Der Einarmige Bandit
15.11.2005, 16:16 |
Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? Thread gesperrt |
-->Hallo Forum!
Habe gestern die Rede vom franz. Staatspräsident Jaque Chriac mitverfolgt. Chirac sprach in dieser Rede sinngemäß von einer"Sinnkrise" die die Bürger und das Land befallen hat. Nachdem ich weiss, dass hier im Forum schlaue Leute sind wendet sich der Bandit vertrauensvoll an dieses Forum mit der Bitte um Aufklärung:
Was ist eine"Sinnkrise"?
Kann es sein, dass die"Sinnkrise" von der Chirac hier faselt nichts anderes ist als ein anderer Ausdruck mangelnde Geldmittel des Staates bzw. langsam zur Neige gehende Aufschuldungsmöglichkeiten sind um die Bürger im Lande zufrieden zu stellen und damit ruhig und unter Kontrolle zu halten?
Kann es sein, dass der gute Herr Chirac hier versucht die ökonomischen und finanziellen Probleme der stolzen 5. Republik auf eine philosophisch-methaphysische Ebene zu heben und sie damit zu verschleiern?
Kann die Sinnkrise in Frankreich dadurch behoben werden indem die Banque de France endlich anfängt den zinslosen und nicht rückzahlbaren Zentralbankkredit in ihr Produktportfolio aufzunehmen?
Macht das SINN?
Abschlussfrage: Kann es auch in anderen europäischen Ländern (z.B. Deutschland) zu solchen"Sinnkrisen" kommen?
Gruß
der einarmige Bandit
P.S. Der Begriff"Sinnkrise" kommt ab sofort in meinen Wortschatz unter der Rubrik"French Doublespeak"
George Orwell (1984) rotiert bereits in seinem Grabe.
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Cujo
15.11.2005, 16:43
@ Der Einarmige Bandit
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Re: Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? |
-->>Hallo Forum!
>Habe gestern die Rede vom franz. Staatspräsident Jaque Chriac mitverfolgt. Chirac sprach in dieser Rede sinngemäß von einer"Sinnkrise" die die Bürger und das Land befallen hat. Nachdem ich weiss, dass hier im Forum schlaue Leute sind wendet sich der Bandit vertrauensvoll an dieses Forum mit der Bitte um Aufklärung:
>Was ist eine"Sinnkrise"?
>Kann es sein, dass die"Sinnkrise" von der Chirac hier faselt nichts anderes ist als ein anderer Ausdruck mangelnde Geldmittel des Staates bzw. langsam zur Neige gehende Aufschuldungsmöglichkeiten sind um die Bürger im Lande zufrieden zu stellen und damit ruhig und unter Kontrolle zu halten?
>Kann es sein, dass der gute Herr Chirac hier versucht die ökonomischen und finanziellen Probleme der stolzen 5. Republik auf eine philosophisch-methaphysische Ebene zu heben und sie damit zu verschleiern?
>Kann die Sinnkrise in Frankreich dadurch behoben werden indem die Banque de France endlich anfängt den zinslosen und nicht rückzahlbaren Zentralbankkredit in ihr Produktportfolio aufzunehmen?
>Macht das SINN?
>Abschlussfrage: Kann es auch in anderen europäischen Ländern (z.B. Deutschland) zu solchen"Sinnkrisen" kommen?
>Gruß
>der einarmige Bandit
>P.S. Der Begriff"Sinnkrise" kommt ab sofort in meinen Wortschatz unter der Rubrik"French Doublespeak"
>George Orwell (1984) rotiert bereits in seinem Grabe.
Moin,
vielleicht meint Chirac mit"Sinnkrise" (auch"Identitätskrise") die zunehmende Angst und Depression des postmodernen Individuums. Natürlich kann er den Fokus auf die"philosophisch-metaphysische Ebene" richten, andererseits wird es ihm dabei kaum gelingen das"Realphänomen""Ã-konomie" langfristig zu"verschleiern".
Ich halte Chirac's"Diagnose" für überholt: Das melancholische Leiden an der Sinnlosigkeit des Menschen ist in der Postmoderne selbst sinnlos geworden. Der schwindende Glaube in die ordnenden Strukturen der menschlichen Rationalität ist LÄNGST offenbar. Die Prinzipien nach denen im Westen gelebt wurde, sind in die (Sinn-) krise geraten. Willkommen in der (ökonomischen) Wüste des Realen, Herr Chirac.
