GutWettertrader
30.08.2007, 22:01 |
"Working Poor" - Japan Thread gesperrt |
-->Das japanische Arbeitsministerium hat erstmals eine neue Klasse von Obdachlosen erfasst, die sich - oft als"Working Poor" - keine Wohnung leisten können
Nach Angaben des japanischen Gesundheits-, Arbeits- und Wohlfahrtsministeriums leben im ganzen Land 5.400 Obdachlose mehr oder weniger in Internetcafes, die 24 Stunden geöffnet haben. Damit wurde erstmals ein Phänomen erfasst, das schon länger bekannt ist und Beunruhigung ausgelöst hat. Die Obdachlosen, ein Drittel ist zwischen 20 und 30 Jahre alt, sind nicht unbedingt arbeitslos. Da sich die Arbeitssituation verschlechtert hat, die Löhne sinken und sich temporäre Arbeitsverhältnisse durchsetzen, befinden sich unter der steigenden Zahl der"Working Poor", die nicht von ihrem Verdienst leben können, immer mehr junge Menschen.
Das Ministerium befragte für die erste Erhebung über"Internetcafe-Bewohner" die Betreiber von über 3.200 Internetcafes und Manga Kissa (Comic-Cafes). Nach den Angaben benutzen täglich 60.900 Menschen solche Orte als Unterkunft für die Nacht, 7,8 Prozent oder 4.700 nutzen die Internetcafes, weil sie keine Wohnung haben. Das Ministerium bezeichnet als"Internetcafe-Bewohner" Menschen, die keine feste Wohnung besitzen und mehr als die Hälfte der Wochentage Internetcafes für den Aufenthalt in der Nacht benutzen. Aufgrund der Umfrage schätzt das Ministerium, dass es insgesamt 5.400 Obdachlose gibt, die sich der Klasse der digitalen Heimatlosen zurechnen lassen.
Ganz mittellos dürfen sie freilich nicht sein. Zwischen 1000 und 2000 Yen (6 und 12 Euro) muss man bezahlen, um eine kleine Kabine mit einem Computer und einem Sessel für eine Nacht zu mieten. Manchmal erhält man dazu Getränke, gelegentlich gibt es sogar Duschen.
Nur 1.300 sind nach Angaben des Ministeriums arbeitslos, 300 haben feste Jobs, 2.700 arbeiten Teilzeit oder in nichtregulären Jobs. 600 von diesen wurden Zeitarbeitsfirmen für Jobs unter einen Monat oder auch nur für einen Tag geschickt. Zusätzlich wurden auch 360"Internetcafe-Flüchtlinge" in Tokyo und Osaka befragt. 40 Prozent hatten schon zuvor einmal auf der Straße gelebt. Manche mussten nach einer Entlassung die von den Firmen zur Verfügung gestellten Unterkünfte verlassen, andere sagten, sie hätten sich die Miete nicht mehr leisten können. Nicht nur Internetcafes dienen allerdings als Unterkunft, wie die Befragten sagen, sondern auch Saunas oder Fast-Food-Restaurants.
Das Ministerium sieht die steigende Zahl der Internetcafe-Nomaden als Symptom für die Situation von immer mehr jungen Menschen, die von einem Kurzzeitjob zum nächsten wechseln müssen. Das seien mittlerweile bereits 2 Millionen Menschen, die auch Schwierigkeiten mit der traditionellen Arbeitsmoral der Japaner haben, die allerdings an lebenslangen Jobs gebunden war. Sie erhalten entsprechend niedrige Löhne und fallen aus den sozialen Sicherheitssystem heraus, haben oft keine Krankenversicherung.
Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26085/1.html
<ul> ~ http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26085/1.html</ul>
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Golden Boy
30.08.2007, 22:16
@ GutWettertrader
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Noch was dazu... |
-->Vor ein paar Monaten, ich glaube im auslandsjournal war es, hab ich einen Filmbeitrag dazu gesehen.
