Student
27.06.2007, 16:14 |
Herrschaft, Schatzkammer und ZentralbankThread gesperrt |
-->Guten Tag!
Mit diesem Beitrag stelle ich meine Sicht dar, wie die heutigen Banknoten (Geld, gesetzliches Zahlungsmittel) funktionieren. Die Münzen bleiben dabei vorläufig außen vor. Ich werde aber deutlich machen, daß unsere heutigen Banknoten im Grunde nichts anderes sind als Papiermünzen, die auf eine bestimmte Art und Weise in Umlauf gebracht werden.
Wir werden dabei auch auf die seit langer Zeit bekannte Münzverschlechterung treffen. Herrschaft hat sich solcher Münzverschlechterung stets gerne bedient.
Zum Beginn ein paar Stichpunkte:
- Geld ist, was die Herrschaft als Zwangsabgabe fordert. (Dottore)
- Um etwas fordern zu können, muß die Herrschaft das Geforderte definieren.
- Wichtiges Detail beim heutigen Abgabengut, den heutigen Banknoten, ist, daß die Banknoten ausschließlich für die Schatzkammer (Keller der Zentralbank (ZB)) produziert werden dürfen; wären die heutigen Banknoten noch Inhaberpapiere, dann wäre das sowieso eine Selbstverständlichkeit, da niemand Schuldscheine, die einen anderen verpflichten, herstellen darf. Indirekt stellt sich die Herrschaft durch den Erlaß eines Abgabenbescheides allerdings einen solchen, den Abgabenschuldner verpflichtenden Schuldschein her.
- Im Folgenden werden zuerst einfache weiße Blätter (definierter Art) Banknoten sein, anfänglich als"Einfach-Definition" des Abgabengutes (ein weißes Blatt ist zweifellos ein Gut). Solange es bei dieser"Einfach-Definition" bleibt, treffen wir keine (Papier-)Münzverschlechterung an.
Die weißen Blätter werden von der Herrschaft zum Abgabengut erklärt, die Währung heißt daher"Weißes Blatt" bzw"Weiße Blätter", WB. Die Abgabenbescheide lauten auf WB.
Sämtliche produzierten WB kommen zunächst in die Schatzkammer.
(Erster Realitätscheck: Die produzierten Banknoten kommen in den Keller der ZB.)
Bilanz der Schatzkammer (Annahme: Es wurden eine Million WB produziert) in WB:
Aktiva: 1.000.000
Emissionskapital: 1.000.000
Zugriff auf diese Schatzkammer hat nur die ZB. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß die WB keine die ZB verpflichtenden Schuldscheine/Inhaberpapiere sind.
(Zweiter Realitätscheck: Kein Inhaber einer heutigen Banknote kann auf Grund dessen, daß er Inhaber der Banknoten ist, von der ZB etwas rechtswirksam fordern.)
Nach welchen Modalitäten die ZB die WB in Umlauf setzt, ist nicht Gegenstand dieses Beitrages. Hier geht es nur um die grundsätzliche Funktionsweise. Vielleicht ist schon klar geworden, daß die Bezeichnung"Geldschöpfung", die häufig im Zusammenhang mit Geld gebraucht wird, ausgesprochen unglücklich ist.
Das Geld, hier WB, wird produziert und kommt dann in die Schatzkammer.
An keiner Stelle im System kann/darf das sonst geschenen. Geschieht es doch, dann handelt es sich um Falschgeld. Können irgendwo perfekte Klone des Geldes hergestellt werden, droht diese Form der Abgabenerhebung zu scheitern, die Herrschaft ist so nicht durchzuhalten.
Was an allerlei Stellen im System geschieht, ist vielmehr, daß Forderungen und Verbindlichkeiten, lautend auf Geld,"in die Welt gesetzt werden".
Forderungen, lautend auf Geld, sind aber nicht das Geld selbst.
Ausschließlich mit Geld, dem baren Geld, dem Bargeld, ist jemand uneingeschränkt liquide in Bezug auf gegen sich gerichtete Forderungen, lautend auf Geld. Das Geld, das Abgabengut, ist die Liquidität schlechthin. Die einzige Quelle dieser Liquidität ist die Schatzkammer. (Die Produktionsanlagen des Abgabengutes, des Geldes gehören quasi zur Schatzkammer.)
