Silberfuchs
12.10.2005, 16:37 |
Inflation, Teuerungsrate und oder Preissteirerung... Thread gesperrt |
-->Moin Freunde,
bin sehr erfreut, dass man hier wieder schreiben kann. Ok., jetzt werdet ihr merken, dass ich hier schon länger nicht mehr aktiv war.
Komm ich zur Sache. Da ich mich im Moment mal Anlauf auf einen Prüfungskanon im VWL-Bereich nehme, zweifele ich an im Alltag übergangenen Begriffen bzw. der mir bekannten Definitionen für selbige. Nach einer Suchaktion hier im Forum fand ich zwar dies: http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/334012.htm zu Deflation die Frage nach einer allgemeingültigen Inflationsdefinition suchte ich aber vergebens.
Mein Prof., Gott hab ihn selig, meint:"Inflation ist eine Preissteigerung über einen längeren Zeitraum". So recht mag mich diese Definition nicht befriedigen. Vielmehr regt sie mich zum Nachdenken an.
Wikipedia meint unter http://de.wikipedia.org/wiki/Inflation:
Inflation (von lat.:"das Sich-Aufblasen; das Aufschwellen") bezeichnet in der Volkswirtschaftslehre einen andauernden, allgemeinen Anstieg des Preisniveaus. Anders ausgedrückt bedeutet Inflation eine Steigerung des Preisindex oder die Schwächung der Kaufkraft einer Währung. Ursprünglich bezog sich der Begriff lediglich auf eine Ausweitung der Geldmenge, was bei mangelndem Wirtschaftswachstum zu einer Geldentwertung führen kann.
Also Geldmengenwachstum (welches auch immer gemeint ist) kann ich unterstreichen, meinte ich auch so.
Weiter meint Wikipedia, dass Inflation = Teuerungsrate vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Teuerungsrate identisch mit obigem Text.
Zu Preissteigerung ist noch nichts bekannt (!)
In eigenen Worten glaubte ich zu wissen, dass Inflationsrate die Ausweitung der Geldmenge über die der Produktionssteigerung ist. Also die Nettogeldvermehrung wenn man das so sagen kann. Als Preissteigerung oder Teuerungsrate hab ich dann als die auf die Preise durchgeschlagene Inflation gesehen.
Mit anderen Worten, wenn in den USA die Geldmenge um 8% p. a. wächst die Preissteigerung und oder Teuerungsrate aber nur 3% p. a. beträgt, dann gibt es am Tag x einen Ruck und die fälligen (mehrjährigen) 5% + Panikaufschlag suchen den Weg zum Verbraucher.
Die Fragerei mag alte Haudegen langweilen, mir mag eine Antwort aber viel Licht bringen.
Gruß von der Prüfungsvorbereitung
bei schlechtestem Lernwetter[img][/img]
Silberfuchs
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Trithemius
12.10.2005, 17:01
@ Silberfuchs
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Re: Ein großer Rechenkünstler hilft womöglich |
-->Ein ehem. Forums-Freund schreibt das (Bezug: destatis-Index) im Systemfehler-Forum:
"Offiziell meldet man im Jahresvergleich 2,5% Teuerung
Schaut man in die Tabelle ergibt sich von September 2004 auf September 2005 eindeitig 2,7%. (109,1-106,4)"
Ist das eindeitig genug?
MfG - Trit
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Silberfuchs
12.10.2005, 17:12
@ Trithemius
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Fragen offen... |
-->>Ein ehem. Forums-Freund schreibt das (Bezug: destatis-Index) im Systemfehler-Forum:
>"Offiziell meldet man im Jahresvergleich 2,5% Teuerung
>Schaut man in die Tabelle ergibt sich von September 2004 auf September 2005 eindeitig 2,7%. (109,1-106,4)"
>Ist das eindeitig genug?
>MfG - Trit
nö, das reicht nicht. Genauer gesagt führt es in die falsche Richtung nämlich in die der weiteren Unklarheit.
Fragen sind: Was ist Inflation und wo liegt der Unterschied zur Teuerungsrate bzw. Preissteigerung oder sind das womöglich alles verschiedene Namen eines einzigen Syndroms/Phänomens?
Ratlos über der Tastatur grübelnder
Silberfuchs
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Popeye
12.10.2005, 17:45
@ Trithemius
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Die Sache mit der Prozentrechnung... |
-->>Ein ehem. Forums-Freund schreibt das (Bezug: destatis-Index) im Systemfehler-Forum:
>"Offiziell meldet man im Jahresvergleich 2,5% Teuerung
>Schaut man in die Tabelle ergibt sich von September 2004 auf September 2005 eindeitig 2,7%. (109,1-106,4)"
>Ist das eindeitig genug?