Zu der finanziellen Not kommt hinzu, daß die Betroffenen sich schämen und daß sie gesellschaftlich ausgegrenzt sind.
Selbst einem Menschen mit abgeschlossenem aber leider zu lange dauerndem Studium kann so etwas passieren.
Frauen kamen in dem Beitrag zu Wort. Sie würden niemals mit einem solchen - es gibt da einen Spezialausdruck für diese Menschen - eine Liebesbeziehung eingehen oder ihn gar heiraten.
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weissgarnix
30.08.2007, 22:22
@ GutWettertrader
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Gleichzeitig...Re:"Working Poor" - Japan |
-->... beträgt die offizielle Arbeitslosigkeit gerade mal um die 4% (!). Was bedeuten würde, die Japaner lägen aktuell auf oder knapp über Potentialwachstum. Was aber merkwürdig erscheint, weil dann müßte es nach orthodoxer Makroökonomie zu deutlich inflationären Erscheinungen in Japan kommen. Die wollen sich aber bekanntlich partout nicht einstellen.
Meine These daher: Japan ist nach wie vor weit unter Vollbschäftigung, die Arbeitslosenstatistik ist frisiert und die Volkswirtschaft demnächst wieder mitten in der Deflation...
>Das japanische Arbeitsministerium hat erstmals eine neue Klasse von Obdachlosen erfasst, die sich - oft als"Working Poor" - keine Wohnung leisten können
>
>Nach Angaben des japanischen Gesundheits-, Arbeits- und Wohlfahrtsministeriums leben im ganzen Land 5.400 Obdachlose mehr oder weniger in Internetcafes, die 24 Stunden geöffnet haben. Damit wurde erstmals ein Phänomen erfasst, das schon länger bekannt ist und Beunruhigung ausgelöst hat. Die Obdachlosen, ein Drittel ist zwischen 20 und 30 Jahre alt, sind nicht unbedingt arbeitslos. Da sich die Arbeitssituation verschlechtert hat, die Löhne sinken und sich temporäre Arbeitsverhältnisse durchsetzen, befinden sich unter der steigenden Zahl der"Working Poor", die nicht von ihrem Verdienst leben können, immer mehr junge Menschen.
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>Das Ministerium befragte für die erste Erhebung über"Internetcafe-Bewohner" die Betreiber von über 3.200 Internetcafes und Manga Kissa (Comic-Cafes). Nach den Angaben benutzen täglich 60.900 Menschen solche Orte als Unterkunft für die Nacht, 7,8 Prozent oder 4.700 nutzen die Internetcafes, weil sie keine Wohnung haben. Das Ministerium bezeichnet als"Internetcafe-Bewohner" Menschen, die keine feste Wohnung besitzen und mehr als die Hälfte der Wochentage Internetcafes für den Aufenthalt in der Nacht benutzen. Aufgrund der Umfrage schätzt das Ministerium, dass es insgesamt 5.400 Obdachlose gibt, die sich der Klasse der digitalen Heimatlosen zurechnen lassen.
>Ganz mittellos dürfen sie freilich nicht sein. Zwischen 1000 und 2000 Yen (6 und 12 Euro) muss man bezahlen, um eine kleine Kabine mit einem Computer und einem Sessel für eine Nacht zu mieten. Manchmal erhält man dazu Getränke, gelegentlich gibt es sogar Duschen.
>Nur 1.300 sind nach Angaben des Ministeriums arbeitslos, 300 haben feste Jobs, 2.700 arbeiten Teilzeit oder in nichtregulären Jobs. 600 von diesen wurden Zeitarbeitsfirmen für Jobs unter einen Monat oder auch nur für einen Tag geschickt. Zusätzlich wurden auch 360"Internetcafe-Flüchtlinge" in Tokyo und Osaka befragt. 40 Prozent hatten schon zuvor einmal auf der Straße gelebt. Manche mussten nach einer Entlassung die von den Firmen zur Verfügung gestellten Unterkünfte verlassen, andere sagten, sie hätten sich die Miete nicht mehr leisten können. Nicht nur Internetcafes dienen allerdings als Unterkunft, wie die Befragten sagen, sondern auch Saunas oder Fast-Food-Restaurants.