Die ZB bezieht ihre Liquidität aus der Tatsache, daß sich die ZB per Darlehen aus der Schatzkammer bedienen darf. Dieses Darlehen wird immer (anteilig) fällig gestellt, wenn die ZB eine Einzahlung von Banknoten erhält, fällig gestellt in genau der Betragshöhe der eingezahlten Banknoten. Bei unserem Beispiel mit WB als Währung entspricht die Betragshöhe genau der Anzahl der WB (solange es bei der"Einfach-Definition" bleibt).
Auf den WB braucht keine Zahl zu stehen, da sich die Zahl logisch ergibt. Ein weißes Blatt. Ein Stück weißes Blatt.
Maßzahl Maßeinheit Name
10 Kilogramm Gold
5 Liter Kuhmilch
1 Stück Weißes Blatt (WB)
Alles Güter, die genannt wurden. Jedes Gut könnte auch noch eine Forderung dokumentieren. Auf einem Zehn-Kilogramm-Goldbarren könnte z.B. jemand dokumentieren, daß dieser Jemand dem Inhaber des Goldbarrens x Kilogramm Silber schuldet.
Die Banknoten tragen aber keine solche Forderung mit sich, weder die WB noch die heutigen Banknoten der Buba, SNB oder FED.
Die heutigen Banknoten sind selber der Schatz der"Wert"gegenstand. Genauso ist es bei den WB.
Wie kommt es überhaupt, daß"irgendetwas" ein Wertgegenstand ist?
Dieses"Irgendetwas" muß dazu geeignet sein, eine Sanktion abzuwenden. Das ist es, was die"Nützlichkeit" ausmacht, das ist es, was den"Wert" ausmacht.
Wir betreiben Sanktionsminimierung!
Schulden ohne Zahlungstermin sind ein Witz, aber auch Schulden mit Zahlungstermin sind ein Witz. Der Spaß hört aber schlagartig auf, wenn Sanktionen vollstreckt werden.
Deswegen gehört zu jedem Abgabenbescheid ein Zahlungstermin und bei Nichterfüllung wird sanktioniert.
Dieser Zusammenhang erklärt, wie es angehen kann, daß"läppische" weiße Zettel hochbegehrt sein können. Nämlich dann, wenn man sich damit Sanktionen vom Leibe halten kann. Kein Wunder also, daß wir in der Nähe der Herrschaft auf Waffen treffen, die uns Ungemach verschaffen können.
Angenommen, die SNB würde morgen verkünden, daß die Währung auf WB umgestellt wird, dann wären die WB genauso"begehrt" oder"wertvoll", wie jetzt die Schweizer Franken. Die SNB müßte natürlich sicherstellen, daß die WB ausschließlich von ihr kommen. Der Umstellungskurs wäre dann sinnvollerweise
1 CHF gleich 100 WB,
damit auch die Rappenbeträge gezahlt werden können.
Die Schweizer würden dann tatsächlich mit"Weißen Blättern" zahlen.
Ein WB wäre nichts anderes als eine Papiermünze.
Wegen der jetzt vorliegenden"Einfach-Definition" läge keine (Papier-)Münzverschlechterung vor.
Die"(Papier-)Münzverschlechterung" (Achtung, ich spreche immer noch von den Banknoten), die heutzutage betrieben wird, fällt deswegen nicht weiter ins Gewicht, weil die Banknoten praktisch ausschließlich dazu benutzt werden, um Forderungen, lautend auf Geld, zu erfüllen.
Hin und wieder steckt sich aber auch jemand eine Zigarre mit einer vorher angezündeten Banknote an. Das funktioniert dann z.B. mit hundert Fünfer-Noten eben auch einhundert Mal. Mit einer Fünfhunderter-Note dann nur einmal. Da würde man die (Papier-)Münzverschlechterung dann praktisch erleben.
Die (Papier-)Münzverschlechterung ergibt sich aus einer Mehrfach-Definition.
Beim WB ist bis jetzt nur eine Einfach-Definition vorgenommen worden.
Definiert man jetzt noch zusätzlich zur Ein-WB-Note weitere WB-Noten, indem man weiße Blätter beziffert, dann nimmt man damit eine Mehrfachdefinition vor.
Wenn man nun die bezifferten weißen Blätter noch hübsch gestaltet, dann ist man bei den heute real anzutreffenden Banknoten angelangt.
