André
22.01.2001, 00:06 |
2001 ungleich 1929 - Reflektionen zur Nacht Thread gesperrt |
Die Geschichte wiederholt sich nie 1:1
Im Jahr 1929 war gerade mal 11 Jahre der 1. Weltkrieg vorbei. Die Leute waren verarmt. Habe noch einen eisernen Ring auf dem steht: Gold gab ich für Eisen.
Viele Groß-Unternehmen wurden nach dem Krieg bis Anfang der 30er abgebaut als Kriegsrepatationen. Erhalten blieb nur die Landwirtschaft, Immobilienvermögen und die Handwerksberufe. Denn in den 20er wurde nach zahlreichen Bankzusammenbrüchen und der anschließenden großen Inflation alles Geldvermögen vernichtet. Noch vor 1929. Und dann kamen kurzfristige Auslandskredite, vor allem aus den USA und die wurden in Deutschland z.T. langfristig ausgeliehen.
Als es dann in den USA zur Krise kam, wurden diese Kurzfristkredite zurückgefordert gegenüber einem bereits bettelarmen Land.
Heute besteht diese Labilität in Deutschland nicht. Die Bürger sind, verglichen mit damals extrem reich (nur arm u.a. an Kindern). Eine Rückführung des DAX um 50% würde zwar als störend empfunden, aber mehr nicht. Und daß Manien = Neuer Markt geschlachtet werden, ist doch nur normal!!! Die Gold- und die Borlochspekulationen der 70er Jahre (Blasen wie 2000 der Nemax) wurden doch auch ziemlich klanglos zu Grabe getragen. Im Aktienmarkt stecken doch weniger als 10% des Volksvermögens und da sind die Quandts etc. schon mit dabei.
Die Aufblähung des Geldvermögens kommt nur durch Zins und Zinseszins zustande, über die die Geldtheoretiker sich lange genug das Hirn zerbrochen haben. Aber im Westen will ja jeder dies System beibehalten, da es für den Einzelnen so gut ist, hohe Zinsen zu erhalten, wiewohl es makroökonomisch total hirnrissig ist.
Wer Zinsen über dem durchschnittlichen (!!!) Produktivitätsfortschritt zuläßt, plädiert unausgesprochen für Währungsschnitte oder Staatsbankrotte oder Inlation. Dies sind aber Dinge, mit denen Politiker gut leben können (à pres nous le déluge =nach uns die Sintflut heißt ihr Motto.
Diskussionen um die beste Staatsform sind wichtig aber werden doch skurril!
Denn bedenken Sie, niemand anderes als Sie selbst (außer Gott, und der wohnt ja in Ihnen, gleich neben dem inneren Schweinehund)kann wissen, was für Sie gut ist. Deshalb ist der Ruf nach"Weisen" (sic.Plato)falsch.
Es ist nur die UR-Demokratie möglich. Delegierung der Verantwortung auf die jeweils kleinstmögliche Einheit (Land, Kreis, Gemeinde).
Und jeder sollte sein Leben selbst in die Hand nehmen (deshalb auch möglichst viele Selbständige) und nicht mehr sagen:"jawohl Herr Direktor,.. Herr Politiker.. und gleichzeitig mit Freude und bequem die Verantwortung an den"starken" Mann abgeben wollen.
Eine jüdische Emigrantin sagte einmal:"Die Deutschen wollen entweder herrschen oder beherrscht werden."
Recht hat sie, das ist Beschämende an den Deutschen, wenigstens zumeist.
Deshalb zu guter letzt als Trost: 2001ff. wird in Europa nicht die Wiederholung von 1929ff. sein können. 55 Jahre Frieden und Wohlstandsanhäufung in Nordeuropa sind einmalig in über 2000 Jahren Geschichte. Elliott schaute nicht solange zurück. Rythmen gehen zwar weiter und wiederholen sich, aber das Ausmaß und die Ebenen auf denen sie wirksam werden sind verschoben.
Beste Grüße
André
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Baldur der Ketzer
22.01.2001, 01:57
@ André
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Re: 2001 ungleich 1929 - Reflektionen zur Nacht |
Hallo, Andre´,
>Die Geschichte wiederholt sich nie 1:1
>Im Jahr 1929 war gerade mal 11 Jahre der 1. Weltkrieg vorbei. Die Leute waren verarmt. Habe noch einen eisernen Ring auf dem steht: Gold gab ich für Eisen.
>Viele Groß-Unternehmen wurden nach dem Krieg bis Anfang der 30er abgebaut als Kriegsrepatationen. Erhalten blieb nur die Landwirtschaft, Immobilienvermögen und die Handwerksberufe. Denn in den 20er wurde nach zahlreichen Bankzusammenbrüchen und der anschließenden großen Inflation alles Geldvermögen vernichtet. Noch vor 1929. Und dann kamen kurzfristige Auslandskredite, vor allem aus den USA und die wurden in Deutschland z.T. langfristig ausgeliehen.
