moneymind
07.02.2006, 01:26 |
Alternativperspektive zum Thema"islamischer Fundamentalismus" Thread gesperrt |
-->Hallo Leute,
aus aktuellem Anlaß hier nochmals ein kurzer Hinweis auf eine wichtige analytische Perspektive auf das kontroverse Thema"Islamische Welt": eine Perspektive, die querliegt sowohl zum gängigen (wohl Huntington-inspirierten) Kulturkampf-Klischee des Mainstream als auch zum in diesem Forum oft propagierten verschwörungstheoretischen Interpretationsraster.
Es geht um Heinsohns demographische Perspektive, die einen Zusammenhang zwischen sozialer Gewalt und Extremismus und"überzähligen" jungen Männern (3., 4. und 5. Söhne) ohne Aussicht auf gesellschaftliche Positionen, die gleichwohl gut ernährt und ausgebildet sind (die Explosivität ergibt sich für Heinsohn aus der Kombination"gut ernährt und ausgebildet, aber ohne Zukunftsperspektiven").
In aller Kürze zusammengefaßt:
1. Wenn in einer Gesellschaft jede Frau innerhalb ihrer gesamten Lebensspanne 2 Kinder bekommt, findet gesamtgesellschaftlich"einfache Reproduktion" statt. Die Gesellschaft wächst nicht, sie schrumpft auch nicht (von Migration und Verlusten durch Kriege, Seuchen etc. jetzt mal abgesehen).
2. Liegt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frauenleben unter 2, schrumpft die Gesellschaft. Das hat auch Auswirkungen auf ihre Altersstruktur. Da weniger junge nachgeboren werden, nimmt der relative Anteil der Älteren an der Gesamtbevölkerung zu. Das Durchschnittsalter steigt. Die Gesellschaft altert.
3. Dies ist derjenige Prozess, den wir in allen westlichen Industrienationen und praktisch allen Gesellschaften mit einigermaßen funktionierender kapitalistischer Wirtschaftsordnung heute beobachten. Perspektive: Überalterung.
4. Liegt die durchschnittliche Kinderzahl pro Frauenleben über 2, wächst die Gesamtgesellschaft. Auch das hat Auswirkungen auf die Altersstruktur. Der relative Anteil der jüngeren nimmt zu, das Durchschnittsalter sinkt. Wir haben es dann mit"jungen" Gesellschaften zu tun.
5. Diesen Prozess konnte man in Europa zu Beginn der Neuzeit beobachten (Bevölkerungsexplosion mit extrem hohen Kinderzahlen pro Frau (>4). Heinsohn und sein Kollege Steiger haben diese europäische Bevölkerungsexplosion in ihren Büchern"Menschenproduktion" (siehe amazon.de) und"Die Vernichtung der weisen Frauen" neu analysiert. Ich halte viele Einzelpunkte, die H/S in diesen Büchern anführen, für fragwürdig, ihre Gesamtperspektive aber für höchst aufschlußreich und diskussionswert.
6. Diesen Bevölkerungswachstumsprozess können wir aber heute auch in vielen"Drittwelt"-Ländern beobachten. Die islamischen Länder sind nur ein, wenn auch dramatisches, Beispiel für einen solchen Prozess.
7. Werden nun Kinder - v.a. Söhne - schneller nachgeboren, als die ältere Generation für sie gesellschaftliche Positionen ("Arbeitsplätze") und damit Lebensperspektiven schaffen kann, kommt es zu einem"Jugendüberschuß" (Youth Bulge): die perspektivlosen jungen Männer, die von ihren Herkunftsgesellschaften nicht"gebraucht" werden bzw. beschäftigt werden können, lenken ihre Energien in andere Kanäle.
8. Heinsohn hat in seinem Buch"Söhne und Weltmacht" (siehe amazon.de) verschiedene historische Youth Bulge-Situationen verglichen und typische Muster herausanalysiert, die in der Geschichte immer wieder aufzufinden sind.
