahlt, bleibt unbehelligt und wird gegen Behelligungen durch ganz andere ebenfalls geschützt. So läuft es durch die ganze bekannte Geschichte, als Beispiel noch das römische Legionssystem, eine der Legionen hieß bezeichnenderweise"Rapax" (die Räuberische).
>Habe ich die bessere Waffe, raube ich Dich aus. Wo entsteht da Geld?
Beim Raub nicht, sondern beim perpetuierten Raub, also dem Tribut. Der Tribut muss in dem entrichtet werden, was dann Geld wird und zwar, nachdem es zum Beibehalten des Tributsystems wieder verausgabt wird - also"zirkuliert". So erscheint als erstes Geld im Nahen Osten Gerste (Wiederausgabe, um die nicht arbeitenden, da in Bereitschaft stehenden, Krieger zu ernähren). Dann Silber in bekannter Parität zur Gerste über das Gewicht ("Shekel"), mit dem die machterhaltenden Söldner bezahlt werden, die ihr Silber ihrerseits an jene geben, die das Silber immer wieder aufs Neue abliefern müssen.
Daraus ergeben sich"Preise": Was die Abgabengut-Halter haben (aber nicht selbst verzehren können - Edelmetall ist nicht konsumierbar) vergleicht sich mit dem, was die Abgaben-Verpflichten, die das Abgabengut nicht haben, ihnen dafür anbieten.
Die Varianten dazu, wo also das Waffenmetall selbst abzuliefern war (Cu, Sn) funktionierten nicht (Hethiter), da die Gegner auch hinter das Geheimnis Bronze kamen und sich der Tributpflicht entledigen konnten.
Geld ist ein Kriegskind, nichts anderes. Ist es groß und stark, wird es zum Kriegsvater. Und so immer weiter. Ist bekanntlich bis heute so. Mit"Tauschmittel" hat es gar nichts zu tun. Der Krieg (eingesetzte oder angedrohte coercive power) ist der Vater aller Dinge - und ausgerechnet"Geld" wäre da die gloriose Ausnahme, sozusagen das arme Hascherl, das nur zu"guten" Zwecken auf die Welt gekommen ist und dann so böse, böse missbraucht wurde?
Ein Literatur-Verweis dazu: Richard Seaford, Money and the Early Greek Mind, mit dem Nachweis der Entstehung der Tragödie im Zusammenhang mit der Münzgeld-Entstehung. Auch mir ist keine antike Tragödie bekannt, in der nicht Blut geflossen wäre. Und dass Geld gemünzt wurde, dies ausschließlich mit Hoheits-Symbolen, nicht um es freundlichst an die Bevölkerung zu"emittieren", damit die sich besser bei Handel & Wandel zurecht fände, sondern um es ohne umständliche Prüfungen rasch in der Staatskasse wieder verschwinden zu lassen, ist offenkundig.
>__
>Es gibt doch auch gesellschaftliche Prozesse. Du sagst dann:"Der Bewaffnete trifft einen Geschmückten ohne Waffen - wie geht's weiter?" - Mal abgesehen davon, daß der Geschmückte auch Waffen trägt - s. Indianerfilme;-) -, gibt es doch die ganzen gesellschaftlichen Prozesse ebenfalls.
Klar, heute. Aber dadurch ist der Bewaffnete nicht verschwunden, sondern hat nach wie vor die Oberhoheit. Und überhaupt's:"Gesellschaftliche Prozesse"! Der Bewaffnete (Ober-Macht, Ober-Mächtige) stand und steht in jeder gesellschaftlichen"Hierarchie" immer oben. Von dort aus kommen dann jene"Prozesse", inkl. Arbeitsteilung und Macht-Zessionen (Privilegien), wie oft genug dargestellt.
>Daran ändert auch das"stramm als erstes" der Hoheit nichts; wenn der Gerichtsvollzieher Steuerschuld eintreibt, kommt er es als erster dran. Aber darunter gibt es doch trotzdem weiterhin den Bäcker, der nur gegen Bezahlung bäckt, und die Bank, die nur gegen Zinsen leiht.
Nur leider ist der Abgabenherr und -eintreiber der Erste. Sein Bäcker war keinesfalls ein"freier Mann", sondern ihm unterworfen (vgl. allerfrüheste"Palast-" oder"Tempelökonomien"). In noch nicht von Abgaben- und Tributsystemen überraschten Stammes- oder Eigenhof-Ã-konomien fabrizierten Clans oder Familien ihr Brot selbst mit interner Distribution ganz ohne Geld. Stämme mit"Geld" (zu stammesinternen"Käufen") sehen wir nicht, auch Familien bezahlen ihre Leistungen untereinander nicht (die 5 Euro für Rasenmähen oder Autowaschen kommen jetzt bitte nicht als Gegenbeispiel).
Der Banker verleiht doch nicht, damit endlich auch die anderen etwas zum Handeln haben, sondern er verleiht das GZ/STZM (ursprünglich Abgabengut), das fällig war und bei Nichtablieferung Sanktionen nach sich zog, so dass dieser"Zins" (usura) den Sanktionskosten entsprach. Und weil diese sehr hoch waren (Zinsknechtschaft etc.), war auch der Zins entsprechend hoch (20 % p.a. und mehr). Dass dieser Zins nie und nimmer etwas mit einer"Leihe" zu produktiven oder gar investiven"Zwecken" zu tun haben konnte, beweisen Hunderttausende von Schuldurkunden, die, da die Schulden nicht erfüllbar waren, erhalten sind.
Piotr Steinkeller (Harvard) hat dies anhand von schönen Beispielen der ältesten bekannten Banker nachgewiesen (in: Debt and Economic Renewal).
Nach Deiner Theorie wären die Leute von einem kollektiven Geldleih-Wahn getrieben gewesen. Was mag sie wohl getrieben haben, sich zu 25, 40, sogar zu 100 % Geld zu leihen? Nicht einzelne, sondern ganze Bevölkerungen. Die Überschuldungs-Probleme waren so gewaltig, dass regelmäßig Clean Slates verkündet werden mussten. Dabei konnten sich gerade die paar Händler (produktive Investments mittels Geliehenem existierten nicht) nicht entschulden.
Klartext: Gestrichen wurden aufgelaufene und hochgebuchte Abgabenschulden. Passt wunderbar zu den aktuellen G-8-Mätzchen. Die Herren streichen nicht Guthaben/Kreditvergaben der Privaten, sondern solche, die gegen Staaten aufgelaufen sind und bürden sie somit der eigenen Bevölkerung auf.
Der Witz der heutigen Staatsschulden ist ja nicht, dass es Schulden von"Staaten" sind, sondern jene deren Bevölkerung, Klartext: Vertagte Abgabenschulden.
>Nur weil an irgendeiner Stelle die Macht, oft nur kurzfristig, an übergeordneter Stelle ist, fallen alle übrigen Ursachen nicht weg. Du willst mit Macht ja auch nicht den Weihnachsbaum erklären, und trotzdem gibt es ihn.
Wieso"kurzfristig"? Wann und wo hat die Macht jemals von sich aus und freiwillig die Waffen abgelegt? Wir reden nicht vom Weinachtsmann, sondern vom Herrscher. Herrschen heißt ja nicht, so da mal eben halt so rumhocken, sondern heißt: Kassieren (vgl. die assyrischen - und jede Menge anderer - Tributdarstellungen).
>Im Deinem Posting speicherst Du nun sogar Wert mit der Waffe. Wie soll das gehen? Du gehst ins Dorf des Nachbarstamms und forderst die Rausgabe der Rinder? Du lebst ungefähr noch eine Minute, und dies auch nur, weil alle völlig baff sind (mit der Waffe Wert über die Zeit bis ins Rentenalter zu speichern, ist erst recht fragwürdig).
Ist der Nachbarstamm bewaffnet, wird man ja sehen, wer obsiegt, also dauerhaft unterwerfen und Leistungen abfordern kann. An der (entsprechend überlegenen) Waffe führt kein Weg vorbei. Oder wie hätten die Spanier sonst die Neue Welt ausplündern und den Wert der spanischen Monarchie so lange halten können? Auf Karl V. folgte Philipp II., usw. Die Konstanz der Waffenmacht ist nicht an das Leben der Herrscher gebunden. Ist bei Demokratien genau so - oder hat Truman WKII nach Roosevelts Tod abgebrochen?
>Nun kannst Du einwenden, dann raubst Du die Rinder oder kommst mit Deinem ganzen Stamm und unterjochst und versklavst usw. Hat es alles zur Genüge gegeben. Auch heute noch gibt es Ladendiebe usw., aber eben auch Leute, die beim Bäcker zahlen. Und Du kannst nun nicht das normale Zahlen als Nicht-Existent postulieren, nur weil:"Waffe" (ich zitiere).
Das"normale Zahlen" ist ein Derivat des erzwungenen Zahlens, nicht umgekehrt. Und zum Zwang braucht es die Waffe. Was bei Verweigerung des"normalen Zahlens" passiert, ist bekannt: Machteinsatz.
>Also: Du kannst Phänomene nicht wegdiskutieren, nur weil andere Phänomene machtvoller sind. Den Händler gibt es, obwohl es auch den Räuber gibt.
Es geht nicht um"Machtvollere", sondern darum, was zuerst kam, bis heute geblieben ist und die somit Grundlage des anderen ist. Die ersten Händler (solche, die mit"Geld" operierten) waren royal agents (Reiter) und standen unter"königlichem" Schutz. Ein Schutz ohne Waffen ist nicht definierbar, vgl. auch das"Piraten"-Problem (sehr schön schon bei Pompeius).
>So kriegst Du meine Argumente nicht vom Tisch.
>Mal abgesehen davon, daß auch ich Macht und Gewalt miteinbeziehe, etwa beim Strafgeld.
>Positiv argumentierst Du natürlich auch, insbesondere in früheren Postings. Geldentstehung via Steuer.
Nein, via Tribut, konkret: externalisierte Machtfinanzierung. Die Verpflichteten können auch innerhalb des Machtbereichs leben (unterworfene und ins Staatsareal einbezogene Stämme oder Völker). Bei der kompletten Internalisierung der Abgaben ("moderne" Demokratien) werden die Kosten des Machterhalts (der Machtstrukturen) auf der Zeitachse vorgetragen ("Staatsschulden") und so getan, als würden sie nicht von der Bevölkerung, sondern von (noch)"unbekannten Wesen" bezahlt. Inzwischen ist man dahinter gekommen, dass es sich dabei um die myteriösen"kommenden Generationen" handle. Natürlich geht das schief.
Staatsmacht kann sich nur extern finanzieren, ansonsten siehe heute. Siehe aber auch schon Rom, Anfang 3. Jh.: Alle im Imperium erhielten das Bürgerrecht - wie schön. Und wer bezahlte jetzt den Machtapparat?
>Neben den historischen und völkerkundlichen Einwänden, daß dies nicht plausibel aus den Beobachtungen herausleitbar ist, bleiben verschiedene, bis heute unbeantwortete Einwände, etwa:
>- Wieso nimmt einer Herrscher zur Abgabe, was vorher keinen Wert hat? Damit kann er nichts anfangen. Zudem wäre er einem anderen Herrscher unterlegen, der als Abgabe etwas Wertvolles - Getreide, Vieh usw.- abfordert (womit dieser z.B. auch im Aussenhandel etwas anfangen könnte).
Die Abgabe beginnt immer mit der Naturalabgabe. Und mit der kann man etwas anfangen, nämlich das Machtsystem erhalten (sich und seine Leute durchfuttern)."Naturalgeld" gibt es nicht.
>- Wie kann etwas einen Wert im Markt erlangen und zum Geldgebrauch benutzt werden, weil man damit Steuern zahlen kann? Für die Steuer braucht man nur einmal im Jahr das Abgabengut einzuwechseln.
Umgekehrt: Jene, die Abgaben leisten mussten (also nicht der Herrscher und sein Machterhaltungs-Clan) mussten sie sich beschaffen. Der"Wert" ergibt sich niemals aus dem Haben, sondern aus dem Nicht-Haben zum TERMIN! Das"einmal im Jahr" (dann Haben oder nicht?!) entscheidet.
>Es gab (erinnerlich) noch mehr.
>Macht und Gewalt gab es (und es gibt sie noch), aber sie erklärt nicht das, was Du mit ihr erklären möächtest.
>Füge doch Deinem Debitismus das Tauschen hinzu, und nicht die Macht (bzw. diese an anderer Position).
Die Macht ist und bleibt die Nummer 1. Nur als eine der neueren Publikationen dazu: Saburo Sugiyama, Human Sacrifice, Militarism, and Rulership über Teotihuacan.
>>Spekulation gegen das GZ.
>Eben. Ist das GZ weg, ist der Wert Deines Goldes noch da.
Nein, da er in GZ gemessen wurde / wird. Oder wird der POG in Gold notiert?
>Deine Überlegung damals war doch nicht, daß Gold nach einem Abgang von USD usw. wertlos würde.
Damals nicht.
>Im übrigen, wenn mein friedvolles Wesen Basis meiner Geldtheorie ist, könnte Basis Deiner Machttheorie ja ein gewalttätiges Wesen sein. Das ist aber nicht der Fall.
Nein. Es geht um die Effizienz (Produktivität) der Macht (Waffe). Es ist (für den Machthalter) effizienter, die Waffe einzusetzen oder ihren Einsatz anzudrohen, als selbst zu malochen.
Entsprechend entspricht der Wert der Macht (Waffe) genau dem, was ich mit ihrer Hilfe abfordern kann (= nicht selbst leisten muss). Insofern sind die Amerikaner geradezu bescheiden im Vergleich zum (gemutmaßten) Irak oder Nordkorea. Aus Waffen kann man sehr wohl Pflugscharen machen, aber hinter den Pflug müssen sich die anderen stellen.
>Zwar scheint manches Schriftwerk von Dir von einer Art Krach-Bumm-Ader in Dir zu zeugen, das ist aber was anderes, eher die Erwartung eines Unterganges, und was die Qualität unseres Geldes angeht, liegst Du da nicht völlig verkehrt.
Wie gesagt: Macht-, Zwangs- und Abgabensysteme funktionieren nicht. Der Gewzungene wird sich zunächst etwas einfallen lassen (z.B. selbst produktiver an das Abgabengut zu kommen,"technischer Fortschritt" und so) und ist dies ausgereizt, beginnen die berühmte"Selbstverrentung des Kapitalismus", Stagnation, Krise und endlich der Fall.
Subsitenzsysteme (Gegensatz zu Obigen) können sich über Jahrtausende halten, Abgabensysteme enden früher oder später (und alle rätseln, warum). Das bekannte Phänomen von"Rise and Fall of Great Powers".
>Zudem trug diese Ader dazu bei, daß Du bereits in den Achtzigern als einer der ersten deutlich gewarnt hast. Nicht vergebens, wie ich denke, wenn auch frühestens nach dem jetzigen Zyklus.
Alles voll im Plan. Nur dass es so langsam alle merken, sogar der SPIEGEL.
Gruß zurück!
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R.Deutsch
03.07.2005, 16:45
@ dottore
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Re: Der Trick beruht schon lange nicht mehr auf Waffen und Gewalt.... |
-->
sondern etwas moderner auf Täuschung und Betrug. Wenn dottore schreibt:
An der (entsprechend überlegenen) Waffe führt kein Weg vorbei. Oder wie hätten die Spanier sonst die Neue Welt ausplündern und den Wert der spanischen Monarchie so lange halten können? Auf Karl V. folgte Philipp II., usw. Die Konstanz der Waffenmacht ist nicht an das Leben der Herrscher gebunden.
so stimmt das selbst für diese Zeit schon nicht mehr. Das meiste mit Macht erbeutete Silber ging schon bei der Überfahrt an Piraten verloren. Mal abgesehen vom Betrug am Fugger, haben sie sich dann in erster Linie durch Betrug am Volk (Velloninflation) über Wasser gehalten, wenn auch noch mit primitiver Macht (Todesstrafe) verbunden. Das ging so:
Alfonso hatte drei Vellonmünzen, auf die jeweils eine 10 als Wert aufgeprägt war. Die musste er innerhalb drei Wochen umtauschen in eine Vellonmünze, auf die eine 30 aufgeprägt war (Umstempeln). Die zwei anderen Vellonmünzen aus Kupfer bekam der Landesherr (natürlich nachdem sie ebenfalls umgestempelt waren). Auf diese Weise wurde das Land mit immer mehr Falschgeld überschwemmt, während das echte Geld (Gold und Silber) das Land verlassen hat.
Dieser Falschgeldtrick wurde dann immer weiter verfeinert und wird heute ohne Waffe, nur noch als Betrug verwendet (Generationenvertrag).
Gruß
R.Deutsch
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MausS
04.07.2005, 08:40
@ R.Deutsch
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Re: Zu dumm aber auch... |
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>sondern etwas moderner auf Täuschung und Betrug. Wenn dottore schreibt:
>An der (entsprechend überlegenen) Waffe führt kein Weg vorbei. Oder wie hätten die Spanier sonst die Neue Welt ausplündern und den Wert der spanischen Monarchie so lange halten können? Auf Karl V. folgte Philipp II., usw. Die Konstanz der Waffenmacht ist nicht an das Leben der Herrscher gebunden.
>so stimmt das selbst für diese Zeit schon nicht mehr. Das meiste mit Macht erbeutete Silber ging schon bei der Überfahrt an Piraten verloren. Mal abgesehen vom Betrug am Fugger, haben sie sich dann in erster Linie durch Betrug am Volk (Velloninflation) über Wasser gehalten, wenn auch noch mit primitiver Macht (Todesstrafe) verbunden. Das ging so:
>Alfonso hatte drei Vellonmünzen, auf die jeweils eine 10 als Wert aufgeprägt war. Die musste er innerhalb drei Wochen umtauschen in eine Vellonmünze, auf die eine 30 aufgeprägt war (Umstempeln). Die zwei anderen Vellonmünzen aus Kupfer bekam der Landesherr (natürlich nachdem sie ebenfalls umgestempelt waren). Auf diese Weise wurde das Land mit immer mehr Falschgeld überschwemmt, während das echte Geld (Gold und Silber) das Land verlassen hat.
>Dieser Falschgeldtrick wurde dann immer weiter verfeinert und wird heute ohne Waffe, nur noch als Betrug verwendet (Generationenvertrag).
>Gruß
>R.Deutsch
[b]... dass immer nur die mit den stärksten Waffen in der Hinterhand den großen Betrug durchziehen konnten und können.
Ein Betrüger ohne Macht - wie will der AUSDAUERND betrügen?
Das kann nicht einmal die Kirche - die sich deshalb regelmäßig bei Bedarf mit der"weltlichen" Macht aktiv verbündet, sie aber zumindest beständig hofiert (siehe DDR, UdSSR).
Wieso sitzten die wahren Herrscher über das derzeitige Weltgeld Dollar gerade dort, wo die größte Konzentration militätischer Gewaltmittel beheimatet ist?
Zufall oder Kausalität?
Nein, Dottore hat ganz einach Recht mit seinen Feststellungen.
Interessant ist, warum sich die menschliche Gesellschaft so entwickelt hat.
Und wer da dahinter steigt, wird sich (leider) der unbedingten Zwangsläufigkeit dieser Entwicklung bewußt werden müssen.
Aber das ist schon die nächste Geschichte...
Wer aber davor scheut, der hat verständlicherweise Probleme damit, Dottores"Theorie der Macht" (nenne ich mal so) zu folgen.
Grüße
mauss
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Dimi
10.07.2005, 12:47
@ dottore
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Re: Der Krieg ist ein Vater des Lärms - Dottore |
-->Lieber Dottore,
bitte entschuldige die verspätete Antwort. Man muß so viel für die Steuern arbeiten, daß man nicht mehr zu den wichtigen Dingen kommt. ;-)
>Geht doch schon am Schulhof los. Der Klassen-"Stärkste" mit seinem Clan erhält von der Gruppe der Unterlegenen alles Mögliche, von der Cola bis zum Joint. Das machen die"Schwächeren", um nicht unentwegt weiter verkloppt zu werden. Vgl. Peer-Theorie ausführlicher.
Dein"Schulhofmodell" ist zwar möglich und erklärt manches, die heutige Lage aber nicht. Es gab doch durchaus (zumindest z.B. in den Sechzigern, als noch was zu machen war) die Möglichkeit, eine Partei zu gründen und zu wählen, die den Staat begrenzt und keine Schulden macht. Aber die Menschen wollten das nicht, sie wollten höheren Renten und alles mögliche, was seriös nicht finanzierbar war. Dabei wären die Abstriche marginal gewesen (und heute zig-mal aufgeholt). Wem willst Du jetzt die Vorwürfe machen, den Politikern, die sich wählen lassen und nur gewählt werden, wenn sie Versprechungen machen ("blühende Landschaften"), oder den Wählern, die nur Politiker wählen, die ihnen Versprechungen machen?
Weitere Gründe seien noch erwähnt, von der gelegentlichen Dummheit und Unfähigkeit über die grundsätzliche Schwierigkeit, Strukturen und Regeln zu schaffen, die allen Situationen und Individuen gerecht werden, bis hin zu Filz und Bestechung.
Diese Dinge sind natürlich unbequem, da sie die Unmöglichkeit in sich tragen, daß es je eine"perfekte" Lösung geben wird.
>Beim Raub nicht, sondern beim perpetuierten Raub, also dem Tribut. Der Tribut muss in dem entrichtet werden, was dann Geld wird und zwar, nachdem es zum Beibehalten des Tributsystems wieder verausgabt wird - also"zirkuliert".
Liegt hier nicht ein Logikfehler vor? Die Frage lautet dabei nicht, wie zu Geld werden kann, was der Herrscher als Abgabe bestimmt - dies wäre eventuell möglich.
Der Einwand lautet umgekehrt: Wie kann der Herrscher etwas als Abgabe festlegen, das keinen Wert hat. Die Droge muß noch gefunden werden, die einen Herrscher die Entscheidung fällen läßt, etwas Wertloses einzufordern. Eine solche Vorgehensweise ist undenkbar, ein Herrscher möchte genausowenig wie irgendjemand anderer etwas Wertloses, er kann doch nicht ahnen, daß daraus Geld werden würde.
Wenn es stimmte, daß Geld aus der Abgabe entsteht, machte dies die Folge, das entstandene Geld, zur Voraussetzung, nämlich der Werthaltigkeit des Abgabengutes.
Das war ja auch einer meiner ersten Einwände gegen die Abgabentheorie der Geldentstehung (Muscheldiskussion), nun scheint es zu sein, daß Du ein bischen darauf eingehst, indem Du Gerste als erstes Geld anführst:
>So erscheint als erstes Geld im Nahen Osten Gerste (Wiederausgabe, um die nicht arbeitenden, da in Bereitschaft stehenden, Krieger zu ernähren)
Gerste ist natürlich auch ohne Abgabensystem etwas wert; inwiefern erst die Abgabe Gerste zu Geld macht, bleibt offen.
>Geld ist ein Kriegskind, nichts anderes.
Krieg ist das Kind von Egozentrik, Rachsucht, Gier und dergleichen, und der Vater von Tod und Zerstörung. Der Krieg ist kein (oder nur sehr selten, und auch diese Beispiele sind fraglich) Schöpfer von guten oder nützlichen Dingen, wozu Geld zählt. Es gibt das Hohelied der Liebe, aber nicht das des Krieges.
>>Daran ändert auch das"stramm als erstes" der Hoheit nichts; wenn der Gerichtsvollzieher Steuerschuld eintreibt, kommt er es als erster dran. Aber darunter gibt es doch trotzdem weiterhin den Bäcker, der nur gegen Bezahlung bäckt, und die Bank, die nur gegen Zinsen leiht.
>Nur leider ist der Abgabenherr und -eintreiber der Erste.
Aber das begründet keine Kausalität.
>Nach Deiner Theorie wären die Leute von einem kollektiven Geldleih-Wahn getrieben gewesen.
Davon habe ich nicht gesprochen.
Meine seinerzeitigen Einwände in bezug auf die Zinsthematik bestehen weiter.
>>- Wieso nimmt einer Herrscher zur Abgabe, was vorher keinen Wert hat? Damit kann er nichts anfangen. Zudem wäre er einem anderen Herrscher unterlegen, der als Abgabe etwas Wertvolles - Getreide, Vieh usw.- abfordert (womit dieser z.B. auch im Aussenhandel etwas anfangen könnte).
>Die Abgabe beginnt immer mit der Naturalabgabe. Und mit der kann man etwas anfangen, nämlich das Machtsystem erhalten (sich und seine Leute durchfuttern)."Naturalgeld" gibt es nicht.
Dottore, bitte! Gerade mit Geld - Silber, Muscheln etc. - kann man keine Leute durchfüttern.
Dieser Einwand ist doch nicht entkräftet, indem jetzt die Naturalabgabe vorangestellt wird. Das weißt Du doch.
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Du hast zu Recht Umlauf-, Tausch- und Mengenauffassungen des Geldes kritisiert und die Zeitablauf-, Kredit- und Zessionsauffassung gegenübergestellt, und zwar eigenständig, ohne den Kredit als Derivat des umlaufenden Geldes aufzufassen. Hut ab.
Nun ist die Lösung aber nicht, Tausch, Umlauf usw. als Derivat des Kredits aufzufassen (wie Deine frühere Auffassung), noch, der Macht eine neue, quasi überdimensionale Funktion zuzuweisen (Deine derzeitigen Überlegungen). Vielmehr besteht die Lösung in einer Parallelsicht von beiden Aufassungen.
Indem man den Tausch in sein Weltbild mitaufnimmt, wird der Kredit nicht zum Derivat des Tausches, sondern beide können nebeneinander stehen.
Irgendwann wird dies geschehen.
Was im übrigen an Deinen Thesen auffällt ist, daß Du immer wieder den Staat als"Problem" identifizierst, nicht aber den Menschen (früher (in den Büchern) hast Du erinnerlich den Menschen stärker einbezogen). Das hat natürlich viele Vorteile - vor allem: man ist selbst außen vor ;-) - allerdings dringt man nicht in die Tiefe vor, sondern an den Ursachen vorbei.
Es gibt verschiedene menschliche Verhaltensweisen, die stets die Neigung in sich tragen, zur Verschuldung zu führen. Dazu zähle ich, daß man gerne mehr nimmt als gibt - auch gegenüber der Gemeinschaft, welche Form diese auch immer hat. Dazu gehört auch, daß man lieber heute ein großes Auto fährt - um dem Nachbarn, der Freundin oder wem auch immer zu imponieren - als ein ausgeglichenes Konto zu haben. Gegen diese Tendenzen muß man sich eigens wappnen (z.B. mit dem Vorsatz, sich nicht zu verschulden). Gesellschaften, denen dies nicht gelingt, werden immer wieder in die Verschuldung abrutschen.
Im übrigen, wenn Du erlaubst, sind wir"Kinder der Freien", es gibt keinen Grund, sich als Beherrschter zu sehen.
Gruß, Dimi
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dottore
10.07.2005, 18:22
@ Dimi
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Re:"Alle halten Schwerter, sind geübt im Kampf" (Hohelied Salomos) |
-->Lieber Dimi,
>bitte entschuldige die verspätete Antwort. Man muß so viel für die Steuern arbeiten, daß man nicht mehr zu den wichtigen Dingen kommt. ;-)
Da isses ja schon wieder. Schlag nach bei Schumpeter: Der publizierte 1918 "Der Steuerstaat", eine bahnbrechende Schrift und - so <b<Peter F. Drucker[/b] - so etwas wie die Basis ökonomischer Betrachtungen, die diesen Namen verdienen:
"Traditional Economic Theory, he (Schumpeter) pointed out, had focused on the actions of individuals and their organizations wihtin a society.
Government (that is Der Staat) was seen in traditional theory as separate from, and outside of, the economy. Its laws and actions, whether taxes, tariffs or monopolies had of course profound impacts on economic behavior. But they were nit themselves part of the economy any more than property laws or inheritance laws."
Nun hat sich bekanntlich Keynes mit seinen Theorien auf Schumpeters Steuerstaat gestützt, der Rest (moderne"Makro-Theorie") ist geläufig.
Was natürlich fehlt, ist eine ökonomische Analyse des Staats vor dem Steuerstaat. Schumpeter behilft sich mit dem Begriff"Domänenstaat", ohne diesen weiter in die Vergangenheit zu verfolgen. Kein Vorwurf, denn die immense Faktenfülle, die seit seinem Tod (1950) über die sog."alten Kulturen" zu Tage getreten ist, war ihm unbekannt.
Es gab zwar staats-und fremdherrschaftsfreie Organisationen (Stämme insbesondere), aber der direkte - und durch nichts unterbrochene - Weg von den Abgaben- und Tributherrschaften des Nahen Ostens über das antike Griechenland und Rom bis zum heutigen sog."modernen Kapitalismus" mit Eigentum, Geld, Märkten, Termin, Abgaben, Zins, Gesellschaften (auch auf Aktien), Vollstreckung, Haftung, Börsen usw., usw. ist ganz eindeutig.
Oder so: Ein damaliger Assyrer (Sumerer, Chaldäer, Babylonier) würde sich nach ganz kurzer Zeit (Sprache und so) in der Jetztzeit bestens auskennen und so wirtschaften wie er es vor 3000 oder 4000 Jahren auch bewältigt hatte (einzige Ausnahme: er würde sich wundern, dass Sklaverei als Eigentum an Menschen und/oder Schuldknechtschaft verschwunden seien, dann aber schnell erkennen, dass dieses Institut durch das subtilere der allgemeinen Personalsteuerpflicht ersetzt worden ist; sogar zeitgleich, wie das Beispiel von Abraham Lincoln zeigt).
Dieser Weg durch die Jahrtausende startete also nicht in irgendwelchen Stammes- oder Geschenke-Tausch-Gesellschaften, die keinerlei wirtschaftliche"Dynamik" (modern:"Wachstumsdynamik") entwickeln, sondern auf Subsitenz-Niveau dahinleben (und dabei keineswegs"unglücklich" sind - es sei denn der"Cargo-Kult" bringt sie in Verwirrung). Sondern an seinem Anfang steht die Surplus-Erzwingung bei den Subsistenzlern durch Eroberer- und Herrscher-Völker.
Die folgende Entwicklung sehr schön bei Norman Yoffee, Myths of the Archaic State, als Ausmessungen des Startpunkts: Susan Pollock, Ancient Mesopotamia (Überblick), Harriet Crawford, Sumer and he Sumerians, für eines der Ost-West-Scharniere (demnächst): Simon Stoddart, Power and Place in Ertruria und Kristiansen/Larsson, The Rise of Bronce Age Society - dazu die zahlreichen schon erwähnten Publikationen.
>>Geht doch schon am Schulhof los. Der Klassen-"Stärkste" mit seinem Clan erhält von der Gruppe der Unterlegenen alles Mögliche, von der Cola bis zum Joint. Das machen die"Schwächeren", um nicht unentwegt weiter verkloppt zu werden. Vgl. Peer-Theorie ausführlicher.
>Dein"Schulhofmodell" ist zwar möglich und erklärt manches, die heutige Lage aber nicht. Es gab doch durchaus (zumindest z.B. in den Sechzigern, als noch was zu machen war) die Möglichkeit, eine Partei zu gründen und zu wählen, die den Staat begrenzt und keine Schulden macht.
Eine solche"Minimalstaats-Partei" ist eine in die nicht mehr herbeiholbare (und post festum nicht mehr diskutierbare) Vergangenheit, als bekanntlich immer alles besser war bzw. besser hätte gemacht werden können, und ergo in eine Nicht-Zeit transportierte utopische Chimäre. Wer hätte sie in dieser Zeit, da Konjunktur- und monetaristische Programme unschlagbar waren überhaupt gewählt? Kein Mensch, da er sich selbst leicht ersichtlich verschlechtert hätte. Als ich damals mit dem Grafen Lambsdorff mit solchen Gedanken durch die Lande zog, wurde uns der Vogel gezeigt. Als Herbert Kremp (damals Chef der WELT) auf mein Anraten hin die Privatisierung von Bahn, Post usw. vorschlug, wurde er im TV-Studio von Moderator & Gästen ausgelacht.
Also mit solchen"Wenn nur damals, dann..."-Argumenten geht es leider nicht.
>Aber die Menschen wollten das nicht, sie wollten höheren Renten und alles mögliche, was seriös nicht finanzierbar war.
Sie wollten es nicht und werden es auch niemals wollen.
>Dabei wären die Abstriche marginal gewesen (und heute zig-mal aufgeholt). Wem willst Du jetzt die Vorwürfe machen, den Politikern, die sich wählen lassen und nur gewählt werden, wenn sie Versprechungen machen ("blühende Landschaften"), oder den Wählern, die nur Politiker wählen, die ihnen Versprechungen machen?
Wieso denn"Vorwürfe"? Jeder lebt nur einmal und versucht, sein Leben möglichst so zu konstruieren, dass er dazu ein Maximum von anderen zur freien Verfügung erhält. Andernfalls sind die Pforten der Klöster Tag und Nacht geöffnet.
>Weitere Gründe seien noch erwähnt, von der gelegentlichen Dummheit und Unfähigkeit über die grundsätzliche Schwierigkeit, Strukturen und Regeln zu schaffen, die allen Situationen und Individuen gerecht werden, bis hin zu Filz und Bestechung.
>Diese Dinge sind natürlich unbequem, da sie die Unmöglichkeit in sich tragen, daß es je eine"perfekte" Lösung geben wird.
Nicht nur die gibt es in Abgabenwirtschaften nicht, sondern leider überhaupt keine. Zwang ist wider die menschliche Natur und früher oder später wird es der Zwingherr, egal in welcher Verkleidung er auftritt, am eigénen Leibe erfahren müssen.
>>Beim Raub nicht, sondern beim perpetuierten Raub, also dem Tribut. Der Tribut muss in dem entrichtet werden, was dann Geld wird und zwar, nachdem es zum Beibehalten des Tributsystems wieder verausgabt wird - also"zirkuliert".
>Liegt hier nicht ein Logikfehler vor? Die Frage lautet dabei nicht, wie zu Geld werden kann, was der Herrscher als Abgabe bestimmt - dies wäre eventuell möglich.
Dass die herrschaftliche Zwangseinnahme vor ihrer Thesaurierung oder (Geld-Zirkulationsfall) Wiederausgabe liegt, die danach wieder zur Zwangseinnahme wird, kann nicht bestritten werden.
>Der Einwand lautet umgekehrt: Wie kann der Herrscher etwas als Abgabe festlegen, das keinen Wert hat.
Der"Wert" liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.
>Die Droge muß noch gefunden werden, die einen Herrscher die Entscheidung fällen läßt, etwas Wertloses einzufordern.
Zunächst hat er Naturalien eingefordert, reicht von Getreide (Gerste-Standard in Mesopotamien) bis zum Waffenmetall (Cu- und Sn-Steuer), was - da riskant - abgebrochen wurde. Aus dem Getreidestandard wurde der auf Getreidekörnern ("grain" als Gewichtseinheit bis heute!) basierende Gewichtsstandard, im besagten Falle: Silber in Standardeinheit"Shekel" (= ca. 180 Körner).
Das Silber wurde dann als Tribut abgefordert und thesauriert (vgl. die fast 200 Tonnen, die Alexander beheben konnte). Das abgeforderte Silber konnte entweder selsbt fabriziert werden (Läger erschöpften sich) oder bei der Tempelbank ausgeliehen werden (20 % - entspricht dem heutigen ZB-System) oder die Tributpflichtigen beschafften es sich bei jenen, die es selbst kassieren konnten (tax farming, Söldner, letztere nahmen es gern, da sie es ja jederzeit bei den Verpflichteten in den von denen zu erbringenden Leistungen und Gütern"eintauschen" konnten, womit ganz zwanglos die ersten"Preise" (Leistungen in Silber gemessen) entstanden und das"Wirtschaften" startete (Kauf, Kauf auf Termin, auf Kredit usw.).
>Eine solche Vorgehensweise ist undenkbar, ein Herrscher möchte genausowenig wie irgendjemand anderer etwas Wertloses, er kann doch nicht ahnen, daß daraus Geld werden würde.
Getreide (und vergleichbare Naturalien) war(en) nicht wertlos. Die sich daraus ergebende Parität Getreide/Silber war nichts anderes als eine herrschaftlich gesetzte Gewichts-Parität. Der"Wert" des Silbers leitete sich also aus dem des Getreides ab. Umso einfacher war es dann, Silber als Tribut zu fordern (Herodot in aller Ausführlichkeit; die Perser, um die es bei ihm geht, hatten bekanntlich nirgends auch nur einen einzigen Markt).
>Wenn es stimmte, daß Geld aus der Abgabe entsteht, machte dies die Folge, das entstandene Geld, zur Voraussetzung, nämlich der Werthaltigkeit des Abgabengutes.
Erst die Abgabe, dann die Verwendung zu Machterhaltungszwecken (Ernährung u.a. der eigenen Krieger), dann das Nicht-Waffenmetall Silber als Gewichtseinheit in Parität zur Naturalie. Dann das Silber als Tribut, mit dessen Hilfe auch fremde Machterhalter (Söldner) gekauft werden konnten (die ihr Silber ihrerseits jederzeit an Tributverpflichtete losschlagen konnten, siehe eben).
Die Abgabe hat für den Herrscher nur"Wert", wenn er mit ihrer Hilfe seine Macht halten kann (was auch sonst?). Eine Werthaltigkeit"an sich" gibt es nicht.
>Das war ja auch einer meiner ersten Einwände gegen die Abgabentheorie der Geldentstehung (Muscheldiskussion), nun scheint es zu sein, daß Du ein bischen darauf eingehst, indem Du Gerste als erstes Geld anführst:
>>So erscheint als erstes Geld im Nahen Osten Gerste (Wiederausgabe, um die nicht arbeitenden, da in Bereitschaft stehenden, Krieger zu ernähren)
>Gerste ist natürlich auch ohne Abgabensystem etwas wert; inwiefern erst die Abgabe Gerste zu Geld macht, bleibt offen.
Gerste (siehe ausführlich Johannes Renger dazu) war Kleingeld (das berühmte Beispiel der Schankwirtin) und für große Operationen mangels Zirkulationsfähigkeit auf Dauer nicht zu gebrauchen. Daher liegen die ersten Machtzentren ziemlich eng beeinander (vgl. auch Meso-Amerika). Zur Bildung der bekannten"großen Imperien" war das Edelmetall-Tribut - Söldner-Zahlung - Rückkehr zum Tributpflichtigen - erneuter Tribut - Modell unabdingbar. Es sei denn, man konnte"zwischendurch" Vorräte für die Truppen auf Lager legen.
>>Geld ist ein Kriegskind, nichts anderes.