Wie sagte mein alter Lehrer Hösle?
"Without identity crisis, progress of individuals and institutions would not take place; therefor, identity crisis have not to be avoided, but to be handled in the right way. One can even say that a deeper identity is always the result of the mastering of an identity crisis."
Gruß
Cujo
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nereus
15.11.2005, 16:46
@ Der Einarmige Bandit
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Re: Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? - Bandit |
-->Hallo Bandit!
Du schreibst: Chirac sprach in dieser Rede sinngemäß von einer"Sinnkrise" die die Bürger und das Land befallen hat.
Das dürfte hinkommen. In Deutschland existiert ein ähnliches Phänomen.
Was ist eine"Sinnkrise"?
Das ist eine Krise der Denkweise/Gesinnung.
Kann es sein, dass die"Sinnkrise" von der Chirac hier faselt nichts anderes ist als ein anderer Ausdruck mangelnde Geldmittel des Staates bzw. langsam zur Neige gehende Aufschuldungsmöglichkeiten sind um die Bürger im Lande zufrieden zu stellen und damit ruhig und unter Kontrolle zu halten?
Die Sinnkrise hat sicherlich auch ihre Ursachen in dem wachsenden Unvermögen die Bürger des Landes zufrieden zustellen.
Kann es sein, dass der gute Herr Chirac hier versucht die ökonomischen und finanziellen Probleme der stolzen 5. Republik auf eine philosophisch-methaphysische Ebene zu heben und sie damit zu verschleiern?
Nein, der Herr Chirac hat das schon richtig erkannt.
Das nimmer endende Konsumtollhaus mit staatlichen Wohltaten hat dumpfe und gefräßige Verbraucher erzeugt, welche mit Vorliebe die Taschen aufhalten. Das ist aber kein rein französisches Problem - die gibt's hier auch.
Das negiert natürlich keinesfalls die katastrophische Finanzpolitik des Staates an sich.
Abschlussfrage: Kann es auch in anderen europäischen Ländern (z.B. Deutschland) zu solchen"Sinnkrisen" kommen?
Die Sinnkrise hierzulande hat noch ein ganz anderes Kaliber.
Das hängt mit dem nicht endenwollenden Schuldkult zusammen und hat selbstverständlich auch finanzielle Hintergründe, gell?
Wenn diesbezüglich einst die Dämme brechen sollten, müssen sich einige Leute sehr warm anziehen.
Aus diesem Grund wird ja gerade das Personal eingebuchtet, was in dieser Hinsicht gefährlich werden könnte.
mfG
nereus
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Holmes
15.11.2005, 17:10
@ Der Einarmige Bandit
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Re: Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? |
-->>Was ist eine"Sinnkrise"?
Wenn man den Sinn des Ganzen nicht mehr akzeptiert bzw. erkennt, dass der vorgebliche Sinn nicht mehr funktioniert.
Bisher: Alles ist gut, denn der Markt und der Staat werden's schon richten. Die"unsichtbare Hand" macht das schon (oder der Staat). Nur nicht aufregen, ruhig bleiben und ja nicht selber anfangen zu denken. DAS machen wir schon für euch, die Politiker und die Manager.
Jetzt: Man erkennt, dasss weder Politiker noch Manager Ahnung haben und es"können", sondern dass der Fisch mal wieder am Kopf stinkt. Während der kleine Mann immer schön solidarisch sein soll, merkt er, dass"die da oben" es eben nicht sind (Kürzungen von versprochenen Leistungen, Entlassungen, Wirtschaftsverbrechen, Korruption, Parteispenden etc.).
Fazit: Der grosse Teil der Bevölkerung zweifelt am Sinn der Veranstaltung, die vorgibt, für alle gut zu sein, es aber nur für wenige ist.
Und jetzt haben sie langsam Probleme, denn wie sollen Manager und Politiker den Bürgern klar machen, dass sie die goldenen Zeiten nicht wieder zurückholen können? Welcher Spruch zieht noch? In USA versucht man mit der Bedrohung durch den Terrorismus am Ruder zu halten, was wird es in Europa sein? Die Vogelgrippe?
Beste Grüsse,
Holmes
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sensortimecom
15.11.2005, 17:16
@ Der Einarmige Bandit
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Re: Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? |
-->[b]Hallo.
