moneymind
30.11.2005, 20:02 |
DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik - Frage Thread gesperrt |
-->Hi,
ich beziehe mich auf einen thread der letzten Tage, in dem mögliche Ursprünge des Geldes diskutiert wurden, und auf einen kurzen Thread mit Hinweis auf den peruanischen Entwicklungsökonomen Hernando DeSoto (Buch:"The Mystery of Capital"), außerdem auf ein früheres posting von mir (http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/324792.htm).
weissgarnix hat auf Ähnlichkeiten von DeSotos Konzeption und Heinsohn/Steigers und dottores Ansätzen hingewiesen, die darin bestehen, daß alle drei Ansätze Eigentum als Kreditsicherungsinstrument (collateral) und vollstreckbare Kontrakte, in deren Rahmen Schuldner bei Nichtleistung Eigentum legal verlieren können, als eine unverzichtbare Grundlage für jegliche Modernisierungsdynamik (und im Übrigen für jegliche Entrepreneurship in größerem Rahmen) erkennen. Diogenes hat hinzugefügt, daß DeSoto sich mit dem Zusammenhang von Eigentum und Geld nicht detailliert beschäftigt.
Ein weiterer Unterschied zwischen H/S + dottore und DeSoto scheint darin zu bestehen, daß DeSotos Interesse vor allem auf praktische Anwendung seiner Erkenntnisse ausgerichtet ist - er möchte seinem Heimatland Peru und anderen"Entwicklungsländern" den Weg zu dem Wohlstand ebnen, den er während seines Ã-konomiestudiums in der Schweiz genießen konnte. Die Hauptziele von H/S und dottore scheinen mir dagegen eher in theoretischer Schlüssigkeit (mehr oder weniger als Selbstzweck) zu liegen (korrigiert mich bitte, falls ich mit dieser Vermutung danebenliegen sollte).
Darüber, wie Geld und - was mich hier in erster Linie interessiert - geldwirtschaftliche Entwicklungs- und Modernisierungsdynamik - historisch entstanden sein mögen, läßt sich sicherlich trefflich spekulieren, und es lassen sich verschiedene mehr oder weniger schlüssige und plausible Szenarien entwickeln. Befriedigend überprüfen lassen sich solche historischen Szenarien sicher nur bedingt.
Die Nagelprobe dafür, wie adäquat solche Szenarien sind, sehe ich daher eher in einem praktischen Experiment: wer die historische Entstehung von Geld und geldwirtschaftlicher Entwicklungs-/Modernisierungsdynamik (techn. Fortschritt, relativer"Wohlstand" --> der sog."Reichtum der Nationen" etc.) erklären kann, müßte ja auch angeben können, welche Schritte man unternehmen müßte, um eine solche Entwicklungsdynamik dort, wo sie bisher gefehlt hat, in Gang zu setzen.
Und der Erfolg oder Mißerfolg solcher Maßnahmen ließe sich durchaus auch praktisch überprüfen.
Daher meine Frage an die Kontrahenten der Geldentstehungsdebatte (und alle anderen Interessierten):
Was würdet ihr auf der Basis Eures jeweiligen Modells der Entstehung geldwirtschaftlicher Entwicklungsdynamik einem"Entwicklungsland" raten, das eine solche Modernisierungsdynamik"installieren" möchte? Welche Maßnahmen sollte es treffen, und in welcher Reihenfolge? Anders gefragt, wie sähe Euer entwicklungs-/modernisierungspolitisches Programm aus? Und gibt es Beispiele für ähnliche Programme, die zum Erfolg geführt haben?
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Holmes
30.11.2005, 20:59
@ moneymind
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik - Frage |
-->>Daher meine Frage an die Kontrahenten der Geldentstehungsdebatte (und alle anderen Interessierten):
>Was würdet ihr auf der Basis Eures jeweiligen Modells der Entstehung geldwirtschaftlicher Entwicklungsdynamik einem"Entwicklungsland" raten, das eine solche Modernisierungsdynamik"installieren" möchte? Welche Maßnahmen sollte es treffen, und in welcher Reihenfolge? Anders gefragt, wie sähe Euer entwicklungs-/modernisierungspolitisches Programm aus? Und gibt es Beispiele für ähnliche Programme, die zum Erfolg geführt haben?
Superkurze Antwort: Sieh' Dir China an.
In der Sendung"Diktatur des Kapitals" (siehe Link) wurde Heinsohn gefragt, wie sich der Erfolg der Chinesen als quasi Diktatur mit der freiheitlichen Ausrichtung der Marktwirtschaft verträgt. Und Heinsohn hat gesagt: dass was China macht, hat Preussen ab 1810 gemacht.
Hardenberg hat viele Reformen durchgebracht:
"Mit einem klaren Konzept, angelehnt an das französische Vorbild und mit viel Standfestigkeit verwirklichte Hardenberg in Ansbach die ersten Anfänge eines modernen rechtstaatlichen Systems. Faule und unfähige Beamte wurden gefeuert, die Korruption damit zurückgedrängt. Einige Vorrechte des Adels wurden beschnitten. Sein Ziel war es, die Leibeigenschaft der Bauern aufzuheben. Er kümmerte sich um die Beseitigung der Handels- und Zollschranken, sowie um die Verbesserung des Bildungssystems."
Die Geschichte von Preussen und Königin Luise ist eine sehr lehrreiche Lektion in Punkto Gesellschaftsreform. Leider wird Angie wohl keine zweite Luise...
Beste Grüsse,
Holmes<ul> ~ Diktatur des Kapitals</ul> |
moneymind
30.11.2005, 22:07
@ Holmes
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Re: China+Stein/Hardenberg |
-->Hi Holmes,
danke für die Hinweise. Ich kenne Heinsohns wi-theoretische Ansichten und teile sie in wichtigen Punkten auch. Was Entwi-Politik angeht, z.B. in Bezug auf Eigentum+Zivilrecht als notwendigen Schritt, wenn ich auch der Meinung bin, daß das allein nicht ausreichen würde und man sich da schon noch etwas genauere Gedanken machen müßte.
Meine Frage richtet sich auch an die Geldtheoretiker, die Heinsohns und dottores Auffassung nicht teilen, wie Dimi, Reinhard Deutsch und andere. Mich würde interessieren, ob die auch einen Zusamenhang zwischen Geld und Modernisierungsdynamik sehen, und was sie auf der Basis ihrer Geldentstehungstheorie (bzw. Wi-Theorie insgesamt) den Entwicklungsländern empfehlen würden, um eine Modernisierungsdynamik in Gang zu bringen.
Einfach, um mal zu vergleichen, ob aus den hier oft so heiß debattierten theoretischen Meinungsverschiedenheiten z.B. zum Geldbegriff und Geldursprung auch unterschiedliche Handlungsanweisungen für eine praktische Problemstellung (hier: Entwi-Politik) folgen, und falls ja, wie unterschiedlich diese dann ausfallen.
Gruß
moneymind
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Holmes
30.11.2005, 23:40
@ moneymind
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Re: Grameen-Bank |
-->Hi moneymind,
was mir auch noch ein sehr interessanter Ansatz ist, sind die Bemühungen der Grameen-Bank. Ich habe das schon mal gepostet, deswegen hier nur noch der Hinweis. Extrem erfolgreich und sehr beeindruckendes Konzept. Im Prinzip läuft es darauf hinaus, die Armen zu selbstständigen Unternehmern zu machen. Ein Modell, was auch für uns mal angedacht werden sollte.
Das Buch"Die Grameen-Bank" von dem Gründer Muhammad Yunus (der eigentliche Wirtschaftsprof ist und sich fragte, warum es in seinem Heimatdorf in Bangaldesh soviele Arme gibt) ist sehr empfehlenswert.
Beste Grüsse,
Holmes
<ul> ~ Grameen Bank</ul>
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moneymind
01.12.2005, 00:57
@ Holmes
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Re: Grameen-Bank + wozu debitistische Entwi-Politik? |
-->Hi Holmes,
ja, das Grameen Konzept hatte ich mir vor einiger Zeit auf Deinen damaligen Hinweis hin (nochmal schönen Dank dafür) mal angesehen (hatte hier eine kurze erste Einschätzung gepostet: http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/325697.htm ). Leider konnte ich mir das Buch von Yunus noch nicht genauer ansehen, bin leider derzeit beruflich ziemlich eingebunden und habe momentan einfach zuwenig Zeit, viel zu lesen.
Es scheint mir aber - zusammen mit DeSotos Ansätzen - zu den interessantesten Entwicklungskonzepten zu zählen, das sehe ich ähnlich wie Du.
Vielleicht noch ein paar Sätze dazu, warum ich mich so sehr für entwicklungspolitische Strategien und entwi-politische Anwendungen alternativer Wi-Theorien wie der von H/S oder dottore interessiere:
Ausgangslage:
1. Viele Entwicklungsländer haben heute laut Heinsohns Analyse ("Söhne und Weltmacht") ein"youth bulge problem".
Durch über längere Zeit sehr höhe Geburtenraten > 4-5 Kinder pro Frauenleben entstand das Problem, daß für die nachwachsenden nicht ebensoschnell gesellschaftliche Positionen und damit sinnvolle Aufgaben geschaffen wurden.