9. Zu diesen gehören:
- Migration, Eroberung und Unterwerfung anderer Völker (als Beispiele führt er u.a. die Kolonisation der Welt durch die Europäer im Zeitalter des Imperialismus an, das auf die europäische Bev. Explosion folgte).
- Revolutionen und Umsturz der bisherigen Gesellschaftsordnung (frz. Revolution - Heinsohn interpretiert sogar die"68er Revolution" als Youth Bulge Phänomen --- als Ergebnis des Nachkriegs-Babybooms, der aber in der damaligen wirtschaftlichen Expansionsphase von der Gesellschaft aufgefangen werden konnte, indem für die Revolutionäre Positionen geschaffen wurden (wieviele 68er sind heute Soziologie-, Ã-konomie- oder PolWiss-Profs?!?)
- Entladung der Gewalt nach innen durch Bürgerkriege bis hin zum Völkermord (als Beispiele führt er u.a. Ruanda an).
Ich finde diese demographisch fundierte Perspektive insgesamt und in dern Grundzügen höchst aufschlußreich und - wenn auch nicht uneingeschränkt - einleuchtend, auch wenn ich mich manchmal sehr darüber ärgere, wie Heinsohn mit seinem Thema im Detail umgeht.
Zu gewinnen wäre - meine ich - möglicherweise eine nüchternere und realistischere Perspektive, als sie die beiden Interpretationsraster bieten, die ich oben genannt habe.
Ich kann leider aus chronischem Zeitmangel nicht noch ausführlicher werden, obwohl das eigentlich geboten wäre. Vielleicht konnte ja die obige Ultrakurzzusammenfassung das Interesse des einen oder der anderen hier wecken - vielleicht auch das Interesse, die eigene vorgefaßte Position mal aus einer anderen, ungewohnten und neuen Perspektive zu hinterfragen.
Der demographische Blickwinkel besticht für mich vor allem dadurch, daß sie an einer absoluten Basisvariable jeder Gesellschaft ansetzt (biologische Reproduktion der Gesellschaftsmitglieder selbst) und auf dieser Ebene versucht, Muster und Regelmäßigkeiten herauszuanalysieren. Das erklärt nicht alles, aber man kann darauf meiner Meinung nach nicht verzichten.
Keine Sozialanalyse - egal zu welchem Zweck und welcher Spezialfrage - kann es sich leisten, eine so basale soziale"Variable" (Wort paßt hier schlecht) zu ignorieren.
Für die, die sich dazu näher informieren wollen, poste ich unten einen aktuellen Link mit, der aber nur kurz, oberflächlich und unsystematisch bleiben kann.
Daher noch ein paar weitere Tips für Interessenten, die sich das nächer anschauen und sich ggf. einlesen wollen:
- hier im Archiv unter den Stichworten"Youth Bulge" und"Söhne und Weltmacht" suchen, das Thema wurde schon einige Male angesprochen, was allerdings bisher nie zu einer ernsthaften Diskussion geführt hat; dabei wurden auch Links gepostet;
- die Sendung"Das philosophische Quartett" vom 13.11.2005 anschauen - da war Heinsohn zu Gast und hat einige seiner demographischen Thesen vorgestellt, allerdings mehr unter anderen Blickwinkeln als dem des Islam (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/inhalt/14/0,4070,2396334-5,00.html)
- Bei amazon Rezensionen zu den Büchern"Söhne und Weltmacht","Menschenproduktion" und"Die Vernichtung der weisen Frauen" lesen, am besten diese Bücher selber lesen (dort kann man dann ggf. auch weiteren Lit-Hinweisen nachgehen).
- als Ultrakurzeinstieg der Link unten (allerdings sehr, sehr kurz und unsystematisch).
Schönen Dank fürs Lesen.
Ich meine, diese Perspektive wäre unbedingt eine kritische Diskussion wert - schon deshalb, weil sie meiner Meinung nach dringend weiterentwickelt und differenziert werden müßte; soweit also erstmal mein Beitrag dazu.
