nereus
27.02.2001, 17:00 |
Plädoyer für den Debitismus - ich kann nicht anders Thread gesperrt |
Hallo Oldy, Reinhard, dottore und die es noch interessiert!
Ich habe mal vorsichtig versucht alle dargelegten Argumente, der Gelddiskussion der letzten Tage, gegeneinander abzuwiegen.
Da ich weder BWL studiert habe, noch Bankkaufmann von Beruf bin bleibt mir nur noch mein Verstand und etwas Logik um die Dinge zu durchschauen oder es vielleicht auch nicht zu blicken.
In jeder hier vorgebrachten Äußerung steckt eine Menge Wahrheit und der Anspruch die Wirtschaft bzw. das Geld von allen Seiten zu betrachten.
Aber letztendlich können und müssen sich alle theoretischen Diskussionen auch einem Praxistest unterziehen.
Insgeheim wünschen können wir uns eine ganze Menge. Ob sich dann die Wünsche auch realisieren lassen steht auf einem anderen Blatt.
Ich denke allen Vorstellungen von einer Menschheit, die nur durch massiven operativen Gehirneingriff von ihren"schlechten" Seiten befreit werden können, erteilt man von an Anfang an eine Abfuhr.
Kann mich noch gut daran erinnern wie in quälenden nächtlichen Diskussionen darüber nachgehirnt wurde warum manche Theorie so prächtig erscheint, aber die Praxis dann so miserabel ausfällt.
Siehe Sozialismus/Kommunismus oder eine DDR ohne Einheitspartei aber trotzdem mit Volkseigentum.
Endresultat war dann zumeist - die Menschen müssen sich ändern.
Nun muß ich, mit meinen vierzig Jahren, aber leider feststellen die Menschheit ändert sich nicht.
Sie bleibt wie sie ist, und soo schlecht ist sie eigentlich auch nicht.
Wenn wir uns jetzt z.B. darüber aufregen, daß im Mittelalter Tausende einer Hinrichtung beiwohnten, frage ich mich ob nicht heute ebenfalls die gleichen Menschenmengen (das sind diesmal wirklich Mengen) erscheinen würden um dem grausigen Vorgang live zu verfolgen. Ich möchte hier nur mal an die allseits beliebten Gafferstaus erinnern. Hier ist wunderbar das durchaus vorhandene Mitleid mit den Unfallopfern, aber auch die
nun offen zur Schau gestellte Sensationslüsternheit zu sehen.
Und so ist es fast überall. Trotz technischen Fortschritts hat sich hinsichtlich moralischer Fragen nur wenig geändert. Die Philosophen im alten Griechenland mokierten sich fast mit den gleichen Argumenten über die Jugend, wie die Alten es heute wieder tun.
Warum dieser Umweg bei einer Gelddiskussion?
Klipp und klar, wir müssen die Leute/die Gesellschaft nehmen wie sie sind/ist und nicht wie man sie vielleicht gerne hätte.
Und meine geringe Lebenserfahrung sagt mir schlicht und einfach - ein bißchen Druck muß sein.
Sonst wird es nichts.
Da schrieb Dimi z.B.
Spezialisierung gibt es aus Gründen der Tradition, der unterschiedlichen Beschaffenheit eines Gebiets, aus individueller Unterschiedlichkeit usw..
Der Nutzen von Spezialisierung und Tausch in solchen Gesellschaften ist z.B.
- Höhere Vielfalt (z.B. größerer Speisezettel)
- Insgesamt mehr Produkte, da spezialisierte Tätigkeit effizienter
- Soziale Kontakte, Feste, Frieden zum Nachbardorf
- Optionen für Notfall (Landbewohner können bei Mißernte ins Fischerdorf usw.)
Oldy schrieb: Der Motor in meinem System und auch bei Reinhard ist der, daß in einer arbeitsteiligen Marktwirtschaft jeder Waren produziert, die er eigentlich selber nicht braucht. Wenn er sie verkaufen will, zwingt ihn die Konkurrenz dazu, daß er brauchbare und preisgünstige Ware erzeugen muß.
und dann noch: Die Debististen machen daraus eine Konstruktion Urschuld genannt.
Lieber Dimi! Es mag schon sein das Spezialisierung sich aus vielen individuellen Unterschieden herleiten läßt.
Es ist sogar ganz sicher so.
Aber wische doch mal alle Vielfalt, sozialen Kontakte und Produktauswahl beiseite. Was bleibt denn dann noch übrig? Wer schützt uns denn vor'm Verhungern und Verdursten wenn nicht irgend jemand sich unserer erbarmt.