Die jungen Männer haben also nichts zu tun und neigen - laut Heinsohn - dann, wenn sie gleichzeitig gut ernährt, gut ausgebildet und ehrgeizig sind, zu Gewalt, die sich in Form von Bürgerkriegen, Genoziden, Eroberungen und Kolonisierung ebenso entladen kann wie in Terrorismus (Heinsohn erklärt so u.a. auch die islamistischen Selbstmordattentäter - die islamische Welt hatte über die letzten Jahrzehnte hinweg konstant sehr hohe Geburtenrate bei stagnierender wirtschaftlicher Entwicklung, was das youth bulge problem extrem verschärft hat). Gleichzeitig sind die jungen Männer laut Heinsohn anfällig dafür, diese Gewalt mit (relativ beliebigen) Ideologien oder Religionen zu"legitimieren" (Heinsohn führt als historisches Beispiel dafür die Europäer an, die ihre auf die europäische"Bevölkerungsexplosion" folgenden Kolonisations- und Eroberungsfeldzüge in aller Welt im Namen des Christentums gemacht haben).
2. Der Debitismus besagt: das Kernproblem der westlichen Kapitalismen ist ein Verschuldungsproblem... was gebraucht wird, sind neue, später fällige Schulden - also neues"Geld", das die jetzt fälligen Schulden bezahlen könnte und es gleichzeitig lohnend erscheinen lassen könnte, zu investieren --- also wiederum Schulden zu machen, um in die nun erfolgversprechender aussehende Jagd nach den jetzt vorhandenen später fälligen Schulden (=dem"neuen Geld") einzusteigen. Neue Schulden könnten also einen Boom mit Selbstverstärkungstendenz auslösen bzw., je nach Stärke, ggf. auch nur die aktuelle Krise abmildern bzw. ihr Verschärfen hinausschieben.
Frage:
Wer also könnte diese Schulden machen --- und wäre auch bereit dazu (die Privaten sind es bei uns nicht mehr, der Staat tut es nur gezwungenermaßen)?
Jemand, der bisher nicht verschuldet ist.
Wer ist bisher nicht verschuldet?
Antwort:
Der größte Teil der Erdbevölkerung.
Und zwar deshalb, weil sich diese Leute mangels Eigentum und Rechtsstaat überhaupt nicht verschulden und damit auch kein Geld schaffen können; genau das ist ja DeSotos Kernthema.
Die wollen sich zwar sicherlich nicht unbedingt verschulden --- sich"auf den Weg in die Moderne machen" wie es so schön heißt, und an dem Wohlstand teilhaben, der ihnen täglich aus industrialisierten Ländern auf die TV-Bildschirme flattert, wollen viele davon wohl durchaus."Nachholende Modernisierung" also könnte ihnen durchaus als wünschenswerte Option erscheinen.
Um aber dazu fähig zu werden, müßten diese Länder Eigentums- und zivilrechtliche Strukturen installieren, ein Bankensystem draufsetzen und dann industrialisieren. Und dafür bräuchten sie"Investitionsgüter", also wettbewerbsfähige Produktionsanlagen auf den neusten Stand der Technik, die sie (momentan noch) in erster Linie bei uns im Westen bekommen könnten. Sie müßten also Kredite aufnehmen.... das würde neues Geld generieren und den westlichen Ã-konomien einen Konjunkturschub geben. Kapazitäten müßten hier erweitert, neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Wirtschaft käme wieder in Schwung --- und zwar diesmal durch Gelder, die nicht durch unproduktive Staatsausgaben, sondern produktive industrielle Investitionen geschaffen wurden, Gelder also, die zu ökonomischer und effizienter Beschäftigung führen und nicht zu staatlich finanzierten sinnlosen"ABM-Maßnahmen" und sonstigem unproduktiven Unsinn.
Das wäre für solche Entwicklungsländer ein Ziel --- und eine Menge harter Arbeit.
Da so in den Entwicklungsländern selbst Arbeitsplätze entstehen und relativer Wohlstand (im Vergleich zu vorher) winken würde, wäre für die dortigen Söhne eher ein Anreiz gegeben, dortzubleiben anstatt auszuwandern. Gleichzeitig dürften damit ähnliche demographische Entwicklungen wie im Westen einsetzen (Geburtenrückgang, Frauenemazipation etc.), was dem eventuell dort vorhandenen Youth Bulge Problem entgegenwirken und die Region quasi"durch Arbeit / sinnvolle Aufgaben befrieden" würde.
Auch dies wäre - so sieht es zumindest aus - durchaus positiv für"den Westen", da er Armutsmigrationswellen nicht mehr in demselben Maß abwehren müßte, da der Ansturm sich einerseits abschwächen würde, andererseits durch die Ausweitung der Kapazitäten neue Nachfrage nach Arbeitskräften entstehen würde, die, da sie hierzulande ja nicht mehr"produziert" (geboren) wird, eben importiert werden müßte.
Mit solchen Entwicklungsstrategien würde mittelfristig 3 Kernproblemen gleichzeitig entgegengewirkt: 1) Armut, 2) Youth Bulge, 3) kriselnde Weltwirtschaft.
Ohne Nachteile wäre eine solche Strategie natürlich nicht. Die Entwicklungländer müßten sich an Arbeitsstress und moderne Lebensweise gewöhnen, und der Westen würde sich so längerfristig natürlich mächtige wirtschaftliche Konkurrenten schaffen, sodaß man sich hierzulande nicht länger auf schon erarbeitetem und vermeintlich"sicherem" Wohlstand ausruhen könnte (kann man ja im Grunde schon jetzt nicht mehr, speziell in D).
Aber sind die Vorteile nicht offensichtlich genug, daß diese Strategie eine Diskussion wert wäre?
Wäre nicht Entwicklungspolitik ein dankbares und sinnvolles Betätigungsfeld auch für"debitisten" und andere Geldtheoretiker... oder zumindest mal ein paar Gedanken wert?
Eine originelle Entwicklungstheorie mit Anschlußfähigkeit an DeSotos Überlegungen hätte der debitismus ja durchaus zu bieten; gerade das Verständnis des Konnexes zwischen Eigentum, Kredit und Geld könnte DeSotos Argumentation ähnlich dem oben angedeuteten ausgebaut und präzisiert werden und daher an Überzeugungskraft und Akzeptanz gewinnen.
Und vor allem würde ich hier eine Möglichkeit für debitisten sehen, mal über die gewohnte Selbstbeschränkung auf historische Analysen + Untergangsprophetie hinauszugelangen und statt Parolen wie"lasst alle Hoffnung fahren" (dottore), denen ich persönlich wenig bis gar nichts abgewinnen kann, zur Abwechslung auch mal ein wenig konstruktiv tätig zu werden.
Gruß
moneymind
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Holmes
01.12.2005, 02:20
@ moneymind
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Re: Grameen-Bank + wozu debitistische Entwi-Politik? |
-->Hi moneymind,
so wie ich dottores Position verstehe, hat er zunächst mal versucht zu kapieren, was der Kapitalismus eigentlich ist und wie er funktioniert: warum eigentlich Wachstum, wenn alles nur"Tauschen" ist? Woher kommt denn der Zuwachs? Freiwillig? Hochtauschen? Woher kommt eigentlich das Geld?
Mehr und mehr die Einsicht, dass Geld nicht dazu da ist, um den"irgendwie sowieso stattfindenden" Warentausch zu"erleichtern", sondern dass die Mehr-Produktion (Wachstum) überhaupt erst stattfindet, um an das Geld zu kommen.
Woher kommt das mysteiöse Geld, aha, keine private Erfindung, sondern Resultat der Abgabensysteme.
Mein bisheriges Fazit aus den Erkenntnissen von dottore:
- der debitistische Ablauf schafft immer erst eine schöne Blüte, die dann umso schneller verwelkt, mmmh. Schön für die, die während der Blütezeit da sind, dumm für die Nachfolger.
- Man kann das wohl sicher genauso in den Entwicklungsländern wiederholen, aber 1:1 würde das wohl in endlicher Zeit auch in einer Krise enden. Vor allem, wenn man die Staatsproblematik nicht berücksichtigt (Aublähung unproduktiver Bereiche, Verschuldung).
- Eigentum für alle als Startbasis ist sicher eine gute Idee. Jedem sollte mindesten ein Fleckchen Erde gehören, damit er nicht auch noch für den reinen Aufenthalt auf der Erde Miete zahlen muss. Ausserdem hat er damit eine Basis für Verschuldungs- bzw. Verpfändungsaktionen. Müsste man mal weiterdenken. Aber dass jeder Mensch ein"Startkapital" hat, welches er entweder verfuttern kann oder mit dem er etwas anstellen kann, dass wäre schon mal eine kleine Revolution.
- Logischerweise müsste man dann auch mal an Erbrechts-Reformen dran, denn hier ist auch noch ein sehr kritischer Bereich meines Erachtens.
Es ist schon verrückt, noch nie war der Mensch technisch so fit und konnte die Energien für sich ausnutzen. Aber das momentane Wirtschaftssystem erzwingt geradezu die Verschwendung von Ressourcen. Mal ganz zu Schweigen vom politischen System, welches Billionnen in die Rüstung versenkt. Unser Wohlstand könnte sooo gross sein. Eine Schande.
Beste Grüsse,
Holmes
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Diogenes
01.12.2005, 08:03
@ moneymind
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik - Frage |
-->Hi moneymind,
Was soll man einer Regierung raten? Wirtschaftliche Entwicklung basiert auf Kapitalakkumulation, heißt: arbeiten, sparen und investieren. Das kann aber der Staat nicht dekretieren, nur schützen.
>Welche Maßnahmen sollte es treffen, und in welcher Reihenfolge? Anders gefragt, wie sähe Euer entwicklungs-/modernisierungspolitisches Programm aus?