Gruß
moneymind
<ul> ~ Junge Männer ohne Chancen auf gesellschaftliche Positionen als Unruhepotential</ul>
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Zandow
07.02.2006, 10:23
@ moneymind
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Mangelnde Perspektiven |
-->Hallo moneymind,
den Heinsohnschen Thesen zum"youth bulge" kann ich im wesentlichen folgen. Doch bleibt Heinsohn beim entscheidenden Punkt stehen: die mangelnden Perspektiven für die jüngeren Söhne. Er untersucht nicht, warum es zu diesem Mangel kommt. Wir sehen durchaus wachsende Gesellschaften, die zwar viele Nachkommen hervorbringen, diese jedoch keineswegs zu zornigen jungen Männern werden.
Die wichtigste Perspektive, die ein junger Mann im Leben braucht, ist die Möglichkeit, sich seinen eigenen Lebensunterhalt (auch zur Versorgung der eigenen jungen Familie) zu verdienen. Eine, die Heinsohnschen Thesen weiterführende, Untersuchung müßte nun zeigen, worin diese Möglichkeiten bestehen bzw. warum diese Möglichkeiten nicht bestehen. Es ist also die Frage nach den von den jungen Männern zu erlangenden Verdienstmöglichkeiten; oder einfacher: der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu einem ausreichenden Einkommen.
Aus Sicht der Debitismustheorie muß die Frage nun lauten, ob es in einer Gesellschaft genügend Möglichkeiten zur Neuverschuldung gibt, welche den oekonomischen Prozeß am Laufen halten und somit den nachkommenden Generationen ausreichende Perspektiven an einer Teilhabe am oekonomischen Prozeß ermöglichen. Da das Wirtschaftsystem einer Gesellschaft auf festen Regeln, dem gesetzten Recht, beruht, muß daher das Rechtssystem untersucht werden.
Als Beispiel sei hier China genannt. Mit seiner hohen Bevölkerungszahl (obwohl geringen Geburtenraten) ist es durch Erweiterung des Rechts gelungen, den oekonomischen Prozeß neu zu beleben und richtig in Schwung zu bringen. Diese Erweiterung bestand im wesentlichen in der Einführung des Privateigentums. Ein so neu geschaffenes Recht schafft neue Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung und somit viele neue Perspektiven zur Teilnahme am oekonomischen Prozeß.
Aus dem islamischen Recht und den gelebten Stammestraditionen können z.Z. keine neuen (!) Möglichkeiten zur Neuverschuldung geschaffen werden. Das islamische oekonomische System ist an seiner Grenze angekommen. Perspektiven zur Teilnahme am oekonomischen Prozeß und somit der Chance auf ein ausreichendes Einkommen bestehen nur für einen kleinen Teil der Nachkommen. Erst, wenn neue rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, ergeben sich daraus auch mehr Perspektiven zur Teilnahme am oekonomischen Prozeß.
Herzliche Grüße, <font color=#008000>Zandow</font>
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moneymind
11.02.2006, 17:43
@ Zandow
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Re: Existierende Perspektiven - Zandow |
-->Hi Zandow!
du schreibst:
den Heinsohnschen Thesen zum"youth bulge" kann ich im wesentlichen folgen. Doch bleibt Heinsohn beim entscheidenden Punkt stehen: die mangelnden Perspektiven für die jüngeren Söhne. Er untersucht nicht, warum es zu diesem Mangel kommt.
Ja.
Wir sehen durchaus wachsende Gesellschaften, die zwar viele Nachkommen hervorbringen, diese jedoch keineswegs zu zornigen jungen Männern werden.
Hm, interessant. Kannst Du ein paar Beispiele nennen (mit durchschn. Kinderzahl pro Frauenleben)? Und wie genau schaffen es diese Gesellschaften, die überzähligen 3., 4. und 5. Söhne gewaltfrei zu integrieren? Da würden ja Lösungsansätze aufscheinen, die möglicherweise (ganz oder teilweise) auf andere YB-Nationen übertragbar wären.
Die wichtigste Perspektive, die ein junger Mann im Leben braucht, ist die Möglichkeit, sich seinen eigenen Lebensunterhalt (auch zur Versorgung der eigenen jungen Familie) zu verdienen.
