-->Der russische Tilsiter kehrt heim
09.10.2006 | 17:19:21
ST. GALLEN - Kein Käse: Tilsiter aus Russland liegt bald in Schweizer Regalen. Doch werden nur eingefleischte Sowjet-Nostalgiker zugreifen?
Käse in die Schweiz zu importieren ist wie Eulen nach Athen tragen, zumal dann wenn es sich nicht um Feta oder Mozzarella, sondern eigentlich urschweizerischen Tilsiter handelt. Müsste man meinen. Doch die Firma Syrimpex Schweiz ist da anderer Meinung: Im nächsten Januar wirft sie «Tilsitskij» auf den Markt. Tilsiter, der in der russischen Stadt Sovetsk produziert wird.
Dass die Tilsiter-Produktion in Russland nicht einfach ein Marketing-Gag ist, enthüllt ein Blick auf eine alte Landkarte: Sovetsk liegt in Ostpreussen, dem ehemals deutschen und 1945 von den Sowjets besetzten Gebiet um Königsberg/Kaliningrad, - und die Stadt hiess früher Tilsit. Emmentaler Käser hatten das Rezept für den würzigen Käse im 19. Jahrhundert in Tilsit entwickelt. Zwei Thurgauer brachten es dann wieder in die Schweiz zurück: Otto Wartmann und Hans Wegmüller produzierten im Jahr 1893 erstmals Tilsiter in der Heimat seiner Schöpfer.
Die diesjährige Olma hätte den Startschuss für die Lancierung des exotischen Tilsiters in der Schweiz bedeuten sollen. Doch die Messeleitung stellte sich quer, wollte in der Halle 9.1 nur Schweizer Produkte präsentiert haben. Wie gut der «Tilsitskij» also bei den Konsumenten hierzulande ankommt, wird sich erst nächstes Jahr zeigen. Freuen dürfen sich auf jeden Fall Sowjet-Nostalgiker: In sozialistischem Rot wird die Verpackung leuchten, das Signet, eine mit einem gelben Käsemesser gekreuzte Sichel, nimmt zudem Bezug auf die kommunistischen Insignien.
Vor Überfremdung der Schweizer Käseregale müssen sich die Schweizer Rechtsparteien aber nicht fürchten: Wegen den bürokratischen Hürden in Russland wird der «Tilsitskij» etwa 15 Prozent teurer als der einheimische Cousin und es damit kaum zum Massenprodukt schaffen. Auch kommunistischer Chic kann die Regeln der Marktwirtschaft nicht einfach so aushebeln.
PS:
Es muss ja nicht immer 'Edamer', 'Emmentaler' oder 'Entlebucher' sein!
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