Prinzipiell müssen die Gesetze Schutz von Leib und Leben und Eigentum sicherstellen. Das ist das Allerwichtigste.
- Dafür braucht man eine solide Währung und ein brauchbares Finanzsystem (rate zum GS, weil langfristig funktionsfähig)
- zur Durchsetzung benötigt man eine effiziente Verwaltung, anständige Polizististen und ehrliche Gerichte.
- Eine Grundschule in der jeder Lesen und Schreiben lernt, wäre vielleicht nicht schlecht, muß aber nicht.
Der Staat bleibt bei seinen Kernaufgaben, das hält die Gesetzgebung einfach und die Staatsquote niedrig.
Der Rest hängt von den Menschen selber ab.
>Und gibt es Beispiele für ähnliche Programme, die zum Erfolg geführt haben?
Deutschland nach WK2 z.B. Leider später aus dem Ruder gelaufen.
Gruß
Diogenes
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moneymind
02.12.2005, 20:33
@ Diogenes
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Re: DeSoto und Start geldwirtschaftlicher Dynamik - Diogenes |
-->
Hi Diogenes,
thanks - ich warte jetzt erstmal ab, ob noch ein paar mehr Antworten kommen.
Gruß
moneymind
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moneymind
02.12.2005, 21:23
@ Holmes
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Re: Debitistische Entwi-Politik etc. - Holmes |
-->Hi Holmes,
Du schreibst:
"so wie ich dottores Position verstehe, hat er zunächst mal versucht zu kapieren, was der Kapitalismus eigentlich ist und wie er funktioniert: warum eigentlich Wachstum, wenn alles nur"Tauschen" ist? Woher kommt denn der Zuwachs? Freiwillig? Hochtauschen? Woher kommt eigentlich das Geld?"
Ja - und die meisten seiner Antworten darauf finde ich ähnlich wie Du aufschlußreich und einleuchtend.
"Mehr und mehr die Einsicht, dass Geld nicht dazu da ist, um den"irgendwie sowieso stattfindenden" Warentausch zu"erleichtern", sondern dass die Mehr-Produktion (Wachstum) überhaupt erst stattfindet, um an das Geld zu kommen."
Genau - das ist der Kern der debitistischen Entwicklungstheorie.
"Woher kommt das mysteiöse Geld, aha, keine private Erfindung, sondern Resultat der Abgabensysteme."
Denke da nach wie vor (wie anderswo schonmal gepostet), daß ich auch das Szenario einer"Revolution von unten" zu Eigentum und Vertragsfreiheit plausibel finde, nicht nur das Szenario einer"Macht-Zession von oben". Für Entwicklungspolitik wird man sich aber kaum auf ersteres verlassen können - obwohl auch das nicht ausgeschlossen wäre - sondern wohl auch letzteres in Betracht ziehen müssen. Die meisten Strategien erfolgreicher nachholender Modernisierung kamen ja"von oben", Stein-Hardenberg hast Du ja als Bsp. genannt. Stellt sich natürlich die Frage, ob sowas zu rechtfertigen wäre, etc.
Du schreibst weiter:
"Mein bisheriges Fazit aus den Erkenntnissen von dottore:
- der debitistische Ablauf schafft immer erst eine schöne Blüte, die dann umso schneller verwelkt, mmmh. Schön für die, die während der Blütezeit da sind, dumm für die Nachfolger."
Ja, ein sehr realistisches und schlüssiges rise-and-fall-modell.
"- Man kann das wohl sicher genauso in den Entwicklungsländern wiederholen, aber 1:1 würde das wohl in endlicher Zeit auch in einer Krise enden. Vor allem, wenn man die Staatsproblematik nicht berücksichtigt (Aublähung unproduktiver Bereiche, Verschuldung)."
Mit Sicherheit, volle Zustimmung. Die E-Länder würden vermutlich langfristig gesehen einen ganz ähnlichen Zyklus durchlaufen wie die westeuropäischen Länder: schwierige Startphase, Anlaufen + erste Dynamik, Sturm-und-Drang-Phase, vielleicht sogar Erobern des Weltmarkts auf bestimmten Marktsegmenten (oder auch nicht), Geburtenrückgang, Familienzerfall, Alterung, Änderung der Staatsform.
Meine Überlegung war eher mittelfristig angelegt: beschleunigter Geburtenrückgang scheint ja (qua youth bulge) global durchaus sinnvoll zu sein, und Beschäftigungsmöglichkeiten für die"überzähligen" jungen Männner sicher auch. Der Nebeneffekt einer Konjunkturbelebung in den kriselnden"alten" kapitalistischen Ländern wäre ein zwar temporärer, aber wohl auch nicht unbedingt nur negativer.
Meine Überlegung beruhte nicht auf einer absoluten Wertung des Kapitalismus, sondern war einfach als angesichts der Gesamtsituation (Youth Bulge, Armut, kriselnde Weltwirtschaft) temporär sinnvolles Szenario gedacht. Was dann danach käme oder kommen könnte, wäre dann eine andere Frage.
Du schreibst weiter:
"- Eigentum für alle als Startbasis ist sicher eine gute Idee. Jedem sollte mindesten ein Fleckchen Erde gehören, damit er nicht auch noch für den reinen Aufenthalt auf der Erde Miete zahlen muss. Ausserdem hat er damit eine Basis für Verschuldungs- bzw. Verpfändungsaktionen. Müsste man mal weiterdenken. Aber dass jeder Mensch ein"Startkapital" hat, welches er entweder verfuttern kann oder mit dem er etwas anstellen kann, dass wäre schon mal eine kleine Revolution."
Ja, sehe ich auch so. Doch gerade hier dürfte man auf Schwierigkeiten stoßen. Braucht z.B. eine Geldwirtschaft nicht auch (eigentumslose) Lohnarbeiter? Falls ja, wie rechtfertigt man eine ungleiche Ausgangsverteilung von Eigentum, bzw. wie stellt man überhaupt fest, wer was bekommen soll, und wer nichts? Hier hat sich wohl DeSoto schon Gedanken gemacht. Außerdem stellt sich die Frage, ob - zum Ingangbringen der Entwicklung - nicht der Staat nach dem dottore-modell eine Steuer erheben müßte, die überhaupt erst die Entwicklung arbeitsteiliger Strukturen erzwingen würde, etc. etc. -- müßte man mal weiterdenken, und ich würde dazu auch gern noch ein paar andere Stimmen hören/lesen.
"- Logischerweise müsste man dann auch mal an Erbrechts-Reformen dran, denn hier ist auch noch ein sehr kritischer Bereich meines Erachtens."
Ja, generell das Thema"Eigentumspolitik", einschließlich Erbrecht.
Danke für die Anregungen + Gruß
moneymind
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bernor
03.12.2005, 01:17
@ moneymind
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik / Für wen? |
-->Hi moneymind,
Was würdet ihr auf der Basis Eures jeweiligen Modells der Entstehung geldwirtschaftlicher Entwicklungsdynamik einem"Entwicklungsland" raten, das eine solche Modernisierungsdynamik"installieren" möchte?
solche Entwicklungsland sollten zunächst einmal ökologisch stabil sein, da sie sowohl landwirtschaftlich wie auch industriell zu"entwickeln" sind: zum einen sollte ein solches Land seine Einwohner möglichst selbst ernähren können und zum anderen können ja nicht alle nur im Dienstleistungssektor, siehe Indien, tätig sein.
Und da hapert es leider bei den meisten E.-Ländern - entweder liegen sie in den Tropen / Subtropen mit empfindlicher Natur oder haben nur Sand- und Gebirgswüsten zu bieten. Nicht von ungefähr liegen die großen Industriegebiete der Erde in gemäßigten Zonen.
Und mit der"Entwicklung" über die Ausbeutung von Rohstoffen kommt man auch nicht viel weiter, weil da im Regelfall internationale Konzerne einen quasi exterritorialen Status haben und folglich den Rahm abschöpfen - was könnte z.B. einem afrikanischen Staatschef wohl passieren, wenn er, aus welchem Grund auch immer (eigener Anteil nicht groß genug?), diesen Zustand ändern wollte?
Auch der Tourismus bringt nur in bestimmten Gebieten Leute in Lohn und Brot.
Von unpassenden Klimata und Mentalitäten mal ganz abgesehen.
Geldwirtschaft mit allem Drumherum ist ja 'ne schöne Sache - nur leider, so wie's auf der Welt nunmal aussieht, nicht für jeden.
Nicht zuletzt braucht sie für der Herausbildung unverzichtbarer Faktoren wie"Arbeitsethik" etc. (siehe die Historie Europas & Ostasiens) einen Vorlauf von etlichen Generationen - was wäre, trotz aller Reform-Macht des Staates, sonst aus Preußen nach 1810 bzw. Deutschland und Japan nach 1945 geworden?
Gruß bernor
PS: De Soto war im Prinzip schon auf dem richtigen Weg - aber daß auch seine Arbeit (außerhalb Perús) bisher nicht viel gefruchtet hat, zeigt doch, daß mehr nötig ist, als das bloße Verschaffen von Eigentum, welches erst einmal nur auf dem Papier steht.
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Fürst Luschi
03.12.2005, 03:56
@ bernor
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik / Für wen? |
-->als Analogie dazu: -man müsste nach dem Liebigschen Minimumgesetz düngen, um ausserordentliches Wachstum zu erreichen. Ohne das richtige Zusammenspiel der gesellschaftlichen Teilsysteme(Recht, Wissenschaft, Wirtschaft, Erziehung, Politik, Religion usw) bleibt es bei Krüppelwuchs.