>MfG - Trit
Die absolute Differenz der beiden Indexwerte ist zwar 2,7, aber die prozentuale Steigerung des Indexwertes von 106,4 (Basis) auf den neuen Wert 109,1 macht 2,538 Prozent aus.
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André
12.10.2005, 17:49
@ Silberfuchs
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Re: Inflation =Teuerungsrate éines Warenkorbes p.a. = Preissteigerung p.a. |
-->= (nicht ganz, sondern nur in etwa, da unterschiedliche Meßgröße) Deflator
Alles andere ist außerhalb der offiziellen Lehrmeinung und Sprachpraxis.
Die Geldmenge und deren Wachstum läßt sich zur Inflationsrate p.a. weder in
eine funktionale noch stochastische Beziehung setzen! Auch wenn einige versponnene Gesellen das meinen.
Also vertraue Deinem Prof., sonst vermasselst Du Dein Examen.:-)
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dottore
12.10.2005, 18:49
@ Silberfuchs
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Re: Erste Teilantwort |
-->Hi Silberfuchs,
>Fragen sind: Was ist Inflation und wo liegt der Unterschied zur Teuerungsrate bzw. Preissteigerung oder sind das womöglich alles verschiedene Namen eines einzigen Syndroms/Phänomens?
Heute ja, historisch nein. Lt. Oxford Dictionary kommt das Wort in USA zum ersten Mal 1838 vor (Barnes):"The property pledge can have no tendency whatever to prevent an inflation of the currency." Damals war das Zeitalter des"Free Banking" und hohe Zeit von Papiergeld (1865 verboten).
Dieses wiederum wurde ununterbrochen gefordert (auch in Europa), um dem"ständigen Mangel an Metallgeld" abzuhelfen.
Daher auch wenig später (1855) in Gold and the Currency:"The astonishing proportion between the amount of paper circulation representing money... has been a matter of serious concern.... (This) inflation of the currency makes prices rise."
Inflation bezeichnet also, was sich auf die Währung (currency) bezieht und nicht auf die Preise. Ende des Jh. verwischen sich dann die Begriffe currency und money. Dabei wird dann mehr auf die"trade needs" abgehoben. E. W. Kemmerer (1918):"Inflation occurs when, at a given price level a country's circulating media - cash and deposit currency - increase relatively to trade needs."
Das Fed-Bulletin definiert 1919 (damals starke US-Preissteigerungen):"Inflation is the process of making addition to currencies not based on a commensurate increase in the production of goods."
In Deutschland spricht man wohl bis WK I von T(h)euerung. Nach WK II ist"Preissteigerung" mehr ein Euphemismus.
Dies als erste Hinweise, schaue noch intensiver nach.
Gruß!
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Silberfuchs
12.10.2005, 19:30
@ André
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Danke für deinen Tipp... |
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>Also vertraue Deinem Prof., sonst vermasselst Du Dein Examen.:-)
Ich werde nach seiner Lehrmeinung antworten, doch wollte ich das mal gedanklich für mich und meinen Umkreis klar haben. Der erste Input vom Meister hier war diesbezüglich schon mal gut [img][/img]
Denn: Was ist Inflation, wenn sie die Teuerungsrate aber nicht das Geldmengenwachstum meint bzw. wie heißt das Geldmengenwachstum über das der Produktionssteigerung hinaus sonst?
Gruß
Silberfuchs
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dottore
13.10.2005, 10:24
@ dottore
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Re: Zweite Teilantwort |
-->Hi Silberfuchs,
der grundsätzliche Artikel, den auch Hajo Riese in seiner Theorie der Inflation, 1986 zugrundelegt:
D. Laidler / M. Parkin, Inflation: A Survey, EJ 1975, 741 ff.
Danach:"Inflation ist ein Prozess steigender Preise oder, gleichbedeutend, eines stetig fallenden Wertes des Geldes."
Riese dazu:"Die Ausarbeitung einer Inflationstheorie verlangt deshalb die theoretische Begründung eines Prozesses der Geldentwertung... Im Zentrum steht dabei die Bestimmung des Preisniveaus als eine monetäre Kategorie, die als makrotheoretischer Ausdruck steigender Güterpreise zugleich die Interaktion von Vermögensmarkt und Gütermarkt ausdrückt..."
Für Riese ist es"unzulässig", den Preisindex der Lebenshaltung von Haushalten der Bestimmung des Preisniveaus zugrunde zu legen. Der Inflationsprozess müsse aus der Interaktion von Geldsphäre und Einkommensbildung"deduziert" werden. Somit seien Vermögens- und Gütermarktsphären bei der Analyse zu trennen.
Gruß!
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Popeye
13.10.2005, 11:14
@ dottore
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Re: Erste Teilantwort |
-->Hier war noch jemand fleißig:
On the Origin and Evolution of the Word Inflation
...leider Thema (etwas) verfehlt....