Die gegenwärtige"Sinnkrise" ist fast in der gesamten Welt verbreitet, und hängt damit zusammen, dass der extrem materialistische"postmoderne" Mensch keine Antwort auf seine Fragen bekommt:
WOHER komme ich
WAS bin ich
WOHIN gehe ich
Außerdem existiert keine Wissenschaft, keine Ideologie, aber auch keine Religion, die ihm eine zufriedenstellende Zukunftsvision geben kann.
Also beginnt der"postmoderne Mensch", nachdem er alle Phasen von Hoffungslosigkeit, Enttäuschung und Depression durchgemacht hat, zunehmend durchzudrehen und wild auf alles loszudreschen.
Diese soziale Entwicklung hat kein Marx, kein Lenin, kein Mao, kein Bakunin, kein Marcuse und auch kein Trotzki vorausgesehen. Höchstens noch Cioran oder Ulrich Horstmann;-(
Erich B.
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Holmes
15.11.2005, 17:37
@ sensortimecom
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Re: Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? |
-->Hi Erich,
die Grundfragen schön auf den Punkt gebracht:
WOHER komme ich: aus dem Nichts
WAS bin ich: ein Mensch, der sich dessen bewusst ist
WOHIN gehe ich: ins Nichts
Seit in der modernen Zeit keiner mehr an die Märchen von Paradies und Hölle glaubt (ausser den Selbstmordattentätern), kriegt man mit, dass die Geschichte doch immer nur aus einem besteht: zu versuchen, andere für sich arbeiten zu lassen.
Das Ziel, die Welt für die, die nach uns kommen, in einer besseren Verfassung zu hinterlassen, wird von den"Vorbildern" nicht verfolgt (Nach uns die Sintflut!).
Chaos ist zwar keine Lösung, wohl aber die Hoffnung, sich vorm dem Ableben noch an der Welt rächen zu können (was auch nix hilft und meistens noch Unschuldige trifft).
Beste Grüsse,
Holmes
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Tassie Devil
15.11.2005, 19:37
@ Der Einarmige Bandit
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Re: Die"Sinnkrise" |
-->>Hallo Forum!
Hi Einarmiger,
>Habe gestern die Rede vom franz. Staatspräsident Jaque Chriac mitverfolgt. Chirac sprach in dieser Rede sinngemäß von einer"Sinnkrise" die die Bürger und das Land befallen hat. Nachdem ich weiss, dass hier im Forum schlaue Leute sind wendet sich der Bandit vertrauensvoll an dieses Forum mit der Bitte um Aufklärung:
>Was ist eine"Sinnkrise"?
Eine Aenderung der Auffasssungs- und Denkweise eines menschlichen Individuums,
eine Diskontinuance in seinem bisherigen geistigen Gepraege.
>Kann es sein, dass die"Sinnkrise" von der Chirac hier faselt nichts anderes ist als ein anderer Ausdruck mangelnde Geldmittel des Staates bzw. langsam zur Neige gehende Aufschuldungsmöglichkeiten sind um die Bürger im Lande zufrieden zu stellen und damit ruhig und unter Kontrolle zu halten?
Chirac versuchte mit seinem sinnlichen Angriff auf die Buerger Monsieur et Madame Dupont vom eigentlichen Problem abzulenken, naemlich einer Krise des franz. Staates, die sich gewaschen hat, taktisch klug dabei gleichzeitig von den wahren Schuldigen der Krise abzulenken, um sie den beiden Buergern in die Schuhe zu schieben.
Die diagnostizierte"Sinnkrise" ist sicherlich nicht nur aber auch durch die aktuelle Situation der franz. Staatsfinanzen verursacht.
>Kann es sein, dass der gute Herr Chirac hier versucht die ökonomischen und finanziellen Probleme der stolzen 5. Republik auf eine philosophisch-methaphysische Ebene zu heben und sie damit zu verschleiern?
Ja, zweifellos, das ist die Strategie und die Absicht dahinter.
>Kann die Sinnkrise in Frankreich dadurch behoben werden indem die Banque de France endlich anfängt den zinslosen und nicht rückzahlbaren Zentralbankkredit in ihr Produktportfolio aufzunehmen?
>Macht das SINN?
Nur zu, das macht durchaus Sinn.
>Abschlussfrage: Kann es auch in anderen europäischen Ländern (z.B. Deutschland) zu solchen"Sinnkrisen" kommen?
