golden-bear
26.02.2001, 16:53 |
@dottore: Evtl. ein Buchtipp für Sie... Thread gesperrt |
, es dürfte Ihre Interessen gut treffen. Vielleicht kennen Sie es ja daher schon längst oder es wurde im Board womöglich schon erwähnt. (Übrigens bin ich erst seit gestern registriert. Endlich kann ich mich für die Zusendung der Krisenschaukel bedanken, also muchas gracias, senior!)
Und hier die Besprechung aus Bild der Wissenschaft online zu dem Buchtipp:
Südamerika wurde im 16. Jahrhundert mit Hilfe der
deutschen Hochfinanz erobert
Christoph Columbus, Amerigo Vespucci, Hernán Cortéz oder
Francisco Pizarro - mit diesen Namen verbindet man die
Entdeckung und Eroberung Südamerikas. Doch
genaugenommen waren sie nur die Handlanger von Bankiers
und Handelsmagnaten in Mitteleuropa, die das Unternehmen
der Eroberung Südamerikas mit Millionen Gulden finanzierten.
Zwei Historiker von der Universität Jena haben
Notariats-Akten aus den Kontoren und Kanzleien der
oberdeutschen und norditalienischen Hochfinanz des 16.
Jahrhunderts gesichtet und in Buchform jetzt der
Ã-ffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die wirkliche Eroberung des
südamerikanischen Kontinents
spielte sich in den stillen
Kontoren und Kanzleien in
Augsburg, Nürnberg, Genua,
Sevilla und Cádiz ab. Hier saß
die Hochfinanz des 16.
Jahrhunderts, die Fugger, die
Welser, Neidhart und
Cromberger, die Spinola,
Cattaneo und andere, die für
die spanische Krone die
Logistik und das Kapital für die
Expeditionen in die Neue Welt
organisierten.
Rolf Walter und der
inzwischen verstorbene
Hermann Kellenbenz haben
unzählige Notariatsakten aus
den Archiven von Sevilla und
Cádiz gesichtet und
ausgewertet, die Licht in
diese beispiellose Expansionsunternehmung bringen. Etwa 1.000
dieser Akten haben die beiden Wirtschafts- und Sozialhistoriker in
ihrem Buch zusammengestellt. Dabei geht es um Darlehen,
Bürgschaften und Wechselgeschäfte, den Zahlungsverkehr sowie
Geld- und Messegeschäfte großen Stils.
In einem System von Verträgen und Unterverträgen wurden die
Rechte und Pflichten der beteiligten Partner dokumentiert. Die
oberdeutschen Handelsmagnaten bildeten die Geldgeber-Konsortien
auf der einen Seite, die Beauftragten der spanischen Krone waren
die andere Seite. Detailliert hielten die Kontrakte fest, wo in der
Neuen Welt Niederlassungen und Faktoreien zu gründen wären,
oder welche Fachleute die Ausbeutung der vermuteten Reichtümer
vor Ort betreiben sollten.
Die Handelsmagnaten versprachen sich von ihrem Einsatz von - wie
man heute sagen würde -"Venture Kapital" weitgehende Rechte an
der Exploration der Neuen Welt. So vereinbarte Bartholomäus
Welser mit Kaiser Karl V. 1528 einen so genannten Asiento, einen
Generalvertrag über das heutige Venezuela. Welser finanzierte die
Flotten, ihre Ausrüstung und ihre Besatzung. Im Gegenzug erhielt
er das Land praktisch zum Lehen.
Doch das prunksüchtige spanische Herrscherhaus erwies sich in
seinen Geldgeschäften insgesamt als ein unsicherer Kantonist.
Zwar wurden nicht alle Groß-Kaufleute wie die Welser, die ihre
besten Leute in die Neue Welt geschickt hatten, ruiniert, doch viel
Geld verloren fast alle, die die Expansionsunternehmungen
unterstützt hatten."Rein wirtschaftlich gesehen, war das
Engagement der oberdeutschen und italienischen Finanzwelt in der
Neuen Welt ein Desaster", urteilt denn auch Rolf Walter. Die
politischen und kulturellen Folgen der rücksichtslosen Ausbeutung
und Kolonialisierung der südamerikanischen Länder aber bleiben bis
heute spürbar.
Bibliographischer Hinweis: Hermann Kellenbenz, Rolf Walter (Hg.):
Oberdeutsche Kaufleute in Sevilla und Cádiz (1525-1560). Eine
Edition von Notariatsakten aus den dortigen Archiven. Stuttgart
2001. 712 Seiten. DM 144,00.
Doris Marszk
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black elk
26.02.2001, 16:55
@ golden-bear
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Salve golden-bear.. sei gegrüßt (owT) |
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dottore
26.02.2001, 17:50
@ golden-bear
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Re: @dottore: Evtl. ein Buchtipp für Sie... Und ob! ENDLICH ERSCHIENEN! |
Hi golden-bear,
ich danke Dir sehr für diesen Hinweis. Kellenbenz war einer meiner akademischen Lehrer - einer der größten Wirtschaftshistoriker aller Zeiten!
Habe das Buch noch nicht (inzwischen bestellt, klaro) und ich freue mich, dass Kellenbenz es im wesentlichen (eine absolute Schweinsarbeit; ich kenne diese Notariatsakten - grausam!) noch geschafft hat, sie mit Walter durchzuarbeiten.
Was für ein krönender Abschluss eines Lebenswerkes!
Ich freue mich riesig auf die Lektüre und werde berichten. Es ist eine der faszinierendsten Epochen der deutschen Wigeschichte überhaupt.
D A S waren noch Unternehmer...
Lieben Gruß
d.