Diese realen Banknoten entstammen dem Keller der ZB, der nichts anderes als eine Schatzkammer darstellt.
Wenn die ZB eine Passiva-Position"Banknotenumlauf" ausweist, dann heißt das nichts anderes, als daß die ZB Schulden bei der Schatzkammer hat.
Diese Schulden der ZB verschwinden, wenn die Banknoten von der ZB wieder in den Keller (Schatzkammer) zurückgelegt bzw. zurückgezahlt werden.
Dieses Schuldverhältnis Schatzkammer <--> ZB wird häufig nicht gesehen, vielmehr werden abenteuerliche Konstruktionen vorgelegt, die ein angebliches Schuldverhältnis ZB <--> Banknotenhalter vorgaukeln.
Das letztgenannte Schuldverhältnis besteht aber bei den heutigen Banknoten nicht mehr. Es ist ein reines Hirngespinst.
Über den ZB-Mechanismus könnte jedes beliebige Gut in Umlauf gesetzt werden. Auch Hühnereier. Die Hühnerfarm wäre in diesem Fall streng bewacht, die Eier würden in die Schatzkammer wandern. Jedem anderen wäre es strengstens verboten, Hühner zu halten. Abgabenbescheide würden auf Hühnereier lauten.
Die Geldbörsen müßten wir halt gut polstern...
Hier ein Beispiel, wie die Schuldverhältnisse bestehen:
Schatzkammer <--> ZB <--> GB <--> Unternehmer, Häuslebauer
(Die Schatzkammer ist im ZB1-ZB2-Modell die ZB1)
Zwischen Banknotenhalter und ZB besteht kein Schuldverhältnis.
Die Banknote ist jeweils das Geschuldete, das geschuldete Gut. Die Banknote ist der Schatz, der Wertgegenstand, mit dem man sich die Sanktionen, die bei Nichterfüllung von Geldforderungen drohen, vom Leibe halten kann.
Und noch ein weiterer, oft übersehener Punkt:
Banknoten verschaffen mir Kredit!
Für den Betrag, den ich bar vorweisen kann, bin ich"gut". Das ist wichtig, weil immer auf Kredit gekauft wird. Wenn ich ansonsten über keinen Kredit verfüge, wenn mir niemand längerfristig Kredit gewährt, dann kann ich nur in Höhe meines Bargeldes kaufen. Das Geld brauche ich dann zum bezahlen, der offene Saldo wird sofort fällig gestellt.
Diese spezielle Form der Abgabenerhebung schafft einen enormen Schuldendruck. Dieser Schuldendruck ist es, der die treibende Kraft darstellt, genauer, die drohenden Sanktionen (Existenzvernichtung durch Vollstreckung), die man versucht, abzuwenden.
Lieben Gruß
Hardy
PS: Anmerkungen und Kritik am Besten ausschnittsweise, schlage ich vor, sonst werden die Beiträge endlos lang.
PPS: Der Beitrag basiert zu einem Großteil auf Arbeiten von Dottore.
Besten Dank, Dottore, dafür.
Inwieweit noch Differenzen bestehen, wird sich ggf. zeigen.
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Student
27.06.2007, 16:29
@ Student
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Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank / Sacrafix |
-->Bilanz der Schatzkammer (Annahme: Es wurden eine Million WB produziert) in WB:
Aktiva: Kasse 1.000.000
Passiva: Emissionskapital: 1.000.000
So schaut's besser aus.
Wie kann das angehen, daß man das beim Korrekturlesen nicht sieht?
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Panzerknacker
27.06.2007, 22:55
@ Student
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s. dazu G. F. Knapp 1905/1923 |
-->>Guten Tag!
Servus Student!
>- Geld ist, was die Herrschaft als Zwangsabgabe fordert. (Dottore)
>- Um etwas fordern zu können, muß die Herrschaft das Geforderte definieren.
Das ist ein alter Hut:
Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes, 4. Aufl.
S.32:
"Der Staat ist es, der... aus diesen oder jenen Gründen erklärt, daß die Eigenschaft, Zahlungsmittel [Zahlmarke, Mark] zu sein, an bestimmten gezeichneten Stücken als solchen hafte, und nicht am Stoff der Stücke. Er schafft also diesen Tatbestand, den er kraft seiner Gerichtsherrlichkeit [Macht] aufrecht hält, mögen die Leute sagen, was sie wollen."
