Popeye
19.08.2005, 12:30 |
Standortbestimmung II Thread gesperrt |
-->Lieber @dottore
Danke, für deine Beiträge/Antworten zu Harvard und Silver.
Auf beide möchte ich nicht antworten, neben zeitlichen Gründen vor allem um ‚das Klima’ nicht zu belasten.
Die letzten Sätze Deines Silver-Beitrages werfen aber eine Frage auf, die ich einmal aus der Vogelperspektive betrachten möchte.
Du bist ausgezogen, um zu erklären was „Wirtschaften“ ist und welche Umstände für die Evolution von der Subsistenzwirtschaft zum „Wirtschaften“ (was immer das ist - bitte keinen Verweis auf Heinsohn!) ursächlich sind. Ein großes Ziel.
Dabei bist Du auf die beherrschende Rolle von Gewalt bei der Formierung von prähistorischen Staaten gestoßen. Bei mir stößt diese Sicht auf keinerlei Widerspruch, weil wir im Zuge dieser Diskussion ja auch hinreichend das vertragstheoretische Staatsmodell beleuchtet haben.
Im zweiten Zug versuchst Du dann zu zeigen wie die Gewalt (coercion) durch die Erhebung von „Abgaben“ (Vorfinanzierungsproblem/Tribut/Steuern etc.) das Wirtschaften in Gang setzt (Standardisierung von Abgabe & Gewichten > Geld & Kredit & Zins, Mehrarbeit usw. usw. - ich will das hier nun nicht alles im Detail wiederholen - das kannst Du ja viel besser.
So plausibel dieser grobe (wenn auch monokausale) Ansatz zunächst scheint - im Detail ergeben sich doch (noch?) viele große Probleme, auf die @Dimi, @RD u.a. nicht müde werden hinzuweisen (oder doch?). Dabei macht es Deine „ex cathedra“-Art der Diskussion nicht immer einfach, auf alle Fälle aber mühsam, zum Kern der Probleme vorzudringen. Ich bin jedenfalls mit diesem zweiten Segment nicht nur nicht glücklich, sondern völlig unzufrieden.
Das ist sehr schade, denn in der Ã-ffentlichkeit (falls Du denn mal ein neues Buch dazu schreibst) musst Du nicht beweisen, dass die anderen (=Silver & Co.) falsch liegen (das machen dann andere von ganz alleine), sondern Du musst vor allem schlüssig beweisen, dass Du richtig liegst. Dein “Killer“-Talent nützt Dir hierbei wenig.
Um bei der Vogelperspektive zu bleiben - folgendes letztes Rätsel (das Du hinlänglich kennst):
Beim großflächigen Übergang der “hunter-gatherer-economy” zur “agrarian-economy“ (im Nahen Osten ca. 8.200 BC- also in einer staatsfreien Zeit) standen die Menschen vor folgender ökonomischer Alternative:
Landwirtschaft (im Vergleich zu Jagen & Sammeln) erwirtschaftet mehr Nahrung pro Flächeneinheit, aber Landwirtschaft produziert auch weniger Nahrung pro Arbeitseinheit. Auf einer gegebenen Fläche kann Landwirtschaft also mehr Menschen ernähren als Jagen und Sammeln, aber eben nur - mit höherem Arbeitseinsatz.
Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
Worin ist der prinzipielle ökonomische Unterschied im Vergleich zu der Mehrarbeit zu sehen, die durch staatliche Abgaben erzwungen wird?
War das der Beginn des Wirtschaftens? Freiwillige Mehrarbeit zur Risikovorsorge? War das (nie gehaltene) Versprechen der Risikovorsorge nicht auch die große Verführungsarie selbst der frühesten staatlichen Macht?
Mit diesen Fragen klinke ich mich nun aus dieser Diskussion aus, die meinen Horizont nachhaltig erweitert hat (!), (aber meine disputative Kraft & Zeit schlicht übersteigt). Dafür danke ich Dir und allen anderen von denen ich gelernt habe!
Grüße
P.S. Auf Malta komme ich gelegentlich zurück - bisherige ‚Stand der Ermittlungen’ - wenn es überhaupt eine naturgeschichtliche Erklärung gibt - wahrscheinlich Erdbeben (mindestens Stärke 7 oder 8) - müsste dann aber alle Tempel (mehr oder weniger) betroffen haben. Ob das der Fall ist weiß ich nicht.
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Burning_Heart
19.08.2005, 14:44
@ Popeye
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Re: Standortbestimmung II |
-->Hi
>Landwirtschaft (im Vergleich zu Jagen & Sammeln) erwirtschaftet mehr Nahrung pro Flächeneinheit, aber Landwirtschaft produziert auch weniger Nahrung pro >Arbeitseinheit. Auf einer gegebenen Fläche kann Landwirtschaft also mehr Menschen ernähren als Jagen und Sammeln, aber eben nur - mit höherem Arbeitseinsatz.
>Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
Ein paar Ideen.
Weil sie keine Lust mehr hatten, als Nomaden der Nahrung hinterher zu ziehen. Die Menschen entdeckten so die Landwirtschaft und wurden sesshaft.
Der Vorteil der Landwirtschaft ist die höhere Wahrscheinlichkeit die Familie versorgen zu können trotz evtl höherem Arbeitseinsatz.
Da sie keine Steuern zahlen mussten, brauchten sie auch nicht den ganzen Tag arbeiten so wie wir und der Mehreinsatz war ihnen daher egal.
Jagen und Sammeln mit primitiven Jagdinstrumenten war vor 8000 Jahren vieleicht doch schwieriger als im Garten zu arbeiten.
>Worin ist der prinzipielle ökonomische Unterschied im Vergleich zu der Mehrarbeit zu sehen, die durch staatliche Abgaben erzwungen wird?
Da ist keiner. Wir müssen täglich 3000 Kalorien erarbeiten und nur deshalb arbeiten wir. Im Winter verbrauchen wir mehr Kalorien durch vermehrten Verbrauch von Körperwärme, im Sommer etwas weniger. Wenn noch zusätzlich einer Abgaben erzwingt, erhöht sich dieses tägliche Soll auf z.b. 5000.
>War das der Beginn des Wirtschaftens? Freiwillige Mehrarbeit zur Risikovorsorge? War das (nie gehaltene) Versprechen der Risikovorsorge nicht auch die große Verführungsarie selbst der frühesten staatlichen Macht?
Wirtschaften ist die Tilgung des täglichen Bedarfs( Debitismus ). Die ist schon da seit es Leben gibt."Fortschrittliches Wirtschaften", also Bedarfsbeschaffung mit Hilfe von Eigentum, entstand später da eine Macht vorhanden sein muss um Eigentum zu garantieren.
Gruß
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Holmes
19.08.2005, 23:02
@ Popeye
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Re: Warum Landwirtschaft? |
-->>Um bei der Vogelperspektive zu bleiben - folgendes letztes Rätsel (das Du hinlänglich kennst):
>Beim großflächigen Übergang der “hunter-gatherer-economy” zur “agrarian-economy“ (im Nahen Osten ca. 8.200 BC- also in einer staatsfreien Zeit) standen die Menschen vor folgender ökonomischer Alternative:
>Landwirtschaft (im Vergleich zu Jagen & Sammeln) erwirtschaftet mehr Nahrung pro Flächeneinheit, aber Landwirtschaft produziert auch weniger Nahrung pro Arbeitseinheit. Auf einer gegebenen Fläche kann Landwirtschaft also mehr Menschen ernähren als Jagen und Sammeln, aber eben nur - mit höherem Arbeitseinsatz.
>Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
>Worin ist der prinzipielle ökonomische Unterschied im Vergleich zu der Mehrarbeit zu sehen, die durch staatliche Abgaben erzwungen wird?
>War das der Beginn des Wirtschaftens? Freiwillige Mehrarbeit zur Risikovorsorge? War das (nie gehaltene) Versprechen der Risikovorsorge nicht auch die große Verführungsarie selbst der frühesten staatlichen Macht?
Hi Popeye,
dazu habe ich zwei interessante Links gefunden:
The Worst Mistake in the History of the Human Race
und
<a href=http://menschennahrung.de/13__Notizen/GW_paper_de.html>Die Ursprünge der Landwirtschaft - Eine biologische Sichtweise und eine neue Hypothese</a>
Im ersten Artiekl geht es darum, dass es gar keine so gute Idee mit der Landwirtschaft war und im zweiten, warum die Menschen es trotzdem machten. Die interessante Hypothese ist: Brot und Milch enthalten neben den Kalorien auch drogenähnliche Substanzen, die evtl. dazu geführt haben, dass Menschen auch in größeren Populationen zusammenleben können.
" Es ist erwähnenswert, dass das Ausmaß, in welchem frühe Stämme zivilisiert wurden, mit der Art des Ackerbaus, den sie praktizierten, korrelierte. Das heißt, größere Zivilisationen (in Südwest-Asien, Europa, Indien und Ostasien und Teilen von Südost-Asien, Zentralamerika und Teilen von Nord- und Südamerika, Ägypten, Äthiopien und Teilen des tropischen und Westafrikas) stammten von Gruppen ab, die Getreideanbau, speziell Weizenanbau, praktizierten (Bender 1975:12, Adams 1987:201, Thatcher 1987:212). (Die wenigen nomadischen Zivilisationen basierten auf Milchwirtschaft.)