"Erfolgreiche" Entwicklungspolitik besteht dann je nachdem aus Missionierung, Umerziehungslagern u.ä.
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Holmes
03.12.2005, 04:47
@ bernor
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik / Für wen? |
-->Hi bernor!
>Nicht zuletzt braucht sie für der Herausbildung unverzichtbarer Faktoren wie"Arbeitsethik" etc. (siehe die Historie Europas & Ostasiens) einen Vorlauf von etlichen Generationen - was wäre, trotz aller Reform-Macht des Staates, sonst aus Preußen nach 1810 bzw. Deutschland und Japan nach 1945 geworden?
Das ist ein sehr interessanter Punkt. Ich habe mal gelesen, dass in vielen armen Gegenden die Menschen eine Philosphie der Armut und des Defätismus ("Man kann eh' nix machen") angenommen haben, um überhaupt dort leben zu können. Bevor man denen also die Maschinen hinstellt, muss man ihnen erstmal die Hoffnung vermitteln, dass sie auch Erfolg haben können. Das wäre sehr interessant zu überprüfen, wie das bei den alten Europäern abgelaufen ist. Mal sehen, ob ich was finde.
Beste Grüsse,
Holmes
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moneymind
03.12.2005, 13:46
@ bernor
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik / Für wen? |
-->Hi bernor,
interessanter Beitrag, aus dem ich zunächst mal in etwa folgendes mitnehme:
Zwar ist aus debitistischer Sicht der immaterielle rechtliche und monetäre Überbau das bestimmende Element, das über den Schuldendruck die Entwicklungsdynamik erzeugt; trotzdem läuft Geldwirtschaft natürlich nicht unabhängig von den stofflichen/materiellen Ausgangsbedingungen, denen ein bürgerliches Rechts- und Geldsystem übergestülpt wird.
Da diese national und regional verschieden sind, müßte man - um Erfolgsaussichten einer nachholenden Modernisierung und Weltmarktintegration in einem bestimmten Land konkret zu beurteilen - wohl jedes Land gesondert anschauen und auch auf die materiellen und kulturellen Ausgangsbedingungen hin untersuchen.
Da gebe ich Dir völlig recht: es macht zwar Sinn, diese stofflich-inhaltliche Ebene und die formale rechtlich-monetäre Ebene analytisch zu trennen, ignorieren kann man aber deshalb die stofflich-inhaltliche Ebene (klimatische, geographische etc. und kulturelle etc. Ausgangsbedingungen) nicht. Insofern müßte man da jeweils in nationale Details gehen, was wir hier im Forum sicher nur schwer leisten können - bestenfalls vielleicht anhand je eines konkreten Länderbeispiels für"erfolgversprechende Ausgangsbedingungen" und"wenig aussichtsreiche Ausgangsbedingungen".
Was mich hier zunächst vor allem interessiert hatte, war folgendes: wie genau wirken sich verschiedene Vorstellungen von der historischen Entstehung einer Geldwirtschaft, über die ja hier oft und gern heiß debattiert wird, eigentlich auf die Sichtweise einer aktuell anstehenden praktischen Problemstellung aus: die Herstellung einer Geldwirtschaft (bei der man ja die Geldentstehung praktisch nachvollziehen muß, nicht nur in Form schwer zu überprüfender theoretischer Hypothesen über historische Entwicklungen).
Die Frage bezog sich also zunächst mal auf die prinzipielle Ebene der Frage, wie man Geldwirtschaften überhaupt herstellen kann - welche unterschiedlichen Handlungsanweisungen also aus den Unterschieden in den theoretischen Auffassungen eigentlich genau folgen (in Diogenes Posting beispielsweise lassen sich ja schon Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit einer debitistischen Auffassung feststellen: Gemeinsamkeiten im Hinblick auf die Empfehlung der Installation eines zivilen Rechtssystems als ersten Schritt, Unterschiede im Hinblick aufs Geldsystem: Diogenes empfiehlt einen Goldstandard, ein debitist würde den wohl nicht für unbedingt nötig erachten, etc.).
Leider haben sich dazu hier bisher nur wenige Geldtheoretiker zu Wort gemeldet... aber vielleicht kommt ja noch was.
Gruß
moneymind
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moneymind
03.12.2005, 14:01
@ Holmes
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik / Für wen? |
-->Hi Holmes,
Bernor schrieb:
"Nicht zuletzt braucht sie für der Herausbildung unverzichtbarer Faktoren wie"Arbeitsethik" etc. (siehe die Historie Europas & Ostasiens) einen Vorlauf von etlichen Generationen - was wäre, trotz aller Reform-Macht des Staates, sonst aus Preußen nach 1810 bzw. Deutschland und Japan nach 1945 geworden?"
Du antwortest:
"Das ist ein sehr interessanter Punkt. Ich habe mal gelesen, dass in vielen armen Gegenden die Menschen eine Philosphie der Armut und des Defätismus ("Man kann eh' nix machen") angenommen haben, um überhaupt dort leben zu können. Bevor man denen also die Maschinen hinstellt, muss man ihnen erstmal die Hoffnung vermitteln, dass sie auch Erfolg haben können."
Sehr interessanter Punkt, und auch ich fände sehr interessant, sich mal anzuschauen, wie dieser Mentalitätswechsel (zur"Arbeitsethik") in den verschiedenen Ländern, die modernisiert haben, vor sich gegangen ist.
Für Europa und v.a. Nordamerika scheint der Protestantismus eine wichtige Rolle gespielt zu haben (siehe Max Webers Aufsätze zur protestantischen Ethik und dem Geist des Kapitalismus). Kann man vielleicht so zusammenfassen, daß die protestantische Arbeitsethik besagt: göttliche Auserwähltheit zeigt sich am wirtschaftlichen Erfolg. Arbeitsfleiß wird laut Max Weber also von einem gläubigen Protestanten nicht ausschließlich zu materiellen Zwecken betrieben, sondern auch, um"Heilsgewißheit" zu erlangen. Interessant scheint mir hier, daß an ein aus dem Mittelalter vertrautes religiöses Weltbild angeknüpft wird, das dann so modifiziert wird, daß es mit den Anforderungen der neuen Gesellschaftsform (Geldwirtschaft) kompatibel wird.
Im Sowjetsozialismus und den Satellitenstaaten wurde die Aufgabe der Vermittlung von Arbeitsethik ("Tonnenideologie") vom Marxismus übernommen - allerdings ohne ein geldwirtschaftliches Umfeld, weswegen (aus debitistischer Sicht) der von oben verordnete Mentalitätswechsel ein Strohfeuer ohne dauerhaften Modernisierungsdrive blieb.
Wie sah es beispielsweise in Japan oder Südkorea aus - woher kam da die Arbeitsethik? Konnte man da auf traditionale (religiöse) Denkformen zurückgreifen und diese modifizieren (ähnlich dem Protestantismus), oder wurde es ganz anders gemacht?
Für China würde ich mal vermuten, daß man an die marxistische Arbeitsideologie anzuknüpfen versucht, vielleicht vermischt mit passenden Rückbezügen auf passende Bruchstücke traditionaler Religionen... aber da kenne ich mich im Detail zuwenig aus.
Du schreibst:
"Das wäre sehr interessant zu überprüfen, wie das bei den alten Europäern abgelaufen ist. Mal sehen, ob ich was finde."
Schließe mich an - wäre gespannt, was Du findest, wenn Du was posten willst, go ahead!
Gruß
moneymind
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moneymind
03.12.2005, 14:15
@ Fürst Luschi
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Re: DeSoto, Geldursprung und Start geldwirtschaftlicher Dynamik / Für wen? |
-->Hi Fürst,
Du schreibst:
"Ohne das richtige Zusammenspiel der gesellschaftlichen Teilsysteme (Recht, Wissenschaft, Wirtschaft, Erziehung, Politik, Religion usw) bleibt es bei Krüppelwuchs."
Sehe ich auch so - das Aufpfropfen von Zivilrecht + Bankensystem allein reicht nicht aus, es braucht ein viel breiteres und umfassenderes Herangehen.
"Erfolgreiche" Entwicklungspolitik besteht dann je nachdem aus Missionierung, Umerziehungslagern u.ä."
Das ist sicherlich eine mögliche Entwicklung. Mir fällt dazu Marx´ Beschreibung des Prozesses der"ursprünglichen Akkumulation" ein, bei der die Landbevölkerung von der Scholle getrennt und zu"doppelt freien" Lohnarbeitern gemacht wurden --- bekanntlich diente das den sowjetischen Kommunisten als Vorbild für ihre Modernisierungsstrategie - ihre Bauernbefreiung von oben fiel nicht weniger blutig aus.
Eine Frage, die mir dazu einfällt, wäre: wenn man mal verschiedene oder alle"erfolgreichen""Wege in die Moderne" vergleicht - nicht nur die europäischen Wege betrachtet, sondern auch die Nachzügler in die Betrachtung einbezieht - ist das Muster"Gewalt" ein generelles Muster?
Oder gab es auch andere, weniger blutige Wege in eine moderne Gesellschaft, die aufstrebende Entwicklungsländer ggf. nachahmen könnten?
Oder wären welche denkbar? Wie sehen z.B. DeSotos Vorstellungen dazu konkret aus?