Im übrigen wie man unschwer sieht, Debitismus purissimo:
//Dabei geht es um Darlehen, > Bürgschaften und Wechselgeschäfte, den Zahlungsverkehr sowie > Geld- und Messegeschäfte großen Stils. > In einem System von Verträgen und Unterverträgen wurden die > Rechte und Pflichten der beteiligten Partner dokumentiert. Die > oberdeutschen Handelsmagnaten bildeten die Geldgeber-Konsortien > auf der einen Seite, die Beauftragten der spanischen Krone waren > die andere Seite. Detailliert hielten die Kontrakte fest, wo in der > Neuen Welt Niederlassungen und Faktoreien zu gründen wären, > oder welche Fachleute die Ausbeutung der vermuteten Reichtümer > vor Ort betreiben sollten. //
Im übrigen war in Ochsenfurt in der Ausstellung auch ein Blatt aus der Welserbuchhaltung von 1499 zu bestaunen, die Welser waren damals schon ein Weltkonzern!
Dass es mit Südamerika (Venezuela!) dann schief gegangen ist (und der junge Welser-Erbe irgendwo im Urwald drauf ging), tja no risk, no fun, no profits.
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BossCube
26.02.2001, 20:43
@ golden-bear
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Hallo GB! Rolf Walter ist mein Prof. in Jena! |
>, es dürfte Ihre Interessen gut treffen. Vielleicht kennen Sie es ja daher schon längst oder es wurde im Board womöglich schon erwähnt. (Übrigens bin ich erst seit gestern registriert. Endlich kann ich mich für die Zusendung der Krisenschaukel bedanken, also muchas gracias, senior!)
>Und hier die Besprechung aus Bild der Wissenschaft online zu dem Buchtipp:
> > Südamerika wurde im 16. Jahrhundert mit Hilfe der > deutschen Hochfinanz erobert
> > Christoph Columbus, Amerigo Vespucci, Hernán Cortéz oder > Francisco Pizarro - mit diesen Namen verbindet man die > Entdeckung und Eroberung Südamerikas. Doch > genaugenommen waren sie nur die Handlanger von Bankiers > und Handelsmagnaten in Mitteleuropa, die das Unternehmen > der Eroberung Südamerikas mit Millionen Gulden finanzierten. > Zwei Historiker von der Universität Jena haben > Notariats-Akten aus den Kontoren und Kanzleien der > oberdeutschen und norditalienischen Hochfinanz des 16. > Jahrhunderts gesichtet und in Buchform jetzt der > Ã-ffentlichkeit zugänglich gemacht. > Die wirkliche Eroberung des > südamerikanischen Kontinents > spielte sich in den stillen > Kontoren und Kanzleien in > Augsburg, Nürnberg, Genua, > Sevilla und Cádiz ab. Hier saß > die Hochfinanz des 16. > Jahrhunderts, die Fugger, die > Welser, Neidhart und > Cromberger, die Spinola, > Cattaneo und andere, die für > die spanische Krone die > Logistik und das Kapital für die > Expeditionen in die Neue Welt > organisierten. > Rolf Walter und der > inzwischen verstorbene > Hermann Kellenbenz haben > unzählige Notariatsakten aus > den Archiven von Sevilla und > Cádiz gesichtet und > ausgewertet, die Licht in > diese beispiellose Expansionsunternehmung bringen. Etwa 1.000 > dieser Akten haben die beiden Wirtschafts- und Sozialhistoriker in > ihrem Buch zusammengestellt. Dabei geht es um Darlehen, > Bürgschaften und Wechselgeschäfte, den Zahlungsverkehr sowie > Geld- und Messegeschäfte großen Stils. > In einem System von Verträgen und Unterverträgen wurden die > Rechte und Pflichten der beteiligten Partner dokumentiert. Die > oberdeutschen Handelsmagnaten bildeten die Geldgeber-Konsortien > auf der einen Seite, die Beauftragten der spanischen Krone waren > die andere Seite. Detailliert hielten die Kontrakte fest, wo in der > Neuen Welt Niederlassungen und Faktoreien zu gründen wären, > oder welche Fachleute die Ausbeutung der vermuteten Reichtümer > vor Ort betreiben sollten. > Die Handelsmagnaten versprachen sich von ihrem Einsatz von - wie > man heute sagen würde -"Venture Kapital" weitgehende Rechte an > der Exploration der Neuen Welt. So vereinbarte Bartholomäus > Welser mit Kaiser Karl V. 1528 einen so genannten Asiento, einen > Generalvertrag über das heutige Venezuela. Welser finanzierte die > Flotten, ihre Ausrüstung und ihre Besatzung. Im Gegenzug erhielt > er das Land praktisch zum Lehen. > Doch das prunksüchtige spanische Herrscherhaus erwies sich in > seinen Geldgeschäften insgesamt als ein unsicherer Kantonist. > Zwar wurden nicht alle Groß-Kaufleute wie die Welser, die ihre > besten Leute in die Neue Welt geschickt hatten, ruiniert, doch viel > Geld verloren fast alle, die die Expansionsunternehmungen > unterstützt hatten."Rein wirtschaftlich gesehen, war das > Engagement der oberdeutschen und italienischen Finanzwelt in der > Neuen Welt ein Desaster", urteilt denn auch Rolf Walter. Die > politischen und kulturellen Folgen der rücksichtslosen Ausbeutung > und Kolonialisierung der südamerikanischen Länder aber bleiben bis > heute spürbar. > Bibliographischer Hinweis: Hermann Kellenbenz, Rolf Walter (Hg.): > Oberdeutsche Kaufleute in Sevilla und Cádiz (1525-1560). Eine > Edition von Notariatsakten aus den dortigen Archiven. Stuttgart > 2001. 712 Seiten. DM 144,00. > Doris Marszk
Er hat es wirklich drauf. Seine Vorlesungen sind nur manchmal etwas ermüdend:-)
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