>Krieg ist das Kind von Egozentrik, Rachsucht, Gier und dergleichen, und der Vater von Tod und Zerstörung. Der Krieg ist kein (oder nur sehr selten, und auch diese Beispiele sind fraglich) Schöpfer von guten oder nützlichen Dingen, wozu Geld zählt. Es gibt das Hohelied der Liebe, aber nicht das des Krieges.
"Siehe, es ist die Sänfte Salomos; sechzig Starke sind um sie her von den Starken in Israel.
Alle halten sie Schwerter und sind geübt im Kampf.
Ein jeder hat sein Schwert an der Hüfte gegen die Schrecken der Nacht..."
Also? Kein"Hohelied der Liebe" ohne Bodyguards, Schwerter und geübte Kämpfer.
>>>Daran ändert auch das"stramm als erstes" der Hoheit nichts; wenn der Gerichtsvollzieher Steuerschuld eintreibt, kommt er es als erster dran. Aber darunter gibt es doch trotzdem weiterhin den Bäcker, der nur gegen Bezahlung bäckt, und die Bank, die nur gegen Zinsen leiht.
>>Nur leider ist der Abgabenherr und -eintreiber der Erste.
>Aber das begründet keine Kausalität.
Was heißt denn dann"darunter gibt es"? Dann ist das"darüber" was? Haben die"darunter" Tribut und Abgaben erfunden? Hat sich das"Volk" mit dem"Zehnten" selbst beglückt? Mehrheitlich abgestimmt? Oder im Akklamationsverfahren? Liest sich nach meinem Verständnis ganz anders.
>>Nach Deiner Theorie wären die Leute von einem kollektiven Geldleih-Wahn getrieben gewesen.
>Davon habe ich nicht gesprochen.
>Meine seinerzeitigen Einwände in bezug auf die Zinsthematik bestehen weiter.
Wo bitte ist ein einziger Beleg für ein privates Zins-, also Verschuldungsgeschäft, das vor den Beginn der Tribut- und Abgabenwirtschaften zu datieren wäre? Die älteste Urkunde (Epigraphik), die das Wort"Schuld" aufführt bezeichnet eine solche zwischen Lagash und einer Nachbarstadt (vgl. Königsinschriften).
>>>- Wieso nimmt einer Herrscher zur Abgabe, was vorher keinen Wert hat? Damit kann er nichts anfangen. Zudem wäre er einem anderen Herrscher unterlegen, der als Abgabe etwas Wertvolles - Getreide, Vieh usw.- abfordert (womit dieser z.B. auch im Aussenhandel etwas anfangen könnte).
>>Die Abgabe beginnt immer mit der Naturalabgabe. Und mit der kann man etwas anfangen, nämlich das Machtsystem erhalten (sich und seine Leute durchfuttern)."Naturalgeld" gibt es nicht.
>Dottore, bitte! Gerade mit Geld - Silber, Muscheln etc. - kann man keine Leute durchfüttern.
Weshalb dieses"Geld" aus der Naturalabgabe in Parität zu dieser (!) entstanden ist (s. bitte oben). Der Übergang von der Natural- zur Metallabgabe ist nun wirklich hinreichend dokumentiert, man erinnere sich nur an die Umstände im 14./15. Jh.
>Dieser Einwand ist doch nicht entkräftet, indem jetzt die Naturalabgabe vorangestellt wird. Das weißt Du doch.
Es gibt schlicht kein"Geld" (kursant, also nicht wergilt-Typen), das vor der Zwangsabgabe erschienen wäre.
>_________
>
>Du hast zu Recht Umlauf-, Tausch- und Mengenauffassungen des Geldes kritisiert und die Zeitablauf-, Kredit- und Zessionsauffassung gegenübergestellt, und zwar eigenständig, ohne den Kredit als Derivat des umlaufenden Geldes aufzufassen. Hut ab.
>Nun ist die Lösung aber nicht, Tausch, Umlauf usw. als Derivat des Kredits aufzufassen (wie Deine frühere Auffassung), noch, der Macht eine neue, quasi überdimensionale Funktion zuzuweisen (Deine derzeitigen Überlegungen). Vielmehr besteht die Lösung in einer Parallelsicht von beiden Aufassungen.
Wer hätte da parallel, also gleichzeitig zusammensitzen sollen? Die"Privaten" (die es überhaupt nicht gegeben hat, da jedermann von einem Oberhund abhängig war und an ihn leisten musste - außer dem grundherrlichen bzw. Herrscher-Clan) und der von ihnen gleichzeitig inthronisierte"Herrscher". Und dann hatten alle zusammen ihr Heureka-Erlebnis: Klasse, endlich haben wir Geld erfunden, etwas, das sich sowohl für Handel & Wandel als auch praktischerweise gleich noch als Zwangsabgabe eignet.
>Indem man den Tausch in sein Weltbild mitaufnimmt, wird der Kredit nicht zum Derivat des Tausches, sondern beide können nebeneinander stehen.
>Irgendwann wird dies geschehen.
>Was im übrigen an Deinen Thesen auffällt ist, daß Du immer wieder den Staat als"Problem" identifizierst, nicht aber den Menschen (früher (in den Büchern) hast Du erinnerlich den Menschen stärker einbezogen). Das hat natürlich viele Vorteile - vor allem: man ist selbst außen vor ;-) - allerdings dringt man nicht in die Tiefe vor, sondern an den Ursachen vorbei.
Du identifizierst den"Staat" als Nicht-Problem? Im Ernst?
>Es gibt verschiedene menschliche Verhaltensweisen, die stets die Neigung in sich tragen, zur Verschuldung zu führen. Dazu zähle ich, daß man gerne mehr nimmt als gibt - auch gegenüber der Gemeinschaft, welche Form diese auch immer hat. Dazu gehört auch, daß man lieber heute ein großes Auto fährt - um dem Nachbarn, der Freundin oder wem auch immer zu imponieren - als ein ausgeglichenes Konto zu haben. Gegen diese Tendenzen muß man sich eigens wappnen (z.B. mit dem Vorsatz, sich nicht zu verschulden). Gesellschaften, denen dies nicht gelingt, werden immer wieder in die Verschuldung abrutschen.
Das ist schon richtig. Aber Du übersiehst die Schuld ex nihilo. Die kann nur die Macht mit Waffenzwang in die Welt setzen - und die darob Verschuldeten wundern sich, dass sie zahlen müssen - ohne sich vorher etwas geliehen zu haben.
>Im übrigen, wenn Du erlaubst, sind wir"Kinder der Freien", es gibt keinen Grund, sich als Beherrschter zu sehen.
Dann verschwende Deine Zeit nicht an Steuererklärungen, sondern spar Dir diese. Deine"Freiheit" wird dann nicht etwa grenzenlos sein, sondern sich auf das bekannte 2 x 5 (oder so) m große Areal in einer JVA beschränken.
Besten Dank für die Einwände und scharfsinnigen Beobachtungen und herzlichen Gruß!
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dottore
11.07.2005, 10:28
@ dottore
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Lieber Dimi,
>>bitte entschuldige die verspätete Antwort. Man muß so viel für die Steuern arbeiten, daß man nicht mehr zu den wichtigen Dingen kommt. ;-)
Da isses ja schon wieder. Schlag nach bei Schumpeter: Der publizierte 1918 "Der Steuerstaat", eine bahnbrechende Schrift und - so Peter F. Drucker - so etwas wie die Basis ökonomischer Betrachtungen, die diesen Namen verdienen:
"Traditional Economic Theory, he (Schumpeter) pointed out, had focused on the actions of individuals and their organizations wihtin a society.
Government (that is Der Staat) was seen in traditional theory as separate from, and outside of, the economy. Its laws and actions, whether taxes, tariffs or monopolies had of course profound impacts on economic behavior. But they were nit themselves part of the economy any more than property laws or inheritance laws."
Nun hat sich bekanntlich Keynes mit seinen Theorien auf Schumpeters Steuerstaat gestützt, der Rest (moderne"Makro-Theorie") ist geläufig.
>Was natürlich fehlt, ist eine ökonomische Analyse des Staats vor dem Steuerstaat. Schumpeter behilft sich mit dem Begriff"Domänenstaat", ohne diesen weiter in die Vergangenheit zu verfolgen. Kein Vorwurf, denn die immense Faktenfülle, die seit seinem Tod (1950) über die sog."alten Kulturen" zu Tage getreten ist, war ihm unbekannt.
Es gab zwar staats-und fremdherrschaftsfreie Organisationen (Stämme insbesondere), aber der direkte - und durch nichts unterbrochene - Weg von den Abgaben- und Tributherrschaften des Nahen Ostens über das antike Griechenland und Rom bis zum heutigen sog."modernen Kapitalismus" mit Eigentum, Geld, Märkten, Termin, Abgaben, Zins, Gesellschaften (auch auf Aktien), Vollstreckung, Haftung, Börsen usw., usw. ist ganz eindeutig.
Oder so: Ein damaliger Assyrer (Sumerer, Chaldäer, Babylonier) würde sich nach ganz kurzer Zeit (Sprache und so) in der Jetztzeit bestens auskennen und so wirtschaften wie er es vor 3000 oder 4000 Jahren auch bewältigt hatte (einzige Ausnahme: er würde sich wundern, dass Sklaverei als Eigentum an Menschen und/oder Schuldknechtschaft verschwunden seien, dann aber schnell erkennen, dass dieses Institut durch das subtilere der allgemeinen Personalsteuerpflicht ersetzt worden ist; sogar zeitgleich, wie das Beispiel von Abraham Lincoln zeigt).
Dieser Weg durch die Jahrtausende startete also nicht in irgendwelchen Stammes- oder Geschenke-Tausch-Gesellschaften, die keinerlei wirtschaftliche"Dynamik" (modern:"Wachstumsdynamik") entwickeln, sondern auf Subsitenz-Niveau dahinleben (und dabei keineswegs"unglücklich" sind - es sei denn der"Cargo-Kult" bringt sie in Verwirrung). Sondern an seinem Anfang steht die Surplus-Erzwingung bei den Subsistenzlern durch Eroberer- und Herrscher-Völker.
Die folgende Entwicklung sehr schön bei Norman Yoffee, Myths of the Archaic State, als Ausmessungen des Startpunkts: Susan Pollock, Ancient Mesopotamia (Überblick), Harriet Crawford, Sumer and he Sumerians, für eines der Ost-West-Scharniere (demnächst): Simon Stoddart, Power and Place in Ertruria und Kristiansen/Larsson, The Rise of Bronce Age Society - dazu die zahlreichen schon erwähnten Publikationen.
>>Geht doch schon am Schulhof los. Der Klassen-"Stärkste" mit seinem Clan erhält von der Gruppe der Unterlegenen alles Mögliche, von der Cola bis zum Joint. Das machen die"Schwächeren", um nicht unentwegt weiter verkloppt zu werden. Vgl. Peer-Theorie ausführlicher.
>Dein"Schulhofmodell" ist zwar möglich und erklärt manches, die heutige Lage aber nicht. Es gab doch durchaus (zumindest z.B. in den Sechzigern, als noch was zu machen war) die Möglichkeit, eine Partei zu gründen und zu wählen, die den Staat begrenzt und keine Schulden macht.
Eine solche"Minimalstaats-Partei" ist eine in die nicht mehr herbeiholbare (und post festum nicht mehr diskutierbare) Vergangenheit, als bekanntlich immer alles besser war bzw. besser hätte gemacht werden können, und ergo in eine Nicht-Zeit transportierte utopische Chimäre. Wer hätte sie in dieser Zeit, da Konjunktur- und monetaristische Programme unschlagbar waren überhaupt gewählt? Kein Mensch, da er sich selbst leicht ersichtlich verschlechtert hätte.
Als ich damals mit dem Grafen Lambsdorff mit solchen Gedanken durch die Lande zog, wurde uns der Vogel gezeigt. Als Herbert Kremp (damals Chef der WELT) auf mein Anraten hin die Privatisierung von Bahn, Post usw. vorschlug, wurde er im TV-Studio von Moderator & Gästen ausgelacht.
Also mit solchen"Wenn nur damals, dann..."-Argumenten geht es leider nicht.
>Aber die Menschen wollten das nicht, sie wollten höheren Renten und alles mögliche, was seriös nicht finanzierbar war.
Sie wollten es nicht und werden es auch niemals wollen.
>Dabei wären die Abstriche marginal gewesen (und heute zig-mal aufgeholt). Wem willst Du jetzt die Vorwürfe machen, den Politikern, die sich wählen lassen und nur gewählt werden, wenn sie Versprechungen machen ("blühende Landschaften"), oder den Wählern, die nur Politiker wählen, die ihnen Versprechungen machen?
Wieso denn"Vorwürfe"? Jeder lebt nur einmal und versucht, sein Leben möglichst so zu konstruieren, dass er dazu ein Maximum von anderen zur freien Verfügung erhält. Andernfalls sind die Pforten der Klöster Tag und Nacht geöffnet.
>Weitere Gründe seien noch erwähnt, von der gelegentlichen Dummheit und Unfähigkeit über die grundsätzliche Schwierigkeit, Strukturen und Regeln zu schaffen, die allen Situationen und Individuen gerecht werden, bis hin zu Filz und Bestechung.
>Diese Dinge sind natürlich unbequem, da sie die Unmöglichkeit in sich tragen, daß es je eine"perfekte" Lösung geben wird.
Nicht nur die gibt es in Abgabenwirtschaften nicht, sondern leider überhaupt keine. Zwang ist wider die menschliche Natur und früher oder später wird es der Zwingherr, egal in welcher Verkleidung er auftritt, am eigénen Leibe erfahren müssen.
>>Beim Raub nicht, sondern beim perpetuierten Raub, also dem Tribut. Der Tribut muss in dem entrichtet werden, was dann Geld wird und zwar, nachdem es zum Beibehalten des Tributsystems wieder verausgabt wird - also"zirkuliert".
>Liegt hier nicht ein Logikfehler vor? Die Frage lautet dabei nicht, wie zu Geld werden kann, was der Herrscher als Abgabe bestimmt - dies wäre eventuell möglich.
Dass die herrschaftliche Zwangseinnahme vor ihrer Thesaurierung oder (Geld-Zirkulationsfall) Wiederausgabe liegt, die danach wieder zur Zwangseinnahme wird, kann nicht bestritten werden.
>Der Einwand lautet umgekehrt: Wie kann der Herrscher etwas als Abgabe festlegen, das keinen Wert hat.
Der"Wert" liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.
>Die Droge muß noch gefunden werden, die einen Herrscher die Entscheidung fällen läßt, etwas Wertloses einzufordern.
Zunächst hat er Naturalien eingefordert, reicht von Getreide (Gerste-Standard in Mesopotamien) bis zum Waffenmetall (Cu- und Sn-Steuer), was - da riskant - abgebrochen wurde. Aus dem Getreidestandard wurde der auf Getreidekörnern ("grain" als Gewichtseinheit bis heute!) basierende Gewichtsstandard, im besagten Falle: Silber in Standardeinheit"Shekel" (= ca. 180 Körner).
Das Silber wurde dann als Tribut abgefordert und thesauriert (vgl. die fast 200 Tonnen, die Alexander beheben konnte). Das abgeforderte Silber konnte entweder selsbt fabriziert werden (Läger erschöpften sich) oder bei der Tempelbank ausgeliehen werden (20 % - entspricht dem heutigen ZB-System) oder die Tributpflichtigen beschafften es sich bei jenen, die es selbst kassieren konnten (tax farming, Söldner, letztere nahmen es gern, da sie es ja jederzeit bei den Verpflichteten in den von denen zu erbringenden Leistungen und Gütern"eintauschen" konnten, womit ganz zwanglos die ersten"Preise" (Leistungen in Silber gemessen) entstanden und das"Wirtschaften" startete (Kauf, Kauf auf Termin, auf Kredit usw.).
>Eine solche Vorgehensweise ist undenkbar, ein Herrscher möchte genausowenig wie irgendjemand anderer etwas Wertloses, er kann doch nicht ahnen, daß daraus Geld werden würde.
Getreide (und vergleichbare Naturalien) war(en) nicht wertlos. Die sich daraus ergebende Parität Getreide/Silber war nichts anderes als eine herrschaftlich gesetzte Gewichts-Parität. Der"Wert" des Silbers leitete sich also aus dem des Getreides ab. Umso einfacher war es dann, Silber als Tribut zu fordern (Herodot in aller Ausführlichkeit; die Perser, um die es bei ihm geht, hatten bekanntlich nirgends auch nur einen einzigen Markt).
>Wenn es stimmte, daß Geld aus der Abgabe entsteht, machte dies die Folge, das entstandene Geld, zur Voraussetzung, nämlich der Werthaltigkeit des Abgabengutes.
Erst die Abgabe, dann die Verwendung zu Machterhaltungszwecken (Ernährung u.a. der eigenen Krieger), dann das Nicht-Waffenmetall Silber als Gewichtseinheit in Parität zur Naturalie. Dann das Silber als Tribut, mit dessen Hilfe auch fremde Machterhalter (Söldner) gekauft werden konnten (die ihr Silber ihrerseits jederzeit an Tributverpflichtete losschlagen konnten, siehe eben).
Die Abgabe hat für den Herrscher nur"Wert", wenn er mit ihrer Hilfe seine Macht halten kann (was auch sonst?). Eine Werthaltigkeit"an sich" gibt es nicht.
>Das war ja auch einer meiner ersten Einwände gegen die Abgabentheorie der Geldentstehung (Muscheldiskussion), nun scheint es zu sein, daß Du ein bischen darauf eingehst, indem Du Gerste als erstes Geld anführst:
>>So erscheint als erstes Geld im Nahen Osten Gerste (Wiederausgabe, um die nicht arbeitenden, da in Bereitschaft stehenden, Krieger zu ernähren)
>Gerste ist natürlich auch ohne Abgabensystem etwas wert; inwiefern erst die Abgabe Gerste zu Geld macht, bleibt offen.
Gerste (siehe ausführlich Johannes Renger dazu) war Kleingeld (das berühmte Beispiel der Schankwirtin) und für große Operationen mangels Zirkulationsfähigkeit auf Dauer nicht zu gebrauchen. Daher liegen die ersten Machtzentren ziemlich eng beeinander (vgl. auch Meso-Amerika). Zur Bildung der bekannten"großen Imperien" war das Edelmetall-Tribut - Söldner-Zahlung - Rückkehr zum Tributpflichtigen - erneuter Tribut - Modell unabdingbar. Es sei denn, man konnte"zwischendurch" Vorräte für die Truppen auf Lager legen.
>>Geld ist ein Kriegskind, nichts anderes.
>Krieg ist das Kind von Egozentrik, Rachsucht, Gier und dergleichen, und der Vater von Tod und Zerstörung. Der Krieg ist kein (oder nur sehr selten, und auch diese Beispiele sind fraglich) Schöpfer von guten oder nützlichen Dingen, wozu Geld zählt.
"Jeder Krieg beginnt mit der Verteidigung" (Clausewitz). Daraus folgt: Wer sich erobern und tributpflichtig machen lässt, hat weder Tod noch Zerstörung zu befürchten. Einfach das machen, was der andere will.
Clausewitz bestätigt mit seinen Analysen (über 30 Bände) sehr klar, was ich unter Zwangs-, Abgaben- und Machttheorie verstehe.
>Es gibt das Hohelied der Liebe, aber nicht das des Krieges.
"Siehe, es ist die Sänfte Salomos; sechzig Starke sind um sie her von den Starken in Israel.
Alle halten sie Schwerter und sind geübt im Kampf.
Ein jeder hat sein Schwert an der Hüfte gegen die Schrecken der Nacht..."
Also? Kein"Hohelied der Liebe" ohne Bodyguards, Schwerter und geübte Kämpfer.
>>>Daran ändert auch das"stramm als erstes" der Hoheit nichts; wenn der Gerichtsvollzieher Steuerschuld eintreibt, kommt er es als erster dran. Aber darunter gibt es doch trotzdem weiterhin den Bäcker, der nur gegen Bezahlung bäckt, und die Bank, die nur gegen Zinsen leiht.
>>Nur leider ist der Abgabenherr und -eintreiber der Erste.
>>Aber das begründet keine Kausalität.
Was heißt denn dann"darunter gibt es"? Dann ist das"darüber" was? Haben die"darunter" Tribut und Abgaben erfunden? Hat sich das"Volk" mit dem"Zehnten" selbst beglückt? Mehrheitlich abgestimmt? Oder im Akklamationsverfahren? Liest sich nach meinem Verständnis ganz anders.
>>Nach Deiner Theorie wären die Leute von einem kollektiven Geldleih-Wahn getrieben gewesen.
>Davon habe ich nicht gesprochen.
>>Meine seinerzeitigen Einwände in bezug auf die Zinsthematik bestehen weiter.
Wo bitte ist ein einziger Beleg für ein privates Zins-, also Verschuldungsgeschäft, das vor den Beginn der Tribut- und Abgabenwirtschaften zu datieren wäre? Die älteste Urkunde (Epigraphik), die das Wort"Schuld" aufführt bezeichnet eine solche zwischen Lagash und einer Nachbarstadt (vgl. Königsinschriften).
>>>- Wieso nimmt einer Herrscher zur Abgabe, was vorher keinen Wert hat? Damit kann er nichts anfangen. Zudem wäre er einem anderen Herrscher unterlegen, der als Abgabe etwas Wertvolles - Getreide, Vieh usw.- abfordert (womit dieser z.B. auch im Aussenhandel etwas anfangen könnte).
>>Die Abgabe beginnt immer mit der Naturalabgabe. Und mit der kann man etwas anfangen, nämlich das Machtsystem erhalten (sich und seine Leute durchfuttern)."Naturalgeld" gibt es nicht.
>Dottore, bitte! Gerade mit Geld - Silber, Muscheln etc. - kann man keine Leute durchfüttern.
Weshalb dieses"Geld" aus der Naturalabgabe in Parität zu dieser (!) entstanden ist (s. bitte oben). Der Übergang von der Natural- zur Metallabgabe ist nun wirklich hinreichend dokumentiert, man erinnere sich nur an die Umstände im 14./15. Jh.
>Dieser Einwand ist doch nicht entkräftet, indem jetzt die Naturalabgabe vorangestellt wird. Das weißt Du doch.
Es gibt schlicht kein"Geld" (kursant, also nicht wergilt-Typen), das vor der Zwangsabgabe erschienen wäre.
>_________
>
>Du hast zu Recht Umlauf-, Tausch- und Mengenauffassungen des Geldes kritisiert und die Zeitablauf-, Kredit- und Zessionsauffassung gegenübergestellt, und zwar eigenständig, ohne den Kredit als Derivat des umlaufenden Geldes aufzufassen. Hut ab.
>Nun ist die Lösung aber nicht, Tausch, Umlauf usw. als Derivat des Kredits aufzufassen (wie Deine frühere Auffassung), noch, der Macht eine neue, quasi überdimensionale Funktion zuzuweisen (Deine derzeitigen Überlegungen). Vielmehr besteht die Lösung in einer Parallelsicht von beiden Aufassungen.
Wer hätte da parallel, also gleichzeitig zusammensitzen sollen? Die"Privaten" (die es überhaupt nicht gegeben hat, da jedermann von einem Oberhund abhängig war und an ihn leisten musste - außer dem grundherrlichen bzw. Herrscher-Clan) und der von ihnen gleichzeitig inthronisierte"Herrscher". Und dann hatten alle zusammen ihr Heureka-Erlebnis: Klasse, endlich haben wir Geld erfunden, etwas, das sich sowohl für Handel & Wandel als auch praktischerweise gleich noch als Zwangsabgabe eignet.
>Indem man den Tausch in sein Weltbild mitaufnimmt, wird der Kredit nicht zum Derivat des Tausches, sondern beide können nebeneinander stehen.
>Irgendwann wird dies geschehen.
>Was im übrigen an Deinen Thesen auffällt ist, daß Du immer wieder den Staat als"Problem" identifizierst, nicht aber den Menschen (früher (in den Büchern) hast Du erinnerlich den Menschen stärker einbezogen). Das hat natürlich viele Vorteile - vor allem: man ist selbst außen vor ;-) - allerdings dringt man nicht in die Tiefe vor, sondern an den Ursachen vorbei.
Du identifizierst den"Staat" als Nicht-Problem? Im Ernst?
>Es gibt verschiedene menschliche Verhaltensweisen, die stets die Neigung in sich tragen, zur Verschuldung zu führen. Dazu zähle ich, daß man gerne mehr nimmt als gibt - auch gegenüber der Gemeinschaft, welche Form diese auch immer hat. Dazu gehört auch, daß man lieber heute ein großes Auto fährt - um dem Nachbarn, der Freundin oder wem auch immer zu imponieren - als ein ausgeglichenes Konto zu haben. Gegen diese Tendenzen muß man sich eigens wappnen (z.B. mit dem Vorsatz, sich nicht zu verschulden). Gesellschaften, denen dies nicht gelingt, werden immer wieder in die Verschuldung abrutschen.
Das ist schon richtig. Aber Du übersiehst die Schuld ex nihilo. Die kann nur die Macht mit Waffenzwang in die Welt setzen - und die darob Verschuldeten wundern sich, dass sie zahlen müssen - ohne sich vorher etwas geliehen zu haben.
>Im übrigen, wenn Du erlaubst, sind wir"Kinder der Freien", es gibt keinen Grund, sich als Beherrschter zu sehen.
Dann verschwende Deine Zeit nicht an Steuererklärungen, sondern spar Dir diese. Deine"Freiheit" wird dann nicht etwa grenzenlos sein, sondern sich auf das bekannte 2 x 5 (oder so) m große Areal in einer JVA beschränken.
Besten Dank für die Einwände und scharfsinnigen Beobachtungen und herzlichen Gruß!
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Popeye
11.07.2005, 13:31
@ dottore
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Schöner Beitrag...
Der"Wert" [Abgabengut = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.
Hallo, @dottore,
seit Du diese Idee zum ersten Mal geäußert hast, reibe ich mich daran, weil sie in den Extrempunkten keinen rechten Sinn ergibt.
Das erste Extrem: Abgabengut = Geld = Gerste, aber Abgabe ein Gerstenkorn/ha, Sanktion - Todesstrafe.
Offensichtlich erhält hier Gerste keinen spürbaren zusätzlichen „Wert“. Tauschverhältnisse der Gerste zu anderen Gütern würden kaum beeinflusst. Würde der „Preis“ der Gerste damit auf den „Wert“ der Todesstrafe steigen?
Oder würde Gerste gar völlig „wertlos“?
Das zweite Extrem: Abgabengut = Geld = Gerste, Abgabe 100 %, Sanktion - Todesstrafe.
Also ein völlig redistributives System. Hat Gerste hier einen Wert als Geld (im Innenverhältnis)?
Grüße
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Holmes
11.07.2005, 14:05
@ Popeye
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->>Hallo, @dottore,
>seit Du diese Idee zum ersten Mal geäußert hast, reibe ich mich daran, weil sie in den Extrempunkten keinen rechten Sinn ergibt.
>Das erste Extrem: Abgabengut = Geld = Gerste, aber Abgabe ein Gerstenkorn/ha, Sanktion - Todesstrafe.
>Offensichtlich erhält hier Gerste keinen spürbaren zusätzlichen „Wert“. Tauschverhältnisse der Gerste zu anderen Gütern würden kaum beeinflusst. Würde der „Preis“ der Gerste damit auf den „Wert“ der Todesstrafe steigen?
>Oder würde Gerste gar völlig „wertlos“?
>Das zweite Extrem: Abgabengut = Geld = Gerste, Abgabe 100 %, Sanktion - Todesstrafe.
>Also ein völlig redistributives System. Hat Gerste hier einen Wert als Geld (im Innenverhältnis)?
Hallo Popeye,
wenn ich das bisher richtig verstehe, ist es so, dass in deinem ersten Extrem ein vermuteter Überfluss an Gerste da ist. Aber der Wert des STZM liegt ja darin, dass es jemand NICHT zum Termin hat. Und was der dafür zu tun bereit ist, dass ist der Wert des STZM, dass was man an Leistung dafür von jemand anderem bekommen kann. Haben alle genug STZM, dann wird keiner dafür etwas tun, der"Wert" (=potentielle Gegenleistungen) sinkt, weil kein Schuldendruck da ist, für den geleistet werden müsste.
Beste Grüsse,
Holmes
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Popeye
11.07.2005, 14:45
@ Holmes
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Hallo Popeye,
>wenn ich das bisher richtig verstehe, ist es so, dass in deinem ersten Extrem ein vermuteter Überfluss an Gerste da ist. Aber der Wert des STZM liegt ja darin, dass es jemand NICHT zum Termin hat. Und was der dafür zu tun bereit ist, dass ist der Wert des STZM, dass was man an Leistung dafür von jemand anderem bekommen kann. Haben alle genug STZM, dann wird keiner dafür etwas tun, der"Wert" (=potentielle Gegenleistungen) sinkt, weil kein Schuldendruck da ist, für den geleistet werden müsste.
>Beste Grüsse,
>Holmes
Hallo, @Holmes und guten Tag!
@dottores These ist ganz klar:
Der"Wert" [Abgabengut = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat.
Die Knappheitsrelation ist eben überhaupt nicht angesprochen. Allein die potentielle Sanktion bestimmt den Wert. Simplifiziert ausgedrückt stiege der „Wert“ des Euros mit jedem Jahr zusätzlicher Gefängnisstrafe für Steuerhinterziehung - unabhängig von bestehenden Knappheitsrelationen.
Das kann nicht zutreffen.
Grüße
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R.Deutsch
11.07.2005, 14:45
@ Holmes
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Re: Warum der Debitismus arbeitsteiliges Wirtschaften nicht erklären kann |
-->Hi,
Arbeitsteiliges Wirtschaften setzt ein System voraus, welches die Handlungen der Teilnehmer koordiniert. Die Produzenten müssen irgendwie erfahren, was die Konsumenten haben wollen und was folglich produziert werden soll.
Dieses Problem wird in kapitalistischen freien Marktwirtschaften über die Preise und die darüber entstehenden Kapitalrenditen gelöst. In diese Preise gehen Millionen subjektiver Bewertungen und Kostenkalkulationen ein, was notwendigerweise Millionen freiwilliger subjektiver Kosten- und Nutzenkalkulationen voraussetzt.
Zwang, Gewalt, Krieg und Raub schlagen sich natürlich auch in diesen Kalkulationen nieder, aber Zwang und Raub kann diesen individuellen, subjektiven Preisfindungsprozess nicht organisieren, oder gar ersetzen. Natürlich kann man mit Gewalt eine Sklavenwirtschaft organisieren, aber eben kein Marktwirtschaft und deshalb kann Debitismus vielleicht Sklavenwirtschaften erklären, aber eben keine arbeitsteilige Marktwirtschaft.
Am klarsten erkennt man das an der Grenze. Die gewaltgestützte Abgabenwirtschaft endet immer an der Grenze, dann gilt Marktwirtschaft. Kein Diktator kann jenseits seiner Grenze mit seinem erzwungenem Abgabegut kaufen. Hitler musste immer Gold liefern, wenn er Rohstoffe haben wollte.
Gruß
R.Deutsch
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Holmes
11.07.2005, 17:59
@ R.Deutsch
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Re: Warum der Debitismus arbeitsteiliges Wirtschaften DOCH erklären kann:-) |
-->Hallo Reinhard,
IMHO sagt ja der Debitismus/Machtgeldtheorie erstmal nur, dass Wirtschaften unter Schuldendruck stattfindet. WEIL es die Schulden (bei der Machtgeldtheorie = Abgaben) gibt, muss überhaupt"Mehr-Wert" erzeugt werden, welcher über den persönlichen Bedarf hinausgeht. Irgendwo las ich mal den schönen Spruch:"Warum sind die Bienen so fleissig? Weil man ihnen immer wieder den Honig wegnimmt!"
Passt doch wie die Faust auf's Auge
Gemeinsam etwas tun, kooperatives und koordiniertes Handeln gibt es schon bei Affen/Delphinen/Robben/Hyänen, die gemeinsam jagen. Je größer das Wild, desto mehr Jäger braucht man (Hetzjagd, Einkreisen, Ermüden etc.).
Jetzt bringst Du beides zusammen: die Fähigkeit zu koordiniertem Handeln (Sprache etc.) und den Druck von aussen,"mehr" zu leisten: voilá, Not macht erfinderisch!
(Gegenbeispiel DDR: kein Druck, ausser zur Arbeit zu gehen. Aber wenn man dort war, konnte man es ruhig angehen lassen.)
Die Macht/Gewalt darf nicht versuchen, die Wirtschaft zu"organisieren", das kann sie gar nicht, wie der Kommunismus/Sozialismus gezeigt hat. Die Informationsfülle ist zu groß. Am besten, man hält sich raus, erläßt ein paar einfache Regeln, sichert die Vertragsfreiheit und schöpft die Sahne ab.
<font color=#0000FF>>Zwang, Gewalt, Krieg und Raub schlagen sich natürlich auch in diesen Kalkulationen nieder, aber Zwang und Raub kann diesen individuellen, subjektiven Preisfindungsprozess nicht organisieren, oder gar ersetzen. Natürlich kann man mit Gewalt eine Sklavenwirtschaft organisieren, aber eben kein Marktwirtschaft und deshalb kann Debitismus vielleicht Sklavenwirtschaften erklären, aber eben keine arbeitsteilige Marktwirtschaft.</font>
Ich finde GERADE der Debitismus erklärt diese Evolution am besten. Dottore hat ja in seinem Büchern sehr schön erklärt, warum eine Sklavenwirtschaft aus debitistischer Sicht nicht überleben kann. Der Sklave fällt nämlich als Schuldner aus, er ist schon pleite und tut nur noch so viel, damit er nicht totgeschlagen wird. Der freie Schuldner schafft viel mehr, weil er seine Familie versorgen will. Klar, welche Gesellschaft produktiver ist. Dem"Freien" winkt der Gewinn, dem Sklaven nur die Verzögerung des Todes ("...nichts zu verlieren ausser den Ketten").
<font color=#0000FF>>Am klarsten erkennt man das an der Grenze. Die gewaltgestützte Abgabenwirtschaft endet immer an der Grenze, dann gilt Marktwirtschaft. Kein Diktator kann jenseits seiner Grenze mit seinem erzwungenem Abgabegut kaufen. Hitler musste immer Gold liefern, wenn er Rohstoffe haben wollte.</font>
Und als er das nicht mehr hatte ist er ja auch dazu übergegangen, sich das Ã-l aus dem Baku direkt abzuholen... mit einer Panzerarmee. Der Russland-Feldzug musste allein schon deswegen sein.
Fazit: ich denke, der Debitismus erklärt sehr gut, wie das Problem der Schulden und ihrer Tilgung im Laufe der Zeit eine hochkomplexe arbeitsteilige Gesellschaft erzeugt, deren Wirtschaftsweise darauf abzielt, immer effizienter die Schulden anzutragen. Es wäre meines Erachtens fast schon soweit, eine Art evolutionäre Wirtschaftstheorie zu schreiben, die den Schuldendruck als Selektionsfaktor betrachtet und die unterschiedlichen Gesellschaftsformen damit in Zusammenhang bringt:
Stammesgesellschaft = keine Macht = nur Urschulden = geringe Produktivität
Feudalgesellschaft = starke Macht = Abgabenschulden = größere Produktivität, aber Gefahr der Überforderung. Ausserdem suboptimale Technologie, keine Investitionen, Forschung etc. Produktivität am Limit.
Moderner Staat/Eigentümergesellschaft = versteckte Macht (Demokratie) = Steuerschulden, Kontraktschulden, Gesellschaftsdruck (Karriere, sozialer Druck) = hohe Produktivität (Energie-Revolution: Kohle, Ã-l, Atomenergie, Wasserstoff), Arbeitsteilung, freie Märkte, schnelle Schuldenregulierung, hohes Qualifikationsniveau, starker Technologieeinsatz (Maschinen, Roboter, Computer), hoher Konsumdruck (Wer Geld hat, ist verpflichtet, es auch ausgeben! Wer kein Geld hat, auch!)
Spannend dabei wären auch die Übergänge, d.h. Kapitalismus > Kommunismus und zurück, Amana in Iowa, die Probleme der Stammesgesellschaften, die"zivilisiert" wurden (Indianer, Innuit, Aborigines etc.).
Gibt es dazu schon was?
Bin gespannt auf die weitere Diskussion,
Holmes
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R.Deutsch
11.07.2005, 20:02
@ Holmes
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Re: Also das ist ja nun eine debitistische Rolle rückwärts... |
-->
lieber Holmes,
und stellt die bisherige Argumentation völlig auf den Kopf. Du schreibst:
Die Macht/Gewalt darf nicht versuchen, die Wirtschaft zu"organisieren", das kann sie gar nicht, wie der Kommunismus/Sozialismus gezeigt hat. Die Informationsfülle ist zu groß. Am besten, man hält sich raus, erläßt ein paar einfache Regeln, sichert die Vertragsfreiheit und schöpft die Sahne ab.
Bisher wurde ja immer vorgetragen, erst Raub, Macht und Gewalt bringen Geld und arbeitsteiliges Wirtschaften hervor. Märkte hat es nie gegeben. Mit dieser Theorie lässt sich aber Vieles nicht plausibel erklären. Popeye hat zu recht u.a. auf das Problem der Knappheitsrelationen hingewiesen.
Jetzt plötzlich drehst Du alles um und erklärst, nein, nein, die Wirtschaft muss sich schon effektiv selbst organisieren, die Macht ist nur der intelligente Blutsauger, und nicht der Schöpfer und Organisator der arbeitsteiligen Wirtschaft.
Dein Spruch mit den Bienen trifft den wahren Sachverhalt in der Tat ganz genau. Nix mit brutaler Macht, sondern schlicht Täuschung und Betrug.
Die Mafiaorganisation aus Staat, Zentralbank und Banken nehmen den Honig weg und die Bienen ähm Menschen sind zu blöd, es zu merken, dass sie über Geld und Verschuldung ausgesaugt werden. Sie sammeln Honig (sparen Geld) und wenn sie im Alter ins Sparschwein gucken, ist es leer.
Das hat aber nichts mit der Urschuld und der zwangsläufigen ewigen Abgabenschuld zu tun, die wir freudig hinnehmen müssen, um nicht nur vor uns hinzudösen, wie uns dottore suggerieren will. Vielmehr können wir durch Aufklärung den Betrug durchschauen und uns dagegen wehren, z.B. indem wir uns ganz persönlich von fiat money verabschieden. Diese Freiheit haben wir.
Gruß
R.Deutsch
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Holmes
11.07.2005, 20:34
@ R.Deutsch
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Re: Also das ist ja nun eine debitistische Rolle rückwärts... |
-->>lieber Holmes,
>und stellt die bisherige Argumentation völlig auf den Kopf.