Aber ja doch!
In der BRDDR wuerde ich allerdings nicht von einer"Sinnkrise" sprechen, es bliebe dem Durchschnittsbuerger auch unverstaendlich, einen brodelnden und vor der sicheren Explosion stehenden Kessel"Sinnkrise" zu taufen.
>Gruß
>der einarmige Bandit
>P.S. Der Begriff"Sinnkrise" kommt ab sofort in meinen Wortschatz unter der Rubrik"French Doublespeak"
>George Orwell (1984) rotiert bereits in seinem Grabe.
Gruss
TD
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bernor
15.11.2005, 19:52
@ Der Einarmige Bandit
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Re: Bitteschön, was ist eine"Sinnkrise"? |
-->Hi,
was Chirac mit"Sinnkrise" gemeint hat, sollte man nicht allzu"philosophisch" auslegen; die eigentliche Bedeutung liegt näher:
Chirac hat, wie alle französischen Politiker, jene Staatsräson, wonach es ungeachtet jeglicher Unterschiede nur die"Republik" und"die Franzosen" gibt, nicht nur eingeprägt bekommen, sondern auch gelernt, diese, zumindest nach außen hin,"vorzuleben" (wenn auch die entsprechende präsidiale Pose bei ihm, verglichen mit de Gaulle oder Mitterand, eher aufgesetzt wirken mag) - dieses Bild ist jetzt auch aller Deutlichkeit, weil in aller Ã-ffentlichkeit zerbrochen; die republikanische Leitidee ist nur noch erkaltete Luft.
Das politische Frankreich scheint realisiert zu haben, daß auch seine"Puppe aus frühen Kindertagen", die Trikolore, nur aus Holz und Stoff und ein bißchen Farbe besteht.
Gruß bernor
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Tassie Devil
16.11.2005, 02:05
@ Holmes
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Re: Die Standardfragen der Nihilisten |
-->Hi Holmes,
>Hi Erich,
>die Grundfragen schön auf den Punkt gebracht:
>WOHER komme ich: aus dem Nichts
>WAS bin ich: ein Mensch, der sich dessen bewusst ist
>WOHIN gehe ich: ins Nichts
das sind die Standardgrundfragen und ihre Antworten der neuzeitlichen Nihilisten im Konsumentenparadies.
Vergangenheit Null, Zukunft Null, Gegenwart Null, die Produktion idealsozialistischer Umtriebigkeit.
>Seit in der modernen Zeit keiner mehr an die Märchen von Paradies und Hölle glaubt (ausser den Selbstmordattentätern), kriegt man mit, dass die Geschichte doch immer nur aus einem besteht: zu versuchen, andere für sich arbeiten zu lassen.
Es geht bei vielen, jedoch nicht bei allen, nicht nur um Sein oder Nichtsein von Himmel und Hoelle, es geht um Nihilismus, Nichts, Null, Niente.
Bei dieser aeusserst langweilig profanen Lebensweise versuchen diese Kreaturen
nicht nur, andere fuer sich arbeiten zu lassen, nein, sie wollen andere dominieren und beherrschen, und das ist bei weitem etwas anderes.
>Das Ziel, die Welt für die, die nach uns kommen, in einer besseren Verfassung zu hinterlassen, wird von den"Vorbildern" nicht verfolgt (Nach uns die Sintflut!).
Es wird sogar konterkariert, weil sie sich daraus eigene Vorteile errechnen.
>Chaos ist zwar keine Lösung, wohl aber die Hoffnung, sich vorm dem Ableben noch an der Welt rächen zu können (was auch nix hilft und meistens noch Unschuldige trifft).
Ganz so unschuldig sind Unschuldige zumindest manchmal nicht.
>Beste Grüsse,
>Holmes
Dito
TD
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Holmes
17.11.2005, 14:39
@ Tassie Devil
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Re: Die Standardfragen der Nihilisten - Tassie Devil |
-->Hi TD!
>>WOHER komme ich: aus dem Nichts
>>WAS bin ich: ein Mensch, der sich dessen bewusst ist
>>WOHIN gehe ich: ins Nichts
>das sind die Standardgrundfragen und ihre Antworten der neuzeitlichen Nihilisten im Konsumentenparadies.
>Vergangenheit Null, Zukunft Null, Gegenwart Null, die Produktion idealsozialistischer Umtriebigkeit.