Gruß
moneymind
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moneymind
03.12.2005, 14:19
@ moneymind
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Re: Nachtrag |
-->Hi bernor,
kurze Ergänzung:
Du schreibst:
"De Soto war im Prinzip schon auf dem richtigen Weg - aber daß auch seine Arbeit (außerhalb Perús) bisher nicht viel gefruchtet hat, zeigt doch, daß mehr nötig ist, als das bloße Verschaffen von Eigentum, welches erst einmal nur auf dem Papier steht."
Über die Zwischenergebnisse von DeSotos Arbeit außerhalb Perus bin ich nicht informiert - könntest Du einen entsprechenden Link posten.
Danke+Gruß
moneymind
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bernor
03.12.2005, 20:12
@ moneymind
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Re: Nachtrag |
-->Hi moneymind,
Über die Zwischenergebnisse von DeSotos Arbeit außerhalb Perus bin ich nicht informiert - könntest Du einen entsprechenden Link posten.
in Peru war De Soto an dem erfolgreichen Projekt der Legalisierung von über 100.000 (175.000?) Kleinunternehmern beteiligt, die fortan grundsätzlich kreditwürdig waren und von ihren Einnahmen auch Steuern zahlen konnten. Danach ist De Soto als Berater für diverse Regierungen tätig geworden.
Wie aus diesem Link
http://www.ild.org.pe/
zu ersehen ist (siehe"Headlines"), hat er offenbar neben der allgemeinen Wertschätzung auch einen gewissen Einfluß auf die"Landreform"-Politik Chinas und Südafrikas - die allerdings, wie auch Putins Rußland, keine typischen Entwicklungsländer sind.
Bei De Soto geht es hauptsächlich um die nachträgliche Legalisierung von"extra-legalen" Besitztümern in Slums oder auf Großgrundbesitz (also ihrer Transformation in legales Eigentum) in Ländern, die bereits formales (wenn auch bisher eher ineffektiv genutztes) Eigentumsrecht kennen und mit deren Begriffen an sich vertraut sind - insofern steht die Nagelprobe, ob sein Modell auch in einem"reinen" Emtwicklungsland so einfach funktioniert, noch aus.
Gruß bernor
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bernor
04.12.2005, 20:14
@ moneymind
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Nachtrag Zwo - Grameen-Projekt als Ausweg? |
-->Hi moneymind,
hier sollten wir auch noch einmal auf das gelegentlich als Alternative zur herkömmlichen Entwicklungshilfe gepriesene Grameen-Projekt eingehen:
Auf den ersten Blick gibt es einen Widerspruch zur debitistischen bzw. machttheoretischen Auffassung, wonach Kredite nur gegen Verpfändung (Besicherung durch Hypothek auf Eigentum oder Klausel bezügl. Abtretung von Einkünften) und bei Vorhandensein bzw. Inspanspruchnahme von Vollstreckungsinstanzen (staatlich oder mafiös) vergeben werden können.
Da muß man jetzt unterscheiden:
A) Der klassische Kreditnehmer ist seit jeher jemand, der nicht (mehr) „arm“ ist, also von der Hand in den Mund lebt, sondern Kredite begehrt, weil er entweder
- Abgaben zu leisten hat(te, antike Variante) oder
- „investieren“ will (moderne Variante).
Ausnahmen waren stets jene, die Kredite (auch) zum Lebensunterhalt bekamen - aber eben zu Wucherzinsen, in denen, wie in „normalen“ Zinsen auch, die zu erwartenden Kreditausfälle schon einkalkuliert sind.
B) Bei Grameen dagegen werden Kredite zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgenommen - als notwendiger „Leistungsdruck“ fungiert hier die Aussicht, bei Nichtbedienung des Kredits wieder ins Elend zurückzufallen, weil es keine neuen Kredite mehr gibt (Der Initiator von Grameen, Muhammad Yunus, betont denn auch, daß sowohl Mitarbeiter wie Kreditnehmer/innen permanent zur „Disziplin“ anzuhalten sind).
Somit stellt Grameen keinen Widerspruch, sondern eine wichtige Ergänzung zum Debitismus dar.
Und machttheoretisch betrachtet funktioniert Grameen nur solange, wie der Staat nicht „querschießt“, etwa durch
- Konkurrenz-Programme bei Kleinkrediten,
- höhere/erstmalige Besteuerung auch der Armen
- oder durch Verschlechterung der allgemeinen Sicherheit mittels „härterer Gangart“ gegenüber (meist jungen) Kleinkriminellen und Aufständischen (diese konnten in Bangladesch z. T. als neue Mitarbeiter in das Grameen-Projekt integriert werden, da sie ihre Lage dort - festes Gehalt & hierarchische Position - verbessern konnten).
Wird nun staatlicherseits dem Grameen-Projekt der notwendige Freiraum belassen, kann dieses auch eine sehr kurzfristige Änderung bisheriger „Mentalitäten“ bewirken, wie dies die „Emanzipation“, also die Herauslösung der Frauen aus der bisherigen Unterdrückungskultur, mittels des im Regelfall zuverlässig bedienten Kleinkredits beweist (daher vergibt Grameen vergibt Kredite fast nur an Frauen, die mit der Kreditaufnahme zugleich Mitglied werden) - vorausgesetzt allerdings, die Frauen sind bereits gesetzlich „gleichgestellt“, so daß die Anhänger der Tradition (Ehemänner, Verwandte, Imane etc.) sich nicht auf das Gesetz berufen können, um die Frauen wieder in die Unmündigkeit zurückstoßen zu können.
Wir haben also bis hierhin schon gesehen, daß auch Grameen kein Beispiel für ein rein „privates“ Wirtschaften ist, weil auch hier nicht ignoriert werden kann, wie der jeweilige Staat verfaßt ist bzw. agiert.
Das wird auch deutlich, wenn uns dem zuwenden, was auch Grameen immer wieder braucht: dem Geld:
Für die weitere Betrachtung teilen wir die Wirtschaft eines Landes (z.B. Bangladesch) wie folgt auf:
- den A-Sektor: hier läuft das herkömmliche Kreditgeschäft - wenn auch mehr schlecht als recht,
- den B-Sektor: hier, bei den „Armen“, läuft zunächst gar nix - bis Grameen auftritt.
Grameen hat es sich zum Ziel gesetzt, die „Armut zu beseitigen“, das heißt, alle Betroffenen im B-Sektor mit Kleinkrediten zu versehen, damit sie ihre Lebensumstände - Ernährung, Behausung, Gesundheit, Bildung usw. - soweit verbessern können, daß sie nicht mehr „arm“ sind, sondern in den A-Sektor umsteigen, sprich: per Belastung ihres Eigentum bzw. ihrer Einkünfte Kredite erlangen können (und damit aus dem Grameen-Kreditsystem ausscheiden - es sei denn, Grameen bildet irgendwann auch „kommerzielle“ Ableger im A-Sektor, nicht zuletzt, um ihre Mitarbeiter, sobald der B-Sektor ausgereizt ist, weiterbeschäftigen zu können. Das dürfte aber Probleme mit den anderen Banken geben - und damit vermutlich auch mit dem Staat).
Woher kommt nun das Geld, das auch Grameen benötigt?
Zunächst ausschließlich aus dem A-Sektor: zuerst Geld der Grameen-Initiatoren, dann Spendengelder, danach Kreditgelder von kommerziellen Banken - schließlich Geld aus Anleihen, die u.a. auch von der ZB gekauft werden, da Grameen bei einer Rückzahlungsquote der Kleinkredite 98-99% praktisch genauso ein sicherer Schuldner wie der Staat ist und somit wie dieser ohne anderweitige Besicherung an ZB-Geld herankommt (und damit in diesem speziellen Fall auch Geld- per Kreditschöpfung im B-Sektor ermöglicht).
Es bleibt da folgendes Problem:
Beim Normalkredit müssen für 100 verliehene Taka im Laufe eines Jahres 110 zurückgezahlt werden - wo kommen die zusätzlichen 10 Taka her?
In der Anfangsphase kamen als Abnehmer der Waren & Dienstleistungen der Grameen-Mitglieder praktisch nur „Außenstehende“, also Leute aus dem A-Sektor in Frage.
Je mehr und vor allem flächendeckender sich das Grameen-System ausdehnte, desto mehr handelten seine Mitglieder auch untereinander (z.B. die sog. Telefon-Ladies, die sich vom Kredit ein Telefon kauften, mit dem andere gegen Bezahlung ihre Bestellungen aufgeben konnten).
Und damit konnte das Geld für die Zinsen (die im obigen Beispiel in späteren Perioden real weniger als 10 Taka betrugen, weil die Kreditnehmer/innen als Mitglieder auch Dividenden kassieren) in immer größerem Ausmaß nur durch die Grameen-interne zusätzliche Neuverschuldung generiert werden.
So erklärt sich auch der überproportionale Anstieg der Kapitalkosten gerade in den 90er Jahren, als Grameen boomte - was nicht nur die Dividende drückt und somit die Realzins erhöht, sondern Grameens Abhängigkeit vom A-Sektor (z.B. von der ZB und damit der Politik!) unerbittlich erhöht.
Oder anders: Je erfolgreicher das Grameen-Projekt ist, desto mehr ist es zum Erfolg verdammt - und irgendwann sehr daran interessiert, daß auch der A-Sektor kreditmäßig endlich zu Potte kommt, damit dort die laufend erforderliche Neuverschuldung weitergeht.
Und damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage, wie dieses Zu-Potte-Kommen bewerkstelligt werden könnte.