Huch, das wollte ich gar nicht ;-)
>Du schreibst:
> Die Macht/Gewalt darf nicht versuchen, die Wirtschaft zu"organisieren", das kann sie gar nicht, wie der Kommunismus/Sozialismus gezeigt hat. Die Informationsfülle ist zu groß. Am besten, man hält sich raus, erläßt ein paar einfache Regeln, sichert die Vertragsfreiheit und schöpft die Sahne ab.
>Bisher wurde ja immer vorgetragen, erst Raub, Macht und Gewalt bringen Geld und arbeitsteiliges Wirtschaften hervor. Märkte hat es nie gegeben. Mit dieser Theorie lässt sich aber Vieles nicht plausibel erklären. Popeye hat zu recht u.a. auf das Problem der Knappheitsrelationen hingewiesen.
Den Beitrag müsste ich mal suchen. IMHO entsteht durch die Macht ein zusätzlicher Druck. Denn es muss ja mehr erzeugt werden als für die Menschen"an sich" sprich die Abgabenpflichtigen notwendig wäre. Ist in einem Verein im Prinzip genauso. Damit der Laden läuft, müssen alle was abgeben. Habe ich vorher nur so viel gearbeitet, dass es für mich reicht (und warum sollte ich mehr tun), dann muss ich jetzt mehr schaffen. Denn die Abgabeneintreiber"arbeiten" ja nicht, sondern"sorgen für meinen Schutz" (vor den Göttern, den Feinden...)
WIE die Abgabenpflichtigen diesen zusätzlichen Schuldendruck bewältigen ist damit nicht gesagt. Sitzt die Macht einfach nur rum und winkt mit dem Schwert, oder gibt es konkrete Verbesserungen, die angeordnet werden (Bewässerungssysteme etc.). Machtstrukturen, die sich nicht nur auf die faule Haut legen, sondern selbst mitdenken, sind anderen Machtsystemen überlegen und werden diese auslöschen (siehe den Anteil der Militärforschung an den Budgets der USA). Damit setzen sich auch diese Verfahren letztendlich durch und führen zu einem"höherwertigen" Produktionsablauf. Wer effizienter produziert, hat mehr Leute frei, die ein Schwert in die Hand nehmen können.
Diesen Effekt kann man bei vielen Computer-Simulationsspielen (Warcraft, SimEarth etc.) beobachten. Je mehr man in die Entwicklung der Ausbeutung seiner Ressourcen steckt, desto schneller kann man bessere Waffen bauen. Das Verhältnis Bauern zu Soldaten wird auch immer besser. Dadurch entsteht besseres Kriegspotential.
Das muss die einzelne Macht also gar nicht bewußt wollen, wenn mehrere Mächte konkurrieren, wird diejenige, bei der sich"zufällig"/kreativ bessere Technologien und Arbeitsweisen ergeben haben, wahrscheinlich im Kampf gewinnen und ihre Strukturen ausbreiten.
Durch Abgabenzwang entsteht erhöhter Leistungsdruck, diejenige Gesellschaft, die den Leistungsdruck besser bewältigt, hat mehr Soldaten und bessere Waffen, ergo bessere Chancen im Kampf gegen andere Mächte. So verbreitet sich beides: Macht und Technologie.
>Die Mafiaorganisation aus Staat, Zentralbank und Banken nehmen den Honig weg und die Bienen ähm Menschen sind zu blöd, es zu merken, dass sie über Geld und Verschuldung ausgesaugt werden. Sie sammeln Honig (sparen Geld) und wenn sie im Alter ins Sparschwein gucken, ist es leer.
Ja, ein über Jahrtausende eingespieltes Team ist eben unschlagbar.
>Das hat aber nichts mit der Urschuld und der zwangsläufigen ewigen Abgabenschuld zu tun, die wir freudig hinnehmen müssen, um nicht nur vor uns hinzudösen, wie uns dottore suggerieren will. Vielmehr können wir durch Aufklärung den Betrug durchschauen und uns dagegen wehren, z.B. indem wir uns ganz persönlich von fiat money verabschieden. Diese Freiheit haben wir.
Auf der e-gold-Ebene kannst Du natürlich handeln, aber Euro wirst Du trotzdem noch in der Tasche haben müssen, oder? Womit bezahlst Du Steuern?
Beste Grüsse,
Holmes
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freeman
11.07.2005, 23:21
@ dottore
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->>Oder so: Ein damaliger Assyrer (Sumerer, Chaldäer, Babylonier) würde sich nach ganz kurzer Zeit (Sprache und so) in der Jetztzeit bestens auskennen und so wirtschaften wie er es vor 3000 oder 4000 Jahren auch bewältigt hatte (einzige Ausnahme: er würde sich wundern, dass Sklaverei als Eigentum an Menschen und/oder Schuldknechtschaft verschwunden seien, dann aber schnell erkennen, dass dieses Institut durch das subtilere der allgemeinen Personalsteuerpflicht ersetzt worden ist; sogar zeitgleich, wie das Beispiel von Abraham Lincoln zeigt).
Über den bin ich mir leider nicht ganz im Klaren. Der war Rep. Wäre er Demokrat gewesen, wäre alles klar gewesen. Es gibt keinen Grund, seinen"MEHR"-Ertrag seinem Eigentümer zunächst steuerfrei zur Verfügung zu stellen. Lieber gleich besteuern.
Aber was hat einen Rep umgetrieben? Man liesst immer wieder es waren die Interessen des Nordens - sprich also die Interessen des Kapitals - der"Industrie" im internationalen Handel. Versteh ich irgendwie nicht - es sei denn es war damals nicht mehr möglich als"Sklavenstaat" vernünftig Geschäfte mit Europa (England, Frankreich) zu machen.
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dottore
12.07.2005, 10:03
@ Popeye
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Hi Popeye,
vielen Dank vorweg.
>Der"Wert" [Abgabengut = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.
Vielleicht darf ich versuchen, das noch mal der Reihe nach aufzudröseln.
Wir beginnen (ganz nach Oppenheimer) mit dem Eroberer (überlegenen Waffenhalter, der Weg der Bronze geht von Tadschikistan über Luristan in die großen Stromtäler von Indus und Tigris/Euphrat), der zunächst in seinem Areal bleibt, zu Raubzügen aufbricht, die er aus Kostengründen einstellt und das Fremd-Areal schlicht besetzt (spätere Parallelen: Sparta/Messenien, noch später: Danegeld/Heeregeld, schließlich 1066 Eroberung der Insel).
Die ansässige Population wird zur laufenden Abgabe gezwungen (vgl. Metöken, pro forma erklärte Sparta den Messenern jedes Jahr aufs Neue den Krieg). Die Eroberer haben nun mehr Land, als die bisherigen Subsistenzler (vgl."bäuerliche Hauswirtschaft" bei Bernbeck) beackerten, die nun den berühmten"Surplus" für die neuen Herren erwirtschaften müssen.
Die Eroberer nehmen an Zahl zu (man lebt kommod, baut sich gut bewehrte Paläste zur Herrschaftssicherung, siehe die Stadtgrundrisse ab Ur und Tempel zur Stützung ihrer herrschaftichen Legitimation auch untereinander, siehe u.a. auch Mohenjo-Daro) und müssen nun von den Subsistenzlern mehr abfordern als diese aus ihren Subsitenzgüter, die belassen werden, erwirtschaften können. Kurzum: Die Abgaben steigen und damit auch die Nicht-Möglichkeit, sie aus dem Subsistenzland allein zu erwirtschaften.
Die Abgaben werden stets sofort als Schuld ("hubullum") gebucht und auf Tontafeln festgehalten. Nicht erfüllte Abgaben (Schulden ex nihilo), zunächst ganz simpel Gerste, werden mit 33 % p.a. hochgebucht und werden dadurch gänzlich unerfüllbar (Zinseszins ab gewöhnlich 5. Jahr noch on top). Den Schuldner zu killen, macht keinen Sinn, weil er dann erst Recht nichts bringen könnte. Einen freien Lohnarbeiter gibt es nicht, Märkte auch nicht.
Ausweg: Der Schuldner"darf" abarbeiten und zwar auf den Flächen, die bisher unbestellt waren, aber (Territorial-Prinzip) ab Eroberung den Eroberten zu eigen waren. Der Schuldner mutiert zum grundherrschaftlich abhängigen Knecht auf den"großen Gütern", von denen noch und noch die Rede ist (jedes mit eigener Verwaltung und SOLL/IST-Buchhaltung). Er bleibt auf der Latifundie (oder flieht), bis er entweder tot umfällt oder ihn eines der vielen Clean-Slates-Edikte von seiner Schuld befreit (wonach er wieder heimkehrt und das Spiel von vorn beginnt; es sind mindestens zwanzig (?) solcher Edikte -"hubullum masa'um" = Schulden waschen - überliefert).
Drive bekommt die Sache durch eine ganz neue"Mittelschicht", eben den Verwalter, der, sofern er nicht sein Soll abliefert, in die fleißigen Arbeitertrupps abrücken muss (vgl. Nissen et al.).
Letztlich besteht also die Sanktion bei Nichtablieferung für alle unterhalb der Herrschafts-Schicht Beteiligten darin, zum lebenslang (oder bis zur nächsten Schulden-Waschung) abhängigen Landarbeiter zu werden. Die Alternative, sein Subsistenzland abzutreten, gab es auch (als"Kurs" galt gewöhnlich der dreifache Jahresertrag, soweit erinnerlich), half aber letztlich auch nicht weiter.
Das System lief also darauf hinaus, mit Hilfe der aberwitzigen Schuld-Bedienungs-Sätze (es gab auch > 33 %, Steinkeller hat sogar 100 % gefunden) Leute zu rekrutieren, die auf Fremdland arbeiteten und so das herrschaftliche Groß-Gebäude abzustützen. Land war im Überfluss vorhanden, aber Arbeitskräfte waren knapp. Und nochmals: Es gab nirgends"freie Lohnarbeiter", nirgends Geld (die zweimal am Tag ausgegebenen bzw. berechneten Rationen Gerste waren auch kein"Lohn"), es gab keine Märkte und zunächst (vor Silber) auch keine Käufe, die nach Silber (wie beschrieben) zunächst auch nicht Gattungs-, sondern ausschließlich Stückkäufe waren (Haus, Vieh, Sklave, usw. - alles zu einem jeweils eigenen Preis, i.e. abgewogenem Silber). Es existierten also zu Beginn nur die (Abgaben-)Schulden und der entsprechende Zinssatz bei Nicht-Abgabe, der natürlich auch für jene existierte, die sich das Abgabengut beschaffen mussten (Verwalter A an Verwalter B), um nicht selbst auf das Niveau des Fröners absteigen zu müssen.
Nun zu den Extrempunkten (schwierig):
>Das erste Extrem: Abgabengut = Geld = Gerste, aber Abgabe ein Gerstenkorn/ha, Sanktion - Todesstrafe.
Das"Geld" lassen wir zunächst bitte weg. Es kommt erst (Gerste) zum Zuge, nachdem der Gerste/Silber-Standard etabliert war. Bei dem berühmtem Beispiel der Schankwirtin geht's darum, ob es erlaubt ist, in Silber oder Gerste zu zahlen. Für ein davor liegendes"Gerstengeld" (solo) gibt es keine Belege.
Sanktion für Nicht-Lieferung des Abgabengutes war"Fremd"-Arbeit, nicht Tod. Die Reihenfolge demnach: Abgabengut (Gerste) --> Gewichtsparität in Silber ("grain"-Standard) --> wahlweise Zahlungen der Abgabe in Silber oder Gerste --> Silber setzt sich als Kurantgeld durch --> Gerste als"Scheidemünze".
>Offensichtlich erhält hier Gerste keinen spürbaren zusätzlichen „Wert“.
Ohne Abgaben in Gerste keine Krieger, ergo auch kein primärer Machterhalt ("Wert" für die Herrschaft).
>Tauschverhältnisse der Gerste zu anderen Gütern würden kaum beeinflusst.
Es wurden mit Gerste, als es noch Abgabengut solo war, keine anderen Güter getauscht.
>Würde der „Preis“ der Gerste damit auf den „Wert“ der Todesstrafe steigen?
Der"Preis" der Gerste ergibt sich aus der Sanktion bei deren Nichtablieferung, also letztlich im Verlust von Arbeitskraft (zunächst Familienmitglieder, dann das Familienoberhaupt selbst), die nicht mehr für sich selbst, sondern für die Latifundien eingesetzt werden musste.
>Oder würde Gerste gar völlig „wertlos“?
Nein. (Verstehe ehrlich gesagt nicht, warum sie hätte wertlos werden sollen).
>Das zweite Extrem: Abgabengut = Geld = Gerste, Abgabe 100 %, Sanktion - Todesstrafe.
Die Nichtablieferung des Abgabengutes (ganz oder in Teilen) Gerste führt nicht zur Sanktion Todesstrafe, sondern - via die Fortbuchung zu 33 % p.a. - zur Sanktion Fronarbeit.
>Also ein völlig redistributives System. Hat Gerste hier einen Wert als Geld (im Innenverhältnis)?
Ja, völlig redistributiv, also genau wie in den mesoamerikanischen Kulturen (Redistribution abzüglich des Selbstbehalts, vgl."Big-Chief"-Problematik). Nur dass jene nicht zum Gewichtsstandard für die Abgaben in Edelmetall (mit Parität zum Abgabengut) vorgestoßen waren und auch von vorneherein nicht das System des Buchens von Abgabenschulden (schon gar nicht aufgrund vorangegangener"Kredite") kannten.
Vielleicht ist es jetzt etwas klarer?
Grüße zurück!
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CRASH_GURU
12.07.2005, 10:34
@ dottore
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Hi,
mir ist vor allem eines klar und wichtig:
Der Kurs des Euros etc. steigt nicht mit höheren Strafen auf Steuerhinterziehung...
Gruss!
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Holmes
12.07.2005, 10:48
@ Popeye
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Re: STZM und Mafiageld |
-->>Hallo, @Holmes und guten Tag!
>@dottores These ist ganz klar:
>Der"Wert" [Abgabengut = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat.
>Die Knappheitsrelation ist eben überhaupt nicht angesprochen. Allein die potentielle Sanktion bestimmt den Wert. Simplifiziert ausgedrückt stiege der „Wert“ des Euros mit jedem Jahr zusätzlicher Gefängnisstrafe für Steuerhinterziehung - unabhängig von bestehenden Knappheitsrelationen.
>Das kann nicht zutreffen.
Hallo @Popeye!
In einem früheren Posting hat @dottore meines Erachtens gesagt, dass ein Geld an Wert verliert, wenn es nicht mehr als STZM akzeptiert wird. Wenn ein Staat, ein Geld, welches er emittiert, selbst nicht als Zahlung akzeptiert, denn ist es nichts"wert", oder?
Vielleicht ist das Problem die Diskussion um"Wert". Wieviel man für Geld kaufen kann, hängt ja nicht von der Höhe der Strafe für Steuervergehen ab. Aber DASS man etwas für Geld kaufen kann, hängt damit zusammen, dass es Leute brauchen, um ihre strafbewehrten Schulden zu bezahlen.
In einer ähnlichen Form könnte die Mafia ein eigenes Geld rausgeben, in dem ihre Schutzgelder abgerechnet werden. Dafür könnte man im Einflussbereich der Mafia bestimmt eine Menge kaufen.
Beste Grüsse,
Holmes
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Popeye
12.07.2005, 11:20
@ dottore
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Hallo, @dottore,
zunächst besten Dank. Offenbar habe ich mich unklar ausgedrückt.
Wie immer die historischen Abläufe und ihre regionalen Unterschiede gewesen sein mögen - kommt man an grundlegenden ökonomischen Gesetzmäßigkeiten nicht vorbei.
Nochmals Deine Kernaussage:
„Der"Wert" [des Abgabengutes = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.“
Die potentielle Sanktion soll also wertbestimmend sein.
Auf den ersten Blick klingt das einleuchtend. Selbstverständlich bin ich bereit zusätzliches zu leisten um ein „empfindliches Übel“ abzuwenden. Aber hat das was ich zusätzlich leiste damit automatisch einen Wert, der es zum allgemein akzeptierten Tauschmittel macht?
Sicher nicht, denn wie Du selber schreibst dient die Gerste nur dem Machterhalt, was fraglos nur dem Herrscher nützt. Das aber ist gar nicht mein Kerneinwand.
Mein Kerneinwand ist, dass Wert nicht losgelöst von (subjektiven) Knappheitsverhältnissen entstehen kann. M.a.W., die Sanktionen können so hoch sein wie sie wollen (z. B. Todesstrafe), sie werden ein Abgabengut nicht „werthaltiger machen“, wenn nicht natürliche Knappheitsverhältnisse bereits bestehen oder (durch die zusätzliche Abgabe) Knappheitsverhältnisse entstehen.
Das ist so banal, dass es eigentlich keiner Erwähnung bedarf, aber es zeigt eben, dass es nicht die Sanktion an sich, sondern die be- oder entstehende Knappheit ist, die den ökonomischen „Wert“ bestimmt.
Deshalb kann Deine obige Aussage (imho) so nicht stehen bleiben.
Grüße
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bernor
12.07.2005, 12:32
@ Popeye
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Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->Hi Popeye,
Mein Kerneinwand ist, dass Wert nicht losgelöst von (subjektiven) Knappheitsverhältnissen entstehen kann. M.a.W., die Sanktionen können so hoch sein wie sie wollen (z. B. Todesstrafe), sie werden ein Abgabengut nicht „werthaltiger machen“, wenn nicht natürliche Knappheitsverhältnisse bereits bestehen oder (durch die zusätzliche Abgabe) Knappheitsverhältnisse entstehen.
>Das ist so banal, dass es eigentlich keiner Erwähnung bedarf, aber es zeigt eben, dass es nicht die Sanktion an sich, sondern die be- oder entstehende Knappheit ist, die den ökonomischen „Wert“ bestimmt.
>Deshalb kann Deine obige Aussage (imho) so nicht stehen bleiben.
richtig ist, daß ein Abgabengut an sich (egal, ob Gegenstand oder"Geld") im Regelfall relativ"knapp", also nicht, auf welchem Weg auch immer, beliebig vermehrbar ist, weil
1) beim Ur-Abgabengut Naturalie klar ist, daß die Gerste (oder sonst was auch immer) erst noch angebaut und geerntet werden muß, also nicht als Manna vom Himmel fällt,
2) der (antike, im wesentlichen)"thesaurierende" Staat kein Interesse am Wertverlust seines Abgabengut-Bestandes haben konnte (wäre Silber Abgabengut gewesen, wenn man es wie"Sand am Meer" an den Ufern von Euphrat und Trigris gefunden hätte?),
3) und auch der (moderne)"umwälzendende", also das Abgabengut wieder ausgebende Staat an einem einigermaßen stabilen"Geldwert" interessiert sein muß, weil sonst die Ausgaben aus dem Ruder laufen (siehe Hyperinflation)
und daher der Wert des Abgabengutes auch davon bestimmt wird - allerdings nur deswegen, weil es eben ein Abgabengut ist.
Was Dottore beschreibt, nämlich die Knappheit des Abgabenguts zum Steuertermin, kommt als (zuweilen mächtiges)"Sahnehäubchen" obendrauf.
Gruß bernor
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Popeye
12.07.2005, 13:11
@ bernor
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->>Hi Popeye,
>Mein Kerneinwand ist, dass Wert nicht losgelöst von (subjektiven) Knappheitsverhältnissen entstehen kann. M.a.W., die Sanktionen können so hoch sein wie sie wollen (z. B. Todesstrafe), sie werden ein Abgabengut nicht „werthaltiger machen“, wenn nicht natürliche Knappheitsverhältnisse bereits bestehen oder (durch die zusätzliche Abgabe) Knappheitsverhältnisse entstehen.
>>Das ist so banal, dass es eigentlich keiner Erwähnung bedarf, aber es zeigt eben, dass es nicht die Sanktion an sich, sondern die be- oder entstehende Knappheit ist, die den ökonomischen „Wert“ bestimmt.
>>Deshalb kann Deine obige Aussage (imho) so nicht stehen bleiben.
>richtig ist, daß ein Abgabengut an sich (egal, ob Gegenstand oder"Geld") im Regelfall relativ"knapp", also nicht, auf welchem Weg auch immer, beliebig vermehrbar ist, weil
>1) beim Ur-Abgabengut Naturalie klar ist, daß die Gerste (oder sonst was auch immer) erst noch angebaut und geerntet werden muß, also nicht als Manna vom Himmel fällt,
>2) der (antike, im wesentlichen)"thesaurierende" Staat kein Interesse am Wertverlust seines Abgabengut-Bestandes haben konnte (wäre Silber Abgabengut gewesen, wenn man es wie"Sand am Meer" an den Ufern von Euphrat und Trigris gefunden hätte?),
>3) und auch der (moderne)"umwälzendende", also das Abgabengut wieder ausgebende Staat an einem einigermaßen stabilen"Geldwert" interessiert sein muß, weil sonst die Ausgaben aus dem Ruder laufen (siehe Hyperinflation)
>und daher der Wert des Abgabengutes auch davon bestimmt wird - allerdings nur deswegen, weil es eben ein Abgabengut ist.
>Was Dottore beschreibt, nämlich die Knappheit des Abgabenguts zum Steuertermin, kommt als (zuweilen mächtiges)"Sahnehäubchen" obendrauf.
>Gruß bernor
Hallo, @bernor,
aus diesen Gründen kann @dottores These, die Sanktion bestimme den Wert, nicht als als monkausale Erklärung dienen.
Dies gilt übrigen auch für die chartalistische These, der Staat könne z.B. Hosenknöpfe zu Geld erklären. Dominante Hauptbedingung ist und bleibt, dass er dann dafür sorgt, dass Hosenknöpfe knapp sind.
Grüße
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Holmes
12.07.2005, 13:34
@ Popeye
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->>Hallo, @bernor,
>aus diesen Gründen kann @dottores These, die Sanktion bestimme den Wert, nicht als als monkausale Erklärung dienen.
>Dies gilt übrigen auch für die chartalistische These, der Staat könne z.B. Hosenknöpfe zu Geld erklären. Dominante Hauptbedingung ist und bleibt, dass er dann dafür sorgt, dass Hosenknöpfe knapp sind.
>Grüße
Hi @Popeye,
dazu fällt mir noch ein, dass bei den Mayas die Kakaobohnen als Abgabengut gedient haben sollen, das Anbaumonopol aber beim Herrscher lag. Also auch hier keine beliebige Vermehrung des Abgabengutes ausserhalb der Kontrolle des Herrschers möglich. Wie war das früher mit Silber- und Goldminen? Waren die immer verstaatlicht oder unter staatlicher Aufsicht, wenn das Abgabengut Silber/Gold war?
Beste Grüsse,
Holmes
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Popeye
12.07.2005, 14:18
@ Holmes
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->>>Hallo, @bernor,
>>aus diesen Gründen kann @dottores These, die Sanktion bestimme den Wert, nicht als als monkausale Erklärung dienen.
>>Dies gilt übrigen auch für die chartalistische These, der Staat könne z.B. Hosenknöpfe zu Geld erklären. Dominante Hauptbedingung ist und bleibt, dass er dann dafür sorgt, dass Hosenknöpfe knapp sind.
>>Grüße
>Hi @Popeye,
>dazu fällt mir noch ein, dass bei den Mayas die Kakaobohnen als Abgabengut gedient haben sollen, das Anbaumonopol aber beim Herrscher lag. Also auch hier keine beliebige Vermehrung des Abgabengutes ausserhalb der Kontrolle des Herrschers möglich. Wie war das früher mit Silber- und Goldminen? Waren die immer verstaatlicht oder unter staatlicher Aufsicht, wenn das Abgabengut Silber/Gold war?
>Beste Grüsse,
>Holmes
Hallo, @Holmes,
soweit mir bekannt hatte Mesopotamien keine eigenen Gold- und Silbervorkommen. Gold und Silber Mesopotamiens kam von Ägypten und Kleinasien (Anatolien) - wahrscheinlich auf dem Weg über herrschaftlich beauftragte Staatshändler.
In Athen wurden die Schürfrechte für die Silberminen in Larium vom Staat an vermögende Athener verkauft (soweit man weiß gegen einen fixen und einen fördermengen-abhängigen Betrag). Das Silber wurde dann mit Sklaven abgebaut.
Bei Edelmetallen (unterstellt sie haben eine allgemeine Wertsschätzung - was keineswegs überall der Fall war), sehe ich kein großes Problem hinsichtlich der Abgabentauglichkeit.
Bei Kakao-Bohnen (beliebig vermehrbar) ist ein Monopol zur Erhaltung des „Wertes“ unabdingbar.
Grüße
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dottore
12.07.2005, 14:35
@ Popeye
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Re:"Knappheit" ohne Termin nicht definierbar, Termin nicht ohne Sanktion |
-->Hi Popeye,
>zunächst besten Dank. Offenbar habe ich mich unklar ausgedrückt.
>Wie immer die historischen Abläufe und ihre regionalen Unterschiede gewesen sein mögen - kommt man an grundlegenden ökonomischen Gesetzmäßigkeiten nicht vorbei.
Gewiss nicht. Also wie ist das mit der"Knappheit" wirklich? Was ist"knapp"? Erich Schneider (ehem. Kiel, gest. 1970) spricht von"kalten Stern der Knappheit" (ob der Ausdruck von ihm stammt, weiß ich nicht mehr).
Meine Meinung: Knappheit wird mit Endlichkeit verwechselt. Nehmen wir beliebige Güter, so sind sie immer endlich - aber wann sind sie auch knapp?
Meine Meinung (schon einmal vor längerer Zeit ausführlicher gepostet, finde jetzt die Stelle nicht): Knappheit "als solche" gibt es nicht.
Knapp kann nur sein, was bei irgendjemand zu einem bestimmten Termin vorhanden sein müsste, aber nicht oder im"erforderlichen Umfang" nicht vorhanden ist: Wasser beim Durstigen usw - oder eben die Abgabe zum Abgabentermin.
Bleiben wir bei der berühmten Gerste Mesopotamiens: Alle haben genau das geforderte SOLL zum Termin beisammen und kippen es in des Königs Scheuer, nur einer nicht. Dann erscheint Knappheit nur bei diesem einen, bei allen anderen nicht.
Erscheint also Knappheit (als ein Derivat des Termins und nicht als Derivat der Endlichkeit aller Güter) bei diesem einen, steht er vor der Frage: Sich das nur bei ihm knappe Gut zu beschaffen (sofern es sich überhaupt beschaffen lässt) oder die Sanktion (ebenfalls ein Derivat des Termins) erleiden?
Lässt es sich nicht beschaffen, hat er die Sanktion zu erleiden und Ende. Pech.
Lässt es sich beschaffen, wird er abwägen, was für ihn"nützlicher" (im Gossen'schen Sinne) ist: Die Beschaffung oder die Sanktion.
Die Beschaffung kann geschehen z.B. per Leihe aus den königlichen Scheuern, die üblicherweise über einen bestimmten"Bodensatz" oder"Mindestbestand" verfügen oder bei Zensiten, die das Gut zwar haben, es aber noch nicht liefern müssen, da"ihr" Termin noch nicht gekommen ist oder gegen Hinterlegung eines Lieferscheins lautend auf einen späteren Termin. (Dafür wiederum entstanden die 33 % und mehr, von denen hinreichend die Rede war).
Nehmen wir an, die Sanktion besteht darin, dass eine vom Zensiten gestellt Arbeitskraft ein Jahr lang auf der Latifundie arbeiten muss (Beispiel beliebig variierbar), dann steht lautet seine Alternative:
33 Prozent zusätzliche Produktion (sagen wir 133 Zentner statt bisher 100 Zentner) während eines Jahres (mit anschließender Ablieferung) - oder:
Verzicht auf die abzustellende Arbeitskraft (z.B. Sohn, der ihm bei der Produktion bisher hatte helfen können, wobei jeder - Vater und Sohn - je 50 Zentner erwirtschafteten) über dieses eine Jahr hin.
Aus dieser Alternative ergibt sich"eigentlich" für das abgabenverpflichtete Familienoberhaupt:
- Er schickt den Sohn als Fröner, kann dadurch die 33 tilgen (nach einem Jahr käme der Sohn wieder zu ihm zurück), muss nun aber selbst allein die 100 erwirtschaften, die er bisher nur hälftig (50) erwirtschaften musste.
- Oder er behält den Sohn und beide erwirtschaften zusammen die 133 und liefern sie im Folgejahr ab.
NUR LEIDER: Der Gläubiger der insgesamt 133 im Folgejahr nimmt zwar dafür einen"hubullum" (Schuldschein) entgegen, aber er besichert ihn, indem er den Sohn mit seiner Arbeitskraft als Pfand behält (Schuldknechtschaft).
Der Sohn fehlt (seine Person wird nicht als ein antichretisches Darlehen geführt, da der ertragbringende Sohn - im Gegensatz zu einer ertragbringenden Sache, z.B. Grundstück - dem Risiko der jederzeitigen Vergänglichkeit unterliegt) und der Vater muss nunmehr allein die 133 erwirtschaften.
Dass ihm dies nicht gelingen wird, liegt auf der Hand (bei anderen Familienkonstruktionen gilt pari passu auf Dauer dasselbe).
So, nun kommt wieder der Termin. Alle anderen schaffen es vielleicht, ein weiteres Mal ihr SOLL abzuliefern (keinerlei Knappheit also), aber für den einen ist die Knappheit sogar"gestiegen" und der Rest ist schnell erzählt: Nach dem ersten (einen) erwischt es weitere, die zum Termin nicht das geforderte SOLL liefern können (von Abgabenerhöhungen und/ oder Missernten ganz zu schweigen) und schließlich rücken ganze Divisionen in die Fron ab. Da diese dann obendrein auch nicht mehr als Krieger in Reserve stehen, kommen die Könige mit ihren Clean Slates daher (wie beschrieben).
Was also hat die"Knappheit", die sich - so jedenfalls die Massen überall gefundener Schulddokumente - flächendeckend abspielt, verursacht? Die Tatsache, dass Gerste (vor und nach der Ernte) endlich ist, ganz sicher nicht. Es ist der sanktionsbewehrte Termin, der absolut rigide und ohne Machteinsatz (das gilt bis heute!) nicht zu definieren ist.
>Nochmals Deine Kernaussage:
>„Der"Wert" [des Abgabengutes = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.“
>Die potentielle Sanktion soll also wertbestimmend sein.
>Auf den ersten Blick klingt das einleuchtend. Selbstverständlich bin ich bereit zusätzliches zu leisten um ein „empfindliches Übel“ abzuwenden. Aber hat das was ich zusätzlich leiste damit automatisch einen Wert, der es zum allgemein akzeptierten Tauschmittel macht?
Das sog."allgemein akzeptierte Tauschmittel" (Geld) hat nur dann einen"Wert", wenn es"knapp" ist, was aber bitte - siehe oben - nur dann"knapp" sein kann, wenn es irgendwo zum Termin erscheinen muss.
Oder klippt und klar: Geld, das niemals Termin hat, also niemals zu Zahlungen (= Tilgungen von hoheitlich gesetzten oder kontraktlich vereinbarten und auf es lautenden Schulden, seien es Kauf- oder Kreditschulden) verwendet werden muss, ist ein Widerspruch in sich - egal auf welchem"Stoff" es reist.
>Sicher nicht, denn wie Du selber schreibst dient die Gerste nur dem Machterhalt, was fraglos nur dem Herrscher nützt. Das aber ist gar nicht mein Kerneinwand.
Die Gerste war zunächst weder"Geld" noch"Tauschmittel", sondern ein Abgabengut. Mit seiner Hilfe konnten ausschließlich die ex nihilo gesetzten Abgabenschulden getilgt werden.
>Mein Kerneinwand ist, dass Wert nicht losgelöst von (subjektiven) Knappheitsverhältnissen entstehen kann.
Es gibt in einer Abgabenwirtschaft (und die allein führt - im Gegensatz zu Stammes - und/oder Subsistenzwirtschaften - zu dem, was als"Kapitalismus" bezeichnet wird, da sonst Papua-Neuguinea in der Verfügbarkeit von Gütern pro Kopf weit vor den USA rangieren würde) zunächst nur eine Knappheit: das Nichtvorhandensein der Abgabe zum ex ante gesetzten Termin. Die ist dann wirklich knapp.
Da man an das Abgabenmaterial, sobald es standardisiert usw. ist, auch mit Hilfe aller möglichen Güter und Leistungen kommen kann (Handel, Märkte usw.), scheinen diese ebenfalls knapp zu sein, sofern man nicht genügend davon zur Verfügung hat, um an das Abgabenmaterial (GZ/STZM,"Geld", auf das - immer ausgehend vom standardisierten Abgabenmaterial - dann alle möglichen Schuldverhältnisse lauten können) selbst zu kommen.
>M.a.W., die Sanktionen können so hoch sein wie sie wollen (z. B. Todesstrafe), sie werden ein Abgabengut nicht „werthaltiger machen“, wenn nicht natürliche Knappheitsverhältnisse bereits bestehen oder (durch die zusätzliche Abgabe) Knappheitsverhältnisse entstehen.
Nicht"werthaltiger", sondern ihnen überhaupt einen Wert verleihen, s. oben."Natürliche" Knappheitsverhältnisse spielen überhaupt keine Rolle, da sonst jeder nach dem gewiss"knappen" Rhodium schürfen würde, um damit an"Geld" zu kommen. Durch"zusätzliche Abgaben" müssen durchaus nicht Knappheiten entstehen; es kommt ausschließlich darauf an, ob diese zusätzlichen Abgaben zum Termin vorhanden sind oder nicht.
>Das ist so banal, dass es eigentlich keiner Erwähnung bedarf, aber es zeigt eben, dass es nicht die Sanktion an sich, sondern die be- oder entstehende Knappheit ist, die den ökonomischen „Wert“ bestimmt.
Ein Termin ohne Sanktion (bei Nichterfüllung dieses) ist keiner. Es ist doch klar, dass keiner zahlt, wenn derjenige gegenüber dem zu zahlen wäre, sagt: "Mir ist es ganz wurscht, ob und wann sie zahlen!"
Sanktion und Termin bilden eine untrennbare Einheit. Eine"Knappheit", die sich außerhalb dieses höchst kraftvollen Duos (sit venia verbo) definieren ließe, gibt es nicht (Verwechslung von knapp und endlich). Und wo keine"Knappheit" gefunden werden kann, ist auch die Suche nach so etwas wie"Wert" müßig.
>Deshalb kann Deine obige Aussage (imho) so nicht stehen bleiben.
Ach, vielleicht streiten wir auch nur um Wörter...
Jedenfalls besten Dank und Grüße!
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dottore
12.07.2005, 14:46
@ freeman
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->Hi freeman,
>Ãœber den bin ich mir leider nicht ganz im Klaren.
Ich auch nicht. Es ging mir auch mehr um die Parallelität: Im 19. Jh. verschwindet die Sklaverei (bis auf Reste) weltweit. Und im 19. Jh. wird überall die Einkommensteuer verankert, zunächst zu Mini-Sätzen, aber es geht ums Grundsätzliche. Immerhin sind Personalsteuerpflichtige nicht mehr"frei", wie denn auch das Wort"Freiheit" (fryheit auf der Fahnendarstellung im dt. Bauernkrieg) Abgabenfreiheit bedeutete.
>Der war Rep. Wäre er Demokrat gewesen, wäre alles klar gewesen. Es gibt keinen Grund, seinen"MEHR"-Ertrag seinem Eigentümer zunächst steuerfrei zur Verfügung zu stellen. Lieber gleich besteuern.
>Aber was hat einen Rep umgetrieben?
Er wollte gern den Krieg gewinnen. Die Südstaatler mussten danach Washington bedienen.
>Man liesst immer wieder es waren die Interessen des Nordens - sprich also die Interessen des Kapitals - der"Industrie" im internationalen Handel. Versteh ich irgendwie nicht - es sei denn es war damals nicht mehr möglich als"Sklavenstaat" vernünftig Geschäfte mit Europa (England, Frankreich) zu machen.
Die Süd-Geschäfte liefen blendend, das Finanzzentrum an der Ostküste war nicht etwa New York, sondern Richmond.
Gruß!
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Popeye
12.07.2005, 14:55
@ dottore
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Für einen Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin) |
-->Für einen Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin)
Hallo, @dottore,
alles richtig und schön. Aber Sanktionen machen ein Gut nicht knapp zum Termin.
Grüße
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dottore
12.07.2005, 16:01
@ Popeye
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Re: Für einen Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin) |
-->Hi Popeye,
>Für einen Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin)
Richtig. Nur warum ertrinkt er? Hat ihn eine böse Macht von Bord gestoßen?
Variante: Ich weiß, dass dauernd wer von Bord gestoßen wird, daraus mache ich ein Geschäftsmodell, bin also mit Boot und Rettungsring zur Stelle (zu Land halte ich eine Flotte von Rettungswagen). Wie geht's weiter?
Werden mir meine Kosten (plus Gewinn) gezahlt?
>Hallo, @dottore,
>alles richtig und schön. Aber Sanktionen machen ein Gut nicht knapp zum Termin.
Gibt es einen Termin ohne Sanktionen bei Nichterfüllung dieses?
1. Falls nein und ich habe das zu leistende/liefernde Gut: Darf ich dann wählen, ob ich leisten oder die Sanktion erfüllen soll?
Beispiele:
- Ich muss 1000 leisten, die Sanktion liegt bei 800. Werde ich leisten oder die Sanktion wählen?
- Ich muss 1000 leisten, die Sanktion liegt bei 1200 - was tun?
- Ich muss 1000 leisten, die Sanktion liegt bei einer Woche Arbeit (ohne Lohn). Wie hoch ist für mich der"Wert" der Woche Arbeit, wenn ich diese wähle und dafür nicht leiste?
2. Falls ja: Wie könnte jemals etwas"knapp" sein?
Grüße zurück!
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dottore
12.07.2005, 16:37
@ Popeye
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->Hi Popeye,
>Dies gilt übrigen auch für die chartalistische These, der Staat könne z.B. Hosenknöpfe zu Geld erklären.
Ja, wenn er sie selbst fertigt (sind dann wie Euro-Noten).
>Dominante Hauptbedingung ist und bleibt, dass er dann dafür sorgt, dass Hosenknöpfe knapp sind.
Was heißt"knapp"? Etwa das:
Staat sagt: Jeden Jahresultimo will ich 1 Million Hosenknöpfe in meiner Kasse sehen. Bevölkerung (1 Mio) haftet der Einfachheit halber gesamtschuldnerisch. Sanktion, falls die Knöpfe nicht erscheinen: Für jeden nicht erschienenen Hosenknopf muss entweder 1 Kopf ein Jahr lang ohne Lohn für Staat arbeiten. Oder: Staat verlangt für nicht erschienene Knöpfe immer 10 % Zins p.a.. Sanktion für nicht gezahlten Zins: Keine.
