Oldy
21.02.2001, 06:27 |
Oldystunde - wie gewohnt.Thread gesperrt |
Dottore tut mir schrecklich leid,
sein Bargeld ist nach kurzer Zeit
nicht mehr vorhanden,
hab ich ihn recht verstanden.
Drei Monate ist es am Markte da
und als man es gerad noch sah
war es schon wieder in der Notenbank
und die sagt dafür schönen Dank.
Es gibt ja keine Geldesmenge
und da wird die Sache enge,
denn wenn ich in meine Tasche seh`
da ist noch Geld, herrje, herrje.
Das wird doch wohl nicht strafbar sein,
es darf ja nicht vorhanden sein,
denn dottore sagt es so
wo ist es wirklich dann, ja wo?
Doch ich lass mich nicht verdrießen,
ich werde einfach meine Augen schließen,
denn sehe ich`s nicht mehr
und dann ist es gar nicht schwer.
Nur Schuld ist alles Geld
in dottores heiler Welt.
Na, ja, vielleicht ist es wirklich so, daß man bei großen Summen den Überblick verliert und darum will ich wieder die Geschichte von Wörgl aufwärmen. Da war doch diese Geldmenge von 5,293 Schilling wert an Arbeitswertscheinen. Die blieben auf dem Markt und verschwanden nicht. Genau nachgewiesen wurden damit 24 mal ihr Wert an Investitionen der Gemeinde bezahlt. Das allein war eine dreimal so schnelle Geldbewegung als zu dieser Zeit sich das Nationalbankgeld bewegte. Das war aber geschätzt nur etwa 7% der tatsächlichen Geldbewegungen und das ist leicht verständlich. Die Gemeinde konnte ja nur Steuereinnahmen für ihre Investitionen verwenden und mußte davon noch einen großen Teil für die Gehälter der Gemeindebediensteten verwenden.
Niemand zahlt aber in erster Linie Steuern. Vorher wird das Geld zum Kauf von allen Möglichen verwendet. Geschätzt wurden insgesamt 2,500,000 Umsatz was einer Umschlaghäufigkeit von 500 mal im Jahr entsprach.
Selbst wenn also dieses Geld gegen Handelswechsel herausgegeben worden wäre und viermal wieder eingezogen, hätte es 496 Zahlungen im Jahr vollzogen. Dieses Verhältnis muß man erst einmal sehen um die Bedeutung von Bargeld zu erkennen.
Einmalige Ausgabe gegen zinsbewehrte Wechsel ist da von verschwindender Bedeutung gegen diese oftmaligen gewinnbringenden Verkäufe von Gütern und Dienstleistungen.
Selbst bei unseren heutigen Geld, welches in weit höheren Maß als bevorzugtes Wertaufbewahrungsmittel verwendet wird, ist eine mehrfache Verwendung als Zahlungsmittel die Regel und ob die EINMALIGE Ausgabe wie auch immer geschieht ist zwar nicht bedeutungslos aber nicht von so ausschlaggebender Bedeutung. Zu viel Geld, gegen welche Sicherheiten auch immer herausgegeben wirkt inflationär. Es wird nur einmal herausgegeben und einmal zurückgezahlt, wird aber in der Zwischenzeit oftmals als Zahlungsmittel verwendet.
Ja, auch Freigeld würde in hohen Ausmaß inflationär wirken,
wenn seine Menge nicht beschränkt wird.
<center>
<HR>
</center>
|
dottore
21.02.2001, 10:42
@ Oldy
|
Re: Oldystunde - wie gewohnt. |
Ahc Oldy,
eines Deiner schönsten Poeme.
Nun möchte ich Mal zu Wörgl querfragen:
Wogegen hat denn der großartige Bürgermeister sein Schwundgeld ausgegeben? Er hat es drucken lassen, dann lag es in seiner Gemeindekasse - und dann?