>Das Ministerium sieht die steigende Zahl der Internetcafe-Nomaden als Symptom für die Situation von immer mehr jungen Menschen, die von einem Kurzzeitjob zum nächsten wechseln müssen. Das seien mittlerweile bereits 2 Millionen Menschen, die auch Schwierigkeiten mit der traditionellen Arbeitsmoral der Japaner haben, die allerdings an lebenslangen Jobs gebunden war. Sie erhalten entsprechend niedrige Löhne und fallen aus den sozialen Sicherheitssystem heraus, haben oft keine Krankenversicherung.
>Artikel-URL: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26085/1.html
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oekognom
31.08.2007, 00:01
@ weissgarnix
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Vielleicht liegt es ja an der"orthodoxen Makroökonomie" |
-->...die im wesentlichen aus aggregiertem Unsinn besteht?
>... beträgt die offizielle Arbeitslosigkeit gerade mal um die 4% (!).
Japaner werden halt meist nur für richtige Arbeit bezahlt - das richtige Ausfüllen von HIV-Anträgen zählt für die grinsenden Flachnasen normalerweise nicht dazu.
Was bedeuten würde, die Japaner lägen aktuell auf oder knapp über Potentialwachstum.
Aha. Wo genau liegt den das Potentialwachstum? Und wer hat es sich auf welcher Grundlage ausgedacht?
Was aber merkwürdig erscheint, weil dann müßte es nach orthodoxer Makroökonomie zu deutlich inflationären Erscheinungen in Japan kommen. Die wollen sich aber bekanntlich partout nicht einstellen.
Die böse, böse Realität widersetzt sich in Japan nun schon seit zwei Jahrzehnten dem, was die gelehrte Makroökonomistik so von sich gibt: Zinsen bei Null und trotzdem wollen die Preise nicht steigen.
Gibt's das? - Ja, in Japan.
Vielleicht sollte man mal die Zinsen auf 20% erhöhen, möglicherweise passiert dann was.
>Meine These daher: Japan ist nach wie vor weit unter Vollbschäftigung, die Arbeitslosenstatistik ist frisiert und die Volkswirtschaft demnächst wieder mitten in der Deflation...
Gibt es auch unfrisierte Arbeitslosenstatistiken? Unfrisierte Arbeitslose kann ich mir vorstellen, aber deren Halter wollen nun einmal selten zugeben, was sie da so alles durchfüttern, und schieben sie in eine andere Statistik (Weiterbildung zum Diplom-HIV-Formular-Ausfüller). Nur in der AL-Statistik will sie niemand haben, es sei den, er sitzt z. Zt. in der Opposition.
Is' genauso wie bei der Steuer:"Für Ihren Chihuahua ist aber Hundesteuer fällig" -"Was, das soll ein Hund sein? Ich dachte immer, das wär ein Zwergmausmaki." Sachen gib's...
Zum Thema Deflation: Falls die Fed nicht dafür sorgt, daß auch in Zukunft reichlich Kredit für den Import von Corollas und Playstations bereitsteht, dürfte es in der Tat für Japan reichlich ungemütlich werden. Aber vielleicht hilft auch die US-Navy aus und versenkt ganz alt-keynesianisch ein paar Corolla- und Playstation-Frachter im Pazifik durch U-Boote unbekannter Herkunft. Als Freundschaftsdienst. Damit die Japaner wieder neuer Frachter voller Civics und Nintendo-Spiele bauen und endlich die furchtbare Deflation bekämpfen können.
<font color=#008000>oekognom</font>
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