Warum springt der Spezialist in die Marktlücke? Weil ihm die Thematik vielleicht auf den Leib geschneidert ist, das kann schon sein, aber vor allem weil er Geld verdienen will. Nicht nur will, er muß es sogar.
Wenn alle am Hungertuch nagen ist es mit den sozialen Kontakten eh nicht mehr weit her.
Dann werden wieder die Messer gewetzt.
Dottores immerwährender Bezug auf die Geschichte ist absolut einzusehen. Auch wenn man nicht alle Tontäfelchen und Schriftrollen eigenhändig nachprüfen möchte.
Wir reden ja hier von einer Gesellschaft mit Millionen von Mitgliedern und nicht von umherziehenden Stammeshorden der Urzeit.
Es ist nicht so wichtig wie es vielleicht sein könnte, sondern wie es vielleicht schon mal war.
Oldy, Du schreibst der Motor ist die Produktion von Waren die man selbst nicht benötigt, aber zum Kauf anbietet. Aber warum bietet man denn diese Güter dann zum Kauf an. Doch nicht nur um einen guten Eindruck zu machen? Und die lästige Konkurrenz produziert auch noch Güter. Warum machen die denn das?
Sicherlich möchte man sein eigener Herr sein, man will sein Schicksal selbst bestimmen und möchte etwas auf den Weg bringen. Aber das kann man auch in den Urwäldern Sibiriens, der Wüste Gobi oder dem afrikanischen Dschungel, natürlich nur nach dem Selbstversorgerprinzip.
Aber in unseren Gefilden kann man sich eben nicht mehr so ganz ausklinken.
Wenn wir alle guten Wünsche, Selbstverwirklichungen und guten Nachbarschaftsverhältnisse mal beiseite schieben. Was bleibt denn dann noch übrig? Wer schützt uns denn vor'm Verhungern und Verdursten wenn nicht irgend jemand sich unserer erbarmt.
Habe ich gerade schon mal geschrieben, ich weiß.
Aber reißt doch den vielschichtigen Vorhang endlich mal zur Seite. Macht es doch mal wie der Pathologe oder Chirurg, bis das Gerippe zum Vorschein kommt.
Warum wirtschaften Menschen? Nicht weil es so viel Spaß macht oder weil wir anderen eine Freude machen wollen. Wir müssen es tun, weil wir sonst keine Überlebenschance haben.
Und wenn wir es nicht selbst tun, muß diese Last ein anderer tragen.
Ob man es Urschuld nennt oder wie auch immer. Dieses Etwas ist aber da, ob uns das nun paßt oder nicht.
Das ist der wirkliche Motor. Wir müssen Benzin in den Tank schütten. Nicht wenn wir es gerne möchten, sondern wenn das Fahrzeug oder die Maschine es will
Es wird gewirtschaftet weil der Mensch Bedürfnisse hat, so steht es in den Lehrbüchern.
Ja ja, wenn ich ein dringendes Bedürfniss habe muß ich eben mal um's Eck gehen und wenn ich das Bedürfnis nicht rechtzeitig befriedigt habe, dann scheiße ich eben in die Hose.
Je mehr hier um den Debitismus diskutiert wird, desto mehr keimt in mir der Verdacht auf, daß er wohl das beste Verständnis für die Wirtschaft liefert. Trotz aller bitterer Wahrheiten mit Untergang, Krisen und Sachzwängen.
Nein, nicht trotz sonder gerade wegen. Gute Medizin schmeckt eben manchmal auch bitter.
Und zu guter Letzt vielleicht noch das. Ich habe weder die Krisenschaukel geschenkt bekommen, mir auch kein Abo bezahlen lassen und mir wird auch keine Zentimeterscheibe vom Russenriegel abgesägt.
Ich habe nur meine Sinne gebraucht und das ist das Ergebnis.
mfG
nereus
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dottore
27.02.2001, 18:20
@ nereus
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Re: Plädoyer für den Debitismus - ich kann nicht anders. Ich auch nicht! |
Hi nereus,
was Du geschrieben hast, ging wirklich unter die Haut. Schon allein deshalb herzlichen Dank, zumal wir uns angewöhnt haben, nicht mehr sukutan zu denken, also"radikal" und damit den Dingen auf den Grund zu gehen und zwar so wie sie s i n d und nicht so wie sie sein könnten oder sollten.