Staat gibt am Jahresanfang 990.000 Hosenknöpfe aus. Also sind die Hosenknöpfe ohne Zweifel"knapp".
Am Jahresende sind die 990.000 Knöpfe wieder brav in seiner Kasse. Wofür entscheidet sich die Bevölkerung? Lässt sie 10.000, die bisher in und für die Bevölkerung arbeiteten, 1 Jahr lang auf die Staatsgaleeren abrücken oder wird sie sich die 10 % Zins hochbuchen lassen?
Achtung: Im ersten Fall hat sie 1 Jahr lang weniger für sich, im zweiten ist es ihr wurscht, da sie sich um ihre Schulden überhaupt nicht schert.
Grüße!
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Popeye
12.07.2005, 17:20
@ dottore
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->Hallo, @dottore!
Nun sind wir beim Punkt…
Das Abgabengut ist nicht frei wählbar!
Entweder es ist (für den Abgabenschuldner) nur mit Mühe und Anstrengungen zu erlangen ( = knapp)
Oder der Staat/Herrscher monopolisiert das Angebot und verknappt es künstlich (Monopolisierung von Hosenknöpfen)
Das sollte mein Beispiel - für den Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin) - signalisieren.
Der Rest Deiner Fragen sind (Leistung erbringen oder Sanktionen in Kauf nehmen) sind ökonomische Wahlalternativen, die jeder nach seinem gusto beantworten kann. Auf keinen Fall aber bestimmen die Sanktionen den Wert.
Grüße
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R.Deutsch
12.07.2005, 17:31
@ Popeye
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Re: Knappheiten und Wertdebatte |
-->
Hi,
Früher glaubten die Volkswirte (Smith, Menger, Marx), es gebe so etwas wie kardinale Nutzeneinheiten, die man addieren könne und daraus abgeleitet entsprechende Werteinheiten (Arbeitswert etc.).
Die Nachfolger (Mises etc.) kamen dann darauf, dass es so etwas wie eine einheitliche Nutzen- oder Werteinheit nicht geben könne, dass Nutzen und Wert für jede Person unterschiedlich sind und sich auch im Zeitablauf ständig ändern.
Dottore versucht nun - durch die kalte Küche - wieder eine neue, für alle verbindliche Werteinheit einzuführen (die zum Termin festgesetzte Ablieferungsmenge). Die Theorie ist schlicht damit falsifiziert, dass jenseits der Grenze kein Termin festgesetzt werden kann, aber offensichtlich Werteaustausch über die Grenze stattfindet.
Der Abgabetermin (so er denn existiert) wird schlicht in das individuelle Wertekalkül (der Inländer) mit eingebaut, so wie alle (immer nur für das einzelne Individuum existierenden) Knappheiten und Daten. Für den Inländer ist der Steuertermin ganz bedeutsam, für den Ausländer schon nicht mehr. Allein daran kann man erkennen, dass sich die Welt nicht allein aus dem Steuertermin erklären lässt:-).
Im Übrigen gibt es nur einen Termin - den Tod. Der Herrscher kann diesen Termin allenfalls etwas vorverlegen, aber das ist schon alles. Knapp ist die Lebenszeit - völlig unabhängig vom Herrscher und seinen Terminen.
Gruß
R.Deutsch
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Popeye
12.07.2005, 17:56
@ dottore
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Rheingold, Maingold, Elbegold, Wesergold, Vogeltalgold & die Todesstrafe |
-->
Nehmen wir an, der Staat bestimmt, dass jeder jährliche Steuern von 2 Millionen X-Goldern zu zahlen habe. X-Golder können nur von Anwohnern an Bächen und Flüssen gedruckt werden (Distanz zum Gewässer höchstens 5 km). Bezugsberechtigt ist jeder Konsument/Produzent - maximal bis zur Höhe von 20 Prozent der Anzahl seiner Körperhaare.
Auf die Nichtzahlung der Steuer steht die Todesstrafe.
Und nun das Rätsel: Was ist der Wert eines Vogeltalgolders?
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Baldur der Ketzer
12.07.2005, 18:06
@ Popeye
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Re: Rheingold, Maingold, Elbegold, Wesergold, Vogeltalgold & die Todesstrafe |
-->
>Und nun das Rätsel: Was ist der Wert eines Vogeltalgolders?
Hallo, Popeye,
das hängt davon ab, ob die Bürger nur Dreschflegel im Schupfen haben, oder auch was anderes.
Und wie lange sie sich verscheißern lassen....
Angesichts der aktuellen Situation wird das 1) ziemlich ärmlich und 2) ziemlich lange sein.
Insofern wäre der Wert wohl recht ansehnlich - obwohl es nur Pipifax ist.
Nur - für uns Nutzer - ist denn das komische farbige Papier mit nicht existierenden Brücken und Portalen drauf was anderes als albernes Pipifax?
Beste Grüße vom Baldur
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Popeye
12.07.2005, 18:13
@ Baldur der Ketzer
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Re: Rheingold, Maingold, Elbegold, Wesergold, Vogeltalgold & die Todesstrafe |
-->
Nur - für uns Nutzer - ist denn das komische farbige Papier mit nicht existierenden Brücken und Portalen drauf was anderes als albernes Pipifax?
Grüß Dich, Baldur - natürlich nicht, aber solange der Staat es zum Steuertermin akzeptiert ruft niemand: Der Kaiser hat keine Kleider an...
Grüße
zurück
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certina
12.07.2005, 18:17
@ Popeye
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Re: Rheingold, Maingold, Elbegold, Wesergold, Vogeltalgold & die Todesstrafe |
-->>
>Nehmen wir an, der Staat bestimmt, dass jeder jährliche Steuern von 2 Millionen X-Goldern zu zahlen habe. X-Golder können nur von Anwohnern an Bächen und Flüssen gedruckt werden (Distanz zum Gewässer höchstens 5 km). Bezugsberechtigt ist jeder Konsument/Produzent - maximal bis zur Höhe von 20 Prozent der Anzahl seiner Körperhaare.
>Auf die Nichtzahlung der Steuer steht die Todesstrafe.
>Und nun das Rätsel: Was ist der Wert eines Vogeltalgolders?
hi
Dann aber Nacht Mattes mit den bunten Scheinchen....
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Holmes
12.07.2005, 18:20
@ Popeye
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->>Hallo, @dottore!
>Nun sind wir beim Punkt…
>Das Abgabengut ist nicht frei wählbar!
>Entweder es ist (für den Abgabenschuldner) nur mit Mühe und Anstrengungen zu erlangen ( = knapp)
>Oder der Staat/Herrscher monopolisiert das Angebot und verknappt es künstlich (Monopolisierung von Hosenknöpfen)
>Das sollte mein Beispiel - für den Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin) - signalisieren.
>Der Rest Deiner Fragen sind (Leistung erbringen oder Sanktionen in Kauf nehmen) sind ökonomische Wahlalternativen, die jeder nach seinem gusto beantworten kann. Auf keinen Fall aber bestimmen die Sanktionen den Wert.
>Grüße
Hallo @Popeye,
völlig korrekt. Nicht jedes"Ding" kann Abgabengut werden. Jetzt müsste man bestimmen, welche Eigenschaften ein Abgabengut haben muss, damit es sich dazu eignet. Knappheit zum Termin ist sicher eine davon (endlich sind letztlich alle Güter auf Erden). Gibt es mehrere? Warum ist Gold bei den Mayas nicht zum Abgabengut geworden, sondern Kakao? Weil Gold dort zu häufig vorkam? Oder weil sie den Schritt Gerste>>Silber als Kakao>>Gold noch nicht gemacht hatten?
Beste Grüsse,
Holmes
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Holmes
12.07.2005, 18:30
@ R.Deutsch
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Re: Knappheiten, Wertdebatte und Devisenkurse |
-->>Dottore versucht nun - durch die kalte Küche - wieder eine neue, für alle verbindliche Werteinheit einzuführen (die zum Termin festgesetzte Ablieferungsmenge). Die Theorie ist schlicht damit falsifiziert, dass jenseits der Grenze kein Termin festgesetzt werden kann, aber offensichtlich Werteaustausch über die Grenze stattfindet.
Hi,
ich meine mich zur erinnern, dass @dottore im Crash-Buch die These entwickelt hat, dass es keinen Dollar-Kurs gibt bzw. dass der Dollar-Kurs eben nicht von der"Dollar-Menge" im Verhältnis zu anderen Mengen bestimmt wird, sondern davon, wer Dollar braucht. Wenn viele Dollar-Schulden zum Termin anstehen, steigt der Kurs des Dollar, weil die Schuldner auch einen höheren Kurs bezahlen werden. Hätte niemand Schulden in einer Währung, wäre diese wertlos, weil es keine Käufer gibt.
In dem Sinne hätten die Spanier von den Mayas für spanische Goldmünzen nichts bekommen, denn die hatten selbst genug davon. Der Kurs für Gold war damals also ziemlich schlecht, weil eben auf einer Seite kein Abgabengut.
Beste Grüsse,
Holmes
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dottore
12.07.2005, 18:33
@ R.Deutsch
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->Hi R.Deutsch,
>Arbeitsteiliges Wirtschaften setzt ein System voraus, welches die Handlungen der Teilnehmer koordiniert.
Gern: Familie, Stamm, Klöster usw. - arbeitsteiliges Produzieren hat es immer gegeben, es gingen ja nicht alle gleichzeitig auf die Jagd oder zum Fischfang.
Das arbeitsteilige Wirtschaften setzt Kontrakte und Eigentum voraus, und diese wiederum eine Kontrakte und Eigentum besichernde Instanz. Eine im luft- (und macht-)leeren Raum schwebende"arbeitsteilige Wirtschaft" kann es schlicht nicht geben.
Was die Wirtschaft"arbeitsteilig" werden lässt, muss in jedem Fall vor ihr existiert haben. Und wenn es vor ihr existiert hat, kann sie nicht aus den Erträgen des Wirtschaftens finanziert worden sein, da dieses Wirtschaften erst danach gekommen ist.
Das gesamte"Marktmodell" ist, wie schon in größerem Zusammenhang jüngst geschrieben, nicht etwa das, wonach sich seit dem Neolithikum alle Menschen richten (die betreffende, leider aus dem Nichts gesogene Behauptung von Fritz Heichelheim hat der durchaus kundige Michael Hudson widerlegt).
Es führt doch nicht weiter, wenn wir so tun, als sei das, was wir tun (ob und mit welchem Erfolg sei jetzt dahingestellt), schon immer so gewesen. Die"Institutionen" haben stets das ökonomische Tun bestimmt und nicht umgekehrt haben sich irgendwelche"Tätigen" nach einer Institution"gesehnt", mit deren Hilfe (per geschlossenem"Gesellschaftsvertrag" - oh, oh!) sie dann"endlich" (Wann denn überhaupt? Wo?) das eigene Tun in die allervorteilhaftesten Bahnen lenken konnten.
John R. Commons, wahrlich ein Mann von Labour und der Linken hat dies in seiner"Legal Foundation of Capitalism" (1924, nochmals Dank an @Popeye für den Hinweis) absolut sauber und widerspruchsfrei abgeleitet und den"eigentlichen" Beginn dessen, was unter"kapitalistische Marktwirtschaft" rubriziert wird, auf den Beginn des 18. Jh. datiert, als sich in GB die Trennung von - salopp gesagt - Herrscher als Person und Herrschaft als Institution vollzogen (d.h. dem Herrscher abgerungen wurde) hatte, was den"Staat" zwar entpersonalisiert, aber keineswegs entmachtet hat.
Über den nachfolgenden rasanten Aufstieg (begleitet von BoE, Banken aller Art, Patentrechten, zusätzlichen Eigentums-Strukturen, usw. usw.) muss nicht ernsthaft diskutiert werden, da er offenkundig ist und sich von GB aus dann über das Erdenrund mitgeteilt hat.
Allerdings hat das"Marktmodell" (siehe nochmals Polanyi und seine"Great Transformation"!) als"Distributionsmodell" für Güter und Leistungen im 19. Jh. seinen Höhepunkt erreicht (Freihandelsbewegung, Cobden, Prince-Smith usw.) und steigt seitdem in Schüben abwärts. Die nächste"große Transformation" ist das, was wir als"Umverteilungs-" und"Wohlfahrtsstaat" (etc.) erleben und worin wir mitten drin stecken - mit immer schnellerer Entfernung vom"Marktmodell" (das es so"rein" ohnehin nie gegeben hat), wobei das alte und niemals verschwundene Triple-Monopol des Staates (Macht, Abgaben, Geld) wieder mit Verve in den Vordergrund tritt.
Die staatsbedingten und -induzierten Kalamitäten liegen doch auf der Hand!
>Die Produzenten müssen irgendwie erfahren, was die Konsumenten haben wollen und was folglich produziert werden soll.
Die Produzenten sehen das ganz anders, weil sie ganz andere Interessen haben. Die Konsumenten spielen nur noch eine Rolle am Rande. Und längst hat sich hinter den Produzenten eine Szene aufgebaut, die als "Finanzsektor" (im weiten Sinn des Wortes) mit Hilfe all der schönen Dinge operieren, die ihnen der"moderne" Abgaben-, Schulden- und Steuerstaat (Schumpeter) ermöglicht - die 300 Billionen USD Derivate z.B. sind ja keine"Erfindung" sonst arbeitsloser Banker, sondern zwangsläufige Folge dieses Ablaufs.
>Dieses Problem wird in kapitalistischen freien Marktwirtschaften über die Preise und die darüber entstehenden Kapitalrenditen gelöst.
Die Kapitalrenditen resultieren längst nicht mehr aus"Preisen" und"freien Märkten", sie hätten sonst auch längst bei Null liegen müssen, da freie Märkte in atomistischer Konkurrenz münden müssten, bei der bekanntlich keinerlei Gewinn (für keinen) entsteht.
Neben den althergebrachten Monopolen (von Grund und Boden bis hin zum Copyright etc.) sind die Kapitalrenditen heute solche aus der Staatsverschuldung (Steuerzessionen), deren Titel die mit Abstand (mit Abstand!) größten Märkte und Transaktionsvolumina darstellen.
>In diese Preise gehen Millionen subjektiver Bewertungen und Kostenkalkulationen ein, was notwendigerweise Millionen freiwilliger subjektiver Kosten- und Nutzenkalkulationen voraussetzt.
Die Güterpreise jucken niemand mehr. Es geht um Arbitragen und Differenzgewinne im Finanzgeschäft, bis hin zu den märchenhaften Optionsprogrammen für die bekannten Top-Dogs, von denen gerade wieder einer (Morgan Stanley) mit 100 Mio USD"abgefunden" wurde.
>Zwang, Gewalt, Krieg und Raub schlagen sich natürlich auch in diesen Kalkulationen nieder, aber Zwang und Raub kann diesen individuellen, subjektiven Preisfindungsprozess nicht organisieren, oder gar ersetzen.
Sie haben ihn gestartet: Der erste Preis ist der in Gewichtseinheiten des Abgabenmaterials (Preise vor solchen in Silber sind nirgends zu entdecken und Silber war nun mal das Abgabengut und nicht etwa ein"Tauscherleichterungsmittel" mit"Wertgarantie" oder Ähnliches) ausgedrückte, der sich auf Leistungen und Güter bezieht, die jene anbieten müssen, die das Abgabenmaterial zu liefern haben.
Wie noch und noch erklärt: Nicht das Geld jagt die Waren, sondern diese das Geld, das jene haben müssen, die es ganz einfach schuldig sind - und das ex nihilo.
>Natürlich kann man mit Gewalt eine Sklavenwirtschaft organisieren, aber eben kein Marktwirtschaft und deshalb kann Debitismus vielleicht Sklavenwirtschaften erklären, aber eben keine arbeitsteilige Marktwirtschaft.
Gerade das leistet der Debitismus ganz locker und auch nebenbei. Ohne Verschuldung weder Arbeitsteilung (dabei wird geschuldet! - oder geht eine der"teilenden" Seiten leer aus?) noch Marktwirtschaft - ja noch nicht mal irgendwo ein Marktplatz (oder liegen"Märkte" im kosten- und ergo schuldenlosen Nirwana?)
>Am klarsten erkennt man das an der Grenze. Die gewaltgestützte Abgabenwirtschaft endet immer an der Grenze, dann gilt Marktwirtschaft.
Ja, da endet eine Abgabenwirtschaft - und schon ist die nächste da. Von"Marktwirtschaft" doch keine Spur - oder sollte sich diese komplett (vom ersten Rohstoff bis zum letzten Finishing) offshore abspielen? Dort, wo dann natürlich auch die gänzlich staats- und abgabenunbehelligten"Konsumenten" aufhalten.
Also die ganze Weltwirtschaft - von der Produktion zum allerletzten Endverbraucher - findet statt auf einem Schiff auf hoher See, permanent außerhalb aller Hoheitsgewässer?
Also, bitte!
>Kein Diktator kann jenseits seiner Grenze mit seinem erzwungenem Abgabegut kaufen.
Mit seinem heutigen nicht, aber das klappte bestens mit Metall, sofern und solange es denn Abgabengut war. Ein Zustand, der sich eben nicht"mal so" und"irgendwann einmal" ergeben hatte, sondern der ausweislich der gesamten Metall- und Abgaben-, Tribut- und Steuergeschichte vom"Diktator" per ordre herbeigeführt worden war.
>Hitler musste immer Gold liefern, wenn er Rohstoffe haben wollte.
Ach, nee. Und was hatte Saddam in seinem Erdloch-Köfferchen dabei? Gold? Nein, es waren 700.000 US-Dollar. Offenbar sind selbst Diktatoren nicht mehr, was sie mal früher waren...
Gruß!
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freeman
12.07.2005, 21:54
@ dottore
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Re: Lesbare Fassung (sorry), auch noch mit Clausewitz als Bestätigung |
-->>Hi freeman,
>>Ãœber den bin ich mir leider nicht ganz im Klaren.
>Ich auch nicht. Es ging mir auch mehr um die Parallelität: Im 19. Jh. verschwindet die Sklaverei (bis auf Reste) weltweit. Und im 19. Jh. wird überall die Einkommensteuer verankert, zunächst zu Mini-Sätzen, aber es geht ums Grundsätzliche. Immerhin sind Personalsteuerpflichtige nicht mehr"frei", wie denn auch das Wort"Freiheit" (fryheit auf der Fahnendarstellung im dt. Bauernkrieg) Abgabenfreiheit bedeutete.
Nun, warum sollte der Staat, der damals offensichtlich schliesslich die Kraft und ausreichende Macht auch ohne Eliten hatte, nicht auf ein solches System wechseln? Somit wäre dies eine Erklärung warum man auch den"Eliten der Sklavenhalter" ihre Privilegien entziehen konnte.
Müsste man sich die Entwicklung der Staatsstrukturen insbesondere Finanzbeamte, Polizei, Gerichte und Verwaltung mal genauer anschauen. Das Wirtschaftswachstum gab dies ja her.
>>Aber was hat einen Rep (Lincoln) umgetrieben?
>Er wollte gern den Krieg gewinnen. Die Südstaatler mussten danach Washington bedienen.
Schon klar. Aber der Staat alleine kann dies nicht vermögen noch aus einer Laune heraus bewegen. Entweder benötigte der industrialisierte Norden den Süden existentiell - was ich für sehr wahrscheinlich halte - oder der Staat musste so handeln, um sich gegen England und Frankreich zu rüsten. Mexiko und die Indianer waren ja bereits grösstenteils vernichtend geschlagen, auch wenn die letzten Indianerkriege noch bevorstanden.
Eine nette Zusammenfassung findet sich hier.
bigcountry
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R.Deutsch
13.07.2005, 07:08
@ dottore
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->Hi dottore,
auf meinen Hinweis:
Kein Diktator kann jenseits seiner Grenze mit seinem erzwungenem Abgabegut kaufen. Hitler musste immer Gold liefern, wenn er Rohstoffe haben wollte. Antwortest Du:
Ach, nee. Und was hatte Saddam in seinem Erdloch-Köfferchen dabei? Gold? Nein, es waren 700.000 US-Dollar.
Und warum hatte er nicht sein eigenes Abgabegut (Dinar) im Köfferchen?
Holmes hat an dieser Stelle geantwortet - und deshalb sei Hitler mit Panzern nach Baku gefahren, als er kein Gold mehr hatte.
Merkwürdig, dass die Debitisten an dieser Stelle anfangen müssen intelektuell zu hudeln:-)
Gruß
R.Deutsch
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dottore
13.07.2005, 09:42
@ R.Deutsch
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Re: Der Diktator a.D. nimmt das Abgabengut der neuen Machthhaber - nicht Gold |
-->Hi R.Deutsch,
>Und warum hatte er nicht sein eigenes Abgabegut (Dinar) im Köfferchen?
Er war bekanntlich nicht mehr an der Macht, sondern die Amerikaner. Und - siehe da - hat er deren Abgabengut (USD) genommen. So einfach ist das Leben.
>Merkwürdig, dass die Debitisten an dieser Stelle anfangen müssen intelektuell zu hudeln:-)
Hier wird nicht gehudelt. Nur Dir ist offenbar der Irak-Krieg entgangen.
Nochmals die Frage: Warum hatte Saddam nicht Gold dabei (oder wenigstens eine e-gold-Karte entsprechend aufgeladen), wenn es doch forever-money ist?
Gruß!
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Alana
13.07.2005, 10:00
@ dottore
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Re: Der Diktator a.D. nimmt das Abgabengut der neuen Machthhaber - nicht Gold |
-->>Hi R.Deutsch,
>Nochmals die Frage: Warum hatte Saddam nicht Gold dabei (oder wenigstens eine e-gold-Karte entsprechend aufgeladen), wenn es doch forever-money ist?
>Gruß!
hallo dottore,
ich bin zwar nicht H.Deutsch, aber ich weiß es auch:
Weil eben z.Zt (noch) weltweit j e d e r Dollar annimmt, was für Gold nun mal überhaupt nicht sicher ist (und für die e-gold-card erst recht nicht) und auch erst recht nicht beispielsweise für das"Zahlungsmittel Rheingold", mit dem wir in den letzten Tagen hier zugepflastert wurden.
Eigentlich ganz einfach.
al
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R.Deutsch
13.07.2005, 10:12
@ dottore
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Re: Du lenkst mal wieder ab |
-->Hi dottore,
die Frage ist doch, warum auch vorher die Iraker (als Saddam noch an der Macht war) lieber gegen Dollar verkauft haben und nicht gegen GZ - also Dinar. Die Abgaben haben sie mit Dinar bezahlt, gehandelt haben sie mit Dollar. Selbst im Inland kann die stärkste Macht offenbar nur begrenzt bestimmen, was Geld ist.
Deine Frage, warum er nicht Gold mitgeschleppt hat, muss ich wohl nicht ernst nehmen.
Grruß
R
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Holmes
13.07.2005, 10:26
@ R.Deutsch
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Währungspräferenz |
-->>Hi dottore,
>die Frage ist doch, warum auch vorher die Iraker (als Saddam noch an der Macht war) lieber gegen Dollar verkauft haben und nicht gegen GZ - also Dinar. Die Abgaben haben sie mit Dinar bezahlt, gehandelt haben sie mit Dollar. Selbst im Inland kann die stärkste Macht offenbar nur begrenzt bestimmen, was Geld ist.
Hi,
dass eine ausländische Währung in manchen Ländern beliebter ist als die einheimische, ist ein weitverbreitetes Phänomen und hängt doch m.E. damit zusammen, dass man sich für Devisen z.T. ganz andere Dinge kaufen kann. Eben die Dinge aus den Ländern dieser Währung bzw. beim Dollar = Weltwährung = Dinge aus aller Welt.
Beispiele: DDR + DM, die DM auf dem Balkan oder Argentinien: Peso - Dollar (selbst als der Peso noch offiziell an den Dollar gebunden war, wurde der Dollar lieber genommen).
In diesem Fall ist das"andere" STZM noch besser als das eigene STZM, weil es noch mehr Bedürftige gibt, die es brauchen und man ergo dafür mehr kaufen kann.
Ich denke, selbst wenn man mit Rheingold Steuern zahlen dürfte, würde man im Zweifelsfall lieber Euro nehmen. In Wörgl war das auch so.
Dein Punkt ist doch dann folgender: die Macht kann auch andere Währungen zulassen/dulden, wenn sie es will. Genauso wie Roosevelt das Gold verbot, hätte Saddam den Besitz von Dollar verbieten können. Aber dafür war er vielleicht schon zu schwach oder er wollte es nicht.
Beste Grüsse,
Holmes
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dottore
13.07.2005, 10:41
@ Popeye
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Re: Zur Knappheit des Abgabenguts |
-->>Hallo, @dottore!
>Nun sind wir beim Punkt…
>Das Abgabengut ist nicht frei wählbar!
Hi Popeye!
Sehr gut. Bekanntlich wählt es der Herrscher, da es eine Abgabe an ihn ist. Nur hat auch er Termin und Sanktion (Machtverlust). Termine:
- Regelmäßige Verteilung (a. Re-Distribution) der Lebensmittel, für die es geregelte Daten gab, zu denen sich die aktiv Berechtigten einfanden. Sie standen nicht etwa vor den Silos Schlange und warteten, ob diese"irgendwann" mal geäufnet würden (vgl. noch die römischen"annonae", lt. lex Matinia 10 Einheiten Brot pro Woche für jeden, was beim"Bürgergeld" nicht anders wäre; was geschieht wohl, wenn die Rentenzahlungen eingestellt würden? Bleibt die Regierung am Ruder oder wird sie sanktioniert?).
- Ernährung der Krieger (mit leerem Bauch und Brotsack kämpft man ungern).
- Waffen (die Metallabgaben, von Hethitern bis Ägyptern sind bestens dokumentiert, sogar in Abb. festgehalten, z.B. die großen Cu-Barren).
- Opfer (Termine absolut fest, bis heute noch die"Feiertage").
>Entweder es ist (für den Abgabenschuldner) nur mit Mühe und Anstrengungen zu erlangen ( = knapp)
Die Knappheit resultiert nicht aus der"Mühe", da sonst wirklich alles knapp wäre (selbst Wasserschöpfen strengt an), was also nicht wirklich weiterhilft. Sondern sie resultiert aus dem Termin, zu dem das"Gut" erscheinen muss, da anderfalls Sanktion eintritt.
>Oder der Staat/Herrscher monopolisiert das Angebot und verknappt es künstlich (Monopolisierung von Hosenknöpfen)
Schon richtig. Nur lässt sich erst dann etwas monopolisieren, wenn es schon davor zum Termin gefordert wurde. Was niemals Termin hat, kann nicht knapp werden und lässt sich ergo nicht monopolisieren.
Hätte der deutsche Staat zum Zeitpunkt der Währungsreform keine zeitlich präzise festliegenden Zahlungsverpflichtungen gehabt (also selbst Termin und ergo Knappheit) - wozu hätte er dann (neues)"Geld" ausgeben sollen? Die D-Mark war 1948 genau der gesuchte Hosenknopf und seine Herstellung musste monopolisiert werden.
>Das sollte mein Beispiel - für den Ertrinkenden ist Luft knapp (zum Termin) - signalisieren.
>Der Rest Deiner Fragen sind (Leistung erbringen oder Sanktionen in Kauf nehmen) sind ökonomische Wahlalternativen, die jeder nach seinem gusto beantworten kann. Auf keinen Fall aber bestimmen die Sanktionen den Wert.
Also dann: Sämtliche Termine verstreichen nacheinander sanktionslos: Welchen"Wert" hätten dann die zu den Terminen ursprünglich an die am Termin Berechtigten zu bringenden Güter oder Leistungen?
Ich sach mal: Null. Einwände?
Und ich frage: Was steigert dann den"Wert" über Null?
Allgemeiner Volksbeschluss? Stille Ãœbereinkunft?
Gar die"allgemeine Akzeptanz"? Nur dann: Dies setzt immmer jeweils zwei Parteien voraus, eine leistende (zahlende) und eine die Leistung (Zahlung) akzeptierende. Wenn wir nun ohne Termin und Sanktion wirtschaften: Warum sollte jemand leisten (zahlen)?
Interessant...
Und besten Gruß!
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dottore
13.07.2005, 10:59
@ R.Deutsch
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Re: Knappheiten und Wertdebatte |
-->Hi R.Deutsch,
auch mir ist die Dogmengeschichte nicht ungeläufig.
>Dottore versucht nun - durch die kalte Küche - wieder eine neue, für alle
Nein. Nur für jene im jeweiligen Machtareal, wie oft genug geschrieben.
>verbindliche Werteinheit einzuführen (die zum Termin festgesetzte Ablieferungsmenge). Die Theorie ist schlicht damit falsifiziert, dass jenseits der Grenze kein Termin festgesetzt werden kann, aber offensichtlich Werteaustausch über die Grenze stattfindet.
Siehe dazu Antwort Holmes.
>Der Abgabetermin (so er denn existiert)
Ach so, Steuertermine gibt's gar nicht?
>wird schlicht in das individuelle Wertekalkül (der Inländer)
Ja, schlicht. Noch nie eine Steuererklärung ausgefüllt? Noch nie ein Angebot (mit MWSt.-Ausweis) kalkuliert, nie eine Rechnung geschrieben?
Falls doch: Dann hatte die an die Obrigkeit abzuführende Summe also keinen"Wert"? Das beruhigt nun wirklich jeden Steuerzahler.
>mit eingebaut, so wie alle (immer nur für das einzelne Individuum existierenden) Knappheiten und Daten.
Ja,"Wert"-Vorstellungen sind bekanntlich subjektiv und ergo ganz individuell.
>Für den Inländer ist der Steuertermin ganz bedeutsam, für den Ausländer schon nicht mehr.
Ah ja. Ausländer zahlen bekanntlich keine Steuern. Wo liegt dieses"Ausland" bloß? Klar: Offshore, on the high seas...
>Allein daran kann man erkennen, dass sich die Welt nicht allein aus dem Steuertermin erklären lässt:-).
Abgabentermin ist nun mal der erste und die Basis. Restliche Termine folgen. Von"allein" war keine Rede.
>Im Ãœbrigen gibt es nur einen Termin - den Tod.
DANKE. Dann muss ich also meine zum Verlust anstehende CHF-POG-Wette niemals einlösen! Wirklich?
Schöne Welt, in der wir leben. Alles wird erst zum Tode (einziger Termin) fällig und alle Zahlungen werden aus der Erbmasse geleistet. DAS ist endlich mal eine gute Nachricht.
Gruß!
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moneymind
13.07.2005, 11:03
@ dottore
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Re: Geld, Macht+Wert, Termin+Knappheit |
-->Hi,
für mich lassen sich Macht, Wert, Termin und Knappheit am besten im Rahmen eines bankingtheoretischen Modells schlüssig unterbringen:
Bankingtheorie (z.B. v. Bethmann, M. Innes) besagt: jede Geldforderung (mit Fälligkeitstermin) ist Geld, denn sie kann im Prinzip alle Geldfunktionen erfüllen: a) Wertaufbewahrungsmittel; b) Zahlungsmittel (kann an Zahlungs statt weitergereicht werden, wobei eine Forderung weitergereicht und eine vernichtet (erfüllt) wird - wie bei Zahlung einer Rechnung per Überweisung).
Vollstreckbarkeit (Staatsmacht) setze ich voraus. Ohne Vollstreckbarkeit keine Zirkulationsfähigkeit der Forderung. Erst die Sicherheit, die vom Schuldner versprochene Leistung auch erhalten und notfalls einklagen zu können, macht eine Forderung überhaupt zu einem „gegenwärtigen Vermögenswert“, der als Aktivum verbucht werden kann und den Dritte auch dann an Zahlungs statt akzeptieren, wenn sie den Schuldner der Forderung persönlich gar nicht kennen (DeSotos Thema: erst Vollstreckbarkeit, die dokumentierte Eigentumsverhältnisse, Zivilrecht und staatliche Instanzen voraussetzen, die legale Vollstreckbarkeit garantieren und wenn nötig auch durchführen, ermöglicht anonyme Finanztitel, bei denen der Halter/Gläubiger des Papiers den Schuldner nicht unbedingt persönlich kennen muß, um sicher zu sein, daß er die versprochene Leistung auch erhalten wird). In diesem Sinn: ohne Macht / Vollstreckbarkeit institutionelle Voraussetzung für „Wert“ einer Geldforderung - kann man so z.B. auch in Lehrbüchern zum Schuldrecht nachlesen.
Liquiditätsgrad/Zirkulationsfähigkeit hängt dabei vom Grad der Sicherung ab - von der Unterscheidung verschiedener Liquiditätsgrade sehe ich hier der Einfachheit halber zunächst mal ab und unterstelle, daß jede Geldforderung so gut gesichert ist, daß sie zu Zahlungszwecken weitergereicht werden kann und vom jeweiligen Gläubiger auch als Zahlungsmittel akzeptiert wird (in der Praxis: Zentralbankgeld = bestgesicherte Forderung, wenn ZB Noten gegen gute Sicherheiten emittiert).
Soweit zu Macht und Wert, jetzt zur Knappheit: Geldforderungen lauten „auf Geld“ --- d.h. sie müssen zum Fälligkeitstermin mit Geldforderungen späterer Fälligkeit bezahlt werden. Zahlungsvorgang: B bezahlt A´s fällige Forderung mit einer später fälligen Forderung gegen C. Eine Forderung („das Geld“) wurde weitergereicht eine zweite (die zur Zahlung fällige) vernichtet.
Wenn das so ist, ist die Summe aller Guthaben und Forderungen immer = 0. Wo kann da Geld knapp sein? Auf den ersten Blick nirgends. Denn Geld kann nur gegenüber einer Summe fälliger Geldforderungen knapp sein; „Knappheit als solche“, ohne konkreten Bezugspunkt: (knapp gegenüber was / im Vergleich wozu genau?) gibt es nicht (dottore). Zins ändert daran nichts, denn auch Zinsforderungen sind Geldforderungen und haben eine Guthaben- und eine Verbindlichkeitenseite, die sich zu 0 aufaddieren; also kann Zins Geld (in einem solchen bankingtheoretisch angelegten Modell) nicht knapphalten.
Geldknappheit gibt es aber in einer Krise: überdurchschnittlich viele Unternehmen werden zahlungsunfähig und melden Konkurs an. Jede Krisen-/Konjunkturtheorie muß diese Knappheit erklären können.
Wie also läßt sich Geldknappheit dennoch fassen? Auf den ersten Blick nur exogen: durch eine geldknapphaltende Autorität (Staat oder Zentralbank).
Alternativer Lösungsvorschlag (auf Anregung von dottores Hinweis auf die zentrale Bedeutung des Termins für die Knappheit: ): Fälligkeitstermine in Betrachtung einbeziehen und unterscheiden zwischen noch nicht fälligen und JETZT fälligen Forderungen. Noch nicht fällige Forderungen können dem Gläubiger alle 3 Geldfunktionen erfüllen (Wertaufbewahrung, Zahlungsmittel, Tauschmittel). Jetzt fällige Forderungen dagegen setzen voraus, daß in der Zwischenzeit (per Verschuldung) später fällige Forderungen entstanden sind, mit denen die früher fälligen bezahlt werden können.
Werden die später fälligen Forderungen gegenüber den jetzt fälligen Forderungen knapp, z.B. weil der Verschuldungsprozess (Boom) ins Stocken geraten ist, Gläubiger (Halter später fälliger Forderungen) sich entschließen, diese bis zum Fälligkeitstermin zu halten statt damit einzukaufen (=früher fällige Forderungen zu erfüllen/vernichten) oder wenn plötzlich auf einen Schlag viele Forderungen fällig werden, werden die Schuldner der jetzt fälligen Forderungen zahlungsunfähig. Für sie ist „Geld knapp“ - gegenüber den jetzt fälligen Forderungen.
Anders gesagt: wenn wir den Termin - die Fälligkeit der Forderungen - in die Betrachtung einbeziehen, gewinnen wir durch die Unterscheidung"jetzt fällig vs. später fällig" auch im Rahmen eines bankingtheoretischen Geldbegriffs einen Bezugspunkt für die"Knappheit" von Geld -- trotz der Tatsache, daß die Summe aller Guthaben und Verbindlichkeiten immer =0 ist.
Wie macht diese Knappheit Geld „wertvoller“? Wenn Geld (wie in der Krise) knapp wird, wird es für die Unternehmen schwieriger, ihre Waren zu den kalkulierten Preisen abzusetzen. Die Geldknappheit erzeugt Preisdruck, die Unternehmen senken ihre Preise. Das sieht aus, als ob der Geldwert steigen würde (weil derselbe Geldbetrag jetzt eine größere Warenmenge kauft). Umgekehrter Prozess im Boom: später fällige Forderungen werden im Verhältnis zu aktuell fälligen überschüssig --- „Geldüberfluß“ mit Infla-Tendenz (Unternehmen erwarten höhere Gewinne + kalkulieren diese in die Preise ein, Ergebnis ist Preissteigerung, sieht wie Geldentwertung aus, da derselbe Geldbetrag zu den neuen Preisen jetzt eine kleinere Warenmenge kauft).
Dieser bankingtheoretische Lösungsansatz kommt ohne exogene Institution (Staat, Zentralbank) aus, die Geld willkürlich knapphält. Geldknappheit (genauso wie relativer Geldüberschuß im Boom) ist hier Ergebnis der Entscheidungen der Marktteilnehmer, sich zu verschulden (und in welcher Höhe) oder eben nicht (dann irgendwann Geldknappheit+Krise).
Diese Lösung impliziert auch, daß nicht irgendein Zins für Geldknappheit verantwortlich ist und daher ein Zinsverbot die Möglichkeit der Geldknappheit nicht aus der Welt schaffen könnte. Auch ohne Zins gäbe es eine Konjunktur mit Boom+Krise.
Müßte man aber mal genauer durchdenken, am besten anhand einer konkreten Modellsimulation. Vom Prinzip her (für meine Begriffe) guter Ansatz für so etwas hier:
http://www.socsci.auc.dk/~cbruun/phd/phd_thesis.htm
Just my 2 cents.
Gruß
moneymind
PS Auf diesem Weg noch vielen Dank an dottore, für die vielen Anregungen und den Hinweis auf Heinsohn/Steiger, die ich aus seinem Buch „der Kapitalismus“ bekommen habe.
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Popeye
13.07.2005, 11:52
@ dottore
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Macht, Festlegung des Abgabengutes, Termin mit Sanktion, das ist die Reihenfolge |
-->Hallo, @dottore,
Danke!