Mmh, ich dachte eigentlich eher an die Position der östlichen Philosophien (Buddhismus, Zen). Die scheinen mit der Situation und dieser Deutung aber besser klar zu kommen, als der westliche Konsument.
Mein Punkt ist, dass der planende Mensch irgendwie seine Ziele finden muss, nach denen er sein Leben ausrichtet. Das Ziel GOTT ist im Westen nicht mehr breit anerkannt. Den reinen Hedonismus kann sich die Masse nicht leisten und die es können, ist langweilig.
Was sind die Auswege? Machtausübung ist sicher einer, der oft gewählt wird, weil er geistig sehr stimulierend wirkt. Gleichzeitig ist damit oft auch eine angenehme Lebensweise verbunden (obwohl z.B. Hitler recht wenig Luxus sein eigen nannte und eher bescheiden lebte). Das Interessante an der Machtposition ist auch das Ausfüllen des Sinn-Vakuums. Denn jetzt ist allein das An-der-Macht-bleiben so beschäftigend, dass man für was anderes sowieso keine Zeit hat. Global gesehen ist an der Macht bleiben zwar (noch) kein gutes Ziel, aber es erfüllt den subjekten Zweck, überhaupt ein Ziel zu haben.
Fazit: es gibt keine Visionen von einer besseren Welt, sondern das einzige Ziel, was die Verantwortlichen verfolgen ist, solange wie möglich an der Macht zu bleiben, egal, ob sie etwas positives oder negatives zum Lauf der Welt beizutragen haben. Keiner tritt freiwillig zurück, weil ihm nichts mehr einfällt. Im Zweifelsfall fordert man eine Rolle rückwärts.
>>Chaos ist zwar keine Lösung, wohl aber die Hoffnung, sich vorm dem Ableben noch an der Welt rächen zu können (was auch nix hilft und meistens noch Unschuldige trifft).
>Ganz so unschuldig sind Unschuldige zumindest manchmal nicht.
Ich meinte mit den Unschuldigen die sogenannten"Kollateralschäden", die nur das Pech hatten, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, wie z.B. den Rentner, der in Paris zu Tode geprügelt wurde.
Beste Grüsse,
Holmes
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Tassie Devil
18.11.2005, 01:38
@ Holmes
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Re: Die Standardfragen der Nihilisten - Holmes |
-->>Hi TD!
Hi Holmes
>>>WOHER komme ich: aus dem Nichts
>>>WAS bin ich: ein Mensch, der sich dessen bewusst ist
>>>WOHIN gehe ich: ins Nichts
>>das sind die Standardgrundfragen und ihre Antworten der neuzeitlichen Nihilisten im Konsumentenparadies.
>>Vergangenheit Null, Zukunft Null, Gegenwart Null, die Produktion idealsozialistischer Umtriebigkeit.
>Mmh, ich dachte eigentlich eher an die Position der östlichen Philosophien (Buddhismus, Zen). Die scheinen mit der Situation und dieser Deutung aber besser klar zu kommen, als der westliche Konsument.
Ja, wahrscheinlich ist das so. Ich vermute auch deshalb, weil man sich im westlichen Konsumentenstadl genuegend aufgeklaert und geBILDet glaubt."Ich weiss, dass ich nichts weiss" ist nebst anderen Feinheiten leider auch verloren gegangen.
>Mein Punkt ist, dass der planende Mensch irgendwie seine Ziele finden muss, nach denen er sein Leben ausrichtet. Das Ziel GOTT ist im Westen nicht mehr breit anerkannt. Den reinen Hedonismus kann sich die Masse nicht leisten und die es können, ist langweilig.
>Was sind die Auswege? Machtausübung ist sicher einer, der oft gewählt wird, weil er geistig sehr stimulierend wirkt. Gleichzeitig ist damit oft auch eine angenehme Lebensweise verbunden (obwohl z.B. Hitler recht wenig Luxus sein eigen nannte und eher bescheiden lebte). Das Interessante an der Machtposition ist auch das Ausfüllen des Sinn-Vakuums.
Einspruch. Der Sinn ist kein Vakuum, aber seine Fuellung wird dem Menschen wohl
auf ewig verborgen bleiben. Deshalb waehlt er sich ja ein Ziel, damit er das sichtbar vermutete Vakuum mit Sinn, ggf. nach seinem ureigensten gusto, fuellen kann.