Ich darf mich Dir als"Schicksalsgenosse" an die Seite stellen. Die Sache mit dem Debitismus (also immer etwas tun zu m ü s s e n) hatte ich in jahrelanger Arbeit entwickelt (nach vielen Anregungen, H&S, Prof. Malik, St. Gallen und vor allem durch viele, nicht der traditionellen Ã-konomie verhafteten Naturwissenschaftler, die bekanntlich leidenschaftslos und präzise denken). Das war nicht unbedingt ein"Entschuldungsversuch", sondern Arbeit freiwillig und nebenbei, auch wenn's Buchtantiemen eingebracht hat.
Ich war ein sog."Star-Journalist","Bestseller-Autor" und"großer Vortragsredner". Und aufgestiegen bin ich - nach Jahren freier Tätigkeit - bis in die Position der Nr. 2 bei"Bild", was gut bezahlt wurde.
Jetzt bin ich ausgeschieden. De facto also arbeitslos. Und wie geht's mir heute? Ehrlich gesagt nicht so doll, weil in mir mehr und mehr die Frage nagt: Wie bringe ich mich und die Meinen (große Tochter verheiratet, großer Sohn gottseidank fertig studiert als Arzt in USA, aber drei kleine Kinder 13 bis 16 müssen auch noch auf den Weg gebracht werden, dazu Unterhaltsverpflichtungen usw.) - wie die Meinen also durch die nächsten Jahre? Und mich dazu?
Gewiss, ich bin nicht"arm" wie sich jeder denken kann. Aber die dauernde Ungewissheit, ob's denn reichen wird! Mit 61 ist das Existenzdruck pur! Und wenn ich dem Stand halten soll (Urschuld, Urschuld), muss ich also jeden Tag aufs Neue versuchen, durch Nutzen meiner Talente etwas zu verdienen.
Heute habe ich einen Beitrag über Historische Wertpapiere geschrieben, morgen werden's 300 Zeilen über Aufstieg und Fall diverser Herren für die"Bunte". Übermogen fahre ich nach MUC, um die Versteigerung eines Teils meiner Sammlungen (Katalog usw.) zu überwachen (nicht die"Geld-Sammlung"!).
Vielleicht bringt auch das wieder einen größeren Betrag, aber obs dann damit"reicht"? Ich weiß nicht, ich weiß nicht.
Obwohl ich theoretisch eigentlich nur durchgespielt hatte, um zu sehen wie weit mein Scharfsinn reicht, bin ich jetzt selbst ein Debitismus-Opfer in der Praxis. Ich bin und bleibe Teil dieser Ã-konomie und dieser Welt, die eben so ist wie beschrieben und wie Du sie ebenfalls bestens beschrieben hast.
Und ich glaube, dieses Gefühl, unter Druck zu stehen, weil man"nie wissen kann" und mit zunehmendem Alter immer weniger Kraft haben wird, diesem Druck zu entkommen, wird mich jetzt nie mehr verlassen. Damit muss ich halt fertig werden, und wundersame Rezepte, wie die Welt und ihre Menschen aus diesem Druck entlassen werden könnten - die sehe ich nicht.
Ein sehr nachdenklicher (und nicht mehr so locker-froher wie früher)
d.,
der sehr herzlich grüßt. Und der wieder Teil des Motors ist, der alles in Wirklichkeit vorantreibt. Davon, dass mir jemand sagt, ich könnte mit"Tauschen" (was denn wohl sollte ICH produzieren, ich kann nicht Mal einen Nagel in die Wand kloppen?) oder mit einem"gesunden Geldsystem" der latenten Überschuldungsangst entkommen, habe ich absolut rein gar nichts.
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Dimi
27.02.2001, 18:30
@ nereus
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Re: Plädoyer für den Debitismus - ich kann nicht anders |
>Dottores immerwährender Bezug auf die Geschichte ist absolut einzusehen. Auch wenn man nicht alle >Tontäfelchen und Schriftrollen eigenhändig nachprüfen möchte.
>Wir reden ja hier von einer Gesellschaft mit Millionen von Mitgliedern und nicht von umherziehenden >Stammeshorden der Urzeit.
Hier möchte ich ein etwaiges Mißverständnis aufklären: Gerade weil die Geschichte im Kontext von Geld- und Wirtschaftsbetrachtungen so wichtig ist, ist es auch die prähistorische. Der Schritt in die Steinzeit via Völkerkunde findet nur deshalb statt, um Lücken der Geschichtsschreibung zu schließen.