(Nebenbei: Es folgen Ausführungen über die Unmöglichkeit von Staatsgeld in einer Währungsunion souveräner Staaten.)
Ab S.36 zeigt Knapp, daß der Sinn, ein solches autoritatives, chartales, intrinsisch wertloses, Zahlungsmittel zu besitzen, nur darin besteht, seine Schulden damit tilgen zu können.
S. 123:... indem er [der Staat] regiminal erklärt: die Noten der und der Bank [seiner eigenen Zentralbank] werden an den Staatskassen in Zahlung genommen; dies ist die staatliche Akzeptation."
Gruß!
--
PK
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Holmes
28.06.2007, 00:41
@ Panzerknacker
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Re: s. dazu G. F. Knapp 1905/1923 |
-->>>Guten Tag!
>Servus Student!
>>- Geld ist, was die Herrschaft als Zwangsabgabe fordert. (Dottore)
>>- Um etwas fordern zu können, muß die Herrschaft das Geforderte definieren.
>Das ist ein alter Hut:
>Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes, 4. Aufl.
Wird von Dottore auch korrekt zitiert, kein Thema.
Beste Grüße,
Holmes
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Student
28.06.2007, 08:03
@ Panzerknacker
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Re: s. dazu G. F. Knapp 1905/1923 |
-->Moin Panzerknacker!
>>- Geld ist, was die Herrschaft als Zwangsabgabe fordert. (Dottore)
>>- Um etwas fordern zu können, muß die Herrschaft das Geforderte definieren.
>Das ist ein alter Hut:
Nix gegen alte Hüte, die werden manchmal wieder hochmodern.
>Georg Friedrich Knapp, Staatliche Theorie des Geldes, 4. Aufl.
>S.32:
>"Der Staat ist es, der... aus diesen oder jenen Gründen erklärt, daß die Eigenschaft, Zahlungsmittel [Zahlmarke, Mark] zu sein, an bestimmten gezeichneten Stücken als solchen hafte, und nicht am Stoff der Stücke. Er schafft also diesen Tatbestand, den er kraft seiner Gerichtsherrlichkeit [Macht] aufrecht hält, mögen die Leute sagen, was sie wollen."
"Zahlungsmittel (Zahlmarke, Mark)" ist etwas nur bezüglich Forderungen, die auf dieses Zahlungsmittel (Zahlmarke, Mark) lauten.
Ein Zahlungsmittel schlechthin gibt es nicht. Als Schlagwort kann man sagen:
Die Forderung definiert das Zahlungsmittel.
Wenn ich Rheingold schuldig bin, wenn jemand eine gegen mich gerichtete Forderung, lautend auf Rheingold hält, dann kann ich mich mit Rheingold prima entschulden, dann ist Rheingold das Zahlungsmittel.
>(Nebenbei: Es folgen Ausführungen über die Unmöglichkeit von Staatsgeld in einer Währungsunion souveräner Staaten.)
>Ab S.36 zeigt Knapp, daß der Sinn, ein solches autoritatives, chartales, intrinsisch wertloses, Zahlungsmittel zu besitzen, nur darin besteht, seine Schulden damit tilgen zu können.
Ob G.F. Knapp die"Sache mit dem Wert" richtig verstanden hat, weiß ich nicht, dazu müßte ich mehr von ihm lesen. Was soll"wertlos" heißen? In Beziehung zu was?
Einhundert Taler sind immer einhundert Taler wert, wenn ich in diesen Talern bewerte. (Dabei ist das"in diesen" höchst bedeutsam, bei Mehrfach-Definitionen muß man da höllisch aufpassen.)
Der Sinn besteht keineswegs (nur) darin, Schulden zu tilgen.
Laß doch Schulden Schulden sein
und schenk' Dir ein
den nächsten Wein.
Also, welchen Sinn hat es, seine Schulden überhaupt zu tilgen?
Sanktionsvermeidung ist der Sinn, hat Knapp das sauber herausgearbeitet?
>S. 123:... indem er [der Staat] regiminal erklärt: die Noten der und der Bank [seiner eigenen Zentralbank] werden an den Staatskassen in Zahlung genommen; dies ist die staatliche Akzeptation."
Um was für"Noten" handelt es sich? Hat Knapp das sauber herausgearbeitet?
Handelt es sich um Inhaberpapiere/Schuldseine einer (Zentral-)bank?