>Als es dann in den USA zur Krise kam, wurden diese Kurzfristkredite zurückgefordert gegenüber einem bereits bettelarmen Land.
das ist das Problem: damals waren die Leute verarmt, froh, daß sie den Krieg und die Hungerzeit (Blockade!) überlebt hatten, die Ansprüche waren niedrig.
Der Fall vom Kleiderschrank auf den Boden.
Heute sind die Verhältnisse um Größenordnungen höher, und entsprechend tiefer ist der Fall, der Fall aus den Träumen (wealth effect, Bankkonto, versicherungsansprüche) in Eiswasser?.
In der Meteorologie heißt es, je größer die Druckdifferenzen und Temperaturunterschiede, umso heftiger das Gewitter.......
>Heute besteht diese Labilität in Deutschland nicht. Die Bürger sind, verglichen mit damals extrem reich (nur arm u.a. an Kindern). Eine Rückführung des DAX um 50% würde zwar als störend empfunden, aber mehr nicht. Und daß Manien = Neuer Markt geschlachtet werden, ist doch nur normal!!! Die Gold- und die Borlochspekulationen der 70er Jahre (Blasen wie 2000 der Nemax) wurden doch auch ziemlich klanglos zu Grabe getragen. Im Aktienmarkt stecken doch weniger als 10% des Volksvermögens und da sind die Quandts etc. schon mit dabei.
>Die Aufblähung des Geldvermögens kommt nur durch Zins und Zinseszins zustande, über die die Geldtheoretiker sich lange genug das Hirn zerbrochen haben. Aber im Westen will ja jeder dies System beibehalten, da es für den Einzelnen so gut ist, hohe Zinsen zu erhalten, wiewohl es makroökonomisch total hirnrissig ist.
>Wer Zinsen über dem durchschnittlichen (!!!) Produktivitätsfortschritt zuläßt, plädiert unausgesprochen für Währungsschnitte oder Staatsbankrotte oder Inlation. Dies sind aber Dinge, mit denen Politiker gut leben können (à pres nous le déluge =nach uns die Sintflut heißt ihr Motto.
solange nur die Börsen krachen, gibt es noch keinen Crash.
Nur, was passiert mit den Portfolios der Banken selbst, der Versicherungen?
Schwindende Sicherheiten, NAchschußpflichten, Zwangsverkäufe, damit Forderungsausfälle, platzende Derivate?, wealth effect umgekehrt, Konsumzurückhaltung, realwirtschaftliche Konsequenzen, Kreditvergabezurückhaltung, Verunsicherung, Steuerergebnisse rückläufig, Staatshaushalte wankend?, dann gibt es die echten Probleme.
>Diskussionen um die beste Staatsform sind wichtig aber werden doch skurril!
>Denn bedenken Sie, niemand anderes als Sie selbst (außer Gott, und der wohnt ja in Ihnen, gleich neben dem inneren Schweinehund)kann wissen, was für Sie gut ist. Deshalb ist der Ruf nach"Weisen" (sic.Plato)falsch.
>Es ist nur die UR-Demokratie möglich. Delegierung der Verantwortung auf die jeweils kleinstmögliche Einheit (Land, Kreis, Gemeinde).
warum nicht beides? Großgebilde bis zur Landesgrenze für überregionalen Verkehr, Verteidigungskoordination, Außenpolitik, Umwelt, Währungspolitik, Zoll. Punkt.
Der Rest: subsidiär, meine Rede.
Das meiste auf Gemeindeebene. Gemeinderechte größer als heute in der Schweiz.
>Und jeder sollte sein Leben selbst in die Hand nehmen (deshalb auch möglichst viele Selbständige) und nicht mehr sagen:"jawohl Herr Direktor,.. Herr Politiker.. und gleichzeitig mit Freude und bequem die Verantwortung an den"starken" Mann abgeben wollen.
absolut und immer
>Eine jüdische Emigrantin sagte einmal:"Die Deutschen wollen entweder herrschen oder beherrscht werden."
>Recht hat sie, das ist Beschämende an den Deutschen, wenigstens zumeist.
leider
>Deshalb zu guter letzt als Trost: 2001ff. wird in Europa nicht die Wiederholung von 1929ff. sein können. 55 Jahre Frieden und Wohlstandsanhäufung in Nordeuropa sind einmalig in über 2000 Jahren Geschichte. Elliott schaute nicht solange zurück. Rythmen gehen zwar weiter und wiederholen sich, aber das Ausmaß und die Ebenen auf denen sie wirksam werden sind verschoben.
>Beste Grüße
>André
hoffen wirs. Je höher die Diversifizierung, desto produktiver, aber auch desto anfälliger das System.
Outsourcing etc. sehen keine Störungen vor.........und je höher das Niveau, desto tiefer der Weg dorthin, wo die Menschheit schon so oft war und immer wieder hinfiel, zu den Basics.