Gruß, Dimi
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JüKü
27.02.2001, 18:37
@ dottore
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Re: Plädoyer für den Debitismus - ich kann nicht anders. Ich auch nicht! |
Das geht wirklich tief, auch die Gedanken von nereus, ich erst jetzt gelesen habe. Kompliment und DANKE an beide!
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Rumpelstilzchen
27.02.2001, 18:37
@ dottore
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Re: Plädoyer für den Debitismus - ich kann nicht anders. Ich auch nicht! |
Vielen Dank für diese ungewöhnlich authentischen Beiträge.
Nur eine kleine Anmerkung:
Vielleicht ist zu hinterfragen, in wie weit die"Urschuld" tatsächlich als Last begriffen werden sollte und ob sie nicht auch als elementarer Teil unseres eigenen Selbstverständnisses gesehen und damit positiv umgedeutet werden sollte.
Aus meiner täglichen Arbeit habe ich mehr und mehr den Eindruck gewonnen, dass die Menschen weitaus besser mit Lasten, Verpflichtungen und"Schuld" umgehen können, als mit dem Fehlen dieser Dinge.
Krisen ergeben sich besonders häufig in Situationen, in denen Menschen abrupt ihrer Verpflichtungen entbunden werden und sich dann auf ihre eigene, nackte Existenz zurückgeworfen fühlen, die sie nicht ohne weiteres mit Sinn zu füllen imstande sind.
Nichts wird beispielsweise mehr unterschätzt, als die psychischen Gefahren, die von einem Lottogewinn ausgehen, die den Menschen zwar von seinen materiellen Verpflichtungen befreien ihn aber gleichzeitig aus seinen sozialen Kontext reißen. Außerdem entfallen die täglichen Bestätigungen, die die Erfüllung der eigenen Verpflichtungen mit sich bringen.
Der Debitismus kann nicht nur als wirtschaftliches Modell gesehen werden. Das Modell ist psychologisch/theologisch bestens ausbaubar.
Viele Grüße
R.
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Baldur der Ketzer
27.02.2001, 18:59
@ dottore
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Re: Plädoyer für den Debitismus - ein paar Gedanken zur Lage |
Hallo, dottore,
herzlichen Dank für diesen offen, tiefgründigen, sehr persönlichen Beitrag.
Viele vermuten hinter bedeutenden oder weniger bedeutenden Fassaden immer den Quell unversiegenden Wohlstands.
Daß auch Unternehmer, Freiberufler, Journalisten etc. ganz profane Probleme haben, genauso wie der Klempner von nebenan, Tante Berta, klein Freddi im ersten Lehrjahr oder jemand in einer beruflichen Umbruchsituation.
Vielleicht macht man sich etwas"leichter" Sorgen, wenn man über eine gewisse Basis verfügt, statt rote Zahlen per Saldo zu verwalten. Dafür sind aber auch die Sorgen im Größenordnungen mächtiger.
Ich kenne mittelständische Unternehmer, die für 100 Mitarbeiter, 200, 250 und in diese Region die Verantwortung tragen, und natürlich auch für deren Familienangehörige. Das Zittern, wenn Weihnachten naht (Grati, woher nehmen?).
Ein Monat ist sehr schnell rum.
Deine Gedanken sind so ziemlich deckungsgleich mit den meinigen.
Man saldiert die monatlichen Kosten, die erst erwirtschaftet sein müssen für eine schwarze Null, mit den eigenen Vorteilen hieraus.
Oh Gott.......
Und dann kommt ganz unten im Hinterkopf ein Ausstiegsszenario empor.....wie weit kann man Ansprüche runterschrauben, Kosten abschneiden,"downsizen", um die Last abzuschütteln (natürlich nicht die Essensausgaben der Familie).
Da kommt einiges zusammen.
Oldy ist uns da voraus.
Wenn man kostenfrei wohnt, sich was im Garten anbaut, seine Klamotten trägt, bis sie zerschlissen sind, statt unmodisch, dann kommt man mit relativ geringen Sorgen durch.
Je mehr dranhängt, an Mitarbeitern, Mieten oder Abzahlraten für Betriebsgebäude, Leasingraten, Teleonkosten etc., desto schwerer drücken sie.
Nebenbei, die ggf. Schuldzinsen machen das auch nicht mehr fett, aber sie fressen vielleicht grade den Gewinn auf, der so geblieben wäre.
Ich denke, wir werden uns alle einmal Gedanken machen müssen, was wir selbst anzubieten haben. Voll im Ernst. Vor zwei, drei Jahren hätte ich darüber gelacht.