Bangladesch war schon vor ca. 30 Jahren, als das Grameen-Projekt begann, ein dichtbevölkertes Land mit einem darniederliegenden A-Sektor, weil regelmäßig nach Parlamentswahlen (wenn nicht gerade ein Militärdiktator am Ruder war), Schuldenerlasse verfügt wurden, so daß lt. Yunus nur ca. 10% der jeweiligen Schulden tatsächlich bezahlt wurden.
Dies mag man jetzt als „Schlendrian!“ und „Korruption!“ bezeichnen - aber war’s nicht vielleicht auch ein bißchen weise, weil viel mehr als diese 10%-Tilgung gar nicht möglich waren?
Bis heute ist die Bevölkerungszahl Bangladeschs noch weiter auf etwa das Doppelte, nämlich 138 Mio Einwohner, gestiegen, das macht 936(!) von ihnen auf jeden Quadratkilometer - wo ist in diesem Land. das gerade noch in der Lage ist, seine Bewohner zu ernähren, noch Platz für große Industrieanlagen und andere Gewerbeflächen, die zudem vor Überschwemmungen sicher wären?
Auch die innenpolitische Lage hat sich in den letzten paar Jahren zugespitzt, mit Attentaten, Unruhen, Erstarken der islamischen Fundamentalisten usw. usf.
Dazu ein Auszug aus dem aktuellen Fischer-Weltalmanach (2006):
„Die Botschafter der EU-Mitgliedstaaten wurden im Januar 2005 in einer gemeinsamen Demarche bei der Regierung vorstellig, um ihrer Sorge vor dem Abrutschen des Landes in die Rechtslosigkeit Ausdruck zu verleihen. Neben den politisch motivierten Verbrechen war es seit mehreren Jahren auch zu einem rapiden[!] Anwachsen von kriminellen Vergehen wie Mord, Erpressung, Entführung und Vergewaltigung gekommen.“
Letztgenanntes könnte für sich vielleicht auch als Reaktion auf die neue Selbständigkeit vieler Frauen infolge des Grameen-Projekts gesehen werden (diese Frauen wäre dann, da nicht mehr durch traditionelle Vorschriften bzw. Verhaltensnormen „geschützt“, quasi Freiwild) - wahrscheinlicher ist aber, daß sich hier ein allgemeiner Kollaps des Landes ankündigt.
Bei allem Respekt vor dem menschlichen Kreativität und dem Weltenlauf, der immer für Überraschungen gut ist, und bei aller notwendigen Skepsis gegenüber „Crash“-Szenarien - man kann schon den Eindruck gewinnen, daß in der „Lebensgeschichte“ Bangladeschs und vieler anderer, vieleicht gar aller Staaten der Welt der Zenit ihrer „Entwicklung“längst überschritten worden ist, daß bestenfalls noch der „sozialverträgliche Abstieg“, wie auch immer, gestaltet werden könnte.
Gruß bernor
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moneymind
10.12.2005, 18:04
@ bernor
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Re: Grameen+Bangladesh - bernor |
-->Hi bernor,
schönen Dank für Deine Einschätzung des Grameen-Projekts in Bangladesh, und sorry für die Verzögerung beim Antworten.
Du schreibst:
machttheoretisch betrachtet funktioniert Grameen nur solange, wie der Staat nicht „querschießt“...
Sehe ich anders.
Umgekehrt - Grameen kann durch Erfolge zeigen, daß unternehmerische Eigenaktivität zu einer spürbaren Verbesserung der eigenen Lage und der Lage der eigenen Familie beitragen kann und insofern durch positive, praktische Beispiele dem Staat Wege der Armutsreduktion und Entwicklung aufzeigen, die nicht „von oben“, sondern von unten --- nämlich direkt von den Armen selbst --- kommen. Daraus kann - in Verbindung mit einem entsprechenden theoretischen Verständnis - durchaus die Forderung erfolgreicher Grameen-Teilnehmer erwachsen, bessere Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeit der Armen bereitzustellen. Und die bestehen - nicht nur aus der treffenden Sicht von DeSoto, sondern auch aus Sicht der Eigentumstheorie in erster Linie in klar dokumentierten, formalisierten Eigentumsrechten und der flächendeckenden Institutionalisierung eines zivilen Vertragsrecht analog dem deutschen BGB.
Die Machttheorie sieht doch deutlich, daß der Staat eben eine Doppelrolle spielt: einerseits steht er außerhalb der Logik des debitistischen Marktprozesses und folgt einer quasi-feudalen Logik der Macht (Steuersystem etc.), andererseits ermöglicht er - wenn er entsprechende zivile Rechtsstrukturen schafft - den debitistischen Marktprozess und die daraus resultierende Produktion von relativem Wohlstand erst, indem er die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen geordneten und effizienten Marktprozess bereitstellt.
Worauf es also ankäme, wäre, Grameen und DeSotos Ansätze zusammenzubringen (Bangladesh gehört bisher noch nicht zu den Regierungen, die bei DeSotos Institut um Beratung bei ihren Modernisierungsanstrengungen gebeten haben .
Ein paar Gründe, warum das sinnvoll sein könnte, hatte ich hier zusammengefaßt.
Du wendest u.a. folgendes ein:
<i >Bei De Soto geht es hauptsächlich um die nachträgliche Legalisierung von"extra-legalen" Besitztümern in Slums oder auf Großgrundbesitz (also ihrer Transformation in legales Eigentum) in Ländern, die bereits formales (wenn auch bisher eher ineffektiv genutztes) Eigentumsrecht kennen und mit deren Begriffen an sich vertraut sind - insofern steht die Nagelprobe, ob sein Modell auch in einem"reinen" Emtwicklungsland so einfach funktioniert, noch aus.[/i]
Nun, daß die Transformation prinzipiell auch in Ländern gelingen kann, die vorher keine formalisierten Eigentumsrechte kannten, zeigt doch allein die Tatsache, daß es Länder gibt, die eine solche Transformation von einem feudalen zu einem bürgerlichen Rechtssystem durch Imitation geschafft haben (Japan z.B. - die haben ihr Zivilrecht einfach nach dem deutschen BGB strukturiert).
Ein weiterer Einwand von Dir war:
Und damit konnte das Geld für die Zinsen (die im obigen Beispiel in späteren Perioden real weniger als 10 Taka betrugen, weil die Kreditnehmer/innen als Mitglieder auch Dividenden kassieren) in immer größerem Ausmaß nur durch die Grameen-interne zusätzliche Neuverschuldung generiert werden.
So erklärt sich auch der überproportionale Anstieg der Kapitalkosten gerade in den 90er Jahren, als Grameen boomte - was nicht nur die Dividende drückt und somit die Realzins erhöht, sondern Grameens Abhängigkeit vom A-Sektor (z.B. von der ZB und damit der Politik!) unerbittlich erhöht.
Oder anders: Je erfolgreicher das Grameen-Projekt ist, desto mehr ist es zum Erfolg verdammt - und irgendwann sehr daran interessiert, daß auch der A-Sektor kreditmäßig endlich zu Potte kommt, damit dort die laufend erforderliche Neuverschuldung weitergeht.
Und damit sind wir wieder bei der Ausgangsfrage, wie dieses Zu-Potte-Kommen bewerkstelligt werden könnte.
Bangladesch war schon vor ca. 30 Jahren, als das Grameen-Projekt begann, ein dichtbevölkertes Land mit einem darniederliegenden A-Sektor, weil regelmäßig nach Parlamentswahlen (wenn nicht gerade ein Militärdiktator am Ruder war), Schuldenerlasse verfügt wurden, so daß lt. Yunus nur ca. 10% der jeweiligen Schulden tatsächlich bezahlt wurden.
Dies mag man jetzt als „Schlendrian!“ und „Korruption!“ bezeichnen - aber war’s nicht vielleicht auch ein bißchen weise, weil viel mehr als diese 10%-Tilgung gar nicht möglich waren?
Nun, aus machttheoretisch-/debitistischer Sicht gäbe es für diese ausbleibenden Zahlungen ja prinzipiell zwei Erklärungen:
1) Liquiditätskrise --- durch Ausbleiben der notwendigen Nettoneuverschuldung (Entstehung von Geldforderungen mit späterer Fälligkeit) werden gegenwärtig fällige Forderungen unbedienbar.
2) Es wird einfach deshalb nicht gezahlt, weil es überhaupt kein durchsetzbares Eigentums- und Vertragsrecht gibt.
Wäre letzteres der Fall, würde sich nicht nur die Zahlungsmoral verbessern: auch die Kreditvergabe würde sicherer, und Unternehmen wären eher geneigt, sich zu verschulden, weil sie ihrerseits sicher sein könnten, ausstehende Forderungen gegenüber ihren Schuldnern einklagen zu können.
Interessanterweise vermeidest Du auf den in diesem Kontext (Grameen/DeSoto) doch naheliegenden Gedanken in Deinem Posting vollkommen. Stattdessen ziehst Du es vor, auf andere Variablen zu verweisen: Bevölkerungswachstum, Korruption, Kriminalität etc. und ziehst daraus den Schluß, daß sich hier ein „allgemeiner Kollaps des Landes“ ankündigen könnte.
Ausgehend davon verallgemeinerst Du dann in einem Riesenschritt - ohne empirische Untermauerung - zu der generellen Aussage:
... man kann schon den Eindruck gewinnen, daß in der „Lebensgeschichte“ Bangladeschs und vieler anderer, vieleicht gar aller Staaten der Welt der Zenit ihrer „Entwicklung“längst überschritten worden ist, daß bestenfalls noch der „sozialverträgliche Abstieg“, wie auch immer, gestaltet werden könnte.