Einspruch zu:
"Die Knappheit resultiert nicht aus der"Mühe", da sonst wirklich alles knapp wäre (selbst Wasserschöpfen strengt an), was also nicht wirklich weiterhilft. Sondern sie resultiert aus dem Termin, zu dem das"Gut" erscheinen muss, da anderfalls Sanktion eintritt."
Knappheit zu einem sanktionsbedrohten Termin kann es nur geben, wenn das zu Leistende knapp im Verhältnis zu dem zu Leistenden ist.
Etwas, dass ohne Mühe zu erlangen ist, kann nicht knapp sein. (Atemluft ist (noch) nicht knapp - für den Ertrinkenden ist sie nur zum Zeitpunk des Ertrinkens knapp.)
Ist Luft deswegen knapp? Wohl kaum.
Macht die Sanktion die Luft knapp? Wohl kaum.
Macht der Termin die Luft knapp? Wohl kaum.
Es sind die Umstände zum Termin, welche die Luft knapp machen.
Deshalb gibt es einen Einspruch zu:
"Schon richtig. Nur lässt sich erst dann etwas monopolisieren, wenn es schon davor zum Termin gefordert wurde. Was niemals Termin hat, kann nicht knapp werden und lässt sich ergo nicht monopolisieren."
Nicht der Termin oder eine Forderung zum Termin macht das zu Leistende knapp. Vielmehr muss die Knappheit a priori bestehen, oder die Macht muss die Knappheit vorher organisieren (das zu Leistende monopolisieren).
W.a.W. die Macht muss die Luft knapp machen.
Daher ist die logische Kette - Macht, Festlegung/Organisation des (knappen) Abgabengutes, Termin mit Sanktion.
Grüße
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dottore
13.07.2005, 17:31
@ moneymind
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Re: Ganz vorzüglich! Dank plus Prima-Causa-Frage |
-->Hi moneymind,
wir kommen dem Kern immer näher. Zunächst also herzlichen Dank.
Die Überlegungen im Rahmen des bankingtheoretischen Modells sind absolut schlüssig - bis auf einen Einwand, den ich mir erlaube, vorzutragen. Das gilt auch für die - zunächst nur überflogene - Arbeit von Frau Bruun, die den leider inzwischen fast vergessenen Ansatz von Wolfgang Stützel ("Volkswirtschaftliche Saldenmechanik") wieder in Erinnerung ruft:
Was aber machen wir, wenn nicht nur die privatwirtschaftlichen Agenten (Handelnden) operieren und sich nicht nur alles im endogenen Bereich, wie beschrieben, abspielt und es tatsächlich (mit und ohne Zins, in der Tat) nur auf den Problem-Komplex"Jetzt fällig vs. später fällig" ankommt, wobei die Phänomene Boom & Bust letztlich von dem abhängen, was die Halter später fälliger Forderungen (Gläubiger) machen bzw. ob zusätzliche solcher Halter (freiwillig) auftreten?
Scharfsinnige Konjunkturtheoretiker werden sagen, das Ganze lässt sich über den exogenen Sektor"steuern", also z.B. indem der Staat so"tut", als sei er Teil des endogenen Sektors, wobei er sich verschuldet, was im Klartext heißt, dass er ja Gläubiger mit später fälligen Forderungen schafft und damit das macht, was die bisherigen Gläubiger (die halten bzw. nicht"mehr" - in höherer Summa - werden) nicht machen, womit sich automatisch das Verhältnis von noch nicht und JETZT fälligen Forderungen entsprechend verkleinert, womit jene, die sich JETZT fälligen Forderungen gegenübersehen, logischerweise in die erwähnten Schwierigkeiten kommen.
Aber was geschieht, sobald aus dem exogenen Sektor (der Einfachheit halber"Staat" oder gar"Fremd-Staat") eine zusätzliche Forderung präsentiert wird (mit Termin der Fälligkeit, Sanktion usw.), welche die"Endogenen" bisher gar nicht auf der"Rechnung" (also passiv verbucht) hatten? (Die Phantasie kann von Steuererhöhungen bis hin zu Reparationszahlungen oder simplen Tributen schweifen). Wie werden sich die Endogenen in bezug auf ihren bisherigen Gläubiger/Schuldner-Status verhalten?
Der"eigene" Staat könnte - wie im obigen Procedere erledigt - die eigene Forderung über die Schaffung weiterer (oder größerer) Gläubiger"finanzieren", in diesem Fall also z.B. eine MWSt.-Erhöhung über zusätzliche Staatsverschuldung in gleicher Höhe (!)"ausgleichen". Nur was, wenn ein Fremd-Staat auftritt und seine Forderungen obendrein in seinem STZM fordert? (In etwa Argentinien-Causa).
Dann ist eine Knappheit in die Welt gesetzt, die zusätzliche Konsequenzen zu den (bestens von Dir beschriebenen) Konsequenzen hätte. In diese Richtung also geht mein grundsätzlicher Ansatz: Ob nicht ein solches Procedere das angestoßen und bis heute permanent begleitet hat, was wir"Wirtschaften" nennen. Die Suche nach der prima (oder auch) perannualis causa halt...
Jedenfalls fürs Erste herzlichen Dank und besten Gruß!
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dottore
13.07.2005, 18:08
@ Popeye
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Re: Macht, Festlegung des Abgabengutes, Termin mit Sanktion, das ist die Reihenf |
-->Hi Popeye,
dankend und weiter:
>Einspruch zu:
>"Die Knappheit resultiert nicht aus der"Mühe", da sonst wirklich alles knapp wäre (selbst Wasserschöpfen strengt an), was also nicht wirklich weiterhilft. Sondern sie resultiert aus dem Termin, zu dem das"Gut" erscheinen muss, da anderfalls Sanktion eintritt."
>Knappheit zu einem sanktionsbedrohten Termin kann es nur geben, wenn das zu Leistende knapp im Verhältnis zu dem zu Leistenden ist.
Wir können uns gern von der Abgabe lösen. Wie kann es vor einem Termin überhaupt Knappheit geben? Was für ein Termin mag das sein, wenn wir die Dehnbarkeit der Zeit bei Urschulds-Phänomenen (ich kann notfalls auch Morgen essen, ich darf an die generelle Nicht-Knappheit Sahlins bei den Jägern und Sammlern erinnern) in Betracht ziehen?
Der Ertrinkende ist schon ein feines Beispiel. Aber es fehlt der definitive Termin des Ertrinkens/Ertrunkenseins. Was, wenn der Ärmste noch ein paar Stunden lang oder Tage gar weiter rumrötert, vielleicht, weil er doch noch einmal zu Kräften gekommen ist? Bei der Abgabe (und allen ökonomischen Derivaten davon) gibt es dieses nicht. Gutschrift muss um 24.00 Uhr erfolgt sein, ab 00.01 tritt die Sanktion in Kraft.
Die Macht operiert militärisch und da geht's mit größtmöglicher Termin-Präzision zu (Uhrenvergleich inklusive).
>Etwas, dass ohne Mühe zu erlangen ist, kann nicht knapp sein. (Atemluft ist (noch) nicht knapp - für den Ertrinkenden ist sie nur zum Zeitpunk des Ertrinkens knapp.)
>Ist Luft deswegen knapp? Wohl kaum.
>Macht die Sanktion die Luft knapp? Wohl kaum.
>Macht der Termin die Luft knapp? Wohl kaum.
>Es sind die Umstände zum Termin, welche die Luft knapp machen.
Die Umstände schon. Nur ist der Termin selbst (vor einer Sekunde noch - jetzt leider nicht mehr) kein Umstand des Termins.
>Deshalb gibt es einen Einspruch zu:
>"Schon richtig. Nur lässt sich erst dann etwas monopolisieren, wenn es schon davor zum Termin gefordert wurde. Was niemals Termin hat, kann nicht knapp werden und lässt sich ergo nicht monopolisieren."
>Nicht der Termin oder eine Forderung zum Termin macht das zu Leistende knapp. Vielmehr muss die Knappheit a priori bestehen, oder die Macht muss die Knappheit vorher organisieren (das zu Leistende monopolisieren).
Knappheiten können bei Forderungen immer nur zum Termin selbst entstehen. Eben noch war die Bank geöffnet, jetzt ist sie geschlossen... Wäre ich doch nur eine Minute früher gekommen, dann hätte ich jetzt mein Geld - jenes, das ich JETZT brauche.
>W.a.W. die Macht muss die Luft knapp machen.
>Daher ist die logische Kette - Macht, Festlegung/Organisation des (knappen) Abgabengutes, Termin mit Sanktion.
Zur"Organisation" des Gutes zählt vor allem der Termin. Die Tatsache, dass ein Abgabengut"festgelegt" wird, macht es nicht a priori knapp. Beispiel GS: Wie hätte dann jemals der Goldpreis unter die Parität fallen können, schließlich lauteten Abgabe und Kontrakte auf Gold zur Parität und nicht auf Gold"in Menge X oder Y".
Ein anderes Beispiel: Mitte des 14. Jh. war Gold in Süditalien bis Florenz ganz ohne Frage Abgabengut. Wie jüngst in den GN beschrieben wurde, kam ein König aus dem Goldland (Timbuktu und so) daher und lud massiv ab (zum reinen Spaß). Mehr als ein Jahrzehnt hat sich der Goldmarkt nicht von diesem Schlag erholt.
Es mag zwar wie der Streit um Kaisers Bart erscheinen, aber mir erscheint in Sachen Termin und Knappheit (gern auch Knappheit und Termin) ein Präzisionsschuss unabdingbar. Eine Festlegung des Abgabengutes ohne gleichzeitige Terminsetzung (zunächst mal"nach der Ernte", aber schließlich wird's immer präziser in der Datierung, Kalender und so) halte ich für nicht plausibel. Dass es natürlich einen Termin nicht ohne Erklärung dessen, was denn an diesem zu geschehen habe, geben kann, ist klar.
Grüße zurück!
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Holmes
13.07.2005, 18:17
@ dottore
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Re:Termin, Macht, Geld |
-->>Es mag zwar wie der Streit um Kaisers Bart erscheinen, aber mir erscheint in Sachen Termin und Knappheit (gern auch Knappheit und Termin) ein Präzisionsschuss unabdingbar. Eine Festlegung des Abgabengutes ohne gleichzeitige Terminsetzung (zunächst mal"nach der Ernte", aber schließlich wird's immer präziser in der Datierung, Kalender und so) halte ich für nicht plausibel. Dass es natürlich einen Termin nicht ohne Erklärung dessen, was denn an diesem zu geschehen habe, geben kann, ist klar.
Hi,
vielleicht läßt sich der gute alte Spruch:"Zeit ist Geld" umwandeln in:"Termin Macht Geld"? [img][/img]
Spontaner Einfall, sorry,
Holmes
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Popeye
13.07.2005, 19:02
@ dottore
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Termin und Saktion im Schlaraffenland |
-->Hallo, @dottore,
wir wandern wieder ab. Aber ich will die Diskussion mangels neuer Argumente nicht verlängern.
Selbstverständlich muss ich, solange Zeit die Dimension ist in der wir leben, selbst im Schlaraffenland zu einem „Termin“ den Mund aufmachen, damit die sprichwörtlichen gebratenen Tauben meinen Hunger (Knappheit) stillen…
Hier geht es jedoch um exogen gesetzte Termine, die mit Sanktionen bedroht sein sollen, … schwer vorstellbar im Schlaraffenland.
Ich kann - nach wie vor - die Richtigkeit des nachstehenden Satzes nicht nachvollziehen.
Der"Wert" [Abgabengut = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.
Wie schrieb @Crash Guru:
Der Kurs des Euros etc. steigt nicht mit höheren Strafen auf Steuerhinterziehung...
Grüße
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Holmes
13.07.2005, 19:12
@ Popeye
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Re: Termin und Saktion im Schlaraffenland |
-->>Der"Wert" [Abgabengut = Geld] liegt nicht in der Substanz und ihrer Struktur (obwohl die ersten Abgaben sehr"natural" waren), sondern in dem, was der einzelne Abgabenverpflichtete als Sanktion zu erwarten hat, sollte er nicht zum herrschaftlichen festgelegten Termin leisten.
>Wie schrieb @Crash Guru:
>Der Kurs des Euros etc. steigt nicht mit höheren Strafen auf Steuerhinterziehung...
Hi,
der Kurs eines Schuldentilgungsgutes steigt schon mit der Höhe der zu erwartenden Sanktionen. Ich bin als Mafia-Schuldner bestimmt bereit, dem Kredit-Hai das Geld zu 50% Zinsen abzunehmen, bevor mir Luigi den kleinen Finger abschneidet. Ist die Strafe sogar übler, werde ich sogar den Zins zu 100% akzeptieren.
In ähnlicher Form steigt der Kurs des Dollar, wenn viele Dollarschulden fällig werden.
Ist das die Lösung?
Beste Grüsse,
Holmes
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Popeye
13.07.2005, 19:27
@ Holmes
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Re: Termin und Saktion im Schlaraffenland |
-->Hallo @ Holmes,
Ich bin als Mafia-Schuldner bestimmt bereit, dem Kredit-Hai das Geld zu 50% Zinsen abzunehmen, bevor mir Luigi den kleinen Finger abschneidet. Ist die Strafe sogar übler, werde ich sogar den Zins zu 100% akzeptieren.
Auch wenn Du das Geld selbst drucken darfst? - Darum ging’s, die notwendige Knappheit des Abgabengutes.
Auf Dein anderes Beispiel (Fälligkeit von Dollaranleihen) möchte ich lieber nicht eingehen (it’s a can of worms…)
Grüße
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bernor
13.07.2005, 20:21
@ dottore
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Re: Macht, Festlegung des Abgabengutes, Termin mit Sanktion, das ist die Reihenf |
-->Hi Dottore,
Es mag zwar wie der Streit um Kaisers Bart erscheinen, aber mir erscheint in Sachen Termin und Knappheit (gern auch Knappheit und Termin) ein Präzisionsschuss unabdingbar. Eine Festlegung des Abgabengutes ohne gleichzeitige Terminsetzung (zunächst mal"nach der Ernte", aber schließlich wird's immer präziser in der Datierung, Kalender und so) halte ich für nicht plausibel. Dass es natürlich einen Termin nicht ohne Erklärung dessen, was denn an diesem zu geschehen habe, geben kann, ist klar.
vielleicht kann man mit der Knappheit & Termin des Abgabenguts so formulieren:
Etwas, was als Abgabengut dienen soll (z.B. Silber), hat zwar an sich schon aufgrund"äußerer" Umstände (die vom Staat nicht oder nur mittelbar beeinflußt werden) eine gewisse (und eben vom Staat gewünschte) Knappheit, die jedoch erst bzw. bereits dann"erfahrbar" & somit wertmäßig definierbar wird, sobald feststeht, daß es ein Abgabengut ist, welches zu einem bestimmten Termin, zumindest aber in absehbarer Zeit zu leisten ist; wobei die weitere Wertentwicklung des Abgabenguts (= Grad der Präferenz gegenüber anderen Gütern / Dienstleistungen) auch (in manchen Epochen vor allem) vom unausweichlichen Heranrücken des jeweiligen Abgabetermins bestimmt wird.
Ich denke, damit dürfte auch Popeye klarkommen.
Gruß bernor
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Dimi
14.07.2005, 09:57
@ dottore
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Lieber Dottore,
nachdem andere Teilnehmer viele Einzelpunkte der Diskussion aufgegriffen haben, möchte ich mich im Moment auf einen Punkt - der seit Jahren offen ist - beschränken; die anderen Punkte, insbesondere der ebenfalls seit langem offene Zins (die Frage damals war übrigens: Wie ist der Privatzins aus der Abgabe entstanden?) ggf. später.
Also: Wieso Silber, wieso Gold? Natürlich erlangten auch Eintagsfliegen einen Wert, wenn der Herrscher sie als Abgabe einfordert. Aber hat der Herrscher eine Wahl, und welche Konsequenzen hat seine Entscheidung?
Konkret: Ist es in der realen Welt überhaupt möglich, daß ein Herrscher, der nicht unter Drogen steht, und der jederzeit von anderen Herrschern anderer Völker oder von potentiellen Nachfolgern gestürzt werden kann, Eintagsfliegen als Abgabe einfordert?
Auch das chronologische Vorziehen der Gerste ändert im übrigen nichts daran, daß die Entscheidungen für Silber oder Muscheln als Abgabe ja irgendwann fielen und somit Erklärungen benötigen, wenn diese nicht vorher im Markt bereits wertvoll gewesen sein sollen.
Diese Frage steht nur am Anfang. Alles übrige ist in meine Augen weiterhin ebenfalls ungeklärt (Wieso entscheidet er sich für Eintagsfliegen? Wie wird dann Geld aus der Abgabe? Wie sieht es mit den historischen und völkerkundlichen Beobachtungen aus? Wie entsteht der Privatzins? usw.).
Gruß, Dimi
P.s.: >Wer hätte da parallel, also gleichzeitig zusammensitzen sollen?
Die Ansichten der Welt - keine zwei Welten
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Zandow
14.07.2005, 12:25
@ dottore
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Zufälle gibt's: Das Problem der Knappheit (@popeye & dottore) |
-->Hi dottore,
Hi Popeye,
Nasowas, Zufälle gibt's: Neulich hatte ich an anderer Stelle eben jenes Problem der Knappheit in der Diskussion.
Hier: http://www.freiheitsforum.de/read.php?1,23045
und hier weiter: http://www.freiheitsforum.de/read.php?1,23046
Viel Spaß beim Lesen (iss a bissl viel).
Herzliche Grüße an Euch beide, <font color=#008000>Zandow</font>
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Holmes
14.07.2005, 14:35
@ Dimi
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->>Also: Wieso Silber, wieso Gold? Natürlich erlangten auch Eintagsfliegen einen Wert, wenn der Herrscher sie als Abgabe einfordert. Aber hat der Herrscher eine Wahl, und welche Konsequenzen hat seine Entscheidung?
>Konkret: Ist es in der realen Welt überhaupt möglich, daß ein Herrscher, der nicht unter Drogen steht, und der jederzeit von anderen Herrschern anderer Völker oder von potentiellen Nachfolgern gestürzt werden kann, Eintagsfliegen als Abgabe einfordert?
Hi @Dimi,
soweit ich das Thema bisher verstanden habe, geht das Muster von einer Naturalabgabe zu einer symbolischen Abgabe (permantente Option). In einem Beispiel von @dottore war das ein Opferschaf, für welches auch ein Schuldschein auf ein Schaf eingereicht werden konnte, gegen den sich die Prister jederzeit ein richtiges Schaf vom Schuldner holen konnten. Das erleichtert für die Macht natürlich eine Menge, denn jetzt muss das Schaf nicht mehr vom Palast gepflegt werden, bis es geschlachtet wird, sondern vom Schuldner. Das Schuldgut (Schaf) muss aber die ganze Zeit verfügbar sein, der Schuldner bezahlt also auch noch die Unterhaltskosten, bis das Schaf abgeholt wird. Ein permanent einlösbarer Schuldschein hat also für den Gläubiger viele Vorteile gegenüber der sofortigen Abgabe.
Aber durch die Bindung an den konkreten Schuldner auch wieder die Nachteile, die auch ein Wechsel hat: glaubwürdige Bonität, konkreter Schuldinhalt(Ware) etc.
Dieses Manko wird durch das abstrakte Abgabengut (Silber, Gold, etc.) behoben.
Wie die Schuldscheine darf dieses Gut aber nicht beliebig vermehrbar sein. Analog könnte ja sonst jeder Scheinchen austeilen, auf denen steht: Ich zahle dem Überbringer 10€/ein Schaf. Dadurch würde eine heftige Inflation entstehen. Die Ausstellung dieser Schuldscheine muss also kontrolliert erfolgen und darf nicht von jedem gemacht werden (in ähnlicher Weise wird wohl deswegen die Rheingold-Produktion auf 1% des Umsatzes beschränkt. Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn jeder soviel Sola-Wechsel ausfüllen dürfte, wie er es gerade braucht und Versprechen in die Zukunft macht).
Die Herstellung des Abgabengutes muss also unter staatlicher Kontrolle ablaufen. Was das Medium dieses Abgabengutes ist (Gold, Silber, Muscheln, Papier) ist im Prinzip egal. Gold ist kein"natürliches" Geld, siehe Maya. Als"Tauschmittel" könnte man jede Ware nehmen, solange ihr Kurs als Material bzw. Herstellungskosten einigermassen praktisch ist (siehe die neue Papierwährung in Somalia).
Gold und Silber waren als Material hinreichend praktisch (einschmelzen, in Gewicht abzuwiegen: Gold=Karat=ein Samen des Johannisbrotbaumes, Silber=Schekel=170 Getreidekörner), unzerstörbar (Edelmetall), schwer zu fälschen und nicht privat vermehrbar (Alchemie-Traum).
>Auch das chronologische Vorziehen der Gerste ändert im übrigen nichts daran, daß die Entscheidungen für Silber oder Muscheln als Abgabe ja irgendwann fielen und somit Erklärungen benötigen, wenn diese nicht vorher im Markt bereits wertvoll gewesen sein sollen.
Da nicht im er dasselbe Gut Geld war, werden bestimmte Entscheidungekriterien notwendig gewesen sein. Warum Kakaobohnen bei den Maya als Abgabengut?
Man müsste hier nachforschen, wann eine Währung gewechsel wurde und was die Gründe dafür waren. Ich vermute, dass herrschaftliche Kontrolle über die Vermehrung des abstrakten Abgabengutes die essentielle Bedingung ist. Der Goldnugget ist noch keine Goldmünze. Und die Münze ist mehr wert als der Materialwert.
>Wieso entscheidet er sich für Eintagsfliegen?
Wenn Eintagsfliegen nur auf den königlichen Farmen gezüchtet werden, hinreichend haltbar gemacht werden und diese Fliegen das STZM sind, was unterscheidet sie dann noch von den Kakaobohnen der Maya?
Man denke auch an die Euro-Münzen. Der Staat läßt diese Münzen für Cent-Beträge herstellen und verkauft sie zum Nennwert. Ist aber eigentlich nur simpel geprägtes Kupfer, Nickel und Messing für 10 cent = 1000% Gewinn (2€ = 13 cent = 1538% Gewinn)...und da regen wir uns über die 10% von Rheingold auf, von denen ja auch noch der Drucker bezahlt wird:-)
>Wie wird dann Geld aus der Abgabe?
siehe oben. Konkrete Abgabe > permanente Option auf Geschuldetes > abstrakte Option auf Geschuldetes
>Wie sieht es mit den historischen und völkerkundlichen Beobachtungen aus?
Gute Frage. Bin auf dottores Antwort gespannt.
>Wie entsteht der Privatzins?
Aus dem Verleihen des Abgabengutes von jemandem, der welches zum Termin zuviel hat, an jemanden, der zum Termin keines/zuwenig hat, aber die Sanktion fürchtet. Zins müsste dann etwas weniger hoch als die Sanktion sein. Dies sollte interessante Rückschlüsse über Zinshöhe und Sanktionen im historischen Verlauf erwarten lassen.
Beste Grüsse,
Holmes
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freeman
14.07.2005, 16:19
@ dottore
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->>Allerdings hat das"Marktmodell" (siehe nochmals Polanyi und seine"Great Transformation"!) als"Distributionsmodell" für Güter und Leistungen im 19. Jh. seinen Höhepunkt erreicht (Freihandelsbewegung, Cobden, Prince-Smith usw.) und steigt seitdem in Schüben abwärts. Die nächste"große Transformation" ist das, was wir als"Umverteilungs-" und"Wohlfahrtsstaat" (etc.) erleben und worin wir mitten drin stecken - mit immer schnellerer Entfernung vom"Marktmodell" (das es so"rein" ohnehin nie gegeben hat), wobei das alte und niemals verschwundene Triple-Monopol des Staates (Macht, Abgaben, Geld) wieder mit Verve in den Vordergrund tritt.
>Die staatsbedingten und -induzierten Kalamitäten liegen doch auf der Hand!
In der Tat. Allerdings den Staat für den Staat verantwortlich zu machen ist m.E. ein Zirkelschluss.
Zu sagen, die Staatsverschuldung ist schlecht, ist mit Sicherheit richtig. Was sie aber verschweigen ist die Gegenthese, dass keine Staatsschulden c.p. noch schlechter sind. Wohin denn dann mit dem Liquiditätsüberschuss? Zwangskonsum:-) Alle Mann Trabi kaufen gehen?.
Weiter unten vertreten sie die These freie Märkte würden zu atomaren Wettbewerbspositionen und zur Kapitalsättigung führen. Das kann man glaube ich so fast bald seit 100 Jahren immer wieder nachlesen. Das Gegenteil ist der Fall. Gegen die heutigen industriellen Konzentrationsprozesse sind die von 1920 ein Witz. Und ich bin mal gespannt was nach China und Indien kommt, um für Wachstum und Nachschuldner zu sorgen. Marsmenschen?
Wer ist daran schuld? Klar - einzig und allein der Staat - nur was hilfts? Staat abschaffen ist ja keine Alternative, sondern lediglich ein Märchen aus dem Goldland. Geld abschaffen bringt übrigens auch nichts - das ist ein anderes Märchen aus einem fernen Land.
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freeman
14.07.2005, 16:25
@ R.Deutsch
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Re: Du lenkst mal wieder ab |
-->>Hi dottore,
>die Frage ist doch, warum auch vorher die Iraker (als Saddam noch an der Macht war) lieber gegen Dollar verkauft haben und nicht gegen GZ - also Dinar. Die Abgaben haben sie mit Dinar bezahlt, gehandelt haben sie mit Dollar. Selbst im Inland kann die stärkste Macht offenbar nur begrenzt bestimmen, was Geld ist.
Das ist ein gutes Argument.
>Deine Frage, warum er nicht Gold mitgeschleppt hat, muss ich wohl nicht ernst nehmen.
Hätt er besser, dann wäre er im Erdloch fitter geblieben.
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dottore
14.07.2005, 16:33
@ Dimi
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Re:"Privatzins" in der Steinzeit? Die Quellenlage hier: |
-->Hi Dimi,
>nachdem andere Teilnehmer viele Einzelpunkte der Diskussion aufgegriffen haben, möchte ich mich im Moment auf einen Punkt - der seit Jahren offen ist - beschränken; die anderen Punkte, insbesondere der ebenfalls seit langem offene Zins (die Frage damals war übrigens: Wie ist der Privatzins aus der Abgabe entstanden?) ggf. später.
Gern. Dazu gebe ich vorab zu bedenken, dass ein Privatzins eine private Leihe voraussetzt. Dass es evtl. auch unterhalb der Ebene des Herrscher-Clans so etwas wie einen Zinnß (vgl. zum"Zinnß"-Komplex die schöne Zusammenstellung unseres Freundes MARSCH auf einer seiner Seiten) in Form einer von der Machtstruktur abgeleiteten Abgabe gegeben hat (z.B. dann"privaten" Miet- oder Pachtzins) dürfen wir offensichtlich weglassen.
Nun geht die historische Forschung immer weiter. Auch ich habe mich deshalb von meiner ursprünglichen Ansicht, selbstverständlich habe es einen (investiven, produktiven usw.)"Privatzins" vor dem Zinnß (Abgabe) gegeben, verabschieden müssen.
Zum einen, da mir die Bedeutung der sog. "Zinnß-Bücher", wie bei MARSCH eines zu sehen ist und von denen ich diverse Exemplare aller möglichen Hoheiten, inkl. des Königs von Böhmen in meiner Sammlung habe, erst im Zusammenhang mit den"privaten" Buchhaltungen und auch frühen Rechenbücher ab dem 15. Jh. klar geworden ist:
Letztere beiden enthalten nirgends private unternehmerische Zinszahlungen bzw. deren Berechnung.
Die berühmte"Einlage" des Brixener Kardinals Meckau bestand aus unterschlagenen Steuergeldern, die dieser nicht nach Rom abführte; die Urkunde, wie Maximilian nach dem Tod des Kardinals geschickt mit Steuern der Stadt Augsburg, die das Geld hätte bei den Fuggern eintreiben müssen, verrechnete, habe ich ebenfalls und die Bilanzen der Fugger, deren Aktivseite schließlich außer kleineren Bergwerksanteilen, die diese gegen Vorfinanzierung von obrigkeitlichen Einnahmen, u.a. Sigismund von Tirol, nur noch aus Forderungen gegen Abgabenberechtigte bestand, deren Vorfinanzierung nun wirklich nicht als"unternehmerisch" bezeichnet werden kann, sind bei Ehrenberg nachzulesen).
Die kaufmännischen Rechenbücher des sog. Frühkapitalismus (Aufstellung u.a. in Smith, Rara Arithmetica), wobei wir den Bogen von Borghi über Grammateus, Böschenstein, Köbel bis Adam Ries spannen können (um nur einige der ca. 70 Autoren zu nennen, deren Bücher sämtlich durch meine Hände gegangen sind), kennen einen"Privatzins" nicht und stellen auch keine diesbezüglichen Rechenbeispiele vor. Dass dies nicht an mangelnder"Rechenkunst" gelegen haben kann, liegt auf der Hand.
Aber gehen wir gern"ganz weit" zurück, also zu den bekannten und inzwischen auch hier ad nauseam vorgetragenen"Firsts" (Kramer) der anhand von Dokumenten rekonstruierbaren Geschichte Mesopotamiens (hier nur: Geld und Zins).
Auch auf diese unglaublichen Schätze, welche die Assyrologen inzwischen gehoben und publiziert haben (im wesentlichen ab den 1980/90er Jahren) bin ich erst vor einigen Jahren gestoßen und habe mir deshalb erlaubt, nicht nur meine - ursprünglich mit Deiner deckungsgleichen -"Privattheorie" der Wirtschaft zu hinterfragen und einen gänzlich neuen Ansatz zu suchen.
Manchmal verstehe ich wirklich nicht, warum immer wieder die tradierten ökonomischen Modelle (Tauschwirtschaft, Marktwirtschaft, usw.) aufgetischt werden, obwohl sie mit der ökonomie-historischen Faktenlage schlicht nicht mehr decken.
Durch die dauernde Wiederholung der Behauptung, es sei doch seit Hume, Smith, Galiani, Hayek, Mises, überhaupt den"Ã-sterreichern" usw., usw., usw. ohnehin alles klar und gesagt, wird diese nicht richtiger, da sämtliche Genannten (und wir können das gern fortführen bis zu den aktuellsten Makro-Lehrbuchschreibern) keinerlei Ahnung davon haben, wie"Wirtschaften" mit Eigentum, Geld, Zins, Kontrakten, Termin- und Sanktionssetzung usw., usw. entstanden ist und sich - entlang eines unschwer zu enträtselnden Pfades - bis heute entwickelt hat.
Die wenigen Ausnahmen wie Heinsohn/Steiger oder Michael Hudson (und einige wenige weitere wie aus der Gruppe um Randall Wray, wiewohl dieser modern money"verstehen" will oder zu verstanden haben glaubt) lasse ich gerne gelten.
Gerade Hudson, der selbst"moderne" Erfahrungen bei Wall-Street-Bankern sammeln konnte, versucht eines der"modernen" Probleme, nämlich die generelle Überschuldung, mit Hilfe der > 4000 Jahre alten Erfahrung, die im Nahen Osten ebenfalls als"First" gemacht wurde, mit Hilfe der besten Köpfe dieses historischen Faches anzugehen:
"Debt relations remain one of the least analyzed and most problematic Bronze Age phenomena."
Dir, lieber Dimi, ist das offenbar alles klar: den Privatzins und demnach"private" (und demnach logischerweise produktive und/oder investive) Kredite/Schulden gab's zuerst, wie es dann auch Privatgeld und Privateigentum zuerst gegeben haben müsste.
Und dass dies (letztlich die - mit keinerlei Fakten unterlegte - Heichelheim-These,"alles" sei schon im Neolithikum entstanden - Donnerwetter!) Hudson längst als retro-projizierenden Humbug entlarvt hat, so von wegen: wie heute Mr. Miller aus Ohio oder die Telekom aus Bonn einen Kredit aufnehmen, um entsprechende"unternehmerische Aktivitäten" zu finanzieren, trieben es"schon" die Jungs, die mit der Steinaxt durch die Auen streiften, nein, das muss Dich nicht jucken. Vor so viel historischer und analytischer Gewissheit kann ich mich nur verbeugen und ganz verstohlen flüstern: Gratulor!
Bleiben wir bei Hudson und komme wir nun zum anderen, was mich veranlasst hat, mich von der ökonomisch modellierten Aktualität und damit dem mainstream zu verabschieden. Ich beziehe mich dabei auf Marc Van De Mieroop und seinen Aufsatz"A History of Near Eastern Debt?"
Er beginnt mit Max Weber und dessen Feststellung, dass"Leihen" lange vor"Kapitalismus" existiert habe (hoppala!) und fragt, was wir denn für Evidenzen für dieses"Leihen" haben. Es erscheint im Reallexikon der Assyrologie in einem Eintrag von 1938 (vom hier schon ausführlicher vorgestellten Gelehrten San Nicolò), was es dann aber auch gewesen war. Selbst neuere Monographien (z. B. Snell, Life in the Ancient Near East, YUP 1997) haben die Phänomene"Leihen","Kredit","Schulden" nicht im Index (was für den damit unstreitig verbundenen"Privatzins" nicht so doll ist).
Also sucht Van De Mieroop selbst und schreibt (2002):
"The earliest (!) evidence of a 'loan' in the broad sense of the term does not (!) come from a contract, but from a royal inscription that describes the history of the conflict between the city-states of Umma and Lagash in the south of Mesopotamia."
Dabei, wir schreiben das Jahr 2400 BC (nach traditoneller Chronologie), geht es keineswegs um einen"Privatkredit", sondern um Folgendes:
Umma hatte Land von Lagash zur Bewirtschaftung übernommen/erhalten, aber den daraus folgenden Pachtzins (Abgabe in Form von Gerste!) nicht geliefert und den bekannten Zins auf nicht abgelieferte Abgaben ebenfalls nicht.
Umma wurde daraufhin mit Krieg überzogen.
So, dies ist also der aktuell verfügbare älteste Hinweis auf Schuld und Zins.
Sofern Du nicht mit einem zeitlich früheren Nachweis eines privaten Verschuldungsvorgangs und damit"Privatzinses" aufwarten kannst, hat es wenig Sinn, die Diskussion überhaupt zu starten.
Übrigens: Die mehrfach schon erwähnten hubullum waren tatsächlich Schuldscheine von"Privaten". Aber wer war der Gläubiger? Dazu nochmals Van De Mieroop, sich auf in etwa gleichzeitige Situation in Ebla (Syrien) beziehend:
"Arrears in payments to the palace (!) by individuals and villages are indicated with the term se-SAGxHA-mul, which is equated... with the Akkadian term for 'interest-bearing loan', hubullum."
Der führende Ebla-Forscher Alfonso Archi (Rom, die Italiener beackern dieses Gebiet intensiv) hat bei den betreffenden"Schulden" übrigens auch den Schuldner ausgemacht: Nicht irgendein"Privatmann" war zur Zahlung dran, sondern die jeweilige Dorfgemeinschaft.
Aus einer Urkunde (TM.75.G.10235) lässt sich ein Zinssatz von 24 % (!) p.a. errechnen. Und dass sich ein Dorf (!) in der damals schon kargen syrischen Steppe zu privatunternehmerischer Tätigkeit unter Verpflichtung zur Zahlung eines dabei oder daraus folgenden"Privatzinses" hätte hinreißen lassen, darf getrost im Ordner"neue Märchen aus alter Zeit" abgeheftet werden.
@Popeye mag bei dieser Urkunde vielleicht interessieren, dass es sich dabei u.a. um Gerste handelt, die "owed to the administration" war. Und dass wir aus einer anderen Urkunde (TM.76.G.749) lernen, dass sich ein Dorf (Ir-ku-tu), vertreten durch die Dorfältesten, bei zwei anderen Dörfern verschuldete, da die Ernte nicht so bombig ausgefallen war, "(to) pay the taxes owed to the palace".
Ob man sich dabei einen im Folgejahr zu zahlenden Zinssatz an den Hals geholt hat, um dadurch einer Sanktion zu entgehen oder ob gar der Zins den"Wert" dessen erklärt, was die zwei Dörfer dem Abgabenschuldner, also dem Dorf Ir-ku-tu, zu dessen Abgabentermin vorgeschossen haben, wird nicht mitgeteilt.
Nach dieser langen Quälerei noch zu dem anderen, lieber Dimi:
>Also: Wieso Silber, wieso Gold?
Silber wurde bereits ausführlichst erklärt: Es hatte vom Palast festgesetzte Parität zur Gerste (Gewicht). Gold spielte in der frühen Zeit keine Rolle, in der späteren (wir hatten es ausführlichst beim Thema Kroisos) hatte es eine Gewichtsparität zu Silber ("schwere" Shekel zu je ca. 10 Gramm).
>Natürlich erlangten auch Eintagsfliegen einen Wert, wenn der Herrscher sie als Abgabe einfordert.
Danke.
>Aber hat der Herrscher eine Wahl, und welche Konsequenzen hat seine Entscheidung?
Dass er nicht Eintagsfliegen nimmt, bedeutet nicht, dass er keine Wahl gehabt hätte. Herrscher, die wirklich keine Wahl hatten, da sie belagert waren, bezahlten ihre Truppen mit Kupfer-Klippen (Landau usw.) oder kleinen Papierkartons (Mainz usw.) oder gleich mit Papier (Preußen, Unterschrift"Stein").
>Konkret: Ist es in der realen Welt überhaupt möglich, daß ein Herrscher, der nicht unter Drogen steht, und der jederzeit von anderen Herrschern anderer Völker oder von potentiellen Nachfolgern gestürzt werden kann, Eintagsfliegen als Abgabe einfordert?
Nein. Warum haben die Hethiter Cu und Sn - schön getrennt - eingefordert? Wie steht's ums aes grave der Römer?
>Auch das chronologische Vorziehen der Gerste ändert im übrigen nichts daran, daß die Entscheidungen für Silber oder Muscheln als Abgabe ja irgendwann fielen und somit Erklärungen benötigen, wenn diese nicht vorher im Markt bereits wertvoll gewesen sein sollen.
Womit hätten Silber und Muscheln"am Markt" ausgepreist (wie"bewertet") werden können? Mit Silber und Muscheln? Warum haben die Perser Silber thesauriert, das"am Markt" nicht"wertvoll" sein konnte, da die Perser"keine Märkte kannten" (Herodot).
>Diese Frage steht nur am Anfang. Alles übrige ist in meine Augen weiterhin ebenfalls ungeklärt (Wieso entscheidet er sich für Eintagsfliegen? Wie wird dann Geld aus der Abgabe? Wie sieht es mit den historischen und völkerkundlichen Beobachtungen aus? Wie entsteht der Privatzins? usw.).