Der eine stellt fest, er kann malen, zeichnen, Skulpturen schnitzen. Na, los, rein ins ebay.
Der andere macht selbst angesetzten Obstwein, jemand fliest gut, der andere schreinert gern, jemand macht Fußreflexzonenmassage, ein anderer geht Wünschelrute, mauert Gartenmauern, züchtet Vögel, räuchert Schinken.
Alles nebenbei, hobbymäßig, fürs Zubrot, damit es unterm Strich reicht.
Heimkommen, in den Sessel fallen, die Füße auf den Tisch schmeissen, und sich sagen, der Alte kann mich mal, das kann ins Auge gehn.
Die Globalisierung der Großkonzerne führt vielleicht zu einer parallelen Angebotsoffensive im privaten und kleinbetrieblichen Sektor.
Oma ists eh langweilig, die kann ihre sagenhaften Krautwickel machen und die verkauft man dann, dost sie vielleicht ein.
Opa war immer schon ein prima Mechaniker, der repariert Fahrräder.
Das Problem: all das drückt auf die Spannen der gewerblichen Wirtschaft, Teufelskreis.
Ich hab mir auch schon mal überlegt, eine Kneipe aufzumachen. Ein Bekannter hatte eine und hat sie zugemacht, er wird wissen, warum.
Also, weitersuchen.
Und wenn nix mehr hilft, müssen wir halt die Portokasse zusammenkratzen und zu Bodo Schäfer, oder wie der heißt, ins Seminar gehen, dann werden wir doch geholfen.....
Beste Grüße vom Baldur
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Josef
27.02.2001, 19:29
@ Baldur der Ketzer
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Re: ein paar Gedanken zur Lage |
schnipfel schnipfel>>>>>>>>>>>>>?????????????>>>>>>>>
Wie waere es denn mit einigen guten Trades an den Boersen der Welt?
Das geht doch bestimmt noch eine Zeit lang, oder?
MfG Josef
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Simplici
27.02.2001, 20:32
@ nereus
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Debitionismus - oder es geht im Grunde um die Sinnfrage |
Hallo nereus und alle anderen,
Deinen Äußerungen schließe ich mich gerne an. Für alle, die weder Volks- und Betriebswirtschaft studiert haben oder es gerade tun, bietet der Debitionismus eine gute Basis zu verstehen, warum gewisse wirtschaftliche Dinge so laufen, wie sie laufen. Für den Hausgebrauch reicht das den meisten.
Die weiteren Diskussionen um die Feinheiten führen m.E. nur oberflächlich weiter, sind sie doch im Grunde nichts anderes als wissenschaftliche Nebelkerzen, gezündet, um von wesentlicheren Fragen abzulenken, deren Beantwortung vielen - wenn nicht sogar allen - im tiefen Grunde ihres Herzens sehr unangenehm sind.
Das unangenehme am Debitionismus ist, er enttarnt unsere Träume von der Welt wie sie sein könnte als das, was sie sind: Träume. Wir sehen uns selber gerade in der westlichen Kultur gerne als Individuen. Mit allem was das bedeutet: Selbstbewußtsein (wir glauben zu wissen, wer wir sind), Selbstbestimmung (mit und ohne Fernbedienung) eine eigene persönliche Note (also auffallen um jeden Preis) und vieles mehr. Ja und jetzt kommt unser dottore daher und sagt frech, daß unsere ganze armselige Existenz viel belangloser ist, als wir es immer wahr haben wollen. Kein Wunder, daß sich Widerspruch regt, auch wenn er Recht hat.
Niemand hat uns gefragt, ob, wann und als wer wir in diese Welt kommen wollten. Das wurde uns vorgegeben, ohne daß wir uns dagegen wehren konnten. Auch die Tatsache unserer irdischen Endlichkeit ist unweigerlich vorgegeben. Egal, ob man an ein ewiges Leben, eine beständige Wiedergeburt oder gar nichts von beiden glaubt, die zeitliche Begrenzung unserer augenblicklichen physischen und psychischen Existenz ist nicht zu bestreiten. Das ist für viele schon bitter genug. Wenn dann auch noch die Vorstellung vom Schlaraffenland oder einer besseren Zukunft (wenn wir alle an der Börse steinreich geworden sind, gehen wir kollektiv in Rente und leben von unseren Spekulationsgewinnen) entzaubert wird, bekommt die Welt eine geradezu zynische Komponente: wir plagen uns heute stundenlang nur um unser Überleben zu sichern und morgen geht der ganze Zirkus wieder von vorne los, weil der Magen knurrt, und am Ende nach 60, 80 oder von mir aus 120 Jahren war alle Mühe eh um sonst.
