-->Jede Menge Diamanten - und viel GemĂĽsesuppe
Zwei Abwertungen haben dem diamantenreichen Botswana schwer zugesetzt. Der Präsident rät dem Volk, den Gürtel enger zu schnallen.
Von Christine D'Anna-Huber, Maun
Zeitunglesen ist in Botswana immer erbaulich. Skurrile Geschichten gedeihen in diesem weiten Land der Gegensätze: Ein riesiger Fluss versickert inmitten einer Explosion von Flora und Fauna in der Wüste. Es gibt modernste Infrastrukturen und gleichzeitig Hüttendörfer aus Lehm und Stroh und leeren Bierdosen. Elefanten überqueren spiegelglatte Asphaltstrassen, sodass alle anhalten müssen, die Eselskarren ebenso wie die luxuriösen Geländewagen. Hier gehen Modernität und Tradition Hand in Hand einher, als ob nichts selbstverständlicher wäre.
So war dieser Tage der ZeitungslektĂĽre neben viel beinharten Fakten auch zu entnehmen, dass jetzt gerade die Saison der MopanewĂĽrmer zu Ende geht: Es ist dies eine sich windende Delikatesse, die frisch vom Baum zubereitet am besten schmecke. Zu erfahren war auch, dass sich das Gericht in Mogoditshane, im Rahmen eines banalen Scheidungsfalles, in allen Einzelheiten mit den magischen Ritualen auseinander setzen muss, mit denen die verstossene Ehefrau den Zauber der jungen Geliebten zu bannen sucht.
In all diese Berichte hat sich ein klagender Unterton gemischt. Das kommt davon, dass es Botswana zurzeit nicht so gut geht. Es ist nicht nur die Dürre, die das demokratische Vorzeigeland Afrikas - laut Transparency International weniger korrupt als Italien - im vergangenen Winter heimgesucht hat. Es ist die Geldpolitik der Regierung, die im Lauf der letzten zwei Jahre die Landeswährung zweimal abgewertet hat: um 7,5 Prozent im Februar 2004, um weitere 12 Prozent im Juni 2005.
Absicht war, den zu starken Pula - was Regen bedeutet und zeigt, wie kostbar im semiariden Botswana Wasser ist - dem südafrikanischen Rand anzupassen. Man wollte den Pula damit wettbewerbsfähiger machen, die Exporte fördern, die Inlandproduktion und den Dienstleistungssektor anregen, Arbeitsstellen schaffen und Botswanas Attraktivität für Touristen erhöhen.
Diamanten sind nicht fĂĽr immer
Das Land muss seine Wirtschaft dringend diversifizieren und die Abhängigkeit vom Ausland verringern. Botswana konnte zwischen 1966 und 1999 zwar Jahr für Jahr eine der höchsten Wachstumsraten der Welt vorweisen. Sein relativer - und unter der Bevölkerung schlecht verteilter - Wohlstand ist jedoch praktisch nur auf seine Bodenschätze zurückzuführen: Botswana ist der grösste Diamantenförderer der Welt. Mit Diamanten werden rund ein Drittel des Bruttoinlandproduktes, die Hälfte der Staatseinnahmen und 70 Prozent der Exporterlöse erwirtschaftet. Doch die Edelsteine garantieren nur knapp 2 Prozent der Bevölkerung ein Einkommen. Die Arbeitslosigkeit in Botswana beträgt offiziell 20 Prozent, inoffiziell wird sie auf das Doppelte geschätzt. Meist sind es junge Leute, die selbst nach Abschluss einer guten Ausbildung keine Stelle finden können.
Immer weniger Geld in der Tasche
Vielleicht wird die Rechnung der Regierung auf die Länge aufgehen. Vielleicht ist sie, wie manche Medien in Botswana schreiben, nur einfach das verzweifelte Eingeständnis, dass das Land die Diversifizierung seiner Wirtschaft zu spät angepackt hat. Und deshalb - das Bleigewicht der zweithöchsten HIV-/Aids-Infektionsrate der Welt am Bein - gefährlich nahe am Abgrund steht. Die Bevölkerung jedenfalls erlebt die zweimalige Abwertung der einheimischen Währung vorwiegend negativ. Ihre Kaufkraft hat - in einem Binnenland, das fast alle Produkte unter hohen Transportkosten einführen muss - dramatisch abgenommen. Die Tourismusbranche klagt über schwindende Margen, Autohändler darüber, dass ihr Geschäft in einem Jahr um die Hälfte geschrumpft sei. Die Arbeitslosigkeit ist weiter gewachsen. Ausländische Investoren, noch bis vor kurzem mit Nachdruck ins Land gebeten, sehen sich zunehmend mit dem Vorwurf konfrontiert, sie schädigten den lokalen Markt. Sie reagieren ihrerseits verstört auf die unvorhersehbare Geldpolitik der Regierung.
Die lässt sich vorläufig nicht beirren. «Botswana ist ein Niedrigeinkommensland mit einem Lebensstil, als verfügte es über ein hohes Einkommen», zitierte Präsident Festus Mogae in seiner Ansprache zum Jahresende einen ausländischen Analysten, und forderte sein Volk dazu auf, den Gürtel enger zu schnallen. Eine populäre Tageszeitung erklärte letzten Monat, wie das konkret aussehen könnte: «Warum jeden Tag Fleisch essen? Bohnen und Teigwaren sind viel gesünder», schrieb «The Voice» und forderte ihre Leser auf, nicht länger die Regierung für ihre Unzufriedenheit verantwortlich zu machen. Viel besser wäre es, in Zukunft auf alles Überflüssige zu verzichten, einen Gebrauchtwagen zu fahren, die Kinder in eine billigere Schule zu schicken. Und mit dem gesparten Geld einen Gemüsegarten anzulegen.
PS: Festgeld-Anlagen können via Standard-Chartered Bank, Gambarone,
bei Ihrer Hausbank in Auftrag gegeben werden. Zinsen höher als in
Südafrika. Botswana bleibt unser Währungs-Favorit nach den USA und der Türkei.
|