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Silberfuchs
13.10.2005, 14:28
@ dottore
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teilweise verstanden |
-->>Hi Silberfuchs,
Hi Meister,
>der grundsätzliche Artikel, den auch Hajo Riese in seiner Theorie der
>Inflation, 1986 zugrundelegt:
>D. Laidler / M. Parkin, Inflation: A Survey, EJ 1975, 741 ff.
>Danach:"Inflation ist ein Prozess steigender Preise oder, gleichbedeutend,
>eines stetig fallenden Wertes des Geldes."
mit Preisen sind wohl auch die der allgemeinen Lebenshaltung bspw. aus diesem ominösen Warenkorb gemeint.
Also: Inflation = Teuerungsrate
>Riese dazu:"Die Ausarbeitung einer Inflationstheorie verlangt deshalb die
>theoretische Begründung eines Prozesses der Geldentwertung...
Diese theoretische Begründung ist doch mit der relativ geringeren Knappheit von Geld zu Gütern gegeben, werden letztere weniger schnell als erstetere"vermehrt".
>Im Zentrum steht dabei die Bestimmung des Preisniveaus als eine monetäre
>Kategorie, die als makrotheoretischer Ausdruck steigender Güterpreise
>zugleich die Interaktion von Vermögensmarkt und Gütermarkt
>ausdrückt..."
Hm, er meint die auf die Preise durchschlagende Geldmengenausweitung. Also Teuerungsrate = Inflation.
>Für Riese ist es"unzulässig", den Preisindex der Lebenshaltung von Haushalten
>der Bestimmung des Preisniveaus zugrunde zu legen. Der Inflationsprozess müsse
>aus der Interaktion von Geldsphäre und Einkommensbildung"deduziert" werden.
>Somit seien Vermögens- und Gütermarktsphären bei der Analyse zu trennen.
hmm, *grübel* klingt nicht so als sei die Teuerungsrate (womit ich den bspw. Dönerpreis meine) gleich der Inflationsrate.
Eine überproportionale Ausweitung der Geldmenge gegenüber den Gütern, die jedoch nicht zu direkten Preissteigerungen auf dem Markt führt, wird so lange nicht als Inflation bezeichnet bis das Geldmengenwachstum auf die Preise in Form einer Teuerung durchschlägt?
(Produktivitätsänderungen lasse ich bei dieser Überlegung außen vor)
Dank!
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dottore
13.10.2005, 18:06
@ Silberfuchs
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Re: teilweise verstanden |
-->Hi Fuschs,
>>der grundsätzliche Artikel, den auch Hajo Riese in seiner Theorie der
>>Inflation, 1986 zugrundelegt:
>>D. Laidler / M. Parkin, Inflation: A Survey, EJ 1975, 741 ff.
>>Danach:"Inflation ist ein Prozess steigender Preise oder, gleichbedeutend,
>>eines stetig fallenden Wertes des Geldes."
>mit Preisen sind wohl auch die der allgemeinen Lebenshaltung bspw. aus diesem ominösen Warenkorb gemeint.
Problem liegt im"auch". Der GW kann gegen den"Warenkorb" fallen, aber gegen anderes steigen.
>Also: Inflation = Teuerungsrate
Dann schon Inflationsrate.
>>Riese dazu:"Die Ausarbeitung einer Inflationstheorie verlangt deshalb die
>>theoretische Begründung eines Prozesses der Geldentwertung...
>Diese theoretische Begründung ist doch mit der relativ geringeren Knappheit von Geld zu Gütern gegeben, werden letztere weniger schnell als erstetere"vermehrt".
Tja, was bedeutet"Vermehrung"? Bei Gütern reicht der Druck auf den Knopf"Output" (aber warum wird er gedrückt?). Bei Geld muss - jedenfalls heute - ein zusätzliches Schuldverhältnis her (aber warum verschuldet sich jemand zusätzlich?).
>>Im Zentrum steht dabei die Bestimmung des Preisniveaus als eine monetäre
>>Kategorie, die als makrotheoretischer Ausdruck steigender Güterpreise
>>zugleich die Interaktion von Vermögensmarkt und Gütermarkt
>>ausdrückt..."
>Hm, er meint die auf die Preise durchschlagende Geldmengenausweitung. Also Teuerungsrate = Inflation.
Inflationsrate. Die alten Probleme: Auch Kurse sind Preise (wenn jemand Titel hält, die steigen, weil sie per zusätzlicher Verschuldung, z.B. aus Kurz macht Lang, von einem anderen gesteigert wurden, kann ein wiederum anderer die Titel verkaufen und mit dem Geld entweder Waren (Warenkorb-Güter) kaufen (= die durch Kaufkontrakt entstandene eigene Verschuldung ablösen) oder wieder andere Titel kaufen (Vorgang wie eben). Diese obendrein noch hebeln. Mit der Geldmengen"ausweitung" allein kommen wir nicht weiter.