Ziemlich zynisch und sinnlos das ganze - zumindest auf den ersten Blick. Also müssen sinnstiftende Lösungen her und die fallen von Mensch zu Mensch höchst individuell und verschieden aus. Der eine strebt nach Macht, ein anderer nach Reichtum, ein dritter nach geschichtlicher Bedeutung, ein vierter engagiert sich sozial. Die Reihe läßt sich beliebig fortsetzen und man kann stundenlang darüber streiten welche der verschiedenen Alternativen die"in sich bessere" sei. Gemeinsam ist allen Antworten ihr Schweigen in der Stunde des eigenen Todes. Ob einsamer Suizid oder friedliches Entschlafen im Freundeskreis, der Sterbende bleibt zurück, die Lebenden gehen ihren Weg weiter.
Unsere westliche"keep your options open and have fun"-Kultur vermag solche Gedanken kaum auszuhalten. Also wird mit viel Lärm um nichts (Geld, Wohlstand, Macht, Big Brother etc.) gegengehalten. Heraus kommt die Welt, wie wir sie kennen und lieb gewonnen haben: nackt geborene Habenichtse aus den führenden"Kultur"nationen der Welt kämpfen global mit lauteren und manchmal unlauteren Mitteln um jenen Platz an der Sonne, den sie in absehbarer Zeit sowieso wieder räumen müssen, und reagieren betroffen, wenn einer von ihnen mal den Mut hat, seine Angst in diesem permanenten Wettlauf zu unterliegen, auszusprechen.
Es ist das Ver-dienst der Theorie des Debitionismus, jeden Menschen, der bereit ist, ernsthaft darüber nachzudenken, früher oder später an genau diesen Punkt seiner eigenen Existenz zu führen. Verdienst hat wie das Wort schon sagt, etwas mit dienen zu tun und das ist bekanntlich Aufgabe der Mohren und wenn die ihre Schuldigkeit getan haben, können sie gehen. War immer so und wird vermutlich immer so bleiben. Undank ist der Welten Lohn. Schade für den dottore, aber in der breiten Masse wird er mit seinen Gedanken stets nur Ablehnung - wenn nicht sogar Haß als Reaktion erfahren.
Der moderne Zeitgenosse pflegt sich seines existenziellen Grundproblems mittels"spin off" zu entledigen. Er sagt:"Für Sinn und solche Fragen bin ich persönlich nicht zuständig, wozu haben wir denn die Religionen, die Astrologie, die Medien und den Staat. Die sollen mal was tun für ihr Geld. Ich selber bin viel zu beschäftigt um mich mit solchen Nebensächlichkeiten aufhalten zu können." Und nun kommt der dottore via Debitionismus daher und antwortet schlicht:"Du mußt aber!"? Das kann nicht gut gehen.
Schönen Gruß an alle!
Simplici
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Josef
27.02.2001, 21:35
@ Simplici
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Re: @Simplici: Du machst es dir zu einfach. |
grosses SCHNIPFEL >>>>>>>>>>>???????<<<<<<<
Debitismus als Ersatz fuer Gedanken ueber das Leben?
Es gibt mehr Leute als du denkst, die ueber das nachdenken, was du
ansprichst. Leider beschaeftigt sich die Mehrheit dieser Menschen
wiederum nicht mit wirtschaftlichen Dingen und so laufen dann diese
beiden Gruppen aneinander vorbei ohne jeweils die Denkweise der
anderen Gruppe zu kennen.
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nereus
27.02.2001, 21:37
@ Simplici
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Re: Debitismus - und die Sinnfrage |
Hallo simplici und auch die anderen!
Du schreibst: Das unangenehme am Debitionismus ist, er enttarnt unsere Träume von der Welt wie sie sein könnte als das, was sie sind: Träume.
... Ja und jetzt kommt unser dottore daher und sagt frech, daß unsere ganze armselige Existenz viel belangloser ist, als wir es immer wahr haben wollen.
Kein Wunder, daß sich Widerspruch regt, auch wenn er Recht hat.
Perfekt geschildert, genauso ist es auch. Er zerstört in seiner sehr direkten Art eine ganze Menge Illusionen.
Rumpelstilzchen fragt ob man das alles unbedingt als Last empfinden muß.
Nein, das muß man ganz sicher nicht. Ich sehe diesen Leistungszwang gar nicht so dramatisch. Manchmal kann Arbeit ja sogar Spaß machen.