Gruppen, die Pflanzen kultivierten (Früchte, Knollen usw.) bzw. keinen Anbau praktizierten (im tropischen und südlichen Afrika, Nord- und Zentralasien, Australien, Neu Guinea und dem Pazifik, und großen Teilen von Nord- und Südamerika) wurden nicht in dem selben Ausmaß zivilisiert.
Größere Zivilisationen haben also gemeinsam, dass ihre Bevölkerungen regelmäßig Exorphine verzehrten. Wir schlagen vor, dass große, hierarchische Staaten eine natürliche Konsequenz bei solchen Populationen waren. Zivilisation entstand, weil die zuverlässige, der Nachfrage entsprechende Verfügbarkeit von in der Nahrung enthaltenen opiatähnlichen Substanzen das Verhalten der Einzelnen änderte, Aggressionen herabsetzte und ihnen erlaubte, tolerant gegenüber dem seßhaften Leben in übervölkerten Gruppen zu werden, regelmäßiger Arbeit nachzugehen und leichter von Regenten unterjocht zu werden. Es entstanden zwei sozioökonomische Klassen, wo vorher nur eine existierte (Johnson & Earle 1987:270), und so entstand ein Muster, welches von da an dominierte."
Beste Grüsse,
Holmes
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bernor
20.08.2005, 01:25
@ Holmes
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Re: Warum Landwirtschaft? |
-->Hi,
"... Größere Zivilisationen haben also gemeinsam, dass ihre Bevölkerungen regelmäßig Exorphine verzehrten. Wir schlagen vor, dass große, hierarchische Staaten eine natürliche Konsequenz bei solchen Populationen waren.
Zivilisation entstand, weil die zuverlässige, der Nachfrage entsprechende Verfügbarkeit von in der Nahrung enthaltenen opiatähnlichen Substanzen das Verhalten der Einzelnen änderte, Aggressionen herabsetzte und ihnen erlaubte, tolerant gegenüber dem seßhaften Leben in übervölkerten Gruppen zu werden, regelmäßiger Arbeit nachzugehen und leichter von Regenten unterjocht zu werden. Es entstanden zwei sozioökonomische Klassen, wo vorher nur eine existierte (Johnson & Earle 1987:270), und so entstand ein Muster, welches von da an dominierte."
dieses interessante Modell mag zwar das Sozialverhalten der"zivilisierten" Menschen erklären können und wäre eine gute Ergänzung der Machttheorie (Erleichterung des Herrschens - siehe auch Getreidespenden im alten Rom) - ist aber für den Übergang zur Landwirtschaft zumindest widersprüchlich, weil die"höhere Population" vor dem Übergang noch nicht existierte und man daher fragen muß, ob die gelegentliche Zufuhr von im Wildgetreide enthaltenen Opiaten tatsächlich die unbestrittenen Nachteile aufwog: mehr Anstrengungen, Verschlechterung der Nahrungsqualität und, angesichts möglicher Feinde, auch Ortsgebundenheit (bei anfänglicher Landgewinnung durch Brandrodungen zumindest zeitweilig, bis die noch ungedüngten Felder erschöpft waren und man weiterzog).
Die Menschen werden vorher gewiß (Wild-)Getreide gekostet haben - aber es war für sie ein großer Unterschied, ob man das Getreide extensiv, quasi im Vorbeigehen einsammelnd, oder intensiv, durch Anbau, gewinnt - siehe den Aufwand, der, auch bei der Brandrodung, betrieben werden mußte, um die Felder erst einmal hierfür herzurichten.
Mit anderen Worten - ohne irgendeinen Zwang, der vorher noch nicht zu spüren war, wäre da vermutlich nichts gelaufen.
Um nun Popeyes - m.E. zu Recht gestellte - Fragen
Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
Worin ist der prinzipielle ökonomische Unterschied im Vergleich zu der Mehrarbeit zu sehen, die durch staatliche Abgaben erzwungen wird?
beantworten zu können, müssen wir auf der Suche nach einer möglichen Lösung, dem obigen Zwang, auch auf die hier bisher weitestgehend ausgesparten Punkte"Katastrophen der Vorzeit" und"dark ages" (Velikowsky / Heinsohn u.a.) ansprechen und dort schließlich zu Potte kommen.
Auch wenn jetzt mancher ob der vorgenannten Namen einen Husten-, Lach- oder sonst einen Anfall bekommt: es gibt entsprechende Hinweise und diese sollten abgeklärt werden.
Im Klartext: Haben damals Großkatastrophen die bisherige Ernährungsgrundlage der Menschen so stark - und dies dauerhaft, siehe auch verändertes Klima - beeinträchtigt, daß sie gezwungen waren, sich neue Nahrungsquellen zu erschließen?