Und wenn er damit seine tüchtigen Gemeindearbeiter bezahlt hat, dann ist das ohnehin kein Novum. Denn es gibt in der Geschichte dutzende von Beispielen, wo Unternehmen (auch eine Gemeinde ist ein Unternehmen) ihre Arbeiter mit"eigenem" Geld bezahlt haben, vgl. bloß die gigantische"Token"-Wirtschaft, die sich in England entwickelt hatte.
Worin ist der Unterschied zwischen einem Token und einem Wörgl-Schein? Nur, dass letzterer an Wert verlor?
Und wenn das Schwundgeld jederzeit wieder in Schillinge umzutauschen war - wie sind denn diese Schillinge auf die Welt gekommen? Lag ihnen vielleicht ein Kreditakt zugrunde, mit Rediskont der Natbk.?
>Na, ja, vielleicht ist es wirklich so, daß man bei großen Summen den Überblick verliert und darum will ich wieder die Geschichte von Wörgl aufwärmen. Da war doch diese Geldmenge von 5,293 Schilling wert an Arbeitswertscheinen. Die blieben auf dem Markt und verschwanden nicht. Genau nachgewiesen wurden damit 24 mal ihr Wert an Investitionen der Gemeinde bezahlt. Das allein war eine dreimal so schnelle Geldbewegung als zu dieser Zeit sich das Nationalbankgeld bewegte.
Typisch für eine klassische Doppelwährung, wie in Rom der späten Cäsaren! Das Gold blieb rein und unverändert (= Nationalbankgeld), das Silber wurde laufend entwertet (= Schwundgeld), weil immer mehr Kupfer beigemengt wurde. Das Gold wurde behalten und gebunkert. Das Silbergeld (zum Schluss die sog."Folles") gab jeder so schnell wie möglich aus. Wobei nicht das Geld umlief, sondern die Leute liefen, die die laufend mieser werdenden Silbermünzen ausgeben wollten.
SOOO neu und sensationell ist Wörgl also eben auch leider nicht!
>Selbst bei unseren heutigen Geld, welches in weit höheren Maß als bevorzugtes Wertaufbewahrungsmittel verwendet wird,
Das wäre mir völlig neu. Ich habe noch nie jemand erlebt, der Geld"aufbewahrt" hätte - und die Oma, die so was unterm Kopfkissen macht, ist ein Märchen.
>ist eine mehrfache Verwendung als Zahlungsmittel die Regel
Ja"Zahlungsmittel" - eben weil es z u v o r einen Zahlungsgrund gegeben haben muss, z.B. einen Kaufvertrag.
>und ob die EINMALIGE Ausgabe wie auch immer geschieht ist zwar nicht bedeutungslos aber nicht von so ausschlaggebender Bedeutung. Zu viel Geld, gegen welche Sicherheiten auch immer herausgegeben wirkt inflationär.
Nur wenn die Sicherheiten sich entwerten (also das"Geld" übrig bleibt und nicht in dem Moment eingezogen wird, Notenbank bucht aus, in dem die Sicherheit platzt, bzw. in sie oder ihre Erträge nicht vollstreckt werden kann).
>Ja, auch Freigeld würde in hohen Ausmaß inflationär wirken,
>wenn seine Menge nicht beschränkt wird.
Da sind wir beide absolut d'accord.
Und jetzt beginnt die Arie: W i e beschränken?
Gruß
d.
<center>
<HR>
</center> |
Baldur der Ketzer
21.02.2001, 12:41
@ dottore
|
Re: Geld als Wertaufbewahrungsmittel |
>Ich habe noch nie jemand erlebt, der Geld"aufbewahrt" hätte - und die Oma, die so was unterm Kopfkissen macht, ist ein Märchen.