Angenommen alle Hart IVler beschließen, sich selbst zu versorgen und nehmen den Teil von ALG 2, das für die Versorgung (Güterkauf usw.) gedacht war und kaufen damit just jene Staatspapiere, mit denen Hartz IV finanziert wurde und mit den Zinsen daraus weitere - was dann? (Kontrollen und Herabstufungen mal außen vor).
Oder Vermieter nimmt alle Mieten und kauft/baut immer weitere Mietshäuser. Oder kauft jene Pfandbriefe, mit denen sich andere Vermieter refinanzieren (hebeln)?
>>Für Riese ist es"unzulässig", den Preisindex der Lebenshaltung von Haushalten
>>der Bestimmung des Preisniveaus zugrunde zu legen. Der Inflationsprozess müsse
>>aus der Interaktion von Geldsphäre und Einkommensbildung"deduziert" werden.
>>Somit seien Vermögens- und Gütermarktsphären bei der Analyse zu trennen.
>hmm, *grübel* klingt nicht so als sei die Teuerungsrate (womit ich den bspw. Dönerpreis meine) gleich der Inflationsrate.
Ja. Teuerung = Döner, Inflation kann alles sein.
>Eine überproportionale Ausweitung der Geldmenge gegenüber den Gütern, die jedoch nicht zu direkten Preissteigerungen auf dem Markt führt, wird so lange nicht als Inflation bezeichnet bis das Geldmengenwachstum auf die Preise in Form einer Teuerung durchschlägt?
Problem: Die Güter müssen ausgepreist angeboten werden. Auch da kommt man mit"Proportionalitäten" nicht weiter.
Oder es kommt zu Preissteigerungen auf Märkten, weil vom 31. 12. zum 1. Januar die Markttransaktionssteuern erhöht wurden. 4 Prozent höhere MWSt. ist beachtlich. Erwartung: Mehreinnahmen aus der Steuer um 25 Prozent. Rechnerisch für D und einen Tag: 90 Mio. Die"nachfragewirksame" Geldmenge kann unmöglich in diesen 24 Stunden zusätzlich gestiegen sein (Banken zu, ZB zu, Börsen zu, nur Geldautomaten auf). Der Statistiker sieht aber an diesem Tag einen Mega-Inflationsschub - in den Angebotspreisen, denn nur diese können sie messen, nicht in den realisierten (sie gehen davon aus, dass die sich schon"irgendwie" realisieren, was nicht stimmt und sich der"Warenkorb" - als gefüllt, ergo voller gekaufter Waren - auch dauernd ändert).
Die Käufer könnten sich per Geldautomat, Cashkarten usw. durchaus verflüssigen, aber werden sie das tun? Gleiche Umsätze wie am 1. 1. im Jahr davor? Oder entsprechend gestiegene, da auch gleichviel Waren wechseln? Nebel, weiß nicht.
Letztlich gilt @Popeyes Maxime: Jeder will nur eins - arbeitsloses Einkommen. So fing das"Wirtschaften" an und so wird's wieder enden. Preis"tendenz" bei Monopoloid-Strukturen aufwärts (Beispiel: Energie), bei Polypol-Strukturen abwärts (Beispiel: Milchpreis der Bauern).
Oder (ganz persönlich):"Meine" Geldmenge ist heute auf ATH, meine Güterkäufe sind auf ATL.
>(Produktivitätsänderungen lasse ich bei dieser Überlegung außen vor)
Danke.
Noch zur"Inflation" (steigende Preise): Definiert als Gegensatz zur"Deflation" (fallende Preise). Was passiert bei Infla mit Schuldverhältnissen? Bleiben vermutlich valid, da Schuldendruck geringer wird. Gläubiger verliert, Schuldner gewinnt. Bei Defla kann der Gläubiger nur gewinnen (und einer muss bei Schuldverhältnissen gewinnen, der andere verlieren), wenn der Schuldner nicht pleite geht. Da helfen auch die"Sicherheiten" (die der Schuldner verliert) kaum, denn die fallen mit.
Das Grundproblem: Der Kreditnachfrager können sich Kredit nicht mit Hilfe höherer Zins-Bietungen"kaufen". Genausowenig wie sich Arbeiter mit niedrigeren Lohnforderungen Lohnzahlungen (Arbeitsplätze)"kaufen" können. Auch der Staat kann sich nicht durch niedrigere Preise (Steuersätze) mehr Steuereinnahmen"kaufen". Ohne Kauf kein realisierter Preis. Aber das führt zu weit weg vom Problem, sorry.
Gruß!
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