Vielleicht nochmal einen Blick nach oben werfen?
>P.s.: >Wer hätte da parallel, also gleichzeitig zusammensitzen sollen?
>Die Ansichten der Welt - keine zwei Welten
Ansichtssache, in der Tat. Warum hat es Gold in der"Welt" der alten Ägypter nie zu Geld geschafft? (Sie haben nur eine einzige Goldmünze geprägt - nach sikilo-punischem Fuß, d.h. zur Bezahlung punischer Söldner). Und welche"Ansichten der Welt" hatten die Meso-Amerikaner, deren Gold es leider auch nicht geschafft hat, zu"Geld" zu werden?
Gruß!
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R.Deutsch
14.07.2005, 17:10
@ dottore
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Re: Na Dimi - da hat er Dich mal wieder historisch plattgewalzt (o.Text) |
-->
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Holmes
14.07.2005, 17:38
@ freeman
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->>Zu sagen, die Staatsverschuldung ist schlecht, ist mit Sicherheit richtig. Was sie aber verschweigen ist die Gegenthese, dass keine Staatsschulden c.p. noch schlechter sind. Wohin denn dann mit dem Liquiditätsüberschuss? Zwangskonsum:-) Alle Mann Trabi kaufen gehen?.
Wenn zuviel Liquidität da ist, sollten eigentlich die Zinsen sinken und damit weitere Investitionen in produktive Unternehmungen ermöglichen. Wenn man mit Staatsanleihen kein Geld mehr machen kann, muss man es eben jemandem geben, der mit dem Geld arbeitet/für das Geld Arbeitsplätze schafft.
Das Problem ist doch, dass die Zinsen auf Staatsanleihen die Untergrenze für Inverstitionen darstellen. In Aktivitäten, die eine geringere Rendite bringen, wird nicht investiert.
>Wer ist daran schuld? Klar - einzig und allein der Staat - nur was hilfts? Staat abschaffen ist ja keine Alternative, sondern lediglich ein Märchen aus dem Goldland. Geld abschaffen bringt übrigens auch nichts - das ist ein anderes Märchen aus einem fernen Land.
Was ist die Alternative? Das ist auch meine Frage, auf die ich noch keine Antwort habe, aber hoffe, aus den Ideen, die hier im Forum ausgetauscht werden, Anregungen zu bekommen und untaugliche Alternativen schon mal ausscheiden zu können.
Beste Grüsse,
Holmes
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BillyGoatGruff
14.07.2005, 18:04
@ R.Deutsch
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Das ist doch klar und einfach argumentiert - niemand ist plattgewalzt! |
-->Sie sind wohl heute etwas empfindlich, Herr Deutsch?
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dottore
14.07.2005, 18:06
@ freeman
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->>>Allerdings hat das"Marktmodell" (siehe nochmals Polanyi und seine"Great Transformation"!) als"Distributionsmodell" für Güter und Leistungen im 19. Jh. seinen Höhepunkt erreicht (Freihandelsbewegung, Cobden, Prince-Smith usw.) und steigt seitdem in Schüben abwärts. Die nächste"große Transformation" ist das, was wir als"Umverteilungs-" und"Wohlfahrtsstaat" (etc.) erleben und worin wir mitten drin stecken - mit immer schnellerer Entfernung vom"Marktmodell" (das es so"rein" ohnehin nie gegeben hat), wobei das alte und niemals verschwundene Triple-Monopol des Staates (Macht, Abgaben, Geld) wieder mit Verve in den Vordergrund tritt.
>>Die staatsbedingten und -induzierten Kalamitäten liegen doch auf der Hand!
Hi freeman,
schöner Name. Dann bist Du also jemand, der keinem anderen gegenüber leisten muss (ohne dass der andere Dir gegenüber geleistet hat).
>In der Tat. Allerdings den Staat für den Staat verantwortlich zu machen ist m.E. ein Zirkelschluss.
Er ist für die Kalamitäten verantwortlich. Oder werden Gesetze (und Etats!) vom Volk in freier, gleicher und geheimer Abstimmung gemacht?
>Zu sagen, die Staatsverschuldung ist schlecht, ist mit Sicherheit richtig.
"Schlecht" daran ist ihr Ende. Also, wenn Zinsen plus Renten- und Pensionsverpflichtungen > Steuereinzahlungen plus Rentenbeitragsabführungen.
>Was sie aber verschweigen ist die Gegenthese, dass keine Staatsschulden c.p. noch schlechter sind.
Staat tritt als Nachschuldner auf (hilft also Vorschuldnern aus der Klemme). Nur leider: Nachschuldner für den Staat sind bestenfalls andere Staaten (begrenzt), niemals er selber (er schuldet nur auf).
>Wohin denn dann mit dem Liquiditätsüberschuss?
Die Liquidität, die sich aus den emittierten Staatsanleihe-Titeln (= Steuerzessionen) oder aus allen anderen staats- und staatsmacht-derivierten Titeln ergibt, z.B. Pacht-, Boden-, Patent-, Monopol- usw. -"Zinsen"?
>Zwangskonsum:-)
Ließe sich niemals konsumieren.
>Alle Mann Trabi kaufen gehen?
Scherz.
>Weiter unten vertreten sie die These freie Märkte würden zu atomaren Wettbewerbspositionen und zur Kapitalsättigung führen. Das kann man glaube ich so fast bald seit 100 Jahren immer wieder nachlesen.
Und stimmt in der Theorie der"Marktwirtschaftler". Entsprechend von mir widersprochen, da es ein ökonomisches Distributionssystem namens"freie Märkte" niemals gibt und nie gegeben hat. Maximale Annäherung: Um 1860.
>Das Gegenteil ist der Fall. Gegen die heutigen industriellen Konzentrationsprozesse sind die von 1920 ein Witz.
Hat nichts mit der"Industrie" zu tun, sondern mit dem Staats- und Abgabensystem, vgl. Modigliani-Miller (EK oder FK = wurscht) unter (!) Einbeziehung des Staates, der die Fremdfinanzierung begünstigt, da Gewinnzahlungen nicht, Zinszahlungen dagegen sehr wohl bei der Berechnung der Steuerschuld berücksichtigt werden dürfen.
>Und ich bin mal gespannt was nach China und Indien kommt, um für Wachstum und Nachschuldner zu sorgen. Marsmenschen?
Nein.
>Wer ist daran schuld? Klar - einzig und allein der Staat - nur was hilfts?
Also doch?
>Staat abschaffen ist ja keine Alternative, sondern lediglich ein Märchen aus dem Goldland.
Na schaumermal, wie lange es noch mit den"Staaten" geht.
>Geld abschaffen bringt übrigens auch nichts - das ist ein anderes Märchen aus einem fernen Land.
Falls überhaupt: Dann Abgaben weg (= Geld - GZ/STZM - weg) und Abgaben-Derivate, damit Zins weg, Eigentum weg, damit Investitionen usw. weg = Rückkehr zur Subsistenzwirtschaft:
Jeder baut selbst (Eigenhof), via Stamm, Kloster, sonstige"Kommunen" an, was er zum physischen Ãœberleben braucht.
Gruß!
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R.Deutsch
14.07.2005, 18:21
@ BillyGoatGruff
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Re: Falls Sie den führenden Ebla Forscher Alfonso Arschi nicht kennen sollten... |
-->brauche ich mich gar nicht weiter mit Ihnen zu unterhalten - gelle
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Holmes
14.07.2005, 18:45
@ dottore
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->Hi @dottore!
>Na schaumermal, wie lange es noch mit den"Staaten" geht.
Im Science Fiction-Roman"Snowcrash" gibt es die Vision von Franchise-Gesellschaften. Je nach Fähigkeiten und Einkommen kann man sich einer Gesellschaftsform anschliessen, die in unterschiedlich komfortablen Gegenden angesiedelt ist. Privatarmeen sicher die Grenzen. Die Zukunft?
>>Geld abschaffen bringt übrigens auch nichts - das ist ein anderes Märchen aus einem fernen Land.
>Falls überhaupt: Dann Abgaben weg (= Geld - GZ/STZM - weg) und Abgaben-Derivate, damit Zins weg, Eigentum weg, damit Investitionen usw. weg = Rückkehr zur Subsistenzwirtschaft:
>Jeder baut selbst (Eigenhof), via Stamm, Kloster, sonstige"Kommunen" an, was er zum physischen Ãœberleben braucht.
Nun denn, in dem Fall brauchen wir nicht lange warten, bis die ersten Warlords wieder anfangen, größere Gebiete zu"vereinen", oder?
Waffen gibt es genug, die Amis haben seit George W. jetzt auch wieder die Möglichkeit die guten automatischen Waffen zu kaufen...
Oder doch einen friedlichen Weg über Kibbuz/Amana zu einer bürgerlichen Privatgesellschaft? (Aber wo bleibt dann die Macht? Darf die Mafia auch mitmachen in unserer Friede-Freude-Eierkuchen-Welt?)
Von wegen"Das Ende der Geschichte" (Fukuyama), ich glaube fast, das wird erst richtig"spannend". Allerdings nicht unbedingt lustig...
Beste Grüsse,
Holmes
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- Elli -
14.07.2005, 19:27
@ dottore
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Telefonjoker bei Jauch! |
-->Wow.
Joker Nr. 1 wären Sie ;-)
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Dimi
14.07.2005, 20:38
@ dottore
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Re:"Privatzins" aus der Macht? Die Gründe her! |
-->Hi Dottore,
[Zitate gekürzt]
>Manchmal verstehe ich wirklich nicht, warum immer wieder die tradierten ökonomischen Modelle (Tauschwirtschaft, Marktwirtschaft, usw.) aufgetischt werden, obwohl sie mit der ökonomie-historischen Faktenlage schlicht nicht mehr decken.
Das ist erklärbar, Ã-konomen haben meist ein geringes völkerkundliches oder historisches Wissen, Historiker und Völkerkundler ein geringes ökonomisches.
>Durch die dauernde Wiederholung der Behauptung, es sei doch seit Hume, Smith, Galiani, Hayek, Mises, überhaupt den"Ã-sterreichern" usw., usw., usw. ohnehin alles klar und gesagt,
Die Ã-sterreicher wußten nicht alles, haben aber manches richtiges (und auch falsches) gesagt. Wieso nicht zur Kenntnis nehmen?
>Dir, lieber Dimi, ist das offenbar alles klar: den Privatzins und demnach"private" (und demnach logischerweise produktive und/oder investive) Kredite/Schulden gab's zuerst, wie es dann auch Privatgeld und Privateigentum zuerst gegeben haben müsste.
Ich hatte damals nur gefragt, wie denn aus der verzinsten Darlehensaufnahme zu Steuerzahlzwecken der Zins in der Privatwirtschaft (den es ja nachweislich gibt) entsteht.
Das steht einfach offen.
>Und dass dies (letztlich die - mit keinerlei Fakten unterlegte - Heichelheim-These,"alles" sei schon im Neolithikum entstanden - Donnerwetter!) Hudson längst als retro-projizierenden Humbug entlarvt hat, so von wegen: wie heute Mr. Miller aus Ohio oder die Telekom aus Bonn einen Kredit aufnehmen, um entsprechende"unternehmerische Aktivitäten" zu finanzieren, trieben es"schon" die Jungs, die mit der Steinaxt durch die Auen streiften, nein, das muss Dich nicht jucken.
>Vor so viel historischer und analytischer Gewissheit kann ich mich nur verbeugen und ganz verstohlen flüstern: Gratulor!
Lieber Dottore, meine historische und analytische Gewißheit gibt es nicht, sehr wohl aber meine Analysen.
Und ich lasse mir Zeit, sehr viel Zeit, bis ich einen Punkt aus allen Richtungen betrachtet und abgewogen habe. Dann kommt der nächste Punkt dran. Und wenn ich meine Sache gut gemacht habe, passen alle Punkte wie beim Puzzle in ein perfektes Bild. Dann bin ich mir sicher.
Auf irgendwelche Gewißheiten Dritter oder des Lehrwissens verlasse ich mich nicht - wie Du genauestens weißt.
Und ich denke durchaus unkonventionelle Lösungen an und zu Ende - auch das weißt Du.
Im übrigen weißt Du darüberhinaus, daß ich die Wirtschaftslage steinzeitlicher Völker durchaus anhand von Originalberichten (nicht bloß Sekundärquellen) untersucht habe und daß mir bekannt ist, daß es Unterschiede zu heute gab.
Ich glaube ferner weiterhin, daß, wer nicht versucht hat, sich in die Kultur, Wirtschafts- und Lebensweise steinzeitlicher Völker hineinzuversetzen, sich schwer tun dürfte, die Übergänge zu den verschiedenen Wirtschaftsformen plastisch nachzuvollziehen.
Dies gilt auch fürs Leihen. Ein Häuptling, der Muscheln verleiht, ist in relativer Wirtschaftsform-Chronolgie wohl eher vor den Mesopotamiern anzusetzen.
>Nach dieser langen Quälerei noch zu dem anderen, lieber Dimi:
>>Also: Wieso Silber, wieso Gold?
>Silber wurde bereits ausführlichst erklärt: Es hatte vom Palast festgesetzte Parität zur Gerste (Gewicht).
Aber wieso? Wieso wählt der Palast Silber?
Er kann doch bei Gerste bleiben. Sofern Silber keinen Marktwert hatte, wären die Vorteile überwältigend: Er kann Beamte bezahlen, Hungersnöte abwenden, im Ausland einkaufen usw.
Ich möchte im ürbrigen auch an den Schaltsekundeneinwand (so nenne ich ihn ab jetzt) erinnern. Wie soll Silber zu Geld werden, wenn es nur für die Steuer gebraucht wird? Dann tauscht der Steuerzahler einfach für den Moment der Steuer seine Ware (Gerste z.B.) beim Wechsler, und zahlt dann. Und der (stets klamme) Palast gibt das Silber wieder dem Wechsler, um Gerste für seine Arbeiter und Sklaven einzukaufen. Wo entsteht da das Silbergeld, das Abraham mit sich rumschleppt, um Grund zu kaufen?
>>Konkret: Ist es in der realen Welt überhaupt möglich, daß ein Herrscher, der nicht unter Drogen steht, und der jederzeit von anderen Herrschern anderer Völker oder von potentiellen Nachfolgern gestürzt werden kann, Eintagsfliegen als Abgabe einfordert?
>Nein. Warum haben die Hethiter Cu und Sn - schön getrennt - eingefordert? Wie steht's ums aes grave der Römer?
Und wie steht's mit dem Silber? War es was wert?
>>Auch das chronologische Vorziehen der Gerste ändert im übrigen nichts daran, daß die Entscheidungen für Silber oder Muscheln als Abgabe ja irgendwann fielen und somit Erklärungen benötigen, wenn diese nicht vorher im Markt bereits wertvoll gewesen sein sollen.
>Womit hätten Silber und Muscheln"am Markt" ausgepreist (wie"bewertet") werden können?
Ziegen, Land und Sklaven.
Dottore, die aufgetauchten Fragen sind unbeantwortet.
>>Die Ansichten der Welt - keine zwei Welten
>Ansichtssache, in der Tat.
Das meine ich nicht. Ich meine, die Münze von der einen Seite, dann von der anderen zu betrachten, und dann - im Kopf - zusammenzuführen.
Denn wir können immer nur eine Seite der Münze sehen.
Gruß!
Dimi
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Dimi
14.07.2005, 21:06
@ Holmes
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hallo Holmes,
>soweit ich das Thema bisher verstanden habe, geht das Muster von einer Naturalabgabe zu einer symbolischen Abgabe (permantente Option). In einem Beispiel von @dottore war das ein Opferschaf, für welches auch ein Schuldschein auf ein Schaf eingereicht werden konnte, gegen den sich die Prister jederzeit ein richtiges Schaf vom Schuldner holen konnten. Das erleichtert für die Macht natürlich eine Menge, denn jetzt muss das Schaf nicht mehr vom Palast gepflegt werden, bis es geschlachtet wird, sondern vom Schuldner. Das Schuldgut (Schaf) muss aber die ganze Zeit verfügbar sein, der Schuldner bezahlt also auch noch die Unterhaltskosten, bis das Schaf abgeholt wird. Ein permanent einlösbarer Schuldschein hat also für den Gläubiger viele Vorteile gegenüber der sofortigen Abgabe.
Die meisten Priester wollen echte Schafe mitsamt Milch.
>Aber durch die Bindung an den konkreten Schuldner auch wieder die Nachteile, die auch ein Wechsel hat: glaubwürdige Bonität, konkreter Schuldinhalt(Ware) etc.
>Dieses Manko wird durch das abstrakte Abgabengut (Silber, Gold, etc.) behoben.
Und wie? Wie kommt es dazu?
[...]
>>Wie entsteht der Privatzins?
>Aus dem Verleihen des Abgabengutes von jemandem, der welches zum Termin zuviel hat, an jemanden, der zum Termin keines/zuwenig hat, aber die Sanktion fürchtet. Zins müsste dann etwas weniger hoch als die Sanktion sein. Dies sollte interessante Rückschlüsse über Zinshöhe und Sanktionen im historischen Verlauf erwarten lassen.
Und wie entsteht nun der Privatzins (also der zwischen A und B zu anderem Behufe als dem Steuerzahlen)?
Gruß, Dimi
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Holmes
14.07.2005, 21:23
@ Dimi
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->>Hallo Holmes,
>>soweit ich das Thema bisher verstanden habe, geht das Muster von einer Naturalabgabe zu einer symbolischen Abgabe (permantente Option). In einem Beispiel von @dottore war das ein Opferschaf, für welches auch ein Schuldschein auf ein Schaf eingereicht werden konnte, gegen den sich die Prister jederzeit ein richtiges Schaf vom Schuldner holen konnten. Das erleichtert für die Macht natürlich eine Menge, denn jetzt muss das Schaf nicht mehr vom Palast gepflegt werden, bis es geschlachtet wird, sondern vom Schuldner. Das Schuldgut (Schaf) muss aber die ganze Zeit verfügbar sein, der Schuldner bezahlt also auch noch die Unterhaltskosten, bis das Schaf abgeholt wird. Ein permanent einlösbarer Schuldschein hat also für den Gläubiger viele Vorteile gegenüber der sofortigen Abgabe.
>Die meisten Priester wollen echte Schafe mitsamt Milch.
Hi Dimi,
die kriegen sie auch auf dem Markt mit ihren Silber (oder mit Schuldschein direkt beim Schuldner) zu dem Zeitpunkt wann sie wollen. Darin sehe ich den Vorteil, wenn man das Abgabengut nicht sofort einsammelt. Es ist doch viel bequemer und sicherer, die Soldaten mit dem Silber zu bezahlen, als jedem ein Schaf zu geben.
>Und wie entsteht nun der Privatzins (also der zwischen A und B zu anderem Behufe als dem Steuerzahlen)?
Das wär die historische Frage an den Experten. Ab wann gibt es Investitionskredite etc.?
Jetzt muss man auch mal definieren, was man alles als Zins bezeichnet. Wenn wir"stechen", gibt es keinen Zins. Wenn aber ein Leistungstausch über die Zeit stattfindet, gibt es Zins, nämlich die Kosten für die Zeit, die verstreicht und einer warten muss. Frage: ist das schon Zins oder was anderes?
Beste Grüsse,
Holmes
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Holmes
14.07.2005, 21:24
@ Dimi
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Re:"Privatzins" aus der Macht? Die Gründe her! |
-->>>Silber wurde bereits ausführlichst erklärt: Es hatte vom Palast festgesetzte Parität zur Gerste (Gewicht).
>Aber wieso? Wieso wählt der Palast Silber?
>Er kann doch bei Gerste bleiben. Sofern Silber keinen Marktwert hatte, wären die Vorteile überwältigend: Er kann Beamte bezahlen, Hungersnöte abwenden, im Ausland einkaufen usw.
Hallo Dimi,
hier ein Beitrag von Dottore vor einem Jahr:
Wie und zu welchem Zweck entstand die Silberwährung?
Vielleicht beantwortet das schon einige Fragen.
Beste Grüsse,
Holmes
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freeman
14.07.2005, 22:33
@ Holmes
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->>Hi @dottore!
>>Na schaumermal, wie lange es noch mit den"Staaten" geht.
>Im Science Fiction-Roman"Snowcrash" gibt es die Vision von Franchise-Gesellschaften. Je nach Fähigkeiten und Einkommen kann man sich einer Gesellschaftsform anschliessen, die in unterschiedlich komfortablen Gegenden angesiedelt ist. Privatarmeen sicher die Grenzen. Die Zukunft?
Science-Fiction?
Schonmal in http://de.wikipedia.org/wiki/El_Salvador oder
da http://de.wikipedia.org/wiki/Nicaragua gewesen?
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freeman
14.07.2005, 22:47
@ dottore
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->
>Hi freeman,
>schöner Name. Dann bist Du also jemand, der keinem anderen gegenüber leisten muss (ohne dass der andere Dir gegenüber geleistet hat).
Im Internet bin ich das seit ca. 10 Jahren:-).
Seitdem such ich noch einen 2. oder erober auch schonmal virtuell mein eigenes Königreich. Ich habe allerdings den Verdacht, dass die Spieledesigner das einem ein wenig einfacher machen, als im wirklichen Leben.
>>Wohin denn dann mit dem Liquiditätsüberschuss?
>Die Liquidität, die sich aus den emittierten Staatsanleihe-Titeln (= Steuerzessionen) oder aus allen anderen staats- und staatsmacht-derivierten Titeln ergibt, z.B. Pacht-, Boden-, Patent-, Monopol- usw. -"Zinsen"?
>>Zwangskonsum:-)
>Ließe sich niemals konsumieren.
Ok, das ist doch mal ein konkreter Ansatzpunkt, wenn wir die Deskription verlassen möchten. Ich werde darüber nachdenken.
>>Alle Mann Trabi kaufen gehen?
>Scherz.
Guter Scherz.
>Na schaumermal, wie lange es noch mit den"Staaten" geht.
Solange wie sie genügend Soldaten bezahlen oder umsonst"verpflichten" können. Manche sind ja der Meinung Hannibal hätte den Krieg nicht verloren, wäre er ein besserer Finanzbeamter gewesen. Das waren die Römer zwar auch nicht, aber die wussten damals im Gegensatz zu den Phöniziern noch gar nicht so richtig was Geld überhaupt ist. Da lässt man sich auch schon mal (noch) anderst motivieren. Es gibt ja Manager, die glauben das geht auch heute noch:-) und definieren so ihren"Wert".
>>Geld abschaffen bringt übrigens auch nichts - das ist ein anderes Märchen aus einem fernen Land.
>Falls überhaupt: Dann Abgaben weg (= Geld - GZ/STZM - weg) und Abgaben-Derivate, damit Zins weg, Eigentum weg, damit Investitionen usw. weg = Rückkehr zur Subsistenzwirtschaft:
>Jeder baut selbst (Eigenhof), via Stamm, Kloster, sonstige"Kommunen" an, was er zum physischen Ãœberleben braucht.
Also ich finds schon wesentlich bequemer meinen PC im Media-Markt für 500€ zu kaufen, anstatt mich mühsam in die Geheimnisse des Silicon einzuarbeiten. Das müsste man schon irgendwie verbinden können.
Ich habe übrigens einen Kollegen, der seinen Urlaub im Kloster verbracht hat. Er fands sehr entspannend (auch ohne PC)...
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bernor
14.07.2005, 23:25
@ Dimi
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Re: Warum Silber statt Gerste? |
-->Hi Dimi,
>Silber wurde bereits ausführlichst erklärt: Es hatte vom Palast festgesetzte Parität zur Gerste (Gewicht).
Aber wieso? Wieso wählt der Palast Silber?
Er kann doch bei Gerste bleiben. Sofern Silber keinen Marktwert hatte, wären die Vorteile überwältigend: Er kann Beamte bezahlen, Hungersnöte abwenden, im Ausland einkaufen usw.
Ich möchte im ürbrigen auch an den Schaltsekundeneinwand (so nenne ich ihn ab jetzt) erinnern. Wie soll Silber zu Geld werden, wenn es nur für die Steuer gebraucht wird? Dann tauscht der Steuerzahler einfach für den Moment der Steuer seine Ware (Gerste z.B.) beim Wechsler, und zahlt dann. Und der (stets klamme) Palast gibt das Silber wieder dem Wechsler, um Gerste für seine Arbeiter und Sklaven einzukaufen. Wo entsteht da das Silbergeld, das Abraham mit sich rumschleppt, um Grund zu kaufen?
es wird für den Palast zwei Gründe gegeben haben, beim Abgabengut von Gerste auf Silber umzusteigen:
1) Söldner: wie sah dessen Versorgung im Alter aus, wenn er vorher nur Gerste als Lohn empfangen hatte? Nahm ihn seine Sippe / Familie - sofern es sie (noch) gab - einfach zurück? Oder mußte ihn nicht doch der Herrscher weiterhin durchfüttern?
Zumindest die Silberhorte aus späteren Zeiten (Gotland, Pommern, Lofoten u.a. - Gebiete, die nie Handelzentren waren) zeigen, daß offenbar nicht alle Söldner ihren Sold verfressen, versoffen & verhurt, sondern einen Teil davon für ihre alten Tage zurückgelegt hatten.
Dieses dürfte (wenn die Quellenlage nichts anderes hergibt) auch für Söldner in Mesopotamien gegolten haben - der Herrscher schaffte sich damit spätere"unnütze Mitesser" vom Hals.
2) Thesaurierung: Als die großen Silber-Ansammler sind zwar nur die Perserkönige (Achämeniden, 550 - 330 v.Chr.) bekannt, weil durch Alexanders Großinkasso belegt, aber spätestens hier muß man auch auf die (im wesentlichen durch G. Heinsohn) revidierte Chronologie zu sprechen kommen: danach fällt der der größte Teil der (hier relevanten) Babylonier- und Assyrer-Geschichte mit der Geschichte des obigen Perserreiches zusammen (nur einige Figuren wie z.B. Urukagina = Nabonassar liegen zeitlich davor).
Demnach haben also zumindest die „alt-“ und „neubabylonischen-/assyrischen“ Herrscher Silber thesauriert. Der Grund wird der gewesen, neben ebenfalls Silber anhäufenden Tempeln nicht „alt auszusehen“, also die Konkurrenz möglichst weit hinter sich zu lassen (reine Machtfrage - wer das meiste Silber hatte, konnte im"Konfliktfall" die größte Armee aufstellen).
Gruß bernor
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Dimi
15.07.2005, 08:40
@ Holmes
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hallo Holmes,
>>Die meisten Priester wollen echte Schafe mitsamt Milch.
>Hi Dimi,
>die kriegen sie auch auf dem Markt mit ihren Silber
Aber doch nur, wenn Silber etwas wert, besser: wenn es Geld ist.
Dazu muß
a.) gezeigt werden, daß aus der Abgabe überhaupt Geld wird (bzw. wurde), und
b.) wie weltweit Herrscher voraussehen konnten, daß etwas wertloses zu Geld würde (mit dem sie ihre Zahlungen leisten konnten), wenn sie es als Abgabegut einforderten.
>(oder mit Schuldschein direkt beim Schuldner) zu dem Zeitpunkt wann sie wollen. Darin sehe ich den Vorteil, wenn man das Abgabengut nicht sofort einsammelt. Es ist doch viel bequemer und sicherer, die Soldaten mit dem Silber zu bezahlen, als jedem ein Schaf zu geben.
Sicher hat Silber Vorteile gegenüber Getreide (sonst wäre es nicht Geld geworden). Die Fragen, wie durch die Macht Silbergeld entsteht, wieso sich der Machthaber für ein wertloses Silber als Abgabengut entscheidet usw. werden dadurch aber nicht beantwortet (auch durch den Link in Deinem anderen Beitrag auf Dottores interessanten damaligen Artikel nicht).
Gruß, Dimi
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Dimi
15.07.2005, 08:47
@ bernor
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Re: Warum Silber statt Gerste? |
-->Hallo Bernor,
>es wird für den Palast zwei Gründe gegeben haben, beim Abgabengut von Gerste auf Silber umzusteigen:
>1) Söldner: wie sah dessen Versorgung im Alter aus,
Sicher hatte Silbergeld Vorteile, sonst hätte es sich wohl nicht durchgesetzt, aber das beantwortet die Fragen nicht (s.a. Beitrag 325464 an Holmes).
>aber spätestens hier muß man auch auf die (im wesentlichen durch G. Heinsohn) revidierte Chronologie zu sprechen kommen: danach fällt der der größte Teil der (hier relevanten) Babylonier- und Assyrer-Geschichte mit der Geschichte des obigen Perserreiches zusammen (nur einige Figuren wie z.B. Urukagina = Nabonassar liegen zeitlich davor).
Bei aller Sympathie zu Illig&Heinsohn, die Geldentstehung sollten wir unabhängig von der Zeitverkürzung hinbekommen.
Gruß, Dimi
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dottore
15.07.2005, 10:06
@ R.Deutsch
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Re: Soll's auf diesem Niveau weitergehen, Elli? |
-->Hi Elli,
Prof. Alfonso Archi (so auch von mir zitiert) ist einer der ganz großen Könner und kennt sich in den den frühen Wirtschaftsformen des Gebiets, wo"Wirtschaften" mit den sattsam bekannten Ingredienzien (Eigentum, Zins, Geld usw.) seinen Anfang genommen hat und sich bis heute durchgehend nachzeichnen lässt, bestens aus.
Die Liste seiner Publikationen, an denen der"moderne" mainstream, in allen seinen Varianten, einschließlich der"Neo-Ã-sterreicher", von etwelchen"Geld-" und"Währungstheoretikern" ganz zu schweigen, komplett vorbei gegangen ist, füllt viele Seiten.
Diesen verdienten Gelehrten und sehr zu schätzenden Zeitgenossen als "Arschi" zu bezeichnen (statt auch nur den Ansatz eines Diskussionsbeitrages zur Sache zu versuchen), ist unter jeglichem Niveau.
Gruß!
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R.Deutsch
15.07.2005, 10:21
@ dottore
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Re: Entschuldigung - war ein Scherz... |
-->aber vielleicht doch etwas blöd. Werde mich zur Strafe (für den Schalk in mir) mal selbst für ein paar Tage sperren.
Gruß
R
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Holmes
15.07.2005, 10:53
@ freeman
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Re: Zitadellengesellschaft |
-->>>Hi @dottore!
>>>Na schaumermal, wie lange es noch mit den"Staaten" geht.
>>Im Science Fiction-Roman"Snowcrash" gibt es die Vision von Franchise-Gesellschaften. Je nach Fähigkeiten und Einkommen kann man sich einer Gesellschaftsform anschliessen, die in unterschiedlich komfortablen Gegenden angesiedelt ist. Privatarmeen sicher die Grenzen. Die Zukunft?
>Science-Fiction?
>Schonmal in http://de.wikipedia.org/wiki/El_Salvador oder
>da http://de.wikipedia.org/wiki/Nicaragua gewesen?
Hallo freeman,
ja, klar, es geht schon los damit, siehe auch hier: <a href=http://hermes.zeit.de/pdf/archiv/archiv/2000/21/200021.zitadellen-headl.xml.pdf>Paranoia im Paradies</a>
Das Stichwort ist Zitadellengesellschaft. Die Wohlhabenden ziehen sich in die ummauerten Städte zurück. Erinnert uns das nicht ans Mittelalter?
Die Einführung von Münzverrufungen und Brakteaten (Freigeld, Regiogeld) passt auch dazu.
Beste Grüsse,
Holmes
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- Elli -
15.07.2005, 11:12
@ dottore
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Re: Soll's auf diesem Niveau weitergehen, Elli? / Ich hoffe nicht (o.Text) |
-->
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Holmes
15.07.2005, 11:45
@ Dimi
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hi Dimi!
>>die kriegen sie auch auf dem Markt mit ihren Silber
>Aber doch nur, wenn Silber etwas wert, besser: wenn es Geld ist.
>Dazu muß
>a.) gezeigt werden, daß aus der Abgabe überhaupt Geld wird (bzw. wurde), und
Die Jetons in einem Casino sind auch nichts"wert". Ihr Wert als Zahlungsmittel innerhalb des Casinos entsteht durch die Autorität und Macht der Ausgabestelle. Das ist der Trick, der in der Geschichte gefunden werden musste. Man muss dazu sichern, dass man die Zahlungsmittel nicht fälschen konnte. Zunächst reichte die Kontrolle über das Material, was man nicht überall finden konnte, heute nimmt man Laserschildchen, die nicht jedermann nachmachen kann (Farbkopierer sind ja schon ziemlich gut). Demnächst dann RFID-Chips in Euro-Scheinen.
Interessant in diesem Zusammenhang ist die absolut lächerliche Fälschungssicherung bei Dollars! Ich habe mal gelesen, dass sich Nordkorea vornehmlich durch Dollarfälschungen am Leben erhält. <a href=http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=G1179O>Zitat:</a>"Neben der Herstellung von Falschgeld sei der Raketenexport eine der wenigen bedeutsamen Devisenquellen des Landes. Vgl. Buying Time, in: Far Eastern Economic Review, Nr. 13, vom 1. April 1999, S. 18-20."
b.) wie weltweit Herrscher voraussehen konnten, daß etwas wertloses zu Geld würde (mit dem sie ihre Zahlungen leisten konnten), wenn sie es als Abgabegut einforderten.
Ich glaube tatsächlich immer mehr, dass der"Wert des Mediums" unerheblich ist. (Schliesslich hat ein Schuldschein auch keinen materiellen Wert). Die Macht muss den Wert festsetzen, so wie es ja Preislisten für die Waren in Relation zum Silber gegeben hat. Genauso wie der US-Dollar früher 1/32 Unze Gold war und sich der Kurs später geändert hat.
Sicher hat Silber Vorteile gegenüber Getreide (sonst wäre es nicht Geld geworden). Die Fragen, wie durch die Macht Silbergeld entsteht, wieso sich der Machthaber für ein wertloses Silber als Abgabengut entscheidet usw. werden dadurch aber nicht beantwortet (auch durch den Link in Deinem anderen Beitrag auf Dottores interessanten damaligen Artikel nicht).
Vielleicht dazu ein Gedankenspiel: stellen wir uns vor, wir haben eine Insel mit lauter Menschen und wollen eine Abgabenwirtschaft einführen. Du bist der Herrscher. Was würdest Du als Abgabengut definieren?
Beste Grüsse,
Holmes
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freeman
15.07.2005, 12:11
@ Holmes
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Re: Zitadellengesellschaft |
-->>>>Hi @dottore!
>>>>Na schaumermal, wie lange es noch mit den"Staaten" geht.
>>>Im Science Fiction-Roman"Snowcrash" gibt es die Vision von Franchise-Gesellschaften. Je nach Fähigkeiten und Einkommen kann man sich einer Gesellschaftsform anschliessen, die in unterschiedlich komfortablen Gegenden angesiedelt ist. Privatarmeen sicher die Grenzen. Die Zukunft?
>>Science-Fiction?
>>Schonmal in http://de.wikipedia.org/wiki/El_Salvador oder
>>da http://de.wikipedia.org/wiki/Nicaragua gewesen?
>Hallo freeman,
>ja, klar, es geht schon los damit, siehe auch hier: <a href=http://hermes.zeit.de/pdf/archiv/archiv/2000/21/200021.zitadellen-headl.xml.pdf>Paranoia im Paradies</a>
>Das Stichwort ist Zitadellengesellschaft. Die Wohlhabenden ziehen sich in die ummauerten Städte zurück. Erinnert uns das nicht ans Mittelalter?
>Die Einführung von Münzverrufungen und Brakteaten (Freigeld, Regiogeld) passt auch dazu.
>Beste Grüsse,
>Holmes
Issen interessantes Thema - gell?
Zitadellengesellschaft kannte ich nocht nicht aber früher hatten die Bürger ja auch Stadtmauern um ihre Häuser rum, weil sie halt doch nicht so gut mit Waffen konnten wie der Ritter vor der Tür.
Kennen sie die schon?
Liest sich wie ein Stück Realsatire. Ich stell mir das lustig vor, wenn da mal Schröder vor der Tür steht und klingelt, weil er rein will.
Soviel zur Trennung der Macht von Person und Institution.
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Dimi
15.07.2005, 12:12
@ Holmes
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hi Holmes,
>>>die kriegen sie auch auf dem Markt mit ihren Silber
>>Aber doch nur, wenn Silber etwas wert, besser: wenn es Geld ist.
>>Dazu muß
>>a.) gezeigt werden, daß aus der Abgabe überhaupt Geld wird (bzw. wurde), und
>Die Jetons in einem Casino sind auch nichts"wert".
Natürlich gibt es diesen Schritt, des"Wert(voller)machens", in der Geschichte (nämlich bei der Prägung einer Münze, beim Zeichengeld, oder beim Fiat-Money). Aber wo hast Du da die Abgabe? Die Frage, wie Silber Geld wird, wird dadurch doch nicht beantwortet, ebensowenig wie die, weshalb ein Herrscher sich für etwas wertloses als Abgabe entscheiden sollte.
Du kannst übrigens gut an diesem"Jetons"-Beispiel erkennen, daß die Dinge tatsächlich in Schritten abliefen (und der Herrscher nichts vorwegnahm):
1.) Warengeld Silber
2.) Standardisierung (um sich das Wägen und Kontrollieren zu ersparen)
3.) Die Einheit des Standards tritt an die Stelle der Ware (anfangs durch Verdünnung, dann beim Fiat zu 100%)
[...]
>Vielleicht dazu ein Gedankenspiel: stellen wir uns vor, wir haben eine Insel mit lauter Menschen und wollen eine Abgabenwirtschaft einführen. Du bist der Herrscher. Was würdest Du als Abgabengut definieren?
Die meisten würden sich für Sex entscheiden (historisch hatten Herrscher zig Frauen), hinzu kommen Paläste, Luxusgüter usw. bzw die Ausgangsmaterialien/Dienstleistungen dazu. Keine Eintagsfliegen, nichts wertloses auf jeden Fall.
Gruß, Dimi
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Dimi
15.07.2005, 12:32
@ Dimi
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Re: Die Alchemie der Machttheorie |
-->Noch eins: Man müßte auch erklären, wieso es die Alchemie gab, den Versuch (auch in Auftrag von Herrschern), Edelmetalle zu schaffen, wenn es im Belieben des Herrschers lag, etwas wertloses zur Abgabe zu erklären.
Gruß, Dimi
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lebed dottore
15.07.2005, 12:37
@ Dimi
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Re: Fakten bitte! |
-->Hi Dimi,
wo bleiben die Antworten auf meine Fragen? Mit Vermutungen oder Rückprojizierungen ("Privatzins", demnach Privateigentum und Privatgeld seit dem Neolithikum) zu operieren, reicht mir leider nicht mehr.