Okay, stimme zu. Und wer einen Job und eine Familie hat, hat keine Zeit, die Straßen unsicher zu machen - dürfte also, solange es ihm einigermaßen gut geht, friedlich bleiben.
Eine, die Heinsohnschen Thesen weiterführende, Untersuchung müßte nun zeigen, worin diese Möglichkeiten bestehen bzw. warum diese Möglichkeiten nicht bestehen.
Hm, okay. Man kann natürlich, wenn man wie Heinsohn nur daran interessiert ist, seine"Youth Bulge führt zu Gewalt" - These zu untermauern, nach Gründen dafür suchen, warum diese Möglichkeiten in den Youth Bulge Nationen mit Gewaltausbrüchen nicht bestehen.
Viel interessanter wäre aber doch die Frage nach den GEGENBEISPIELEN zur"Youth-bulge-führt-immer zu Gewalt" - These, die Du oben ansprichst und wo ich weiterfragend eingehakt habe: wie genau haben Nationen, die ihren Youth Bulge erfolgreich relativ gewaltfrei integrieren konnten, das geschafft? Man käme so auf Modell-Lösungen, die sich ggf. auf andere Youth-Bulge-Nationen übertragen ließen. Heinsohn fragt so nicht, weil er nur daran interessiert ist, seine YB-Theorie zu stützen und untermauern (Gegenbeispiele blendet er dafür aus oder erklärt sie mit Sonderbedingungen, jedenfalls sucht er nicht aktiv danach, und schon gar nicht von dem lösungsorientierten Standpunkt aus, den ich hier beschrieben habe; Heinsohn ist meiner Meinung nach - wie leider viele Sozialwissenschaftler - praktisch unfähig zu ziel- und lösungsorientiertem Denken).
Daher nochmal die Frage an Dich: welche Nationen meinst Du mit den Gegenbeispielen, die Du oben ansprichst?
Es ist also die Frage nach den von den jungen Männern zu erlangenden Verdienstmöglichkeiten; oder einfacher: der Zugang zum Arbeitsmarkt und zu einem ausreichenden Einkommen.
Ja, ich würde allgemeiner sagen: ein Ziel und eine Aufgabe, um Ergebnisse erzielen und Bedeutung für andere erreichen zu können (das kann eben auch sein,"ehrenvoll in den Krieg zu ziehen").
Aus Sicht der Debitismustheorie muß die Frage nun lauten, ob es in einer Gesellschaft genügend Möglichkeiten zur Neuverschuldung gibt, welche den oekonomischen >Prozeß am Laufen halten und somit den nachkommenden Generationen ausreichende >Perspektiven an einer Teilhabe am oekonomischen Prozeß ermöglichen.
Sinn dieser Frage kann ich nur für eigentumsbasierte Geldwirtschaften erkennen. Die meisten youth-bulge-nationen sind keine Geldwirtschaften, die meisten Geldwirtschaften keine youth-bulge-nationen. Zustimmen kann ich Dir darin, daß ein Versuch nachholender Modernisierung (beginnend mit der Schaffung einer rechtlichen Basis) Beschäftigungsmöglichkeiten erzeugen könnte.
Da das Wirtschaftsystem einer Gesellschaft auf festen Regeln, dem gesetzten Recht, beruht, muß daher das Rechtssystem untersucht werden.
Insoweit Zustimmung, als auch ich in einem funktionierenden zivilen Rechtsstaat mit flächendeckend durchsetzbarem Privatrecht (incl. Schuldrecht) und dazugehöriger institutioneller Struktur (Gerichte etc.) eine notwendige Voraussetzung für jede Geldwirtschaft / Modernisierung sehe (-->Heinsohn/Steiger, DeSoto, Ordoliberalismus etc.).
Als Beispiel sei hier China genannt. Mit seiner hohen Bevölkerungszahl (obwohl geringen Geburtenraten) ist es durch Erweiterung des Rechts gelungen, den oekonomischen Prozeß neu zu beleben und richtig in Schwung zu bringen. Diese Erweiterung bestand im wesentlichen in der Einführung des Privateigentums. Ein so neu geschaffenes Recht schafft neue Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung >und somit viele neue Perspektiven zur Teilnahme am oekonomischen Prozeß.