Beste Grüße vom Baldur
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puppetmaster
22.01.2001, 08:41
@ Baldur der Ketzer
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Re: 2001 ungleich 1929 - Reflektionen zur Nacht |
> hoffen wirs. Je höher die Diversifizierung, desto produktiver, aber auch desto anfälliger das System.
das gegenteil ist richtig
je komplexer das system umso fehlertoleranter ist es i.d.R.
gruss
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Luschi
22.01.2001, 12:07
@ André
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Re: 2001 ungleich 1929 - Reflektionen zur Nacht |
>Die Geschichte wiederholt sich nie 1:1
>Im Jahr 1929 war gerade mal 11 Jahre der 1. Weltkrieg vorbei. Die Leute waren verarmt. Habe noch einen eisernen Ring auf dem steht: Gold gab ich für Eisen.
>Viele Groß-Unternehmen wurden nach dem Krieg bis Anfang der 30er abgebaut als Kriegsrepatationen. Erhalten blieb nur die Landwirtschaft, Immobilienvermögen und die Handwerksberufe. Denn in den 20er wurde nach zahlreichen Bankzusammenbrüchen und der anschließenden großen Inflation alles Geldvermögen vernichtet. Noch vor 1929. Und dann kamen kurzfristige Auslandskredite, vor allem aus den USA und die wurden in Deutschland z.T. langfristig ausgeliehen.
>Als es dann in den USA zur Krise kam, wurden diese Kurzfristkredite zurückgefordert gegenüber einem bereits bettelarmen Land.
>Heute besteht diese Labilität in Deutschland nicht. Die Bürger sind, verglichen mit damals extrem reich (nur arm u.a. an Kindern). Eine Rückführung des DAX um 50% würde zwar als störend empfunden, aber mehr nicht. Und daß Manien = Neuer Markt geschlachtet werden, ist doch nur normal!!! Die Gold- und die Borlochspekulationen der 70er Jahre (Blasen wie 2000 der Nemax) wurden doch auch ziemlich klanglos zu Grabe getragen. Im Aktienmarkt stecken doch weniger als 10% des Volksvermögens und da sind die Quandts etc. schon mit dabei.
>Die Aufblähung des Geldvermögens kommt nur durch Zins und Zinseszins zustande, über die die Geldtheoretiker sich lange genug das Hirn zerbrochen haben. Aber im Westen will ja jeder dies System beibehalten, da es für den Einzelnen so gut ist, hohe Zinsen zu erhalten, wiewohl es makroökonomisch total hirnrissig ist.
>Wer Zinsen über dem durchschnittlichen (!!!) Produktivitätsfortschritt zuläßt, plädiert unausgesprochen für Währungsschnitte oder Staatsbankrotte oder Inlation. Dies sind aber Dinge, mit denen Politiker gut leben können (à pres nous le déluge =nach uns die Sintflut heißt ihr Motto.
>Diskussionen um die beste Staatsform sind wichtig aber werden doch skurril!
>Denn bedenken Sie, niemand anderes als Sie selbst (außer Gott, und der wohnt ja in Ihnen, gleich neben dem inneren Schweinehund)kann wissen, was für Sie gut ist. Deshalb ist der Ruf nach"Weisen" (sic.Plato)falsch.
>Es ist nur die UR-Demokratie möglich. Delegierung der Verantwortung auf die jeweils kleinstmögliche Einheit (Land, Kreis, Gemeinde).
>Und jeder sollte sein Leben selbst in die Hand nehmen (deshalb auch möglichst viele Selbständige) und nicht mehr sagen:"jawohl Herr Direktor,.. Herr Politiker.. und gleichzeitig mit Freude und bequem die Verantwortung an den"starken" Mann abgeben wollen.
>Eine jüdische Emigrantin sagte einmal:"Die Deutschen wollen entweder herrschen oder beherrscht werden."
>Recht hat sie, das ist Beschämende an den Deutschen, wenigstens zumeist.
>Deshalb zu guter letzt als Trost: 2001ff. wird in Europa nicht die Wiederholung von 1929ff. sein können. 55 Jahre Frieden und Wohlstandsanhäufung in Nordeuropa sind einmalig in über 2000 Jahren Geschichte. Elliott schaute nicht solange zurück. Rythmen gehen zwar weiter und wiederholen sich, aber das Ausmaß und die Ebenen auf denen sie wirksam werden sind verschoben.
>Beste Grüße
>André
Karl Polanyi hat in seinem Buch"Ã-konomie und Gesellschaft" sehr schön beschrieben, dass die 29er Krise einzig und allein auf den ersten Weltkrieg zurückzuführen ist. Die wirtschaftliche Entwicklung ab 1914 (ohne Krieg) extrapoliert und verglichen mit dem Zustand 1929 ergab für Deutschland: 1929 betrug die wirtschaftliche Leistung nur 60%. Andere Länder bleiben auch weit unter ihrer möglichen Wirtschaftskraft. dottore hat in irgendeinem Beitrag hier mal beschrieben was Krieg für die Wirtschaft bedeutet: sie merkt nix vom Krieg, sie nimmt den Ausfall potentieller Schuldner wahr, riesige Investitionen die sich nicht rechnen usw.
Polanyi zeigt, dass eigentlich 1918 die Krise fällig gewesen wäre und das mit vielen Tricks der Zeitpunkt um 10 Jahre hinausgeschoben wurde, um den Preis, dass alles noch viel dicker kam.
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