Ich möchte jetzt gern entsprechende Fakten lesen, die ich überprüfen kann.
Zum Sonstigen:
>[Zitate gekürzt]
Warum werden die eigentlich immer gekürzt? Ich gebe mir doch auch die Mühe, auf jeden einzelnen Punkt eines Vor-Postings einzugehen.
>>Manchmal verstehe ich wirklich nicht, warum immer wieder die tradierten ökonomischen Modelle (Tauschwirtschaft, Marktwirtschaft, usw.) aufgetischt werden, obwohl sie mit der ökonomie-historischen Faktenlage schlicht nicht mehr decken.
>Das ist erklärbar, Ã-konomen haben meist ein geringes völkerkundliches oder historisches Wissen, Historiker und Völkerkundler ein geringes ökonomisches.
Zunächst einmal geht es überhaupt nicht um Völkerkunde, sondern ganz konkret um bis heute durchgängige historische Abläufe seit dem bronzezeitlichen Mesopotamien.
Wie weit zurück kann Völkerkunde rekonstruieren? Ich darf nochmal an das Steingeld (Palau) erinnern. Was berichtet Diego Da Rocha darüber?
Wie kommen"Ã-konomen" dazu, z.B. mit dem zentralen Begriff Eigentum (property) zu operieren (den sie - wie H/S zur Genüge nachgewiesen haben - zumeist noch mit Besitz (possession) verwechseln), wenn sie überhaupt nicht wissen, was Eigentum ist, geschweige denn, wie es entstanden ist?
>>Durch die dauernde Wiederholung der Behauptung, es sei doch seit Hume, Smith, Galiani, Hayek, Mises, überhaupt den"Ã-sterreichern" usw., usw., usw. ohnehin alles klar und gesagt,
>Die Ã-sterreicher wußten nicht alles, haben aber manches richtiges (und auch falsches) gesagt. Wieso nicht zur Kenntnis nehmen?
Auch darum geht es nicht. Sondern
1. Darum, dass sie (jedenfalls ihr erster Schwung) die Ergebnisse der aktuellen Forschung gar nicht kennen konnten, da diese noch nicht publiziert waren,
2. Darum, dass sie die Ergebnisse dieser Forschungen (mehrere Hundert Monographien und Tausende von Aufsätzen) auch nach Publikation nicht zur Kenntnis nehmen.
>>Dir, lieber Dimi, ist das offenbar alles klar: den Privatzins und demnach"private" (und demnach logischerweise produktive und/oder investive) Kredite/Schulden gab's zuerst, wie es dann auch Privatgeld und Privateigentum zuerst gegeben haben müsste.
>Ich hatte damals nur gefragt, wie denn aus der verzinsten Darlehensaufnahme zu Steuerzahlzwecken der Zins in der Privatwirtschaft (den es ja nachweislich gibt) entsteht.
>Das steht einfach offen.
Auch mehrfach beantwortet. Jetzt drehe ich's mal um und frage:
Wie (wann, wodurch usw.) ist der"Zins in der Privatwirtschaft" entstanden?
Wenn es ihn"nachweislich gibt", muss es ihn entweder nachweislich schon immer gegeben haben (den Nachweis bitte!) oder er muss zu einem bestimmten Zeitpunkt (Zeitraum von mir aus) entstanden sein (den Nachweis bitte!).
Und: Wenn der"Privatzins" dem <b<Abgabenzins[/b] und der "verzinsten Darlehensaufnahme zu Steuerzahlzwecken" vorangegangen ist: Wie hoch mag denn dieser"Privatzins" gewesen sein? Über die Höhe des Darlehenszinses zu Steuerzahlzwecken ist genügend Mitteilung gemacht worden.
Lag er höher, gleich hoch, niedriger - nur zu (und bitte mit Fakten)?
>>Und dass dies (letztlich die - mit keinerlei Fakten unterlegte - Heichelheim-These,"alles" sei schon im Neolithikum entstanden - Donnerwetter!) Hudson längst als retro-projizierenden Humbug entlarvt hat, so von wegen: wie heute Mr. Miller aus Ohio oder die Telekom aus Bonn einen Kredit aufnehmen, um entsprechende"unternehmerische Aktivitäten" zu finanzieren, trieben es"schon" die Jungs, die mit der Steinaxt durch die Auen streiften, nein, das muss Dich nicht jucken.
>>Vor so viel historischer und analytischer Gewissheit kann ich mich nur verbeugen und ganz verstohlen flüstern: Gratulor!
>Lieber Dottore, meine historische und analytische Gewißheit gibt es nicht, sehr wohl aber meine Analysen.
Darf ich Näheres erfahren?
>Und ich lasse mir Zeit, sehr viel Zeit, bis ich einen Punkt aus allen Richtungen betrachtet und abgewogen habe. Dann kommt der nächste Punkt dran. Und wenn ich meine Sache gut gemacht habe, passen alle Punkte wie beim Puzzle in ein perfektes Bild. Dann bin ich mir sicher.
Zeit lassen? Gern.
Und zu den"Punkten": Beginnen wir mit dem Zustand, der"historisch" zu Beginn der besagten Entwicklung ex Naher Osten (Entwicklung geht dann bis heute) bestanden hatte: Kein privates Land (außer Subsistenzarealen), keine Unternehmer, keine freien Lohnarbeiter, keine Märkte. Wie passen diese Punkte ins Puzzle?
>Auf irgendwelche Gewißheiten Dritter oder des Lehrwissens verlasse ich mich nicht - wie Du genauestens weißt.
>Und ich denke durchaus unkonventionelle Lösungen an und zu Ende - auch das weißt Du.
>Im übrigen weißt Du darüberhinaus, daß ich die Wirtschaftslage steinzeitlicher Völker durchaus anhand von Originalberichten (nicht bloß Sekundärquellen) untersucht habe und daß mir bekannt ist, daß es Unterschiede zu heute gab.
Sehr schön. Und wie sind die"Unterschiede" (Steinzeit/heute) verschwunden?
>Ich glaube ferner weiterhin, daß, wer nicht versucht hat, sich in die Kultur, Wirtschafts- und Lebensweise steinzeitlicher Völker hineinzuversetzen, sich schwer tun dürfte, die Übergänge zu den verschiedenen Wirtschaftsformen plastisch nachzuvollziehen.
Haben die steinzeitlichen Völker produziert (und das Produzierte verteilt) oder haben sie gewirtschaftet, also mit Hilfe von"privatem" Eigentum, Märkten, Geld, Zins, usw., usw.?
Und vor allem: Was ist unter "Übergänge" konkret zu verstehen?
>Dies gilt auch fürs Leihen.
>Ein Häuptling, der Muscheln verleiht, ist in relativer Wirtschaftsform-Chronolgie wohl eher vor den Mesopotamiern anzusetzen.
1. Wann und wo hat ein Häuptling Muscheln verliehen (bitte Fakten)?
2. Warum hat er Muscheln verliehen?
3. Bitte Beleg für verliehene"Muscheln" vor den Mesopotamiern. Danke.
4. Was ist unter"relativ" zu verstehen?
5. Was unter"wohl eher"?
>>Nach dieser langen Quälerei noch zu dem anderen, lieber Dimi:
>>>Also: Wieso Silber, wieso Gold?
>>Silber wurde bereits ausführlichst erklärt: Es hatte vom Palast festgesetzte Parität zur Gerste (Gewicht).
>Aber wieso? Wieso wählt der Palast Silber?
Warum wählten die Paläste der Minoischen Kultur (Knossos usw.), die der Ägypter, die der Hethiter, die der Industal-Kultur kein Silber?
Oder lebten die in einer anderen Zeit als die Gesetze von Eshnunna
hier
[leider derzeit unauffindbar, da gestohlen; nehme aber an, dass der Text auch so kein Problem macht]
datiert werden (ca. 2000 BC), denen wir die Parität 1 gur ("Liter") Geste = 1 Shekel Silber verdanken?
>Er kann doch bei Gerste bleiben. Sofern Silber keinen Marktwert hatte, wären die Vorteile überwältigend: Er kann Beamte bezahlen, Hungersnöte abwenden, im Ausland einkaufen usw.
1. Wann und wie hat ein Palast Beamte mit Gerste"bezahlt"?
2. Was ist unter"Bezahlung" insgesamt zu verstehen, wo wir doch eine Zentralverwaltungswirtschaft hatten, vgl. z.B. Prof. Gebhard J. Selz Orientalist in Wien, in diversen Publikationen, z.B. Zur Genese (!) mesopotamischer Rechtsvorstellungen zwischen Planwirtschaft und Eigentumsverfassung (2000) u.v.a. mehr.
3. Wie, bitte, mit Gerste im"Ausland" einkaufen? Welcher Palast hat Gerste exportiert?
>Ich möchte im ürbrigen auch an den Schaltsekundeneinwand (so nenne ich ihn ab jetzt) erinnern. Wie soll Silber zu Geld werden, wenn es nur für die Steuer gebraucht wird?
Siehe nochmals die Gewichtstabellen des Palastes (Eshnunna) oben.
>Dann tauscht der Steuerzahler einfach für den Moment der Steuer seine Ware (Gerste z.B.) beim Wechsler, und zahlt dann.
Welche"Wechsler"? Nochmals Van De Mieroop:"There was virtually no room for private enterprise."
>Und der (stets klamme) Palast
Märchen, nichts als Märchen! Der Palast war nicht nur nicht"stets", sondern niemals klamm. Er verschwand nur, wenn er erobert wurde (vgl."Städtklagen" in Ur und anderswo bis hin zu Alexander: Fand der leere Scheuern, leere Schatzhäuser vor?).
>gibt das Silber wieder dem Wechsler, um Gerste für seine Arbeiter und Sklaven einzukaufen.
Schon das Wort"einkaufen" zeigt mir, dass noch erheblicher Nachholbedarf beim Studium der Zustände im Alten Orient besteht. Selbst noch in neu-babylonischer Zeit existierten nirgends Gattungs-, sondern ausschließlich Stückkäufe (also Gerste scheidet gänzlich aus; oft genug gepostet, vgl. Materialfülle bei Ungnad/San Nicolò, das bekannt sein müsste, da es schon seit mehr als 70 -! - Jahren allgemein verfügbar, da publiziert ist, sogar noch Nachdruck 1974!).
>Wo entsteht da das Silbergeld, das Abraham mit sich rumschleppt, um Grund zu kaufen?
Woher kommt denn der gute Mann? Und wann hat er gekauft (die bekannte"abrahemzeitliche" Chronologie-Kritik bitte beachten)?
>>>Konkret: Ist es in der realen Welt überhaupt möglich, daß ein Herrscher, der nicht unter Drogen steht, und der jederzeit von anderen Herrschern anderer Völker oder von potentiellen Nachfolgern gestürzt werden kann, Eintagsfliegen als Abgabe einfordert?
>>Nein. Warum haben die Hethiter Cu und Sn - schön getrennt - eingefordert? Wie steht's ums aes grave der Römer?
>Und wie steht's mit dem Silber? War es was wert?
Bei den Römern zum Bezahlen von Söldnern, nachdem der bekannte Machtkreislauf des Metalls längst etabliert war: Tribut - Söldner wird bezahlt - Tributpflichtiger muss erneut abliefern, sich ergo den Tribut beim Söldner beschaffen.
>>>Auch das chronologische Vorziehen der Gerste ändert im übrigen nichts daran, daß die Entscheidungen für Silber oder Muscheln als Abgabe ja irgendwann fielen und somit Erklärungen benötigen, wenn diese nicht vorher im Markt bereits wertvoll gewesen sein sollen.
>>Womit hätten Silber und Muscheln"am Markt" ausgepreist (wie"bewertet") werden können?
>Ziegen, Land und Sklaven.
Nein, siehe oben.
>Dottore, die aufgetauchten Fragen sind unbeantwortet.
Meine Fragen sind unbeantwortet, bittaschön.
>>>Die Ansichten der Welt - keine zwei Welten
>>Ansichtssache, in der Tat.
>Das meine ich nicht. Ich meine, die Münze von der einen Seite, dann von der anderen zu betrachten, und dann - im Kopf - zusammenzuführen.
>Denn wir können immer nur eine Seite der Münze sehen.
Bravo! Waren die ältesten Münzen auf beiden Seiten geprägt? Da ich solche habe, bin ich jetzt sehr auf Deine Antwort gespannt. Also: Was, bitte, siehst Du verso?
Gruß!
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Uwe
15.07.2005, 13:03
@ Dimi
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Re: Ein Herrscher, der wertloses als Abgabegut verlangt... |
-->wird wohl nicht langer Herrscher bleiben, sofern er sich gegen die Außenwelt zu behaupten hat.
>Dimi:[i] Noch eins: Man müßte auch erklären, wieso es die Alchemie gab, den Versuch (auch in Auftrag von Herrschern), Edelmetalle zu schaffen, wenn es im Belieben des Herrschers lag, etwas wertloses zur Abgabe zu erklären.[/i]
Hallo, Dimi,
dieser Punkt scheint mir eher nicht so rätselhaft, wenn ich bedenke, dass Herrscher natürlich gegenüber anderen Herrschern bzw. potenzliellen Anwärtern auf die Macht auftreten.
Machtsicherung, indem man versucht unabhängig von anderen zu sein, ohne dass man in"Verzug" gesetzt werden kann. Eine gefüllte (Kriegs-)Kasse sichert die Freiheit, Allianzen nach Gesichtpunkten einzugehen, die nicht diktiert werden. Die"Kasse" muß mit dem gefüllt sein, die den Machterhalt ermöglicht oder es muß die aussicht bestehen, diese Mittel zu"erbeuten".
Ein Herrscher kann im inneren das"Einsammeln" was er bestimmt, doch er wird auch vorrangig nur das abverlangen, was er zur Sicherung und Darstellung seiner Macht einsetzen kann. Das können Rohstoffe sein, die direkt in die Produktion eingebunden werden, aber auch Wertsachen, die ihrerseits wieder in den Außenbeziehungen und zum Machterhalt eingesetzt werden können bzw. müssen. Es ist daher wichtig, das Monopol über die Wertsachen, am besten das unabhängige Monopol, das weitestgehend frei ist von Auflagen anderer Herrscher oder/und Rivalen.
Beispile: Die USA haben nach meiner Kenntnis im Irak nicht das Abgabegut"Sand" eingeführt, sondern u.a. die Festschreibung von steuerlichen Vorteilen für Unternehmen, deren Zugang zum Markt durch sie vorbestimmt ist. M.E. auch eine Art Abgabegut, die durch Macht eingeführt wurde.
Gruß,
Uwe
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Uwe
15.07.2005, 13:13
@ lebed dottore
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@dottore - habe Dein bisheriges Passwort so verändert, das es nicht nutzbar ist |
-->da es im Namensbereich als Klartext eingegeben wurde. Falls Elli nicht erreichbar ist, so sende bitte den neuen Passwortwunsch an mich, sofern Emailadresse noch gespeichert ist.
Gruß,
Uwe
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bernor
15.07.2005, 14:30
@ Dimi
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Re: Von der Pflicht, Silber abzugeben |
-->Hi Dimi,
ok, also hier weiter:
Sicher hat Silber Vorteile gegenüber Getreide (sonst wäre es nicht Geld geworden). Die Fragen, wie durch die Macht Silbergeld entsteht, wieso sich der Machthaber für ein wertloses Silber als Abgabengut entscheidet usw. werden dadurch aber nicht beantwortet (auch durch den Link in Deinem anderen Beitrag auf Dottores interessanten damaligen Artikel nicht).
es stellt sich die Frage also nicht allein nach der Motivation der Beteiligten, sondern auch des technischen Ablaufs:
1) Zuerst Festlegung der Abgabe in vorhandenen Natural-Gütern (Gerste, Schafe, Wolle u.a.) innerhalb des eroberten Areals (in Mesopotamien)
2) Dann auch Bildung von Abgabe-Überschüssen in Form von in großen Silos gelagertem Getreide.
3) Über Beziehungen zu auswärtigen Herrschern (wegen Bezugs von Waffenmetall, Tributen o.ä.) lernt der Machthaber das ursprünglich als Schmuckmetall fungierende Silber (aus Kleinasien) kennen.
4) Das Silber bringt den Machthaber auf die Idee, nun zunehmend dieses statt des Getreides zu thesaurieren, da weniger aufwendig & platzsparend (die mögliche Umstellung der Söldner-Bezahlung auf Silber lasse ich hier, mangels Belege für diese frühe Zeit, mal weg)
5) Zu diesem Zweck werden zunächst Palast-Händler losgeschickt, um im Tausch gegen das bisher eingelagerte Abgabengut das Silber von auswärts zu besorgen - der Fernhandel entsteht.
6) Später wird die Abgabeforderung, zumindest teilweise, auf Silber umgestellt: das Problem"Wie komme ich an das Silber heran?" wird damit auf die abgabepflichtigen Unterhunde"abgeschichtet" - somit wird Silber auch außerhalb des Palastes „wertvoll“.
7) Diese, genauer: die Eintreiber ("middlemen"), müssen sich jetzt für die eingetriebenen Naturalabgaben Silber besorgen - ebenfalls über den Fernhandel.
8) Forciert wird dieser Handel noch durch wegen nicht erfüllten Abgabesolls erforderliche Kreditaufnahmen (sofern auf Silber lautend).
9) Da das auswärts eingehandelte Silber praktisch umgehend als Abgabe im Palast bzw. Tempel verschwindet, können sich (zunächst noch) keine lokalen Märkte, etwa „Gerste / Silber“, bilden.
10) Erst nach der Umstellung der Bezahlung von Söldnern und übrigem Personal von Gerste u.a. auf Silber (wohl erst in späteren Zeiten) enstehen solche Märkte, auf denen man mit Silber = „Geld“ bezahlen kann, da es als Abgabengut nach wie vor „nachgefragt“ und somit „wertvoll“ ist.
Gruß bernor
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Holmes
15.07.2005, 14:40
@ Dimi
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->>>Vielleicht dazu ein Gedankenspiel: stellen wir uns vor, wir haben eine Insel mit lauter Menschen und wollen eine Abgabenwirtschaft einführen. Du bist der Herrscher. Was würdest Du als Abgabengut definieren?
>Die meisten würden sich für Sex entscheiden (historisch hatten Herrscher zig Frauen), hinzu kommen Paläste, Luxusgüter usw. bzw die Ausgangsmaterialien/Dienstleistungen dazu. Keine Eintagsfliegen, nichts wertloses auf jeden Fall.
Hallo Dimi,
Deine Beispiele für Abgabengut sind IMHO keine. Denn die Idee des Abgabengutes ist doch, dass man es wieder weitergeben kann, um seine Machtstruktur zu halten und sich so ein Kreislaufsystem ergibt. Sicher wurden z.T. die Töchter von Abgabenpflichtigen an Untergebene weitergegeben, aber insgesamt doch ein recht unpraktisches Verfahren ;-)
Ich denke sogar, dass der praktische Wert des Abgabengutes am besten Null ist, damit es nicht mit anderen Verwendungen in Konkurrenz gerät. Wenn nämlich der praktische Wert eines Metalls den definierten Wert des Abgabengutes übersteigt, verschwindet das Abgabengut und erzeugt eine Krise.
Das ist ja das Tolle bei Gold und Silber, so richtig"brauchen" tat man es nicht. Deswegen war es"frei", um als Abgabengut eine Funktion zu übernehmen.
These: Etwas wird nicht Abgabengut, weil es wertvoll ist, sondern es wird wertvoll, weil es Abgabengut ist.
Spannende Frage in dem Zusammenhang: wie war das eigentlich mit der Zigarettenwährung nach dem 2.Weltkrieg, die ja von der Macht (den Soldaten) eingeführt wurde?
Beste Grüsse,
Holmes
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dottore
15.07.2005, 18:42
@ Dimi
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Re: 50 %"Privatzins" in Nuzi! |
-->Hi Dimi,
Nuzi gehörte zu einem hurritischen Königreich, gelegen zwischen den großen Mächten Mitanni und Babylonien. Die nächste größere Stadt versteckt sich heute unter dem bekannten Kirkuk (Irak).
Nuzi selbst war eine kleinere agrarische Provinzstadt, allerdings mit guter Fundlage (5000 Tontafeln und Epigraphik) und u.a. auch einem hervorragenden Be- und Entwässerungssystem.
Die Stadt
[img][/img]
hatte in der Mitte die allseits bekannte und beliebte Tempel- und Palastanlage und ca. 300 m entfernt (oben, ca. 1:30 Uhr) die Häuser der"Wohlhabenden". Nun ist zu fragen: Wo kam deren Wohlstand her?
Der Nuzi-Experte Prof. Carlo Zaccagnini (R.Deutsch wird sich gewiss einen schönen weiteren Namen einfallen lassen, wie wär's mit"Karlchen Sakrakennisi"?) hat sämtliche Nuzi-Dokumente in seinem Computer.
Das Material reicht über vier und fünf Generationen. Übrigens unmittelbar vor dem Fall des schönen Königreiches (14. Jh. BC).
Was stellt er fest? In einem Schulddokument, das drei Gersten-Leihen zusammenfasst, sind 30 % p.a. angegeben.
Alle anderen Schulddokumente, die verzinslich waren, zeigen einen Zinssatz von 50 % (fünfzig!) p.a. - egal, worauf sich der Schuldinhalt bezieht.
Das hat was. Offenbar hatten die in Nuzi etwas drauf, was seitdem verloren gegangen sein muss: Nämlich, sich etwas leihen (wurscht was, die Schuldinhalte sind vielfältig) und aus dem Geliehenen einen (mindestens) 50-%-Return zu erwirtschaften (denn der Leihnehmer -"Investor" - dürfte noch etwas on top für sich selbst behalten haben). Was mag das gewesen sein?
Aber es kommt noch deftiger: Aus Nuzi sind auch Schulddokumente (die bekannten hubullu(m)) erhalten, die gar keinen Zinssatz tragen, lt. denen also die Schuld so zurückgegeben (-gezahlt) werden musste wie sie genommen worden war.
Nun fragt man sich natürlich: Warum haben die einen 50 % Zinsen p.a. gezahlt - und die anderen 0 %?
Und was haben sich die Gläubiger und Schuldner bei solchen Zins-Spreads wohl gedacht?
Übrigens: Der Palast spielte als"money lender" keine nennenswerte Rolle ("economically insignificant"). Allerdings: Ein Königssohn ("Silwa-tessup") war tüchtig im Geschäft.
Was lief da ab?
Gruß!
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freeman
15.07.2005, 23:21
@ Holmes
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Re: Ganz im Gegenteil - was hatte denn Saddam in seinem Koffer? Gold? |
-->>Was ist die Alternative? Das ist auch meine Frage, auf die ich noch keine Antwort habe, aber hoffe, aus den Ideen, die hier im Forum ausgetauscht werden, Anregungen zu bekommen und untaugliche Alternativen schon mal ausscheiden zu können.
Hey Man. Dann sind wir schon 2.
Ich habs in bald 7 Jahren nicht geschafft eine müde Mark als Termintrader zu verdienen - habs auch nie wirklich versucht:-). - macht aber Spass, hab aber viel zu wenig Zeit dafür, also lass uns ein bisschen die wirklich wichtigen Probleme diskutieren. Sofern mich meine Frau lässt:-).
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freeman
17.07.2005, 15:26
@ dottore
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Re: 50 %"Privatzins" in Nuzi! |
-->
geht die Geschichte weiter?
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dottore
17.07.2005, 17:55
@ freeman
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Re: 50 %"Privatzins" in Nuzi! |
-->>
>geht die Geschichte weiter?
Hoffentlich, sobald @Dimi verraten hat, woher sein"Privatzins" gekommen sein mag. Und wie hoch er war.
Gruß!
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bernor
18.07.2005, 01:38
@ bernor
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Nachtrag - noch ein Hinweis... |
-->... zum anfänglich"wertlosen", tatsächlich aber als Schmuckmetall fungierenden Silber:
http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/322528.htm
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Dimi
18.07.2005, 15:00
@ bernor
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Re: Von der Pflicht, Silber abzugeben |
-->Hallo Bernor,
>3) Über Beziehungen zu auswärtigen Herrschern (wegen Bezugs von Waffenmetall, Tributen o.ä.) lernt der Machthaber das ursprünglich als Schmuckmetall fungierende Silber (aus Kleinasien) kennen.
>4) Das Silber bringt den Machthaber auf die Idee, nun zunehmend dieses statt des Getreides zu thesaurieren, da weniger aufwendig & platzsparend (die mögliche Umstellung der Söldner-Bezahlung auf Silber lasse ich hier, mangels Belege für diese frühe Zeit, mal weg)
Das hat er natürlich gemacht, aber doch nur, weil Silber - ganz ursprünglich als Schmuck-(und Protz)metall - etwas wert war.
Gruß, Dimi
Ps.: Dein etymologischer Hinweis, argentum sei negativer besetzt, da Farbbezeichnung und nicht Orts(?)bezeichnung, klingt etwas an den Haaren herbeigezogen.
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Dimi
18.07.2005, 15:09
@ Holmes
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hallo Holmes,
>Deine Beispiele für Abgabengut sind IMHO keine.
Das erste war auch nicht nur ernst gemeint ;-)
>Denn die Idee des Abgabengutes ist doch, dass man es wieder weitergeben kann,
Wenn Du so argumentierst eröffnest Du letztlich eine Sonderform des Tauschs (eine Tauschpartei ist der Staat).
>um seine Machtstruktur zu halten und sich so ein Kreislaufsystem ergibt. Sicher wurden z.T. die Töchter von Abgabenpflichtigen an Untergebene weitergegeben, aber insgesamt doch ein recht unpraktisches Verfahren ;-)
>Ich denke sogar, dass der praktische Wert des Abgabengutes am besten Null ist, damit es nicht mit anderen Verwendungen in Konkurrenz gerät.
Wenn Du"Abgabengut" durch"Geld" ersetzt, bist Du dort, wo manche heutige Geldtheoretiker sind...
>Wenn nämlich der praktische Wert eines Metalls den definierten Wert des Abgabengutes übersteigt, verschwindet das Abgabengut und erzeugt eine Krise.
...wenn sich auch die Begründungen im Detail unterscheiden mögen.
>Das ist ja das Tolle bei Gold und Silber, so richtig"brauchen" tat man es nicht. Deswegen war es"frei", um als Abgabengut eine Funktion zu übernehmen.
Es setzte sich als Geld durch, weil es (als Schmuck) wertvoll war (+weit verbreitet, teilbar, haltbar usw.), man es aber zugleich nicht zwingend brauchte.
>These: Etwas wird nicht Abgabengut, weil es wertvoll ist, sondern es wird wertvoll, weil es Abgabengut ist.
Nee, wirklich nicht.
>Spannende Frage in dem Zusammenhang: wie war das eigentlich mit der Zigarettenwährung nach dem 2.Weltkrieg, die ja von der Macht (den Soldaten) eingeführt wurde?
Waren die Abgaben in Zigaretten zu leisten?
Na?
Gruß, Dimi
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Dimi
18.07.2005, 15:18
@ Uwe
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Re: Ein Herrscher, der wertloses als Abgabegut verlangt... |
-->Hallo Uwe,
>dieser Punkt scheint mir eher nicht so rätselhaft, wenn ich bedenke, dass Herrscher natürlich gegenüber anderen Herrschern bzw. potenzliellen Anwärtern auf die Macht auftreten.
Ja aber genau deshalb nimmt er eben nichts Wertloses als Abgabengut. Eben gerade weil das Silber, unabhängig von jeder Abgabe, wertvoll war, konnte er sich Frieden erkaufen, im Ausland Luxuswaren besorgen usw.
Gruß, Dimi
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Holmes
18.07.2005, 15:52
@ Dimi
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hi Dimi!
>>Denn die Idee des Abgabengutes ist doch, dass man es wieder weitergeben kann,
>Wenn Du so argumentierst eröffnest Du letztlich eine Sonderform des Tauschs (eine Tauschpartei ist der Staat).
Naja, ich muss ja das Abgabengut abgeben und der Staat thesauriert es ja auch nicht. Insofern wird das Abgabengut immer wieder getauscht. Was wäre das Problem?
>>Ich denke sogar, dass der praktische Wert des Abgabengutes am besten Null ist, damit es nicht mit anderen Verwendungen in Konkurrenz gerät.
>Wenn Du"Abgabengut" durch"Geld" ersetzt, bist Du dort, wo manche heutige Geldtheoretiker sind...
In der Tat. Der materielle Wert einer Schuldverschreibung (oder Pfandscheins) hängt doch auch nicht mit dem Wert der dokumentierten Schuld zusammen. Wenn Geld keine Sache ist, sondern eine Forderung, dann ist das physische"Material" zur Dokumentation dieses Sachverhaltes völlig bedeutungslos.
>>Das ist ja das Tolle bei Gold und Silber, so richtig"brauchen" tat man es nicht. Deswegen war es"frei", um als Abgabengut eine Funktion zu übernehmen.
>Es setzte sich als Geld durch, weil es (als Schmuck) wertvoll war (+weit verbreitet, teilbar, haltbar usw.), man es aber zugleich nicht zwingend brauchte.
Es gab ja auch andere Geldmetalle: die Römer hatten eine Kupferwährung, die Spartaner Eisen. Innerhalb eines Machtbereiches ist es völlig egal, was man nimmt. Zwischen den Machtbereichen ist es nicht egal. Hier wurde dann aber nur das Gewicht des Metalles gewogen, nicht der Nominalwert. Im Prinzip eine Art Barter-Geschäft?
>>These: Etwas wird nicht Abgabengut, weil es wertvoll ist, sondern es wird wertvoll, weil es Abgabengut ist.
>Nee, wirklich nicht.
Beweise, Watson, Beweise! (oder Argumente:-)
>>Spannende Frage in dem Zusammenhang: wie war das eigentlich mit der Zigarettenwährung nach dem 2.Weltkrieg, die ja von der Macht (den Soldaten) eingeführt wurde?
>Waren die Abgaben in Zigaretten zu leisten?
>Na?
Ich glaube, dass in der Zeit gar keiner Steuern zahlte:-)
Wahrscheinlich wurde deswegen auch die DM eingeführt, weil es ja nun so wirklich nicht weiterging:-)
Aber der Punkt ist sehr interessant und ich habe am Wochenende wenig dazu finden können: wie ist es zur Zigarettenwährung gekommen und wie genau lief das ab?
Hier eine interessante Story aus dem Raum Heidelberg dazu:
Im Kriege wurde gnadenlos gequalmt. Ein Zeitgenosse:"Hätte eine der kriegsführenden Parteien im Zweiten Weltkrieg ihren Soldaten die Zigarette entzogen, so wäre deren Front wahrscheinlich innerhalb kurzer Zeit zusammengebrochen. So hoch ist die Macht es Tabak einzuschätzen. In Ländern, die - wie Deutschland von 1945-48 - vom Tabak vorübergehend entblößt sind, wiegt zu solchen Zeiten die Zigarette wie Gold".
Ein Punkt ist wohl, dass Zigaretten sehr begehrt waren und es auch eine Grundsicherung an Zigaretten gab: Raucherkarten, damit konnte eine Familie von Nichtrauchern schon besser über die Runden kommen.
Ich weiß nicht, ob die Zigarettenwährung als Geld zu bezeichnen ist. Es gab keine Banken, die Menge wurde unkontrollierbar verringert und erhöht etc. Im Prinzip hing der Kurs von den US-Soldaten ab, oder? Aber die wollten wahrscheinlich keine Zigaretten von den Deutschen haben, sondern nur die Waren etc. also gab es keinen Abgabenmittelkreislauf. Es wäre auch interessant zu wissen, wo sich solche Notwährungen noch gebildet haben und welches ihr Medium war. Immer Zigaretten? Anderes? Seife?
Für unsere Diskussion ist aber doch nur das"herrschaftliche" Geld interessant, welches von oben bestimmt und eingefordert wird: legal tender.
Und die These ist: LT muss keinen eigenen Wert haben, um LT zu werden. Es muss nur von der Macht/Staat dazu erklärt werden.
Ergänzung: die Macht muss intakt sein und ihre Forderungen durchsetzen können. In Gegenden, in denen die lokale Macht unfähig ist, wird sich das Abgabenmittel einer anderen Macht durchsetzen (Nachbarmacht: Nachbarstaat und/oder Globalmacht: USA).
Beste Grüsse,
Holmes
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Dimi
18.07.2005, 16:17
@ Holmes
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hi Holmes,
danke für Deine ausführliche Antwort.
>>>Denn die Idee des Abgabengutes ist doch, dass man es wieder weitergeben kann,
>>Wenn Du so argumentierst eröffnest Du letztlich eine Sonderform des Tauschs (eine Tauschpartei ist der Staat).
>Naja, ich muss ja das Abgabengut abgeben und der Staat thesauriert es ja auch nicht. Insofern wird das Abgabengut immer wieder getauscht. Was wäre das Problem?
Kein Problem, aber ich brauche den Umweg über die Abgabe nicht mehr
>Zwischen den Machtbereichen ist es nicht egal. Hier wurde dann aber nur das Gewicht des Metalles gewogen, nicht der Nominalwert. Im Prinzip eine Art Barter-Geschäft?
Eben. Silber war auch international Geld, die Spartaner sahen alt aus.
>>Nee, wirklich nicht.
>Beweise, Watson, Beweise! (oder Argumente:-)
Ich darf auf die Diskussionen mit Dottore (seit 2-3 Jahren nunmehr) verweisen.
>>Waren die Abgaben in Zigaretten zu leisten?
>>Na?
>Ich glaube, dass in der Zeit gar keiner Steuern zahlte:-)
Und dennoch wurde mit Zigaretten bezahlt.
>Ich weiß nicht, ob die Zigarettenwährung als Geld zu bezeichnen ist.
Ansatzweise.
Nur wenn etwas durch den Gebrauch zum Zahlen an Wert gewinnt (durch die Nachfrage als Zahlungsmittel), sollte man es als Geld bezeichnen (sonst ist es nur Gut).
>Es wäre auch interessant zu wissen, wo sich solche Notwährungen noch gebildet haben und welches ihr Medium war. Immer Zigaretten? Anderes? Seife?
Alles mögliche kann Geld werden.
>Und die These ist: LT muss keinen eigenen Wert haben, um LT zu werden.
Gar keine Frage
>Es muss nur von der Macht/Staat dazu erklärt werden.
Eben. Man muß damit alles zahlen - Brote, Mieten, Löhne usw., nicht nur die Abgaben.
Wenn die Abgabentheorie stimmte, bräuchte der Gesetzgeber bloß vorzuschreiben, daß die Steuern in Euro bezahlt werden müssen und könnte sich die übrigen Gesetze ersparen.
Gruß, Dimi
P.s.: Antwort kann dauern
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Holmes
18.07.2005, 17:53
@ Dimi
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->Hi Dimi!
>>Naja, ich muss ja das Abgabengut abgeben und der Staat thesauriert es ja auch nicht. Insofern wird das Abgabengut immer wieder getauscht. Was wäre das Problem?
>Kein Problem, aber ich brauche den Umweg über die Abgabe nicht mehr
Wieso Umweg? Das Abgabenmittel ist das Mittel, mit dem ich meine Machtstruktur bezahle und die ich über die Steuern wieder in die Finger bekomme. Dazu verrottet es mir nicht, sondern ich bin flexibel, wann ich es wieder ausgeben will. Alles Vorteile, die ein Gut nicht hätte.
Es beginnt historisch mit der Naturalabgabe, weil diese Idee erstmal entwickelt werden musste. Ich nehme an, dass danach jede Macht so schnell wie möglich ein Abgabengut engeführt hat, so sie es konnte, ohne über Naturalabgaben zu gehen. Meinst Du das mit Umweg?
>>Zwischen den Machtbereichen ist es nicht egal. Hier wurde dann aber nur das Gewicht des Metalles gewogen, nicht der Nominalwert. Im Prinzip eine Art Barter-Geschäft?
>Eben. Silber war auch international Geld, die Spartaner sahen alt aus.
Naja, die haben ihr Reich ziemlich lange gehalten. Aber ich weiss über die Zeit nicht genug, um da jetzt etwas gehaltvolles zu sagen. These war aber: innerhalb eines Machtbereiches kann alles als Abgabengut erklärt werden. Und das war bei den Spartanern über einen grossen Zeitraum das Eisen. Sie haben ein wertloses Zeugs (in heissen Zustand in Essig getaucht) als Zahlungsmittel akzeptieren müssen.
Der andere Komplex ist, wie sich die Form des Abgabengutes zwischen Machtbereichen auswirkt. Wenn die anderen Kakaobohnen gewollt hätten, hätten die Spartaner auch schlechte Karten gehabt.
Ein verwandtes Problem ist die Gold-Silber-Parität, die sich ja auch nicht"natürlich" ergeben hat, sondern immer per Dekret eingeführt wurde. Also Wert durch Macht. Ähnlich doch auch dottores Silber-Parität: das Silber bekommt seinen Wert durch die Preisliste bzw. das Gerstenmaß und nicht umgekehrt.
Wenn man einen Preis festsetzt, besteht kein freies Verhältnis, sondern ein minderwertiges Ding bekommt den Wert eines höherwertigen Dings zugewiesen. Da die Gerste in diesem Fall sicher nicht minderwertiger wurde (Wert als Nahrungsmittel bleibt gleich), muss es das Silber gewesen sein, was aufgewertet wurde.
>>>Nee, wirklich nicht.
>>Beweise, Watson, Beweise! (oder Argumente:-)
>Ich darf auf die Diskussionen mit Dottore (seit 2-3 Jahren nunmehr) verweisen.
Ok, da muß ich ne Menge lesen:-)
>>>Waren die Abgaben in Zigaretten zu leisten?
>>>Na?
>>Ich glaube, dass in der Zeit gar keiner Steuern zahlte:-)
>Und dennoch wurde mit Zigaretten bezahlt.
Untereinander ja, ich weiß nicht, ob man den Staat (so weit er existierte) damit bezahlen konnte.
>Nur wenn etwas durch den Gebrauch zum Zahlen an Wert gewinnt (durch die Nachfrage als Zahlungsmittel), sollte man es als Geld bezeichnen (sonst ist es nur Gut).
Nette Definition und passt auch zu der Machttheorie, oder?
>>Es wäre auch interessant zu wissen, wo sich solche Notwährungen noch gebildet haben und welches ihr Medium war. Immer Zigaretten? Anderes? Seife?
>Alles mögliche kann Geld werden.
>>Und die These ist: LT muss keinen eigenen Wert haben, um LT zu werden.
>Gar keine Frage
Ok. Aber ich dachte, Du wärst anderer Meinung?
>>Es muss nur von der Macht/Staat dazu erklärt werden.
>Eben. Man muß damit alles zahlen - Brote, Mieten, Löhne usw., nicht nur die Abgaben.