Auch auf die ggf. fällige Korrektur der bisherigen Chronologie der fraglichen Zeit sollte in diesem Zusammenhang nicht verzichtet werden, weil man dann auch stringenter argumentieren kann (was nicht gut möglich ist, wenn der jeweilige Übergang zur Landwirtschaft bzw. zur Stadt ganz unterschiedlich datiert wird).
Würde auf beides, zumindest auf das erstere, verzichtet, bliebe das, was Popeye angesprochen hat - eine offene Flanke der Machttheorie und damit die Möglichkeit ihrer Kritiker, diese mit dem Hinweis auszuhebeln, es könnten analog zum Übergang zur Landwirtschaft auch oder im wesentlichen andere Faktoren zur Entstehung der"Zivilisation" geführt haben.
Gruß bernor
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Loki
20.08.2005, 01:33
@ Burning_Heart
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Re: Standortbestimmung II |
-->>Hi
>>Landwirtschaft (im Vergleich zu Jagen & Sammeln) erwirtschaftet mehr Nahrung pro Flächeneinheit, aber Landwirtschaft produziert auch weniger Nahrung pro >Arbeitseinheit. Auf einer gegebenen Fläche kann Landwirtschaft also mehr Menschen ernähren als Jagen und Sammeln, aber eben nur - mit höherem Arbeitseinsatz.
>>Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
>Ein paar Ideen.
>Weil sie keine Lust mehr hatten, als Nomaden der Nahrung hinterher zu ziehen. Die Menschen entdeckten so die Landwirtschaft und wurden sesshaft.
>Der Vorteil der Landwirtschaft ist die höhere Wahrscheinlichkeit die Familie versorgen zu können trotz evtl höherem Arbeitseinsatz.
>Da sie keine Steuern zahlen mussten, brauchten sie auch nicht den ganzen Tag arbeiten so wie wir und der Mehreinsatz war ihnen daher egal.
>Jagen und Sammeln mit primitiven Jagdinstrumenten war vor 8000 Jahren vieleicht doch schwieriger als im Garten zu arbeiten.
>>Worin ist der prinzipielle ökonomische Unterschied im Vergleich zu der Mehrarbeit zu sehen, die durch staatliche Abgaben erzwungen wird?
>Da ist keiner. Wir müssen täglich 3000 Kalorien erarbeiten und nur deshalb arbeiten wir. Im Winter verbrauchen wir mehr Kalorien durch vermehrten Verbrauch von Körperwärme, im Sommer etwas weniger. Wenn noch zusätzlich einer Abgaben erzwingt, erhöht sich dieses tägliche Soll auf z.b. 5000.
>>War das der Beginn des Wirtschaftens? Freiwillige Mehrarbeit zur Risikovorsorge? War das (nie gehaltene) Versprechen der Risikovorsorge nicht auch die große Verführungsarie selbst der frühesten staatlichen Macht?
>Wirtschaften ist die Tilgung des täglichen Bedarfs( Debitismus ). Die ist schon da seit es Leben gibt."Fortschrittliches Wirtschaften", also Bedarfsbeschaffung mit Hilfe von Eigentum, entstand später da eine Macht vorhanden sein muss um Eigentum zu garantieren.
>Gruß
Mich würde diesbezüglich ja mal interessieren wie es denn damals mit der Bevölkerungszahl und Dichte aussah. Denn ich kann mich an einen Bericht Australischer Archäologen erinnern das Aboriginees für die Ausrottung mehrerer Tierarten verantwortlich waren. Einfach weil sie zuviele waren und dementsprechend ihre Nahrungsgründe ausgeräubert haben. Ich meine der Mensch ist destruktiv und was kann einen am ehesten zur Landwirtschaft zwingen als leergejagte Jagdgründe? Okay dafür sind die Aboriginees ein schlechtes Beispiel da ihr Fehler sie eher zum Nomadendasein verdammt hat. Aber ich meine wieviel ist denn über Paarungsriten, zwischenmenschliche Beziehungen Eitelkeiten Neid ect. aus dieser Zeit bekannt? Wer weiß ob die nicht damals schon auch aus reinem Spass an der Freude gejagt haben?
Die Frage die sich mir stellt kann man beimÜbergang vom Jäger& Sammler zum Sesshaften Menschen den Punkt des Übergangs vom Wir zum Ich Menschen sehen oder kommt dieser später? oder Früher? Gab es damals schon Häuptlinge die sich den ganzen Tag nur"bestaunen" ließen und sich dafür mit durchfraßen? Da hätten wir z.b. nähmlich schon einen Mehrwert der neben dem Saatgut fürs nächste Jahr mit in die Produktion mit einkalkuliert werden muss. Könnte nicht darin auch wieder ein Grund liegen Seßhaft zu weden? Häuptling will aus stinkender Höhle raus und befiehlt seinem Volk an Fluß Hütte für alle zu baun. Später läßt er weitere Hütten baun und bewohnt die erste große Hütte alleine. Gibt es diesbezüglich architektonische Hinweise?
