dottore
08.01.2001, 16:13 |
Schlechte Nachrichten für amazondotcom... Thread gesperrt |
... stehen heute im WSJ, Seite 1. Danach hat sich auf den Bermudas ein Mann mit einem Dotcom etabliert, der seine Firma so geschickt konstruiert hat (Steuern vor allem), dass er die Preise von amazon"um mehr als 45 % unterbieten" kann.
Hintersinn: Die Dotcoms, die noch Überlebenswillen in sich spüren, gehen alle off-shore. Das verschafft ihnen eine Menge Vorteile."Sie sind die erste Generation von Geschäftsleuten," sagt jemand,"die überall auf der Welt ihr Domizil haben können."
Feine Jungs gibt's immer wieder.
d.
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Johannes
08.01.2001, 16:28
@ dottore
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Re: Schlechte Nachrichten für amazondotcom... |
> ... stehen heute im WSJ, Seite 1. Danach hat sich auf den Bermudas ein > Mann mit einem Dotcom etabliert, der seine Firma so geschickt konstruiert hat > (Steuern vor allem), dass er die Preise von amazon"um mehr als 45 % > unterbieten" kann.
Hallo dottore,
hm, da habe ich als Buchhändler doch gewisse Zweifel. Amazon.com gibt in der Regel ja so um die 20% (und berechnet dafür im Gegensatz zu Amazon.de Porto, wenn wir dort bestellen). Dieses Preisniveau (80%) um mehr als 45% zu unterbieten, würde ein Priesniveau von 44% des empfohlenen Ladenpreisen bedeuten (56% Rabatt auf den Ladenpreis).
Der Autor möchte Geld, die Druckerei möchte Geld, für die Werbung muß auch Geld ausgegeben werden, der Verlag trägt das Risiko, der neue Händler braucht auch Geld, um zu leben. Normal sollte er mindenstens 15% des Verkaufspreises haben, d.h. Autor, Druckerei, Werbung, Verlag müßten sich das verbleibende gute Drittel des normalen Ladenpreises teilen.
Nachdem Amazon ja bisher schon wenig oder keinen Gewinn gemacht hat, wie hoch soll denn da die Steuerersparnis sein, von der der Mann sich das leisten will?
Das einzige, was stimmt, Amazon.de ist schon lange nicht mehr so einmalig mit seinen Preisen, sie wurden im letzten Jahr um 7% erhöht (zzgl. zum Dollarkurs), auch für mich ist das Mithalten da kein Problem. Aber die neuen Versprechungen zum Unterbieten von Amazon.com erscheinen mir zweifelhaft.
Viele Grüße
Johannes
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Baldur der Ketzer
08.01.2001, 16:41
@ Johannes
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Re: Bingo, Johannes |
Hallo, Johannes,
Deine Kalkulation stimmt absolut, beim gegebenem Rabatt im Groß- und Einzelhändlerbereich müßte der newcomer draufzahlen, und hätte null Deckungsbeitrag für seine Kosten.
Geht irgendwie schlecht.
Das zweite ist natürlich, daß er offshore sein kann, so lange er will.
Wenn er keinen Gewinn macht, hilft ihm das rein gar nüscht.
Offshore ist nur sinnvoll bei hohen Gewinnen, sonst machen dich die Kosten kaputt.
Im übrigen, wie stellt er sich denn die Logistik vor?
Irgendwo müssen die Bücher lagern, falls er die Abwicklung selber macht, und mangels DBA hat er dann dort eine steuerpflichtige Betriebsstätte.
Läßt er es abwickeln, evita läßt grüßen, ist er nur noch Makler oder Kontaktvermittler, das mag gehen.
Er muß aber dann den Obulus des Lagisten und Versenders irgendwie zahlen. Wovon?
Da hilft weder ein Kniff über Irland noch über Rumänien oder so.
Die Frachtkosten fressen jede Lohnersparnis auf, und der Bruttogewinn an Büchern ist halt per saldo trotz allem ein kleiner.
Nicht jeder hat solche Ausgaben für Bücher wie Baldur.
500% Gewinnaufschlag auf einen Kaugummi, davon kannste deine Miete nicht zahlen.
Über die Karibik ausliefern iss auch nicht, zwengs Luftfrachtkosten.
Satz mit icks, war wohl nix.
Beste Grüße vom ketzer
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dottore
08.01.2001, 18:11
@ Baldur der Ketzer
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Re: Bingo, Johannes und noch Mal druff! |
Der Wundermann heißt Paven Bratch (36). Wie kommt so einer auf die Page One vom WSJ?
Seine Bude heißt Playcentric.com. Er hat 10 Angestellte, seine Server stehen auf den Bermudas, seine Angestellten arbeiten auf Barbados. Und die Distribution besorgt ein Laden in Toronto. Steuern? Never, ever.
Er sagt, es reimt sich. Ich kann nur das WSJ zitieren und wünsche dem tüchtigen Herrn alles Gute.
Im übrigen kenne ich die Medienbranche. Wie kommt es, dass Disney, Time-Warner usw. die vollen 28 % max-tax USA zahlen, während Rupert Murdoch gerade Mal 8 % bezahlt - jeweils auf die operating profits worldwide? Dass alle diese Big Players ihr Geschäft verstehen, steht außer Frage.
Außerdem weiß ich als Autor, dass die ganze Bücher-Kalkulation Mumpitz ist. In D kassiert doch schon allein der Buchhändler vom Top 45 % im Schnitt (ex MWSt.). Die Verleger kriegen die Manus auf Diskette, das ist schnell gelesen und umgefummelt plus Korrektur. Kosten? o,5 %. Dann zur Druckerei. Der Drucker schiebt alles rein und hinten kommts fertige Buch raus. 5 bis 15 % (je nach Fotolage). Ansonsten economies of scale (english spoken countries). Dann Distribution via Bertelsmann an der Autobahn - na, na! Und der arme Autor kann sich mit seinen 10 % erschießen.
Wenn ich noch mal auf die Welt komme, werde ich außer vielem anderen auch Verleger!
Gruß
d.
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