>Wenn die Abgabentheorie stimmte, bräuchte der Gesetzgeber bloß vorzuschreiben, daß die Steuern in Euro bezahlt werden müssen und könnte sich die übrigen Gesetze ersparen.
Ich glaube nicht, dass die Abgabentheorie behauptet, dass sich alles automatisch aus der Abgabe ergibt und die Existenz weiterer Gesetze die Theorie falsifiziert ;-)
Soweit ich die Idee verstanden habe, behauptet sie in erster Linie, dass Geld nicht privat entstanden ist, sondern aus der Abgabe entstammt und sich viele Phänomene aus dieser Tatsache ableiten bzw. auf diesem Mechanismus gründen. Da normalerweise alle Personen in einem Land Steuern zahlen müssen, wäre ein weiteres Zahlungsmittel nur dann anzuraten, wenn es weitere Vorteile bietet (DM in DDR, US-Dollar in Afrika etc.). Aber auch diese Zweitwährung ist irgendwo Abgabenmittel. Dadurch ist immer für Nachfrage gesorgt, das Mittel ist immer knapp, es ist immer etwas wert:-)
Wertlos wird ein Abgabenmittel, wenn es der Machthalter nicht mehr haben will.
Beste Grüsse,
Holmes
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Holmes
18.07.2005, 18:02
@ Dimi
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Re: Ein Herrscher, der wertloses als Abgabegut verlangt... |
-->>Hallo Uwe,
>>dieser Punkt scheint mir eher nicht so rätselhaft, wenn ich bedenke, dass Herrscher natürlich gegenüber anderen Herrschern bzw. potenzliellen Anwärtern auf die Macht auftreten.
>Ja aber genau deshalb nimmt er eben nichts Wertloses als Abgabengut. Eben gerade weil das Silber, unabhängig von jeder Abgabe, wertvoll war, konnte er sich Frieden erkaufen, im Ausland Luxuswaren besorgen usw.
>Gruß, Dimi
Hallo Dimi,
soweit mir bekannt, hat man aber im Ausland nur den Materialwert bekommen. Der Herrscher hätte also auch seine Goldpokale einschmelzen lassen können, die er vorher woanders geraubt hat. Dazu ist es nicht notwendig, dass sein eigenes Volk mit dem Gold rumspielt:-)
Ausserdem läßt sich so viel einfacher inflationieren, ein Trick, der erst im Laufe der Geschichte entdeckt und zur Perfektion getrieben wurde.
Ein Herrscher, der weder wertvolle Waren oder sonstwie tauschbare Güter hatte, mußte eben den Weg über den Krieg gehen, der wohl eh' der übliche, weil ökonomischere war.
Kommt einem ziemlich aktuell vor, oder nicht?
Beste Grüsse,
Holmes
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bernor
18.07.2005, 20:52
@ Dimi
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Von der Pflicht, mal echte Argumente zu bringen |
-->Hi Dimi,
>3) Über Beziehungen zu auswärtigen Herrschern (wegen Bezugs von Waffenmetall, Tributen o.ä.) lernt der Machthaber das ursprünglich als Schmuckmetall fungierende Silber (aus Kleinasien) kennen.
>4) Das Silber bringt den Machthaber auf die Idee, nun zunehmend dieses statt des Getreides zu thesaurieren, da weniger aufwendig & platzsparend (die mögliche Umstellung der Söldner-Bezahlung auf Silber lasse ich hier, mangels Belege für diese frühe Zeit, mal weg)
Das hat er natürlich gemacht, aber doch nur, weil Silber - ganz ursprünglich als Schmuck-(und Protz)metall - etwas wert war.
Irgendwie daneben - das Thema, um das es hier eigentlich geht, ist nicht, ob um warum Silber für den Herrscher, wie auch immer,"wertvoll" war, sondern:
Warum & ab wann wurde Silber für alle"wertvoll"?
Und das erklärt eben nur die Abgaben-Theorie -"Silber als Schmuck" ist nur ein Nebenschauplatz, erklärt nur, wie die Herrscher überhaupt auf Silber kamen.
Ps.: Dein etymologischer Hinweis, argentum sei negativer besetzt, da Farbbezeichnung und nicht Orts(?)bezeichnung, klingt etwas an den Haaren herbeigezogen.
Klingt aber zumindest plausibel, wie ich finde - ergänzen darf ich noch den Hinweis, daß es im Keltischen ebenfalls ein Wort argent- für"Silber" gegeben haben muß (siehe den ursprünglich gallischen Ortsnamen Argentorate für das heutige Straßburg und das spätere altirische Silber-Wort argat).
Da die Kelten ebenfalls in feudalen Gefilden bzw. in Städten lebten, kann man somit durch das antike Europa & Vorderasien eindeutig folgende Trennlinie ziehen:
1) auf der einen Seite die Völker (Kelten, Römer, Griechen, Assyrer u.a.), die in Machtgebilden leben & ihre Wörter für Silber vom jeweiligen Adjektiv"hell / glänzend" o.ä. ableiten (und nicht etwa vom Nachbarn übernahmen)
2) und jenen (Germanen, Balten, Slawen), die ihr Silber nach dem mutmaßlichen Ursprungsland in Kleinasien (lt. Homer"alyba" und"salybe") benannten.
Homer lebte übrigens in frühgeschichtlicher Zeit, wo man die Kenntnis über die Herkunft des ursprünglichen Silbers (Kleinasien) noch am ehesten erwarten kann, ist also in diesem Punkt als"Gewährsmann" anzusehen - Dein obiges Frage ist hier also fehl am Platz, zumal Du hier kein Gegenargument bzw. -beleg bringst.
Was aber als Dein Argumentationsstil offensichtlich nichts neues ist, siehe auch hier:
http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/325508.htm
Damit betrachte ich meine"two cents" in diesem Thread als ausgegeben und darf Dich bitten, Dich mit voller Kraft auf die Antwort an Dottore, Posting-Nr. 325508, zu stürzen [img][/img].
Gruß bernor
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bernor
18.07.2005, 20:56
@ bernor
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Kleine Korrektur |
-->"Dein obiges Frage..." ="Dein obiges Fragezeichen..."
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Diogenes
18.07.2005, 21:25
@ bernor
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Re: Von der Pflicht, mal echte Argumente zu bringen |
-->Hi bernor,
>Warum & ab wann wurde Silber für alle"wertvoll"?
Würde vermuten, als die erste Frau sich damit zu schmücken begann. [img][/img]
Ich frage mal anderst rum:
Wieso notiert Gold nicht bei ein paar Euro die Unze oder weniger?
Es ist kein GZ, man kann damit keine Steuern zahlen, es hat kaum industrielle Anwendungen und ist in großer Menge vorhanden, jährlich kommen locker 3000 Tonnen hinzu.
Nach der Machttheorie eigentlich hoffnungslos überbewertet, oder?
Gruß
Diogenes
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Dimi
18.07.2005, 21:59
@ bernor
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Re: Wer eine These aufstellt, sollte sie belegen |
-->Hallo Bernor,
meine Argumentation geht schließlich schwerpunktmäßig dahin, daß
a.) der Herrscher sich nicht für ein wertloses Gut entscheiden wird (da er die Zukunft des Abgabengutes als wertvolles Geld nicht kennt) und kann (da er im Ausland kaufen möchte und von anderen Herrschern gestürzt werden kann).
b.) die Abgabe alleine keinen (nennenswerten) Wertgewinn generiert (da sie nur für eine Schaltsekunde nötig ist)
c.) der Mechanismus fehlt, der den Zins, der für die Abgabe bezahlt wird, in die restliche Wirtschaft transferiert.
Diese Einwände müssen erst mal entkräftet werden.
Wir wollen mal nichts umkehren.
>Irgendwie daneben - das Thema, um das es hier eigentlich geht, ist nicht, ob um warum Silber für den Herrscher, wie auch immer,"wertvoll" war, sondern:
>Warum & ab wann wurde Silber für alle"wertvoll"?
>Und das erklärt eben nur die Abgaben-Theorie
Nein. Das ist, auch hier im Forum, bereits erklärt worden (Stichwort Warengeld, Zwischentauschgut etc.).
>-"Silber als Schmuck" ist nur ein Nebenschauplatz, erklärt nur, wie die Herrscher überhaupt auf Silber kamen.
Herrscher -> Leute
>Homer lebte übrigens in frühgeschichtlicher Zeit, wo man die Kenntnis über die Herkunft des ursprünglichen Silbers (Kleinasien) noch am ehesten erwarten kann,
Homer lebte"in the baltic", wie zumindest dieser pfiffige Herr meint http://www.bocksaga.de/homersummary_germanprint.htm
>ist also in diesem Punkt als"Gewährsmann" anzusehen - Dein obiges Frage ist hier also fehl am Platz, zumal Du hier kein Gegenargument bzw. -beleg bringst.
>Was aber als Dein Argumentationsstil offensichtlich nichts neues ist, siehe auch hier:
Du sagst "während die nähergelegenen Assyrer, Griechen und Römer, allesamt in Machtgebilden lebend, hierfür nur „umschreibende“ Begriffe wie sarpu, argyros, argentum = „das Helle / Weiße / Glänzende“ gebrauchten" - Inwiefern ausgerechnet"weiß" für Silber ein umschreibender Begriff sein soll (als wäre Silber rot) bleibt ein Sonderrätsel.
Und dann baust Du darauf auf "[...] während für die (meisten) Assyrer, Griechen und Römer das Silber, weil Abgabengut & sich ständig „verflüchtigend“, etwas Zwiespältiges, „Dämonisches“ an sich hatte:" Nun schiebst Du dem"umschreibenden weiß" sogar etwas Dämonisches unter, als handelte es sich um ein Totenkopfsymbol und nicht um eine Farbbezeichnung.
Die Argumente schuldest doch Du (oder besser: spar' sie Dir, die These ist sowieso haltlos).
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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bernor
18.07.2005, 22:03
@ Diogenes
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Re: Von der Pflicht, mal echte Argumente zu bringen |
-->Hi Diogenes,
>>Warum & ab wann wurde Silber für alle"wertvoll"?
Würde vermuten, als die erste Frau sich damit zu schmücken begann. &[img][/img]
Gruß bernor
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bernor
18.07.2005, 23:11
@ Dimi
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Re: Wer eine These aufstellt, sollte sie belegen |
-->Hi Dimi,
>meine Argumentation geht schließlich schwerpunktmäßig dahin, daß
>a.) der Herrscher sich nicht für ein wertloses Gut entscheiden wird (da er die Zukunft des Abgabengutes als wertvolles Geld nicht kennt) und kann (da er im Ausland kaufen möchte und von anderen Herrschern gestürzt werden kann).
>b.) die Abgabe alleine keinen (nennenswerten) Wertgewinn generiert (da sie nur für eine Schaltsekunde nötig ist)
>c.) der Mechanismus fehlt, der den Zins, der für die Abgabe bezahlt wird, in die restliche Wirtschaft transferiert.
>Diese Einwände müssen erst mal entkräftet werden.
>Wir wollen mal nichts umkehren.
>>Irgendwie daneben - das Thema, um das es hier eigentlich geht, ist nicht, ob um warum Silber für den Herrscher, wie auch immer,"wertvoll" war, sondern:
>>Warum & ab wann wurde Silber für alle"wertvoll"?
>>Und das erklärt eben nur die Abgaben-Theorie
>Nein. Das ist, auch hier im Forum, bereits erklärt worden (Stichwort Warengeld, Zwischentauschgut etc.).
Schlag' Dich da mit Dottore rum - der wartet.
>>-"Silber als Schmuck" ist nur ein Nebenschauplatz, erklärt nur, wie die Herrscher überhaupt auf Silber kamen.
>Herrscher -> Leute
Ach, haben die Herrscher ihr Silber an die lieben Untertanen verschenkt?
>>Homer lebte übrigens in frühgeschichtlicher Zeit, wo man die Kenntnis über die Herkunft des ursprünglichen Silbers (Kleinasien) noch am ehesten erwarten kann,
>Homer lebte"in the baltic", wie zumindest dieser pfiffige Herr meint http://www.bocksaga.de/homersummary_germanprint.htm
Ist schon bekannt - abgesehen davon, daß die Erzählung ("Homer") auch erst nach der"nordischen Wanderung" (wenn's denn so war) in Griechenland abgefaßt bzw. in Schriftform gebracht worden sein könnte: wo liegt denn das vom Homer erwähnte Silberland"in / around the baltics"?
>>ist also in diesem Punkt als"Gewährsmann" anzusehen - Dein obiges Frage ist hier also fehl am Platz, zumal Du hier kein Gegenargument bzw. -beleg bringst.
>>Was aber als Dein Argumentationsstil offensichtlich nichts neues ist, siehe auch hier:
>Du sagst "während die nähergelegenen Assyrer, Griechen und Römer, allesamt in Machtgebilden lebend, hierfür nur „umschreibende“ Begriffe wie sarpu, argyros, argentum = „das Helle / Weiße / Glänzende“ gebrauchten" - Inwiefern ausgerechnet"weiß" für Silber ein umschreibender Begriff sein soll (als wäre Silber rot) bleibt ein Sonderrätsel.
>Und dann baust Du darauf auf "[...] während für die (meisten) Assyrer, Griechen und Römer das Silber, weil Abgabengut & sich ständig „verflüchtigend“, etwas Zwiespältiges, „Dämonisches“ an sich hatte:" Nun schiebst Du dem"umschreibenden weiß" sogar etwas Dämonisches unter, als handelte es sich um ein Totenkopfsymbol und nicht um eine Farbbezeichnung.
Da Du Dich an dem Wort"weiß" so hochziehst, darf ich nochmal die Etymologie heranziehen (wofür Du offenbar zu unlustig bist - läßt gerne andere die Arbeit machen, was?): die den Wörtern argentum u.a. zugrunde liegende indogermanische Wortwurzel arg- bedeutet"hell, weißlich", das griechische argyros heißt sogar"weiß-metallisch".
Und das assyrische sarpu geht, wenn ich mich recht erinnere, auch in diese Richtung.
Und zur"dämonischen" Macht verweise ich nur als Beispiel auf neuzeitliche Synonyme für den Staat: Leviathan = das kalte Ungeheuer, Abgaben-Moloch etc. - warum soll das dann in der Antike anders gewesen sein?
>Die Argumente schuldest doch Du (oder besser: spar' sie Dir, die These ist sowieso haltlos).
Was ich mir spar', ist die Antwort auf diesen letzten Satz der Ignoranz.
Gruß bernor
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R.Deutsch
19.07.2005, 08:39
@ Diogenes
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Re: Zwei starke Argumente von Dimi - wie ich finde |
-->die erst mal entkräftet werden müssten:-)
1.) Wieso notiert Gold nicht bei ein paar Euro die Unze oder weniger?
Es ist kein GZ, man kann damit keine Steuern zahlen, es hat kaum industrielle Anwendungen und ist in großer Menge vorhanden, jährlich kommen locker 3000 Tonnen hinzu.
Nach der Machttheorie eigentlich hoffnungslos überbewertet, oder?
2.) Warum haben die Herrscher versucht, mit Hilfe der Alchemisten Gold zu erzeugen?
Gruß
RD
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R.Deutsch
19.07.2005, 08:41
@ R.Deutsch
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Re: Tschuldigung - das erste war ja von Diogenes (o.Text) |
-->
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Holmes
19.07.2005, 09:27
@ bernor
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Re: Was qualifiziert ein Abgabengut? |
-->Hallo Dimi und bernor,
ich befürchte, dass die Diskussion sich in zu kleine Aspekte verrennt (Silbernamen etc.) Meines Erachtens war die Kontroverse, warum sich Silber/Gold als Abgabengut entwickelt haben und ob das mit ihrem"Wert" etwas zu tun hat.
Die Abgabentheorie nach @dottore erfordert keinen inhärenten Wert des Abgabengutes. Alles kann zum Abgabengut erklärt werden.
@Dimi's Theorie scheint IMHO der Auffassung zu sein, dass nur diejenigen Güter genommen werden, die schon bevor sie zum Abgabengut erklärt werden, einen"Wert" besitzen.
Dass eine"Geld"-Einheit zumindest heutzutage keinen Wert an sich mehr darstellen muss, ist IMHO unbestreitbar (Sachwert eines 500€-Scheins ist 16 cent). Über die abstrakte Werthaltigkeit (Deckung) dieser Noten herrscht ja auch eine große Verunsicherung unter den Experten, während das Publikum davon ausgeht, dass ein echter Schein auch 500€"wert" ist ("Man kann ja überall dafür Waren im Wert vin 500€ kaufen").
Um die Frage des Wertes zu klären, würde mich folgendes interessieren:
- welche Arten von Abgabengütern gab es und wie"werthaltig" waren sie?
- welche Eigenschaften braucht ein Gut, damit es als Abgabengut eingesetzt werden kann?
Vielleicht kommen wir auf diese Weise zu einer Lösung?
Beste Grüsse,
Holmes
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dottore
19.07.2005, 14:36
@ Holmes
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Re: Sparta, andere Geld-Märchen und die Realität der Griechen-Söldner |
-->Hi Holmes,
>>Eben. Silber war auch international Geld, die Spartaner sahen alt aus.
>Naja, die haben ihr Reich ziemlich lange gehalten. Aber ich weiss über die Zeit nicht genug, um da jetzt etwas gehaltvolles zu sagen. These war aber: innerhalb eines Machtbereiches kann alles als Abgabengut erklärt werden. Und das war bei den Spartanern über einen grossen Zeitraum das Eisen. Sie haben ein wertloses Zeugs (in heissen Zustand in Essig getaucht) als Zahlungsmittel akzeptieren müssen.
Zum"Geld" der Spartaner und anderer Söldnervölker:
1. Die Spartaner hatten als Abgaben-Unterhunde a) die Messener (Nachbartal) und b) ihre Metöken (frühere Bewohner des Eurotastals).
2. Abgaben zunächst - wie immer - in Naturalien.
3. Sie hatten ihre Kriegstüchtigkeit immer weiter verfeinert (ihre Strategien leider nicht, daher die Niederlage gegen Epaminondas und dessen"schiefe Schlachtordnung", 371 BC Leuktra) und standen in steter Alarmbereitschaft.
4. Sie waren die begehrtesten Söldner weit und breit. Ihre Soldaten, sofern sie nicht in toto unter ihren Königen loszogen, verhökerten sich auf dem größten Markt der Antike, am Kap Tainaron, unten mittlerer Finger der Peloponnes.
5. Selbtredend wurden sie bezahlt und zwar in den Geprägen, die jene Mächte ausgaben, um sich selbst zu halten (Kriege waren normales Alltagsgeschäft, sozusagen die Lebensart der Griechen, bestens abgeschaut bei jenen, die weiter östlich hausten), wie hier ein Begängnis zwischen Assyrern und Elamitern:
In Tarent darf er sich - man ist verbündet, aber immer noch zu schwach - aus deren güldenen Beständen bedienen. Und dann prägt er los, eines seiner Goldstücke (PYRROY BASILEVS) hier:
[img][/img]
Damit zieht er weiter. Wohin? Erstmal nach Rom"zum Gucken". Dann ins westliche Sizilien. Aha. Das will er aber nicht erobern, sondern er rekrutiert dort nach kurzem Hin und Her und einer Zwischenphase als Champion einer"Liga" sikilo-punische Söldner (deren Einkauf, wie schon geschrieben, auch die einzige Goldmünzenprägung der Ägypter vor der Ptolemäer-Zeit veranlasste). Und schlägt die Römer aufs Haupt, was ihm aber nicht bekommt ("Pyrrhus-Sieg").
7. Die Römer wiederum, nicht blöd, den Machtkreislauf erlernt man schnell, machen was? Sie fangen endlich (!) auch - so Plinius als schöne Quelle - mit der Münzprägerei in edlem Metall an, und können sich damit ihrerseits die Söldner kaufen (weshalb sie auch ziemlich exakt im griechischen Münzfuß prägten), die sie brauchen und als Pyrrhus dann verschwunden war, ihrerseits überall dort als Tributzahlung wieder abholen können, wohin sie die Stiefel ihrer tüchtigen Legionäre tragen.
* Edelmetall und"Erleichterung" des Handels ("Tauschmittel" dann)? Was haben denn die Römer ab urbe condita (753 BC) jahrhundertelang getrieben? Anschreiben lassen?
* Eigentum und"Geld"? nachdem Romulus im 8. Jh. die Roma quadrata als"Privat"-Eigentümergesellschaft institutionalisiert hatte, dauerte es fast ein halbes Jahrtausend, bis es in Rom zur"Geldentstehung" (Edelmetall) gekommen war. Klasse, fast 500 Jahre ohne Missernten (die H/S-These, Stichwort"Notlage", zur Eigentumsbelastung und ergo Geldentstehung, stimmt so ganz sicher nicht - oder ist das Geheimnis der Missernten-Vermeidung in den pyrrhischen Wirren verschwunden?).
Alles Märchen, nichts als Märchen.
6. Und überhaupt's die Griechen, die den"Dreh" mit der Produktivität der Macht schon früher als die Römer gefunden hatten. Prof. Eva Kreisky (Wien):
"Krieg galt in der griechischen Antike als die Kunst, sich durch Gewalt zusätzliche Existenzmittel zu verschaffen, während der Friede die Kunst war, das Errungene zu genießen."
Also nachgerade und im wahren Sinn des Wortes"klassisch"!
Dazu Hinweis auf Yvon Garlan, Der Mensch und der Krieg, in: Der Mensch der griechischen Antike (1993), daraus:
"Da die wirtschaftliche Erschließung und Entwicklung des Landes im wesentlichen auf der Anwendung außerökonomischen Zwangs beruhten, mußte der Krieg als rationales Phänomen erscheinen...
Mein Reden, auch wenn es die"Friedens- und Tauschwirtschafts-Freunde" ungern hören. Was gibt es rationaleres als Macht (für dessen Halter) oder Krieg (für den Gewinner)?
Und Garlan: "Der Krieg blieb der große Geburtshelfer der politischen Gemeinwesen und es lag in ihrer Struktur, daß diese fortwährend sowohl im Innern vom Militär in Spannung gehalten als auch von außen durch Krieg bedroht wurden."
Und ihrerseits mit Krieg bedrohten - dazu nochmals sehr empfehlenswert der schöne "Melier-Dialog" bei Thukydides. Rationaler als die Athener kann man nicht argumentieren. Die Waffenmacht ist DIE ökonomische Trumpfkarte, die nicht zu stechen ist - außer durch noch mehr Waffenmacht.
6. Was war 216 BC? Bekanntlich die Katastrophe von Cannae. Da die Blüte der römischen Jugend tot auf dem Schlachtfeld lag, mussten die eigenen Reihen dringend mit Soldtruppen aufgefüllt werden. Das Edelmetall dazu schickt bekanntlich Hieron von Syrakus - und siehe da, die Römer prägen nach ihrer schwärzesten Stunde Goldmünzen (ausführlich u.a. R.-Alföldi). Das war also, als hätte Hitler nach Stalingrad seine Truppen mit Schweizer Söldnern aufgefüllt, die für ihre Dienste selbstverständlich Gold gefordert hätten.
6. Auf die Münzfunde in Norddeutschland, Ost- und Nordeuropa (die bekannten islamischen Gepräge in Horten auf den Lofoten! wurden schon oft genug erwähnt) muss nicht erneut hingewiesen werden. Die"Interpretation", dass die Nordvölker (Gotlands"Goten") bis nach Baktrien Güter (und nicht etwa Söldner)"exportiert" hätten, ist nachgerade lächerlich. Und dass man Bernstein, von schmuckliebenden Herrschaften begehrt, vom Bottnischen Meerbusen her transportierte, wo doch die Strände bei Catania (Simetit) und am Schwarzen Meer (Rumanit) voll dieses"Luxusgutes" waren - ich darf doch bitten.
Sorry, aber dieser kleine Exkurs musste sein.
Gruß!
PS: Ich versuche, auf- und abzuarbeiten und bitte um Geduld.
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Elli (Boardmaster)--
19.07.2005, 15:11
@ dottore
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Re: Sparta, andere Geld-Märchen... / Sammlung... |
-->Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
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freeman
19.07.2005, 16:49
@ Holmes
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Re: Von der Abgabenpflicht zur Eintagsfliege |
-->
>>Eben. Silber war auch international Geld, die Spartaner sahen alt aus.
>Naja, die haben ihr Reich ziemlich lange gehalten. Aber ich weiss über die Zeit nicht genug, um da jetzt etwas gehaltvolles zu sagen. These war aber: innerhalb eines Machtbereiches kann alles als Abgabengut erklärt werden. Und das war bei den Spartanern über einen grossen Zeitraum das Eisen. Sie haben ein wertloses Zeugs (in heissen Zustand in Essig getaucht) als Zahlungsmittel akzeptieren müssen.
Uupss? Da ist aber Moses Finley anderer Ansicht. Der meint die Spartaner hatten gar kein Geld. Bei 100 Sklaven pro Spartaner durchaus denkbar. Und keine Söldner - bei 5 Heloten pro Hoplit extra denkbar. Gibt es zum Eisengeld irgednwie neuere Erkenntnisse?
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freeman
19.07.2005, 16:57
@ Elli (Boardmaster)--
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Re: Sparta, andere Geld-Märchen... / Sammlung... |
-->>Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
Was ist denn eine d.-Sammlung?
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Holmes
19.07.2005, 17:25
@ freeman
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Re: Sparta, andere Geld-Märchen... / Sammlung... |
-->>>Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
>Was ist denn eine d.-Sammlung?
Hi freeman,
wenn Du auf der Startseite des Forums links oben auf den Link"Menü" drückst, bekommtst Du eine zusätzliche Menüleiste in der HTML-Seite. In diesem Menü gibt es rechts oben den Eintrag"Sammlung 1" und darunter den Punkt"dottore zu Geld, Staat, Macht,". Da findest Du die Best-of-dottore:-)
Beste Grüsse,
Holmes
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- Elli -
19.07.2005, 20:25
@ freeman
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@freeman wg. Forummenü |
-->>>Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
>Was ist denn eine d.-Sammlung?
Was könnte ich tun, damit das Forummenü besser gefunden wird?
Ich dachte, fett und rot wäre ausreichend....
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bernor
20.07.2005, 01:44
@ dottore
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Spartas erfolgreiches"Geschäftsmodell" - wodurch und wie lange? |
-->Hi Dottore,
bei dem „leider“ - die Spartaner sind wegen ihres im Prinzip unschlagbaren cashorientierten „Geschäftsmodells“ Deine Lieblinge, stimmt’s? [img][/img] - stellt sich allerdings die Frage, ob die Sparta hier auch anders „gekonnt“ hätten.
Mit der Einführung von Strategie und Taktik in die Kriegsführung, definierbar als verbesserte Ausnutzung vorhandener Ressourcen (Menschen & Material) und damit quasi als ökonomisches Element, erreicht man zweierlei:
1) entweder mit gegebenen Truppen ein"Mehr" (z.B. einen zahlenmäßig überlegenen Gegner besiegen)
2) oder ein gegebenes Ziel mit weniger Verlusten (Schonung der Ressourcen).
Beides kam für Sparta nur bedingt in Frage.
Das spartanische „Geschäftsmodell“ basierte offenbar darauf, auf eine ständige, über den Peloponnes hinausgehende Expansion zu verzichten und stattdessen das erforderliche Surplus, wie von Dir beschrieben, über den „Export“ von Söldner-„Dienstleistungen“ zu generieren - „unschlagbar“ deswegen, weil man (nur) so eine reelle Chance hatte, als („Groß“-)Macht bestehen zu können, ohne an imperialer Überdehnung zugrunde zu gehen.
Und dafür mußten die Spartiaten, die Krieger „fit“ gehalten bzw. erst einmal ausgebildet werden -Theorie & Leibesübungen im Gymnaseion und den eigentlichen „praktischen“ Teil „im Gelände“:
M. E. wurde gerade auch zu diesem Zweck - nicht allein wegen des Tributs, den man ohnehin bekommen hätte - den Heloten in Messenien, Arkadien usw. jährlich der Krieg erklärt - der ganze Peloponnes (soweit spartanisch) außerhalb der Stadt Sparta und des Gebietes der Periöken (= Umwohner) war nicht nur Tributgebiet, sondern eben auch ein quasi eingehegter (fast nur Wasser drumherum) und damit idealer „Trainingsplatz“, um die Spartiaten zu „schulen“ und auf Trab zu halten (z.B. wurde, offenbar zwecks Ausschaltung der Tötungshemmung gegenüber den Heloten, jeder Anfänger angewiesen, einen x-beliebigen Heloten - nicht im „ehrlichen“ Kampf Mann-gegen-Mann, sondern hinterrücks - umzubringen, sozusagen als „Gesellenstück“).
Und dieses „Fithalten“, die ständige Kampfbereitschaft - nicht zu verwechseln mit „Kriegsbereitschaft“, dann wäre Sparta ja weiter expandiert - erforderte eben auch die entsprechende „Motivation“: von der sprichwörtlichen „spartanischen“ Lebensweise (einfachste Kost & Logis, Heirat erst mit 30) über die fehlenden Mauern Spartas („Unsere Spartiaten sind unsere Mauern“!) bis hin zum Verzicht auf taktische Innovationen.
Von den Spartiaten wurde nämlich stets „voller Einsatz“ erwartet:
1) einerseits bei „kalkulierbarem Risiko“: man ersparte ihnen durch den grundsätzlichen Verzicht auf weitere Expansion den Kampf gegen überlegene Gegner - damit erledigten sich eventuelle taktische Verbesserungen nach Nr. 1 (siehe oben)
2) andererseits ohne „Erleichterung“ durch Taktik-Innovationen nach Nr. 2 - diese hätte, so die vermutliche Ansicht in Sparta, letztendlich nur (für’s Söldnergeschäft unbrauchbare) „Feiglinge“ & „Weicheier“ hervorgebracht.
Dazu ihr „Mentor“ Tyrtaios (sicher ein „Pour-le-merite-Träger“) um 660 v.Chr.:
„Wenn wir fallen sollen,
laßt euch, meine Jünglinge,
nicht in den Reihen nach den Alten
liegend finden -
bewahrt uns vor dieser Schande.
Die erste Reihe soll die strahlensten Glieder sehen.
Beißt die Lippen zusammen,
stemmt den Fuß in die Erde,
und keine Gnade!“
So manches „Rätselhafte“ an den Spartanern wird nun verständlicher:
1) daß Sparta, wie schon gesagt, trotz ständigen „Exzerzierens“ nicht über den Peloponnes hinaus expandierte (der gleichnamige Krieg gehört nicht dazu, der war nur ein „Unglück“ - siehe weiter unten)
2) daß Sparta in den Perserkriegen immer irgendwie
- zu spät (Schlacht bei Marathon - Athen hatte die Perser bereits besiegt)
- bzw. fast zu spät (Sparta verlegte seine Truppen zunächst an den Isthmos von Korinth, bevor es dann doch dem Salamis-Plan von Themistokles zustimmte)
eingriff - als hätten die Spartaner „Angst“ gehabt, zahlenmäßig überlegene Gegner anzugreifen (auch gegen den nach der Schlacht von Salamis noch in Griechenland verbliebene persischen General Mardonias wurde erst im folgenden Jahr vorgegangen - als dieser mangels Nachschub und weiterer Möglichkeiten, für sein großes Heer noch irgendwo irgendwas zu „requirieren“, geschwächt war und ohnehin bald hätte abrücken müssen).
3) daß Sparta in puncto Belagerung völlig unerfahren war
- nicht nur, daß das ummauerte Athen & Piräus im Peloponnesischen Krieg nie erstürmt werden konnte,
- auch schon früher hatte man ein solches Problem, mußte für die Belagerung von Aufständischen in einer Festung am Ithome-Berg (462 v.Chr,) das damals noch „verbündetete“ Athen freundlichst um Unterstützung ersuchen,
da war es nur ein schwacher Trost, daß die Athener es wider Erwarten auch nicht schafften: „Belagerung“ stand eben nicht auf dem Ausbildungsplan der Spartiaten, weder im Gymnaseion noch"im Gelände".
So insgesamt betrachtet, hätte Sparta einen idealen kosmos für sich bilden können - wenn da nicht immer wieder „etwas“ dazwischen gekommen wäre: neben den bekannten „bösen Nachbarn“
- Athen (anfangs weniger „böse“, eher lästig, später mit seinem Seebund umso aggressiver)
- und dem Perserreich (schon ein größeres Kaliber, mit seinem Verlangen nach Griechenlands „Erde und Wasser“ absolut geschäftsschädigend)
auch noch zwei große Aufstände der Heloten, die für Sparta tödlich hätten ausgehen können, einer so ziemlich am Anfang (um 660 v.Chr.) und einer nach dem für Sparta katastrophalen Erdbeben von 464 v.Chr. (in beiden Fällen stand für beide Seiten alles auf dem Spiel - auf der jeweils am Ende siegreichen Seite, der Spartas, kämpften selbst die Alten und die Periöken mit).
Auch der erste große Akt im antiken griechischen Drama, die Perserkriege, war für Sparta etwas Ungewohntes, eine Störung seines kosmos - und damit des Geschäfts: Krieger, die Sparta in eigener Angelegenheit brauchte, konnte es solange eben nicht als Söldner „ausleihen“.
Und mit dem zweiten, dem 27jährigen Peloponnesischen Krieg, wurde schließlich Spartas Untergang eingeleitet - von der Auszehrung in jener Zeit, bedingt durch die ungewohnte Art und Länge des Krieges, hat es sich nie wieder richtig erholt: seine wichtigste Geschäfts-„Ressource“, die Spartiaten, war stark geschrumpft (diesen Krieg gewannen die Spartaner auch nur, weil sie, die Landratten, schließlich doch noch die Entscheidung zu See suchten und den Sieg mit ihrem „letzten Peso“, dem Strategen Lysander, für sich erringen konnten).
An diesem, nach dem baldigen Tod Lysanders eher traurigen als imposanten Rest durfte sich gut 30 Jahre später (sozusagen im Zwischenakt) mit Epameinondas noch einmal jemand, diesmal durchaus erfolgreich, versuchen.
Und nach dem Auftritt der Makedonen (Phillipp II., Alexander - der Schlußakt) war dann auch das Tribut- und Trainingsgelände mit den Heloten futsch und Sparta war nur noch ein „normaler“ Staat unter vielen anderen - wie ist da wohl das Söldner-Geschäft gelaufen?
Gruß bernor
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freeman
20.07.2005, 16:03
@ - Elli -
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Re: @freeman wg. Forummenü |
-->>>>Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
>>Was ist denn eine d.-Sammlung?
>Was könnte ich tun, damit das Forummenü besser gefunden wird?
>Ich dachte, fett und rot wäre ausreichend....
entspannen - ich habs gefunden. Das Problem ist eher, dass das nicht alle Foren haben.
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freeman
20.07.2005, 16:04
@ Holmes
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Re: Sparta, andere Geld-Märchen... / Sammlung... |
-->>>>Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
>>Was ist denn eine d.-Sammlung?
>Hi freeman,
>wenn Du auf der Startseite des Forums links oben auf den Link"Menü" drückst, bekommtst Du eine zusätzliche Menüleiste in der HTML-Seite. In diesem Menü gibt es rechts oben den Eintrag"Sammlung 1" und darunter den Punkt"dottore zu Geld, Staat, Macht,". Da findest Du die Best-of-dottore:-)
>Beste Grüsse,
>Holmes
Aaaah!
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Holmes
20.07.2005, 16:09
@ freeman
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Re: Sparta, andere Geld-Märchen... / Sammlung... |
-->>>>>Der Ursprungsbeitrag (v. 30.06.) dieses Mega-Threads ist jetzt in der d.-Sammlung.
>>>Was ist denn eine d.-Sammlung?
>>Hi freeman,
>>wenn Du auf der Startseite des Forums links oben auf den Link"Menü" drückst, bekommtst Du eine zusätzliche Menüleiste in der HTML-Seite. In diesem Menü gibt es rechts oben den Eintrag"Sammlung 1" und darunter den Punkt"dottore zu Geld, Staat, Macht,". Da findest Du die Best-of-dottore:-)
>>Beste Grüsse,
>>Holmes
>Aaaah!
[img][/img]
Wieder eine gute Tat getan:-)
Beste Grüsse,
Holmes
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freeman
23.07.2005, 14:57
@ dottore
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Re: schlag nach bei Keynes! Korrektur durch free |
-->>>Nun bietet Keynes eine interessante Gleichung, die er "fundamental equation" nennt:
>Q = I - S, wobei Q die (Unternehmer-)Gewinne sind, I der Wert (!) der investierten Güter (und nicht etwa, wie später bei ihm die"Investitionen") und S die laufenden Ersparnisse (Savings).
Q ist bei J´Keynes das reale Sozialprodukt
Pc = P* + (P*I - S) / C (3)
Gleichung (3) ist die erste Grundgleichung (fundamental equation) des Treatise on Money. Diese besagt, dass das Preisniveau (Pc) der Konsumgüter Pc von zwei
Umständen abhängt: erstens von den normalen Faktorkosten P* (Geldlöhne,
Produktionskoeffizienten, normale Profite) und, zweitens, von der Differenz
zwischen dem normalen Wert der Investitionen (P*I) sowie der Sparsumme S.
P*I > S stellt eine Zusatznachfrage dar, die ein höheres Preisniveau der Konsumgüter
Pc bewirkt; umgekehrt bedeudet P*I < S eine Verminderung der Nachfrage, weil
zuviel gespart wird: Sparen ist keine Tugend.
Und 2. Fundamentalgleichung:
(PI ist der Marktpreis für Investititionsgüter)
PQ = P* + (PI I - S) / Q (4)
Dies ist die zweite Grundgleichung, die besagt, dass das gesamtwirtschaftliche
Preisniveau PQ von zwei Komponenten abhängt, den normalen Produktionskosten P*
und der Differenz zwischen den Investitionen zu Marktpreisen und dem Sparen.
2) Eigenheiten des Gewinns (Zusatzgewinns)
In der Gleichung (4) stellt PI I - S die Abweichung vom Normalgewinn dar, der in
P* enthalten ist. PI I > S bedeutet einen Zusatzgewinn; PI I < S eine Verminderung
des Normalgewinns. Daraus wird ersichtlich, dass der Unternehmergewinn umso
grösser ist, je mehr die Unternehmer insgesamt ausgeben, d.h. je mehr sie investieren
und konsumieren, d.h. weniger sparen. Damit begründete Keynes eine neue Art von
makroökonomischer Verteilungstheorie, von der Michal Kalecki sagte:"Die Arbeiter
geben aus, was sie erhalten [ihre Löhne], die Unternehmer erhalten [Profite], was sie
ausgeben [Investitionen und Unternehmerkonsum]."
Grüsse, free
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