Eine solche (Zentral-)bank kann prachtvoll illiquide werden, nämlich in dem"Ding", welches man für seine Noten fälligstellen kann.
Die FED gäbe es vermutlich in der heutigen Form längst nicht mehr, hätte der Nixon Richard nicht gewisse Entscheidungen getroffen und verkündet und durchgesetzt.
Besten Dank und lieben Gruß
Hardy
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dottore
28.06.2007, 16:46
@ Student
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Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank |
-->Hi Student,
ganz vorzüglich - Danke! Einige Ergänzungen:
Nachdem wir uns von den Tauscherleichterungs-, Agents- und/oder Such- und Finde- sowie von Transaktionskostenminimierungstheorien verabschieden mussten, bleibt in der Tat die Gelderklärung, die immer auch eine Geldwerterklärung sein muss, aus der Abgabe übrig und dabei sind Termin und Sanktion die entscheidenden Größen, vgl. dazu auch hier.
Nun startet die Geldgeschichte nicht mit Schatzhäusern in dem Sinne, dass dort das Geforderte liegt und in irgendeinem Modus auch von dort beschafft werden kann (nicht zu verwechseln mit Vorratshäusern, Thesaurierung von Kult- oder Protzobjekten o.ä.), sondern mit Naturalabgaben bzw. persönlichen Leistungen. Von letzteren führt kein Weg zum Geld, da sie nicht standardisierbar sind.
Bei Naturalabgaben ist dies kein Problem: Bei Gerste finden wir einheitliche Körnergrößen - siehe Entstehung des Shekel-Standards (= 180 Körner = 1 Shekel). Bei anderen lassen sich verschiedene qualitative Standards setzen, bei denen auch quantitive Aspekte (relative Seltenheit) eine Rolle spielen. Das reicht von der Kauri-Muschel („Schönheit“) über Viehabgaben (z.B. 1-jähriges Schaf usw.) bis zu Metallabgaben in Gewicht (das oft schon diskutierte Cu-/Sn-Phänomen, das zum Quantensprung in der Waffentechnik führt = Bronze).
Diese Abgaben werden entweder aus Arbeit bzw. mittels Arbeitsderivaten produziert bzw. gewonnen, dies in unterschiedlichsten organisatorischen Varianten, zumeist Unterworfene als Gesamtschuldner. Freie Lohnarbeiter existieren (noch) nicht. Schatzhäuser, aus denen das Geforderte per Leihe oder sonstwie behoben werden könnte, sind selten bzw. entwickeln sich erst langsam, vgl. die Josefs-Legende (J. füllt die Schatzhäuser mittels einer Sonderabgabe = 20 % und „verkauft“ das Getreide anschließend als des Pharaos oberster Finanzverwalter) oder vgl. das Tempelbanksystem nach dem Übergang vom Natural-(Gerste-) zum Silberstandard. Die tendenzielle Unsicherheit bei Metallstandards versuchen die Mächtigen durch Monopolisierung (Bergregal) zu steuern. Die größte Schatzhausbehebung geschah entlang Alexanders Siegeszug, auch opulent die Jerusalemer Tempelplünderung durch die Römer und sonstige Tempelberaubungen in der gesamten Antike (Julius Caesar usw.). Die mittelalterlichen Raub- und Tributzüge (Danegeld etc.) können wir uns sparen.
Kommen wir zu den „modernen“ Notenbanken. Diese füllen zunächst ihr Schatzhaus mit einer physischen Sache (Metall als Abgabenäquivalent), die ihrerseits aber bereits im Schatzhaus endlich ist, was bei den zahlreichen „Zettelbank“-Konkursen ebenso offensichtlich wird wie auch bei der „vorübergehenden“ Sistierung ihrer Zahlungen (in specie) etwa bei der Bank of England und anderen. Der „Schatz“ ist also (noch nicht) das weiße Blatt, das gegen Metall disagiert oder abgewertet wird (siehe Wiener Banco). Der entsteht erst mit dem endgültigen Verlassen der Goldstandard-Reste eingangs der 1970er Jahre.
Da dieser Schatz tendenziell unendlich gestaltet werden kann, vorausgesetzt immer, seine Teile dienen der Ablösung öffentlich-rechtlicher bzw. davon abgeleiteter privater Schuldverhältnisse, wird er auf der einen Seite streng gehütet und auf deren anderen muss er endlich gehalten werden, sobald mittels ZB-Mechanismen auf ihn Rückgriff genommen wird bzw. werden muss (Termin, Sanktionsvermeidung). Aber wie?