Nun, ich weise Dich darauf hin, daß in Europa zur Zeit der Entstehung der europäischen Eigentumswirtschaften ganz ähnliche Umstände geherrscht haben: hohes Bevölkerungswachstum, hohe Kriminalitätsraten etc. - Kollaps des mittelalterlichen Feudalismus eben. Kam es deswegen zum „Abstieg“? Nein, interessanterweise kam es stattdessen zu einem „Aufstieg“ ohnegleichen. Allein das schon zeigt, daß Deine Vermutung in Bezug auf Bangladesh keineswegs zwingend ist, sondern auch ganz andere Entwicklungspfade im Bereich des möglichen liegen.
Lieber bernor, Deine Argumentation scheint mir recht deutlich zu zeigen, wie Du sogar theoretische Inkonsequenz (Deine Interpretation der Zahlungspraxis, s.o.) in Kauf nimmst, um Dir Dein Bild vom allgemeinen Untergang auch angesichts von Gegenbeispielen und Hinweisen auf konstruktive Handlungsmöglichkeiten erhalten zu können. Es tut mir sehr leid, aber ich kann bei allem Verständnis für eine solche Haltung und für solches Tun nur wenig Respekt aufbringen.
Deine Überzeugung vom bevorstehenden „allgemeinen Untergang“ in allen Ehren: das rechtfertigt doch nicht theoretische Inkonsequenz und einen dermaßen selektiven Blick auf die Wirklichkeit, wie Du ihn hier an den Tag legst.
Ich denke, eine solche Argumentation zeigt sehr schön, wes Geistes Kind die Machttheorie ist und welches Zukunftsbild hier transportiert werden soll. Silvereagle hat dafür mal das Wort „Untergangsfetischismus“ verwendet, und bei mir wächst bei Argumentationen wie Deiner leider der Eindruck, daß er damit nicht ganz unrecht gehabt haben könnte.
Um aber auf Bangladesh zurückzukommen, gibt es dort wirklich kein flächendeckend installiertes ziviles Vertragsrecht (welches eine unabdingbare Grundlage für eine funktionierende Geld- und Marktwirtschaft wäre)?
Ich habe dafür eine (sehr) kurze Recherche im Internet gestartet. Die meisten Kurzdarstellungen des Landes enthalten überhaupt keine Angaben zum Zivilrecht. Die Verfassung von Bangladesh scheint mir jedoch deutlich sozialistische Züge zu tragen, erkennbar etwa an folgenden Passagen:
8. Fundamental principles.
(1) The principles of absolute trust and faith in the Almighty Allah, nationalism, democracy and socialism meaning economic and social justice, together with the principles derived from them as set out in this Part, shall constitute the fundamental principles of state policy.
Aha, socialism --- Nachtigall, ick hör Dir trapsen.
13. Principles of ownership.
The people shall own or control the instruments and means of production and distribution, and with this end in view ownership shall assume the following forms-
1. state ownership, that is ownership by the State on behalf of the people through the creation of an efficient and dynamic nationalised public sector embracing the key sectors of the economy;
2. co-operative ownership, that is ownership by co-operatives on behalf of their members within such limits as may be prescribed by law; and
3. private ownership, that is ownership by individuals within such limits as may be prescribed by law.
Hinweise auf sozialistische Ideale: Means of production... state ownership an erster Stelle, privat ownership an letzter Stelle - plus eine ganzen Reihe von Einschränkungen letzterer (s.u.).
14. Emancipation of peasants and workers.
It shall be a fundamental responsibility of the State to emancipate the toiling masses the peasants and workers and backward sections of the people from all forms and exploitation.
15. Provision of basic necessities. It shall be a fundamental responsibility of the State to attain, through planned economic growth, a constant increase of productive forces and a steady improvement in the material and cultural standard of living of the people, with a view to securing to its citizens-
1. the provision of the basic necessities of life, including food, clothing, shelter, education and medical care;
2. the right to work, that is the right to guaranteed employment at a reasonable wage having regard to the quantity and quality of work;
3. the right to reasonable rest, recreation and leisure; and
4. the right to social security, that is to say to public assistance in cases of undeserved want arising from unemployment, illness or disablement, or suffered by widows or orphans or in old age, or in other such cases.
"Planned economic growth" - muß man noch mehr sagen?
19. Equality of opportunity.
(1) The State shall endeavour to ensure equality of opportunity to all citizens.
(2) The State shall adopt effective measures to remove social and economic inequality between man and man and to ensure the equitable distribution of wealth among citizens, and of opportunities in order to attain a uniform level of economic development throughout the Republic.
Der Staat ist für"equitable distribution of wealth" zuständig. Kein Kommentar.
20. Work as a right and duty.
(1) Work is a right, a duty and a matter of honour for every citizen who is capable of working, and everyone shall be paid for his work on the basis of the principle"from each according to his abilities to each according to his work".
(2) The State shall endeavour to create conditions in which, as a general principle, persons shall not be able to enjoy unearned incomes, and in which human labour in every form, intellectual and physical, shall become a fuller expression of creative endeavour and of the human personality.
"Everyone shall be paid for his work on the basis of the principle"from each according to his abilities to each according to his work": sozialistische Flausen.
42. Rights to property.
(1) Subject to any restrictions imposed by law, every citizen shall have the right to acquire, hold, transfer or otherwise dispose of property, and no property shall be compulsorily acquired, nationalised or requisitioned save by authority of law.
[(2) A law made under clause (1) shall provide for the acquisition, nationalisation or requisition with compensation and shall either fix the amount of compensation or specify the principles on which, and the manner in which, the compensation is to be assessed and paid; but no such law shall be called in question in any court on the ground that any provision in respect of such compensation is not adequate.
(3) Nothing in this article shall affect the operation of any law made before the commencement of the Proclamations (Amendment) Order, 1977 (Proclamations Order No. I of 1977), in so far as it relates to the acquisition, nationalisation or acquisition of any property without compensation.]
Quelle
Was wir da haben, ist ein Entwicklungsland, das der sozialistischen Ideologie anheimgefallen ist und jetzt in einer ähnlichen Lage ist wie die postsozialistischen Staaten der GUS: Sozialismus weg, Kapitalismus mangels institutioneller Grundlage (Zivilrecht, Property Rights) nicht da. Daher herrschen dort Chaos und Mafiawirtschaft, nicht wegen irgendeinen machttheoretisch vorherbestimmten Weltenlaufs. Was dieses Land braucht, ist ein Team von Beratern aus Entwicklungstheoretikern vom Schlage eines DeSoto, und ein fähiges Team historisch gebildeter westlicher Juristen, die sich mit bereits erfolgreich vollzogenen Transformationen von Feudalsystemen zu zivilen Eigentumsgesellschaften beschäftigt haben und ein Transformationsprogramm entwerfen können.
Machttheoretiker und debitisten könnten ökonomische Argumente beisteuern. Wenn sie sich allerdings auf solche Diagnosen beschränken wie die von mir oben kritisierte, würde ich Bangladesh empfehlen, dankend abzuwinken.
Gruß
moneymind
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bernor
11.12.2005, 14:28
@ moneymind
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Re: Grameen+Bangladesh - moneymind |
-->Hi moneymind,
zunächst einmal möchte ich - sorry - einige Mißverständnisse ausräumen.
Dieser Absatz von mir:
„Bei De Soto geht es hauptsächlich um die nachträgliche Legalisierung von"extra-legalen" Besitztümern in Slums oder auf Großgrundbesitz (also ihrer Transformation in legales Eigentum) in Ländern, die bereits formales (wenn auch bisher eher ineffektiv genutztes) Eigentumsrecht kennen und mit deren Begriffen an sich vertraut sind - insofern steht die Nagelprobe, ob sein Modell auch in einem"reinen" Emtwicklungsland so einfach funktioniert, noch aus.“
ist zwar an sich m.E. zutreffend (oder hätte Japan sich „transformiert“, wenn dies nicht durch die USA per Kanonenboot-Politik erzwungen worden wäre?), hier aber fehl am Platz, weil in Bangladesch ein formales Rechtssystem, den ich bei der Definition des A-Sektors („normales Kreditgeschäft - mehr schlecht als recht“) stillschweigend vorausgesetzt hatte, bereits existiert.
Was ich tatsächlich meinte, war:
De Sotos Modell ist auf Bangladesch so nicht anwendbar, weil dort die Legalisierung von „extra-legalem“ Eigentum (noch) keine Rolle spielt - sondern vielmehr die Frage: Wie optimiert man den A-Sektor unter Berücksichtigung des Grameen-Engagements im übrigen Teil der Wirtschaft?
Was Du ja auch so siehst:
Worauf es also ankäme, wäre, Grameen und DeSotos Ansätze zusammenzubringen...
Was aber offenbar nicht so einfach ist:
...(Bangladesh gehört bisher noch nicht zu den Regierungen, die bei De Soto um Beratung bei ihren Modernisierungsanstrengungen gebeten haben).
Sie, die Regierung, sieht da offensichtlich keinen Bedarf: Solange „sie“, genauer: ihre Klientel, daraus keine Vorteile auch für sich zu erkennen vermag, kommt man mit der einzig möglichen friedlichen Variante der „Überzeugungsarbeit“, der Win-win-Stragie, nicht weiter - dann bliebe wieder, wie bei der „Ã-ffnung“ Japans, nur der Weg der Gewalt bzw. deren Androhung („Intervention“ von außen oder Militärdiktatur).