Schon. Aber China als Musterlösung ist kein gutes Beispiel, es hat ja keinen youth bulge Problem mehr zu integrieren (Einkindpolitik).
Aus dem islamischen Recht und den gelebten Stammestraditionen können z.Z. keine neuen (!) Möglichkeiten zur Neuverschuldung geschaffen werden.
Warum nicht? Malaysia, Indonesien machen es vor (in Malaysia Islam=Staatsreligion, Modernisierung läuft). Alle Geldwirtschaften sind auf der Basis von Stammes- oder Feudaltraditionen bzw. gegen diese entstanden, also machen solche Traditionen die"Schaffung neuer Möglichkeiten zur Neuverschuldung" (ziviles Rechtssystem inclusive Vollstreckungsrechten, damit Möglichkeit zirkulierender Finanztitel, in der Folge geldwirtschaftliche Entwi-Dynamik) nicht generell unmöglich.
Die Frage ist doch vielmehr, welche speziellen historischen Bedingungen haben in den"erfolgreichen" Fällen einer solchen Transformation diese ermöglicht, bzw. wie haben die Akteure dieses Ziel erreicht (Europa, Nachzügler - Japan, Südkorea, Malaysia, Indonesien, Taiwan etc.).
Das islamische oekonomische System ist an seiner Grenze angekommen. Perspektiven zur Teilnahme am oekonomischen Prozeß und somit der Chance auf ein ausreichendes Einkommen bestehen nur für einen kleinen Teil der Nachkommen. Erst, wenn neue rechtliche Möglichkeiten geschaffen werden, ergeben sich daraus auch mehr Perspektiven zur Teilnahme am oekonomischen Prozeß.
Einwände siehe oben.
Was wäre Dein Fazit - welche Schlußfolgerungen ergeben sich für Dich aus der YB-Analyse für Handlungsstrategien"des Westens"?
Mein Fazit:
Wir sollten uns darum kümmern, den YB-Nationen dabei zu helfen, ihre jungen Männer mit sinnvollen friedlichen Aufgaben zu versorgen (denn die Geburtenraten gehen jetzt schon wieder zurück - das in den nächsten 2-3 Jahrzehnten drohende Gewaltpotential geht von Söhnen aus, die bereits geboren (aber jetzt noch Kinder) sind.
Das kann u.a. heißen: Entwicklungspolitik neu am Eigentums-/Schuldenparadigma ausrichten (daß wir uns damit neue Konkurrenten auf dem Weltmarkt schaffen, gegen die wir auf Dauer nicht ankommen werden, steht auf einem anderen Blatt).
Wir müssen uns fragen, wie wichtig uns die zentralen Werte des Westens - Vertrags-, Rede-, Bewegungs- und Handlungsfreiheit - eigentlich sind und die, die uns wichtig sind, hier und anderswo sichern und fördern. Ansonsten schon mal den Koran ins Bücherregal stellen. Denn die Islamisierung Europas mit möglichem Endpunkt Kalifat (=postkapitalistisches Feudalsystem analog zum poströmischen christlichen Feudalismus des Mittelalters) gehört rein demographisch betrachtet in den Bereich des Möglichen, sogar Wahrscheinlichen (siehe auch hier)
Gruß
moneymind
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bernor
12.02.2006, 18:46
@ moneymind
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Re: Existierende Perspektiven - moneymind |
-->Hi moneymind,
weitgehend Zustimmung meinerseits zu Deinen gestrigen und heutigen Postings, nur der Vergleich des römischen Imperiums mit dem heutigen Westen hinkt etwas:
1) das Christentum hatte sich, noch vor dem „Untergang“ (West-)Roms, per Anpassung an bereits vorhandene Kulte (Mithras, Sol Invictus) in das damalige System integriert (wenn er in dieser Zeit nicht sogar mit dem Mithraskult identisch war) - die „Barbaren“, von deren „Zustrom“ auch Rom nicht verschont blieb, waren andere (Germanen, Hunnen u.a.). Es gab auch grundsätzlich keine ethnischen, sprachlichen oder sonstigen kulturellen Barrieren zwischen Christen und Nichtchristen, die der Akzeptanz der neuen Religion im Wege standen - die Ausbreitung des Christentums erfolgte daher vor allem auch durch Bekehrung von (romanisierten) Nichtchristen.