Oder aber sie haben einfach nur die Natur beobachtet und entdeckt das eben das Land um Flüße herum besonders fruchtbar ist und da mit"wenig" aufwand für die ganze Sippe Nahrung erzeugt werden kann.. Man baut seine Siedlung bei Reichhaltigen Nahrungsgründen lernt nach und nach das Kultivieren und Anbaun von Beeren, Kräutern und anderen leckeren Pflanzen zähmt sich ein zwei Tierarten um nicht mehr Jagen zu müssen. Jäger werden zu Tierzüchtern Sammler zu Bauern Berufe entstehen und da wirds dann interesannt. Da liegt für mich Potential für Streitigkeiten und auch Steuern ect. Z.b. Der macht ja viel weniger als ich wieso soll der den selben Anteil an Nahrung erhalten wie ich?
nur so ein Paar Gedanken. Ich hoffe doch die eine oder andere Anregung ist mit dabei ;)
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Loki
20.08.2005, 01:43
@ bernor
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Re: Warum Landwirtschaft? |
-->>Hi,
>"... Größere Zivilisationen haben also gemeinsam, dass ihre Bevölkerungen regelmäßig Exorphine verzehrten. Wir schlagen vor, dass große, hierarchische Staaten eine natürliche Konsequenz bei solchen Populationen waren.
>Zivilisation entstand, weil die zuverlässige, der Nachfrage entsprechende Verfügbarkeit von in der Nahrung enthaltenen opiatähnlichen Substanzen das Verhalten der Einzelnen änderte, Aggressionen herabsetzte und ihnen erlaubte, tolerant gegenüber dem seßhaften Leben in übervölkerten Gruppen zu werden, regelmäßiger Arbeit nachzugehen und leichter von Regenten unterjocht zu werden. Es entstanden zwei sozioökonomische Klassen, wo vorher nur eine existierte (Johnson & Earle 1987:270), und so entstand ein Muster, welches von da an dominierte."
>dieses interessante Modell mag zwar das Sozialverhalten der"zivilisierten" Menschen erklären können und wäre eine gute Ergänzung der Machttheorie (Erleichterung des Herrschens - siehe auch Getreidespenden im alten Rom) - ist aber für den Übergang zur Landwirtschaft zumindest widersprüchlich, weil die"höhere Population" vor dem Übergang noch nicht existierte und man daher fragen muß, ob die gelegentliche Zufuhr von im Wildgetreide enthaltenen Opiaten tatsächlich die unbestrittenen Nachteile aufwog: mehr Anstrengungen, Verschlechterung der Nahrungsqualität und, angesichts möglicher Feinde, auch Ortsgebundenheit (bei anfänglicher Landgewinnung durch Brandrodungen zumindest zeitweilig, bis die noch ungedüngten Felder erschöpft waren und man weiterzog).
>Die Menschen werden vorher gewiß (Wild-)Getreide gekostet haben - aber es war für sie ein großer Unterschied, ob man das Getreide extensiv, quasi im Vorbeigehen einsammelnd, oder intensiv, durch Anbau, gewinnt - siehe den Aufwand, der, auch bei der Brandrodung, betrieben werden mußte, um die Felder erst einmal hierfür herzurichten.
>Mit anderen Worten - ohne irgendeinen Zwang, der vorher noch nicht zu spüren war, wäre da vermutlich nichts gelaufen.
>Um nun Popeyes - m.E. zu Recht gestellte - Fragen
>Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
>Worin ist der prinzipielle ökonomische Unterschied im Vergleich zu der Mehrarbeit zu sehen, die durch staatliche Abgaben erzwungen wird?
>beantworten zu können, müssen wir auf der Suche nach einer möglichen Lösung, dem obigen Zwang, auch auf die hier bisher weitestgehend ausgesparten Punkte"Katastrophen der Vorzeit" und"dark ages" (Velikowsky / Heinsohn u.a.) ansprechen und dort schließlich zu Potte kommen.
>Auch wenn jetzt mancher ob der vorgenannten Namen einen Husten-, Lach- oder sonst einen Anfall bekommt: es gibt entsprechende Hinweise und diese sollten abgeklärt werden.
>Im Klartext: Haben damals Großkatastrophen die bisherige Ernährungsgrundlage der Menschen so stark - und dies dauerhaft, siehe auch verändertes Klima - beeinträchtigt, daß sie gezwungen waren, sich neue Nahrungsquellen zu erschließen?