Mir ging es auch nicht darum ab jetzt mit hängender Zunge und Griesgramblick durch's Leben zu marschieren.
Auch die Tatsache unserer irdischen Endlichkeit ist unweigerlich vorgegeben. Egal, ob man an ein ewiges Leben, eine beständige Wiedergeburt oder gar nichts von beiden glaubt, die zeitliche Begrenzung unserer augenblicklichen physischen und psychischen Existenz ist nicht zu bestreiten. Das ist für viele schon bitter genug.
Wem sagst Du das? Das habe ich bis heute nicht gerafft, obwohl ich hin und wieder mal mit diesem Thema auseinandersetze. Eine Restfurcht bleibt immer.
Ich versuch's dann mit Verdrängung und bin bisher ganz gut damit gefahren.
Ziemlich zynisch und sinnlos das ganze - zumindest auf den ersten Blick.
Also müssen sinnstiftende Lösungen her und die fallen von Mensch zu Mensch höchst individuell und verschieden aus.
Ja, der Sinn ist wichtig.
Ich wurde in der Schule mal gefragt welchen Sinn das Leben hat.
Darauf antwortete ich: Das Leben hat keinen Sinn. Wenn wir alle nicht da wären wäre es auch egal.
Die Lehrerin machte große Augen.
Dann fügte ich schnell hinzu. Jeder muß seinem Leben einen Sinn geben.
Da hatte ich gerade noch die Kurve gekriegt.
Ich sehe es eigentlich heute noch so.
Danke für Deine Zeilen.
mfG
nereus
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André
27.02.2001, 21:45
@ dottore
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Re: Plädoyer für den Debitismus - ich kann nicht anders. Ich auch nicht! |
Vielen Dank für alle Eure guten Beiträge, die allesamt von einer real erfahrenen Lebensaufgabe sprechen, in welcher einjeder auf seine Weise mitten drin steckt.
Zu den begrifflichen Auseinandersetzungen von Opdie, Reinhard und dottore ist mir (wiewohl u.a. VWL, BWL und Finanzwissenschaft studiert)zuerst nur eine Parabel eingefallen, die ich versuche, mit eigenen Worten wiederzugeben:
Was ist Wahrheit?
Seht diesen Kristall, der eine von Euch sieht diese, der andere jene, ein Dritter wieder eine andere Seite und jeder von Euch meint, die Seite, die er sehe, sei die wahre Seite und er kämpft darum, daß andere die Wahrheit so sehen, wie er sie sieht. Selbst wenn einige mehrere Seiten des Kristalls sehen sollten und erkennen daß er in mehreren Farben glitzert, so ist dies doch nicht die volle Wahrheit. Deshalb trachtet erst nach jener - wie alle Farben sich im weißen Lichte vereinen - und bekehrt nicht Eure Nächsten zu Eurer begrenzten Einsicht der Dinge. (Frei aus dem Gedächtnis zitiertes Christuswort aus den Apokryphen).
Also ich fühle mich da auch nicht ausgenommen und suche noch immer nach der Erfüllung der Aufgabe, die uns mit dem Menschsein in die Wiege gelegt wurde.
Das Ansammeln von Vermögen ist gewiß nicht das Ziel, auch wenn bei spielerischer Veranlagung das bis zu einem gewissen Grad dazugehören mag.
Die wesentlichen Lebensfragen werden dadurch jedoch nicht gelöst, auch nicht wenn man über Philosophien oder Religion hört, liest oder spricht, wenngleich dies zuweilen hilfreich sein kann. Sondern es muß halt alle Erkenntnis im täglichen Leben umgesetzt werden, d.h. unser Wollen, Denken, Fühlen und Handeln sollte im Wesentlichen zu einer Einheit werden. Und das ist ja bekanntlich sicher nicht ganz einfach.
Es freut mich sehr (wie beim Forum) so viele ernsthafte Menschen kennengelert zu haben, die trotz allem die Fähigkeit behalten oder erworben haben, über sich selbst zu lächeln.
Nochmals Danke, besonders an den philosophischen d.
André
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boso
28.02.2001, 00:33
@ nereus
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Plädoyer GEGEN den Debitismus als allumfassende Erklärung des Wirtschaftens |
>Hallo Oldy, Reinhard, dottore und die es noch interessiert!
>Ich habe mal vorsichtig versucht alle dargelegten Argumente, der Gelddiskussion der letzten Tage, gegeneinander abzuwiegen.