Zumal sich bereits Grameen in puncto Kredite um die Armen kümmert: da also scheinbar kein „Handlungsbedarf“ für die Regierung - die sieht ihre Aufgabe vielmehr darin, für ihre Klientel zu sorgen, z.B. daß dort nichts „anbrennt“, wie schon beschrieben:
„Bangladesch war schon vor ca. 30 Jahren, als das Grameen-Projekt begann, ein dichtbevölkertes Land mit einem darniederliegenden A-Sektor, weil regelmäßig nach Parlamentswahlen (wenn nicht gerade ein Militärdiktator am Ruder war), Schuldenerlasse verfügt wurden, so daß lt. Yunus nur ca. 10% der jeweiligen Schulden tatsächlich bezahlt wurden.“
Den anschließenden Satz
„Dies mag man jetzt als „Schlendrian!“ und „Korruption!“ bezeichnen - aber war’s nicht vielleicht auch ein bißchen weise, weil viel mehr als diese 10%-Tilgung gar nicht möglich waren?“
hast Du als theoretische Inkonsequenz ausgelegt. Ich meinte: Unter den gegebenen Umständen - kleiner Kreis der „Kreditwürdigen“ und mangelnde Bereitschaft, auch weniger begüterte Teile der Bevölkerung erfolgreich ins Kreditgeschäft einzubeziehen - hätte man mit einer „härteren Gangart“ bei der Tilgung bald das Ende der Fahnenstange erreicht und über verschärfte Ausbeutung von (größtenteils armen) Arbeitskräften sicher auch Unruhen verursacht.
Die o.a. Schuldenerlasse (daß mit diesen auch Geschenke verteilt wurden, ist klar) haben damals somit für eine relativ „entspannte“ Lage gesorgt, die auch dem Grameen-Projekt förderlich war.
Und damit komme ich noch einmal auf die Rolle des Staates zu sprechen:
Gerade weil Grameen auf staatlichen Beistand (Gerichte, Polizei u.a.) im Geschäftsbetrieb gänzlich verzichtet, ist es verwundbar: weniger durch Sturmfluten als durch Unruhen und steigende Kriminalität (hier wäre es interessant, zu wissen, inwieweit Regionen, in denen Grameen überwiegend vertreten ist, davon betroffen sind), zumal Grameen vor Ort auch Feinde bei Mullahs und Behörden hat.
Und Grameen ist darauf angewiesen, daß sein Bereich vom Staat respektiert wird: 1) keine staatlichen Konkurrenzprogramme und 2) Beschränkung eines irgendwann(?) tatsächlich funktionierenden Kreditsystems (mit Verpfändung & Vollstreckung) auf den A-Sektor (in den gleichwohl erfolgreiche Grameen-Kreditnehmer/innen „hineinwachsen“ können).
Doch derzeit schaut’s in dem Land, wie schon beschrieben, nicht so gut aus - woraufhin Du schreibst:
Nun, ich weise Dich darauf hin, daß in Europa zur Zeit der Entstehung der europäischen Eigentumswirtschaften ganz ähnliche Umstände geherrscht haben: hohes Bevölkerungswachstum, hohe Kriminalitätsraten etc. -...
Das frühe 19. Jh. war im größten Teil Europas auch die erste große Zeit des Polizeistaates bzw. des im Innern eingesetzten Militärs (vor allem 1830 / 1844 / 1848) - wäre eine heutige „Transformierung“ Bangladesch ohne solche Einsätze der Staatsgewalt möglich?
...Kollaps des mittelalterlichen Feudalismus eben. Kam es deswegen zum „Abstieg“? Nein, interessanterweise kam es stattdessen zu einem „Aufstieg“ ohnegleichen. Allein das schon zeigt, daß Deine Vermutung in Bezug auf Bangladesh keineswegs zwingend ist, sondern auch ganz andere Entwicklungspfade im Bereich des möglichen liegen
Möglich ist sicher noch manches.
Es mag auch sein, daß der jüngste Anstieg der Gewalt nicht so bedrohlich ist, wie er in puncto Sicherheit „verwöhnten“ Europäern erscheinen mag. Daß die Einheimischen da „robuster“ sind (wenngleich auch die steigende Zahl von Entführungen / Erpressungen auf höhere Gefahren für Erfolgreiche hinweist, die eben mehr haben als andere - keine Gefahr für eine „aufstrebende“ Eigentumswirtschaft, die zwangsläufig auch größere Einkommens-/Vermögensunterschiede schaffen wird?)
Und zur Bevölkerung: Nicht dessen Wachstum ist mit (sicher auch Grameen-bedingt) „nur“ noch 1,7% das eigentliche Problem, sondern die hohe Zahl der Menschen, genauer: die Bevölkerungsdichte, die es im 19 Jh. in Europa so nicht gab und die nicht nur flächendeckende Unruhen begünstigt (Hongkong als Beispiel für das Gegenteil zieht nicht, weil die Entwicklung dort von Anfang an „kapitalistisch“ und „friedlich“ verlief), sondern auch die Frage aufwirft, ob für die weitere Entwicklung des Landes genügend Platz vorhanden ist.
Sicher kann man das durch weiteres Wachstum der Bevölkerung und ihrer „Bedürfnisse“ entstehende Wohnungsproblem durch Hochhäuser lösen, die zu erwartenden Verkehrsprobleme weniger gut (nur noch öffentliche Personen- und Güterbeförderung?) - dazu noch die flächenzehrende Ansiedlung der Industrie in größerem Umfang, bei der auch die für die Landwirtschaft wegfallenden Flächen durch entsprechende Ertragssteigerungen, über das bisher (vor allem in Rahmen des Grameen-Projekts) schon Erreichte hinaus, zu kompensieren wären.
Das Land hat also begrenzte Kapazitäten, mit denen gerade bei der weiteren „Entwicklung“ sorgsam umzugehen ist.
Der bisherige Erfolg von Grameen ist auch auf die Linie zurückzuführen, die unter den gegebenen Ümständen vorhandene Ressourcen optimal zu nutzen und weniger darauf, das Land „umzukrempeln“.
Und auch darauf, daß irgendeine Konkurrenz zu anderen Billiglohnländern bisher noch keine Rolle gespielt hat.
Machttheoretiker und debitisten könnten ökonomische Argumente beisteuern. Wenn sie sich allerdings auf solche Diagnosen beschränken wie die von mir oben kritisierte, würde ich Bangladesh empfehlen, dankend abzuwinken.
Es ist ja nicht so, daß man (wer auch immer „man“ ist) gar nichts versuchen sollte, siehe oben - wie schon darauf hingewiesen, kommt auch Grameen auf Dauer nicht an einen ordentlichen Kreditmarkt im A-Sektor vorbei.
Aber dafür müssen Unruhen und Kriminalität zurückgehen, sonst kann man das „Investieren“ vergessen.
Und wenn da „gutes Zureden“ nicht hilft, sind wir wieder beim Thema „Gewalt“ - leider nicht zu ändern.
Deine Überzeugung vom bevorstehenden „allgemeinen Untergang“ in allen Ehren: das rechtfertigt doch nicht theoretische Inkonsequenz und einen dermaßen selektiven Blick auf die Wirklichkeit, wie Du ihn hier an den Tag legst.
Gut, dann spannen wir den Bogen mal etwas weiter:
Das Billiglohnland China z.B. ist, wie alle anderen, zunächst auf auswärtige Absatzmärkte angewiesen, bevor im Inland ein „sich selbst tragendes“ Wachstum entstehen kann - im besten Fall nun auch mit Absatzmärkten für andere nachfolgende(!) Billiglohnländer.
Wenn dagegen alle gleichzeitig durch die Tür wollen, haut’s nicht hin.
Dumm ist auch, daß durch den Billiglohn die westlichen Absatzmärkte nach und nach ruiniert werden, weil dort Arbeitsplätze wegfallen und ergo die Kaufkraft sinken und schließlich (ggf. nach Umwegen über diverse Kreditblasen, siehe USA u.a.) „abstürzen“ wird (Überschuldung - wir bräuchten also auch eine Theorie, einen Weg, wie man bankrott gegangene Eigentumswirtschaften wieder „flottmacht“).
Haben China und andere derzeitige „Schwellenländer“ bis dahin ihre Wirtschaften „sich selbst tragend“ (einschließlich der Probleme bei Energie, Rohstoffen etc.) in den Griff bekommen: schön, dann geht der „Kettenbrief“ erst einmal weiter - ansonsten: Pech gehabt.
Mit „Untergangfetischismus“ hat das jetzt nichts zu tun - auch wenn Dir insoweit recht geben muß, daß bei unbedachten Äußerungen und Verkürzungen in der Argumentation ein solcher leicht entstehen kann.
Und aus Deinem letzten Posting an Holmes (in dem Du das Dilemma noch einmal gut beschrieben hast):
Ich finde es sogar unverantwortlich, eine solche Sicht der Dinge weiterzuverbreiten, ohne Alternativen und Handlungsstrategien mitzuliefern. Denn man verbreitet so lediglich Hoffnungslosigkeit, und die ist nicht nur psychisch, sondern auch physisch äußerst ungesund. Man schadet damit meiner Meinung nach nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Mitmenschen.
Dieses Forum wird mit Sicherheit nicht von der breiten Ã-ffentlichkeit gelesen und ist in erster Linie für uns da, aber es ist schon richtig, daß man Negatives nicht unnötig ausbreiten sollte - zu diesem Thema ist, denke ich, das meiste ohnehin schon gesagt.
Gruß bernor
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