Ganz im Gegensatz dazu die heutigen Lage, in der sich der Islam über bestimmte Vorschriften (gültiger Koran nur auf Arabisch & in arabischer Schrift, Kleiderordnung, Freundschaft mit Nichtmuslimen unerwünscht usw.) deutlich jeglicher Integration in andere Gesellschaften verweigert und die Muslime als Einwanderer von vielen Einheimischen wegen ihrer fremden Kultur und gewissen, pauschal unterstellten negativen Eigenschaften zudem als Eindringlinge / Sozialschmarotzer / “Barbaren“ empfunden werden: dieses macht eine Verbreitung des Islam über Bekehrungen unwahrscheinlich - es sei denn, überhöhter Schulden-/Abgabendruck ließe einen Übertritt zum Islam - und damit zu ihren teilweise schon heute in Großstädten per eigenes Gewaltmomopol quasi-autonomen Gemeinschaften - als kleineres Übel erscheinen (von der „Nestwärme“ in der neuen Gemeinde, ganz im Gegensatz zum „kalten“ Kapitalismus & Bürokratensozialismus, mal ganz abgesehen).
2) das römisch Imperium stand technologisch auf keinem hohen Niveau und konnte daher „untergehen“, ohne einen Großteil der Bevölkerung mitzureißen - der Rückgang der Bevölkerung um geschätzte 30-50% fand größtenteils schon vorher statt (einen „Kapitalismus“ gab es im 5. Jh. ohnehin kaum noch, stattdessen überwiegend Villenhofwirtschaft).
Heute dagegen würde einem Ende des kapitalistischen Systems auch ein Massensterben (oder -auswanderung - aber wohin?) folgen, weil ohne die „Errungenschaften der Moderne“, einschließlich Kunstdünger für den Acker, auch Europa hoffnungslos übervölkert wäre (etwa so: von vier Einwohnern wären drei über) - ein „soft-declining“ des Westen ist also, wann auch immer, unwahrscheinlich.
So ganz nebenbei beruht auch die Existenz der meisten Muslime in ihren Herkunftsgebieten auf westlicher Technologie / Wirtschaft, entweder indirekt (Ã-l-, Gasförderung & -verkauf, sonstiger Export, Tourismus) oder direkt (Hilfe für Palästinenser u.a.) - ein Ausfall der westlichen Wirtschaft hätte auch für sie äußerst unangenehme Folgen.
Wir sollten uns also daher nicht so sehr auf eine Annäherung, gar Angleichung an den Islam konzentrieren (wie sieht eigentlich die Strategie der christlichen Kirchen, vor allem der katholischen, aus?), sondern darauf, ob und wo es für unser System - das sicher die allermeisten von uns nicht missen möchten - die RESET-Taste („clean slates“?) gibt.
Gruß bernor
PS: Für die Beschäftigung von Youthbulgies gibt es schon das passende Instrumentarium: die „Entwicklungshilfe“ - die Palästinenser z.B. werden ja ohnehin schon von uns unterstützt, da muß die Hilfe nur ausgeweitet werden: der „öffentliche Dienst“ des künftigen Palästinenserstaates könnte personell massiv aufgestockt und mit der Übersetzung aller EU-Richtlinien und Bundesgesetz- & steuerblätter I & II seit 1949 ins Arabische beschäftigt werden - das dürfte für die nächsten 20-30 Jahre reichen;-)
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moneymind
13.02.2006, 21:02
@ bernor
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Re: Existierende Perspektiven - moneymind |
-->Hi bernor,
1) das Christentum hatte sich, noch vor dem „Untergang“ (West-)Roms, per Anpassung an bereits vorhandene Kulte (Mithras, Sol Invictus) in das damalige System integriert (wenn er in dieser Zeit nicht sogar mit dem Mithraskult identisch war) - die „Barbaren“, von deren „Zustrom“ auch Rom nicht verschont blieb, waren andere (Germanen, Hunnen u.a.). Es gab auch grundsätzlich keine ethnischen, sprachlichen oder sonstigen kulturellen Barrieren zwischen Christen und Nichtchristen, die der Akzeptanz der neuen Religion im Wege standen - die Ausbreitung des Christentums erfolgte daher vor allem auch durch Bekehrung von (romanisierten) Nichtchristen.