>Denn jetzt ist allein das An-der-Macht-bleiben so beschäftigend, dass man für was anderes sowieso keine Zeit hat. Global gesehen ist an der Macht bleiben zwar (noch) kein gutes Ziel, aber es erfüllt den subjekten Zweck, überhaupt ein Ziel zu haben.
>Fazit: es gibt keine Visionen von einer besseren Welt, sondern das einzige Ziel, was die Verantwortlichen verfolgen ist, solange wie möglich an der Macht zu bleiben, egal, ob sie etwas positives oder negatives zum Lauf der Welt beizutragen haben. Keiner tritt freiwillig zurück, weil ihm nichts mehr einfällt. Im Zweifelsfall fordert man eine Rolle rückwärts.
Ja, so ist das bei den"Verantwortlichen", zumindest bei den allermeisten, wobei das negative auch noch bei weitem ueberwiegt. Eine demagogische Staatsmafia allererster Guete.
>>>Chaos ist zwar keine Lösung, wohl aber die Hoffnung, sich vorm dem Ableben noch an der Welt rächen zu können (was auch nix hilft und meistens noch Unschuldige trifft).
>>Ganz so unschuldig sind Unschuldige zumindest manchmal nicht.
>Ich meinte mit den Unschuldigen die sogenannten"Kollateralschäden", die nur das Pech hatten, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, wie z.B. den Rentner, der in Paris zu Tode geprügelt wurde.
Solcher Art Unschuldstragoedien hatte ich auch nicht im Visier.
>
>Beste Grüsse,
>Holmes
Dito
TD
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Holmes
18.11.2005, 11:55
@ Tassie Devil
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Re: Die Standardfragen der Nihilisten - Tassie Devil |
-->Hi TD!
>Ich vermute auch deshalb, weil man sich im westlichen Konsumentenstadl genuegend aufgeklaert und geBILDet glaubt."Ich weiss, dass ich nichts weiss" ist nebst anderen Feinheiten leider auch verloren gegangen.
Ich vermute auch, dass nur sehr wenige noch über solche Dinge Bescheid wissen und von den allgegenwärtigen Medien dermassen zugepumpt werden, dass für eigenes Denken kaum Zeit und Platz bleibt. Wozu auch selber nachdenken, wenn man seine Meinung doch mit der Zeitung geliefert bekommt?
>>Das Interessante an der Machtposition ist auch das Ausfüllen des Sinn-Vakuums.
>Einspruch. Der Sinn ist kein Vakuum, aber seine Fuellung wird dem Menschen wohl
>auf ewig verborgen bleiben. Deshalb waehlt er sich ja ein Ziel, damit er das sichtbar vermutete Vakuum mit Sinn, ggf. nach seinem ureigensten gusto, fuellen kann.
Ich habe mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich wollte sagen, dass in früheren Zeiten der"Sinn" von der Kirche vorgegeben wurde und damit die Antworten auf die Fragen WOHER-WAS-WOHIN geklärt waren. Heuzutage ist das nicht mehr so einfach. Zwar bietet die Philosophie und die Wissenschaft reichlich Material zum Selberdenken an, aber auch dies will gelernt sein. Letztlich bleiben immer Zweifel, die man als Selbst-Denkender aushalten muss, Gewißheit ist eine Illusion.
So muss also der gemeine Mensch losgehen und sich einen Sinn suchen und seine persönliche Antwort finden. Wie werde ich ein"guter" Mensch? Wie werde ich glücklich? Wie möchte ich die Welt haben und was kann ich dazu beitragen? = Wie kann ich die Welt verbessern?
Und dann wird einem langsam klar, dass man als kleiner ohnmächtiger Normalo null Chance hat, an den wesentlichen Dingen etwas zu ändern. Und dass die"Mächtigen" ganz andere Probleme für sich sehen und scheinbar extrem kurzsichtig handeln bzw. die Lage nur für sich ausnutzen. Wieso soll dann der kleine Mann noch ruhig bleiben, immer schön bezahlen, obwohl er merkt, dass ein falsches Spiel gespielt wird?
Das wirklich Dumme ist, dass es eigentlich keine Wunschalternative zum Staatswesen gibt. Wer will denn zurück in die Substistenz? In Europa? Geht das überhaupt technisch?
Beste Grüsse,
Holmes
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