>Auch auf die ggf. fällige Korrektur der bisherigen Chronologie der fraglichen Zeit sollte in diesem Zusammenhang nicht verzichtet werden, weil man dann auch stringenter argumentieren kann (was nicht gut möglich ist, wenn der jeweilige Übergang zur Landwirtschaft bzw. zur Stadt ganz unterschiedlich datiert wird).
>Würde auf beides, zumindest auf das erstere, verzichtet, bliebe das, was Popeye angesprochen hat - eine offene Flanke der Machttheorie und damit die Möglichkeit ihrer Kritiker, diese mit dem Hinweis auszuhebeln, es könnten analog zum Übergang zur Landwirtschaft auch oder im wesentlichen andere Faktoren zur Entstehung der"Zivilisation" geführt haben.
>Gruß bernor
Ich denke die Eiszeit ist ja wohl eindeutig eine diese Großkatastrophen. eine krasse Umstellung der Nahrung dürfte es wohl danach kaum gegeben haben. aber die Betrachtungsweise ist nicht unbedingt verkehrt denn Feldanbau lernt man nicht von ungefähr. Bis man Brandrodet um Felder anzulegen ist es ein weiter Weg. Wie in meinem anderen Posting zu dem Thema bereits erwähnt währen Bevölkerungszahlen&dichte der Zeit vor dem Übergang recht interesannt obwohl diese wohl nur grobe Schätzungen sein dürften. Wie gesagt die Frage ist inwieweit spielt Individualismus bei der Frage der Seßhaftigkeit eine Rolle. Und welcher Grad der Individualisierung war dort schon erreicht? Nur ein ich bin wichtiger als alle anderen oder schon so ausgeprägte Egos das man z.b. bereit dazu ist sich auf Kosten der anderen durchzufressen? (erste Form von Steuren)?
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Burning_Heart
20.08.2005, 02:54
@ Loki
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Re: Standortbestimmung II |
-->Hi
Also wenn ich mit dem Flugzeug in der Tundra abstürzen und überleben würde, dann würde ich anfangs Jagen und Sammeln um über die ersten Runden zu kommen, aber dann möglichst bald mit Ackerbau und Viehzucht anfangen.
Hat Robinson auch so gemacht und nicht andersrum.
Jäger und Sammler waren schon die Affen.
Es ist aus meiner Sicht effektiver aber auch komplexer, Landwirtschaft zu betreiben.
Setzt darum eine gewisse Menge Intelligenz voraus, da unsere bekannten Kulturpflanzen von heute ursprünglich einfache Gräser waren und es da wohl ein paar Startschwierigkeiten gegeben haben könnte.
{http://de.wikipedia.org/wiki/Mais}
Dann, durch Kultivierung und Ausbreitung dieser ersten Pflanzen, wurden diese Ertragreicher und lösten Jagen und Sammeln ab.
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Uwe
20.08.2005, 03:23
@ Popeye
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Re: Eine freie 'unternehmerische' Entscheidung gab es wohl nicht.... |
-->Hallo, Popeye,
Fragen aufwerfen und dann nicht an der Erarbeitung der Antworten mitwirken"wollen", habe ich das so richtig gelesen? [img][/img]
Jedoch um meinen Baustein beizutragen, hier meine Vorstellung, die bei der Antwortsuche m.E. mit beachtet werden sollte.
Bedingt durch die Klimaveränderung, nimmt die Lebenzeiten der Menschen zu, was zum Anwachsen der Sippen führte.
Aus diesem Umstand heraus, kann ich mir vorstellen, dass die sich ergebende Landwirtschaft eher eine Folge der zunehmenden Beschränkung der Mobilität des Verbandes war, und da sich zeigte, dass aus dieser Tätigkeit ein zweites Standbein zur Nahrungssicherung sich ergab, wurde es dort genutzt, wo es von Vorteil war (parallele Weiterenwicklung von Nomadentum und Seßhaftigkeit).
Dieser Übergang wird m.E. noch weit vor den derzeit bedeutenden ersten Städtebildungen des 8 Jt. v.Chr. begonnen haben.
Nun ist es aber wohl so, dass die beiden Formen der Nahrungssicherung sich gegenseitig beinflussen, ja, sich Abhängigkeiten herausbilden, die sich als Vor- oder aber auch als Nachteil für die eine oder andere Lebensform herausstellen haben (Stichwort: witterungbedingte Ausfallzeiten sowohl für die Jäger, als auch für die Landwirte, letzlich aber auch Land-/Wasserkonflikte, wie diese Stoff für zahlreiche Geschichten bildeten).