>Ganz im Gegensatz dazu die heutigen Lage, in der sich der Islam über bestimmte Vorschriften (gültiger Koran nur auf Arabisch & in arabischer Schrift, Kleiderordnung, Freundschaft mit Nichtmuslimen unerwünscht usw.) deutlich jeglicher Integration in andere Gesellschaften verweigert und die Muslime als Einwanderer von vielen Einheimischen wegen ihrer fremden Kultur und gewissen, pauschal unterstellten negativen Eigenschaften zudem als Eindringlinge / Sozialschmarotzer / “Barbaren“ empfunden werden: dieses macht eine Verbreitung des Islam über Bekehrungen unwahrscheinlich - es sei denn, überhöhter Schulden-/Abgabendruck ließe einen Übertritt zum Islam - und damit zu ihren teilweise schon heute in Großstädten per eigenes Gewaltmomopol quasi-autonomen Gemeinschaften - als kleineres Übel erscheinen (von der „Nestwärme“ in der neuen Gemeinde, ganz im Gegensatz zum „kalten“ Kapitalismus & Bürokratensozialismus, mal ganz abgesehen).
Interessanter Punkt, vielen Dank.
2) das römisch Imperium stand technologisch auf keinem hohen Niveau und konnte daher „untergehen“, ohne einen Großteil der Bevölkerung mitzureißen - der Rückgang der Bevölkerung um geschätzte 30-50% fand größtenteils schon vorher statt (einen „Kapitalismus“ gab es im 5. Jh. ohnehin kaum noch, stattdessen überwiegend Villenhofwirtschaft).
Heute dagegen würde einem Ende des kapitalistischen Systems auch ein Massensterben (oder -auswanderung - aber wohin?) folgen, weil ohne die „Errungenschaften der Moderne“, einschließlich Kunstdünger für den Acker, auch Europa hoffnungslos übervölkert wäre (etwa so: von vier Einwohnern wären drei über) - ein „soft-declining“ des Westen ist also, wann auch immer, unwahrscheinlich.
>So ganz nebenbei beruht auch die Existenz der meisten Muslime in ihren Herkunftsgebieten auf westlicher Technologie / Wirtschaft, entweder indirekt (Ã-l-, Gasförderung & -verkauf, sonstiger Export, Tourismus) oder direkt (Hilfe für Palästinenser u.a.) - ein Ausfall der westlichen Wirtschaft hätte auch für sie äußerst unangenehme Folgen.
>Wir sollten uns also daher nicht so sehr auf eine Annäherung, gar Angleichung an den Islam konzentrieren (wie sieht eigentlich die Strategie der christlichen Kirchen, vor allem der katholischen, aus?), sondern darauf, ob und wo es für unser System - das sicher die allermeisten von uns nicht missen möchten - die RESET-Taste („clean slates“?) gibt.
>
Du siehst also Handlungsbedarf vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet. Welche Möglichkeiten für einen Reset der Schulden siehst Du konkret?
Für die Beschäftigung von Youthbulgies gibt es schon das passende Instrumentarium: die „Entwicklungshilfe“
Ist ineffektiv, da sie - als bloße Finanzhilfe - ähnlich wie eine Subvention keine eigenständige Entwicklung fördert, sondern Abhängigkeit von den Geberländern zementiert. Finanzhilfen sollten komplett gestrichen werden und durch das Angebot von juristischem und bankbetriebsw. KnowHow für eine Transformation ersetzt werden.
Gruß
mm
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