Dazu dient ein Straf- bzw. Besteuerungs-Mechanismus, der sich aus dem Rediskont- bzw. Lombard-Mechanismus entwickelt hat (nicht diskontierte Wechsel nahm keine Notenbank herein und zum Lombard kamen nur beste Papiere infrage, also letztlich aus dem öffentlich-rechtlichen Bereich, der seine Papiere durch sein Waffen- und Steuermonopol an der Spitze der Bonitätsskala halten kann).
Dieser Mechanismus (modern Repo-Verfahren o.ä.) mindert die Rendite der von den Geschäftspartnern (MFIs) der ZB, einschließlich der bekannten Abschläge (Sicherheitsmargen, Kurswerte), eingereichten Titel um den ZB-„Satz“. Liegt der Satz über den KM-Sätzen („inverse Zinskurve“) scheuen die Banken vor entsprechenden Geschäften zurück (Liquiditätsentzug), vor allem wenn es ihnen in immer geringerem Maße gelingt, die (evtl. negative) Marge an die Kundschaft weiterzureichen, die ihrerseits durch das Begehren nach „new credits“ den Entlehrungs- bzw. Wiederauffüllungs-Prozess des Schatzhauses steuern. Das Ganze bleibt ein Spiel über mehrere Banden, zumal wenn es Schatzhäuser gibt (Japan, carry trades etc.), die sich ihrer Schätze (bzw. der Derivate darauf, wie Guthaben aller Art) leichter entledigen lassen als andere.
Ein Schatzhaus, das mit einem Abgabengut („Geld“) gefüllt ist, bzw. wegen der geringen Herstellkosten dieses tendenziell ad libitum gefüllt werden kann, ist eine extrem heikle Sache und wird spätestens dann seinen großen Tag haben, wenn sich die systemimmanenten Schuldenpyramiden im öffentlichen und/oder privaten Sektor zur Seite neigen und der große „bail-out“ beginnt. D.h. sich die ZBs wohl oder übel mit jeder Summe bebuchen, alias ihre Aktivseite aufpumpen lassen müssen. Was dann mit den besagten weißen Blättern, auf ihrer Passivseite verbucht, passiert, darf sich jeder selbst ausmalen.
Nochmals Dank + Gruß!
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prinz_eisenherz
29.06.2007, 09:11
@ Student
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Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank |
-->Hallo Student,
ich war mal so frech und habe mir deine Zusammenfassung, für stille Stunden im Garten, in die Datenbank übernommen, aber die ersten 20 Fragen und Zweifel, die habe ich schon beim einfachen Überfliegen deines Textes, das hält mich munter.
## So schaut's besser aus.Wie kann das angehen, daß man das beim Korrekturlesen nicht sieht? ##
Ein altes Problem des Korrekturlesens am Monitor. Erst dachte ich immer nur mir geht es so, wenn ich nach einer Stunde meinen schon abgeschickten Text noch einmal gelesen habe, wie peinlich. Im Ernstfall drucke ich mir PC - Texte immer aus und dann geht es sehr viel besser mit dem Suchen und dem leichten Entdecken von Fehlern im Text.
Hier im Forum natürlich nicht, denn ehe du noch den gedruckten Beitrag durchgesehen hast, ist der schon nahe ans Archiv herangerückt, da muss man verdammt schnell sein.
bis denne
eisenherz
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Student
29.06.2007, 09:54
@ prinz_eisenherz
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Re: Herrschaft, Schatzkammer und Zentralbank |
-->Moin, lieber Prinz Eisenherz!
>ich war mal so frech und habe mir deine Zusammenfassung, für stille Stunden im Garten, in die Datenbank übernommen, aber die ersten 20 Fragen und Zweifel, die habe ich schon beim einfachen Überfliegen deines Textes, das hält mich munter.
Nur zu, nur zu, falls Fragen und Zweifel offen bleiben, dann nur heraus damit. Ich werde nach bestem Wissen und Gewissen antworten. Falls wir Fehler feststellen, dann müssen wir halt nachbessern. Nur so geht's voran. Hat ja schon olle Kalle jesacht. Der Popper diesmal, nicht der Marx.
Lieben Gruß
Hardy
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