Aus dieser Entwicklung heraus, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass sowohl die Gemeinschaftsorganisation als auch die Religion infolge des Übergangs zu einem anderen Naturverständis (Rodung), im weiteren Verlauf zur staatsähnlichen Ordnung und zum"Priestertum" führt, verbunden mit den entsprechenden"Versorgungsansprüchen" (Vorratslagerhaltung), die aus dem Land erarbeitet werden mußten.
Mag' in den Anfängen der Entwicklung diese Positionen noch nach den Prinzipien der Jäger-/Sammlergemeinschaft"besetzt" worden sein, so wird das planerische Element, das in der Landwirtschaft wohl zunehmend ausgeprägter und vor allem anders in Erscheinung tritt (Vorarbeiten, Lagernwirtschaft), als es für den Verband von Sammlern/Jägern von Nöten war, auch dazu beigetragen haben, dass man Kriterien zur Besetzung dieser Posten schaffte, die der Größe des Verbandes Rechnung trug ("himmliche Bestimmung" der Führung,"als das Königtum [Herrschaft] vom Himmel kam...", mit diesen Worten beginnt die sumerische Königsliste).
All dies kann man unter den Begriff der"inneren" Machtausbildung zusammenfassen. Die"äußere" Macht bzw. Bedrohung, wie sie sich im Kampf um Siedlungsplätze, Arbeitskräfte und Produktionsgüter herausbildete oder aber einfach nur durch Raub, aus welchen Beweggründen auch immer, bzw. Verteidigung, stärkte die siegreiche Macht und führte zu veränderten Bedingungen.
Ich meine, dass es keine Entscheidung für oder wider (mehr oder weniger Arbeit) gab, sondern eine Entwicklung ihren Fortgang nahm, die durch das Bevölkerungswachstum und die Entdeckung des landwirtschaftlichen Anbaus angestoßen wurde und zum Selbstläufer wurde, da die Bevölkerung infolge der Seßhaftigkeit weiter zunahm, was weiter Anstrengung der Nahrungproduktion erforderlich machte.
Gruß,
Uwe |
Popeye
20.08.2005, 07:47
@ Uwe
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Re: Eine freie 'unternehmerische' Entscheidung gab es wohl nicht.... |
-->Hallo, @Uwe,
wirklich nicht? Unsere Vorfahren haben diese Grundsatzentscheidung 3 Mal (höchst wahrscheinlich unabhängig von einander) getroffen: Naher Osten, Südamerika, China. Die grundsätzlichen Entscheidungen wurden aus Stammesstrukturen heraus getroffen, die minimal stratifiziert waren und deren (einzelne) Größe 100 Mitglieder nur sehr selten überstieg - durchschnittlich aber um die Hälfte kleiner waren.
Erste Spuren landwirtschaftlicher Betätigung reichen weit zurück. Die Entwicklung hin zu Landwirtschaft setzte im Nahen Osten mit dem Ende des Jüngeren Dryas ab 9.500 BC ein und war ab 7.500 BC dominant.
Zusatzfragen:
Warum haben sich einige Menschen nie für die landwirtschaftliche Alternative entschieden?
Warum haben sich einige Stämme nach einer Entscheidung für die Landwirtschaft wieder entschieden ihren Lebensunterhalt durch Sammeln & Jagen zu bestreiten?
Grüße
& Time out
Literaturhinweise:
After the Ice
First Farmers
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Popeye
20.08.2005, 09:52
@ Holmes
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Re: Warum Landwirtschaft? |
-->Hallo, @Holmes - auf dem Sprung - statt einer längeren Antwort zunächst einmal den Verweis auf Sahlins bekannten Aufsatz: The Original Affluent Society
(viele kritische Kommentare bitte nicht übersehen, aber zunächst ein Ausgangspunkt für das"Warum?")
Dein zweiter Punkt ist - 'post fact', sollte also bei der Frage Warum zunächst keine Rolle spielen.
Grüße<ul> ~ http://www.primitivism.com/original-affluent.htm</ul> |
Loki
20.08.2005, 11:52
@ Popeye
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Re: Eine freie 'unternehmerische' Entscheidung gab es wohl nicht.... |
-->>Zusatzfragen:
>Warum haben sich einige Menschen nie für die landwirtschaftliche Alternative entschieden?
>Warum haben sich einige Stämme nach einer Entscheidung für die Landwirtschaft wieder entschieden ihren Lebensunterhalt durch Sammeln & Jagen zu bestreiten?
>Grüße
>& Time out
>Literaturhinweise:
>After the Ice
>First Farmers
Die Fragen lassen sich einfach beantworten ;) Ich tippe auf gravierende Änderungen in der Natur btw. bei Frage eins auf Handelsgründe. Wikinger z.b. als Nomaden zur See?