Hallo, dottore,
da muß ich wiedersprechen, solche Leute gibt es, ich kenne sogar welche ;-))
Beste Grüße vom Baldur
<center>
<HR>
</center>
|
Oldy
21.02.2001, 16:39
@ Baldur der Ketzer
|
Re: Geld als Wertaufbewahrungsmittel |
>>Ich habe noch nie jemand erlebt, der Geld"aufbewahrt" hätte - und die Oma, die so was unterm Kopfkissen macht, ist ein Märchen.
>Hallo, dottore,
>da muß ich wiedersprechen, solche Leute gibt es, ich kenne sogar welche ;-))
>Beste Grüße vom Baldur
Ja Baldur
und wenn sie das sogar bei Inflation tun, was glaubst du,
wie viele es bei Deflation tun werden und getan haben.
Übrigens wie man umlaufgesichertes Geld in Rahmen hält,
hat der Bürgermeister von Wörgl auch schon gezeigt.
Erinnere dich nur an die 5,293 Schilling gesamt im Umlauf.
Natürlich darf man nicht, wie heute, für faule Schulden
uferlos Geld herausgeben. 0.25 Schilling pro Person machte übrigens
der gesamte"Schwund" dieses Geldes für das ganze Jahr aus.
Da muß es einem schon wundern warum dottore immer von
verschwindenden Geld faselt.
Das Wörgler Geld verlor übrigens auch keinesfalls an Wert.
Es wurde pari zum österreichischen Schilling gehalten und
der stieg an Kaufkraft um 7%. Genau das tat also das
Wörgler Geld auch. Dottore wird das natürlich nicht sehen
wollen und niemand ist so blind als der, der nicht sehen
will, meint Oldy
<center>
<HR>
</center> |
jefra
21.02.2001, 19:07
@ Oldy
|
Re: Geld als Wertaufbewahrungsmittel |
Oldy hat geschrieben
>Das Wörgler Geld verlor übrigens auch keinesfalls an Wert.
>Es wurde pari zum österreichischen Schilling gehalten und
>der stieg an Kaufkraft um 7%. Genau das tat also das
>Wörgler Geld auch. Dottore wird das natürlich nicht sehen
Meiner Meinung nach ist diese Stabilisierung des Aussenwertes keine besondere Kunst. Die 'Umlaufsicherung' sollte normalerweise eine Tendenz zu fallenden Preisen (und damit steigendem Aussenwert) zur Folge haben. Unter 'normalerweise' verstehe ich dabei: Bei einer Ausgabepolitik der Notenbank, die in einem Wirtschaftssystem ohne Umlaufsicherung stabile Preise und stabilen Aussenwert bewirkt. Die Umlaufsicherung (ich glaube, 12% in Wörgel) bewirkt nun, dass man diese Stabilisierung des Aussenwertes auch bei einer Ausgabepolitik hat, die ohne Umlaufsicherung jährliche Preissteigerungsraten um 12% (mit einem entsprechenden Verlust an Aussenwert beispielsweise zu goldgedeckten Währungen) hervorrufen würde. Das Wunder von Wörgel scheint mir also einfach der Erfolg einer inflationären Ausgabepolitik zu sein, die sich eben in dieser Verpackung besser verkaufen läßt.
Meiner Meinung nach kann diese prinzipielle (abgesehen von psychologischen Fragen) Äquivalenz der beiden Systeme sehr leicht bewiesen werden. Ich weiss aber nicht, wie man am besten einen etwas längeren mathematischen Text (12-13 Seiten, LaTeX oder Postscript) zur Debatte stellt. Das Einfachste wäre wohl, den Text an alle Interessenten zu verschicken.
Um sich klarzumachen, dass beide Arten von Wirtschaftssystemen den Teilnehmern grundsätzlich dieselben Handlungsspielräume bieten, muss man sich nur vor Augen halten, dass einfach alle Bilanzen auf Wära mit Ausgabedatem 1.1.2000 umgerechnet werden können. Es ist also eine ganz selbstverständliche Tatsache, für die eigentlich kein langer Beweis notwendig sein sollte.
MfG, JeFra
<center>
<HR>
</center> |