Zu 2. da ist der Arrabische Raum ein Wunderbares Beispiel. Im Kapmf gegen die Wüßte haben die Stämme immer mehr an Boden verloren. Letztendlich hatten sie nur noch 3 Möglkichkeiten. Entweder die Oase in der sie wohnen gegen die Wüßte zu verteidigen oder weiter Nördlich/südlich (europa/Dschungel) siedeln oder c) Einfach von Oase zu Oase ziehen und dabei nie länger als nötig an einem Ort bleiben. Ich denke Umweltbedingungen und Nahrungsangebot spielen hier eine Rolle. Auch Viehwirtschaft könnte ein Auslöser für so etwas gewesen sein (Vieh frisst Futter weg Stamm muss weiter ziehen will er nicht sein Vieh verlieren. Der Interesannteste Aspekt dürfte aber der Handelsaspekt sein. Oder btw. Daswaswir heute als Handel kennen entwickelte sich sicher daraus. Stamm zieht rum triff auf siedlung tauscht Ding A gegen Ding B, Stamm zieht weiter kommt ins nächste Dorf tauscht da Ding B gegen Ding C usw.usf.
Was mich zu der Frage bringt was war zuerst da Viehzucht oder Ackerbau? Könnte es nicht sein das der Ackerbau aus der Viehzucht herraus erzwungen werden musste? Wäre doch nen Grund eine Entscheidung zu treffen zwischen Seßhaft und nomadisch oder?
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Holmes
22.08.2005, 14:52
@ Holmes
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Re: Jäger-Sammler und das Paradies |
-->Beim Nachdenken über das Problem der Seßhaftigkeit und dass die Jäger-Sammler eigentlich ziemlich gut lebten, fällt mir doch glatt die Bibel ein:
- Lebten Adam und Eva nicht im Paradies wie die Sammler und mußten nicht arbeiten?
- Ist nicht unsere Vorstellung von Paradies eben die Vorstellung eines Sammlers, der alles, was er braucht einfach findet?
- Ist nicht das Gleichnis mit den Lilien auf dem Felde, die nicht arbeiten müssen, auch die Situation des Sammlers, der das Essen nur aufzuheben braucht, weil genug da ist?
Ist dann die Vetreibung aus dem Paradies die Einsicht in das Wesen der Zeit, bei der man vorausplanen muss, um Landwirtschaft zu treiben (Säen als Investition?)
Der Jäger-Sammler konnte in den Tag hineinleben, der Landwirt muss Pläne machen und sich an Zeiten halten.
Ist also hier eine der Riesenbruchstellen zu verzeichnen, an deren Folgen wir immer noch leiden?
Beste Grüße,
Holmes
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Uwe
23.08.2005, 00:28
@ Popeye
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Re: @Popeye |
-->Hallo, Popeye,
insbesondere Dir möchte ich zum Thema nicht aus dem Stehreif antworten, ohne Deine Literaturhinweise eingesehen zu haben, denn ich habe hier erfahren, dass diese immer gut und wertvoll sind. Daher jetzt hier nur mein herzlichen Dank, nicht nur für diese Hinweise und Gedanken und die Bitte um Nachsicht, dass ich es nun bin, der an der Diskussion vorläufig nicht mehr teilnehmen wird, obwohl das Interesse groß ist.
Herzliche Grüße,
Uwe
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freeman
24.08.2005, 13:01
@ Popeye
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Re: Standortbestimmung II |
-->
>Beim großflächigen Übergang der “hunter-gatherer-economy” zur “agrarian-economy“ (im Nahen Osten ca. 8.200 BC- also in einer staatsfreien Zeit) standen die Menschen vor folgender ökonomischer Alternative:
>Landwirtschaft (im Vergleich zu Jagen & Sammeln) erwirtschaftet mehr Nahrung pro Flächeneinheit, aber Landwirtschaft produziert auch weniger Nahrung pro Arbeitseinheit. Auf einer gegebenen Fläche kann Landwirtschaft also mehr Menschen ernähren als Jagen und Sammeln, aber eben nur - mit höherem Arbeitseinsatz.
>Warum haben die Menschen diese ökonomische Wahl getroffen - ohne Staat & Abgaben mehr zu arbeiten?
ich habe in der Schule gelernt, weil die Mammuts ausgestorben sind, und das Sammeln von Kleinsäugern auf Dauer zu anstrengend war.
Im übrigen, haben sie ja auch Nomaden- und Viehwirtschaft herauskristallisiert ( Kain und Abel u.a. )
In Anatolien gabs dann da noch diese besonderen Städte, die sich als reine"Jägerstädte" herausgebildet haben (ich glaube Beute waren Antilopenherden). Hab die Namen vergessen
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