>Da ich weder BWL studiert habe, noch Bankkaufmann von Beruf bin bleibt mir nur noch mein Verstand und etwas Logik um die Dinge zu durchschauen oder es vielleicht auch nicht zu blicken.
>In jeder hier vorgebrachten Äußerung steckt eine Menge Wahrheit und der Anspruch die Wirtschaft bzw. das Geld von allen Seiten zu betrachten.
>Aber letztendlich können und müssen sich alle theoretischen Diskussionen auch einem Praxistest unterziehen.
Gerade deshalb verstehe ich nicht, dass Du den Debitismus auf den Schild hebst. Ich war lange Jahre Anhänger der Debitismustheorie des verehrten Dottore, weil der Debitismus einleuchtend war, obgleich ich zugestehe, das ich allzu grosszügig kleinere Widersprüche toleriert habe, die in seinen Büchern immer wieder aufgetaucht sind. So sprach er einmal (für mich sehr überzeugend auch heute noch!) davon, dass der Kapitalismus ein System sei, das funktioniert(-dank Debitismus!). Dann wiederum sprach er davon, dass jedes (Schneeball)System, das mit Zins und Zinseszins funktioniert irgenwann zusammenklappen muß, weil nicht"unendlich weiter aufgeschuldet" werden kann (Übrigens sprach er NICHT IMMER NUR VOM STAAT als demjenigen, der am endgültigen Zusammenbruch verantwortlich sei- das macht er JETZT - nach weiterer Verfeinerung seiner Theorie (und das sei ihm auch zugestanden). Aber was mich jetzt (zuletzt Krisenschaukel!) an seiner Theorie stört, ist die EINSEITIGKEIT, mit der nur noch der SELIGMACHENDE (!!) Schuldendruck von ihm propagiert wird (ENTEIGNET ALLES NICHTVERSCHULDTETE EIGENTUM- war SEINE Parole!!)- Das ist mit Verlaub gesagt- nicht die meine!
Er hat die Gelddefinition von Heinson übernommen- und die ist mir nicht nur zu formal. Sie wird für meine Begriffe auch nicht der ganzen Wirklichkeit gerecht.
Das Warengeld Gold, das Grundlage für die einzige ehrliche Buchführung einer LEISTUNGSGESELLSCHAFT ist (S.Goldstandard), wird nach ihm und Heinson als Geld"negiert"(Nur noch Kreditgeld ist nach ihrer DEFINITION ausschließlich Geld), weil wir ja alle die unendliche debitistische Spirale (sprich Drehwurm) im Kopf haben (sollen).
Ich meine, wie R.Deutsch, dass Kreditgeld und der debitistische Prozeß wichtig sind zur Erklärung unseres Systems, aber sie erklären nur die eine Hälfte der Wirklichkeit. Wer nicht nur mit (privaten oder staatlichen) Zahlungsversprechungen in der Zukunt abgespeist werden will, muß zu einem Geldsystem zurück, das so wenig wie nur möglich durch"menschliche" Manipulation verkorkstb werden kann. Das ist und bleibt erst mal der Goldstandard! Nur Edeletalle stellen (von mir aus nach einer Vorgeschichte mit debitistischer Vorfinanzierung, -manchmal aber auch durch Raub vor Jahrhunderten oder Drüberstolpern in der Wüste -) eine universell anerkannte Wertgrundlage dar, die spätestens dann wieder zum Vorschein kommt, wenn der Abgang durch das Abregnen von Staatskonfettis allen bewußt wird.-
Gerade wenn ich lese, wie existentielle Sorgen Dich und auch dottore belasten, frage ich mich, wieso soll dann der Schuldendruck denn so was anstrebenswertes sein? Werdet Ihr besser, wenn ihr Sorgen habt? (Natürlich kann es mal sein, dass man in der Krise über sich hinaus wächst, aber das gibt es doch auch bei positivem Ansporn!) Wollen wir eine Gesellschaft, wo nur die Peitsche (Debitismus)zählt? Oder gibt es vielleicht eine Gesellschaftsform, wo man den Lohn und den Wert seiner getanen Arbeit auch mal"geniessen" darf, weil es Geld(werte) gibt, was nicht mehr (staats)manipuliert ist.
Glaub mir, ich sympathisiere mit euch beiden- mit Dir und mit dottore, dessen besonderer Fan ich bereits seit Jahren bin. Ich verstehe auch, dass man in einer besonders kritischen existentiellen Situation, besonders geneigt ist, den"Schuldendruck" oder die"Urschuld" an sich selbst"wiederzuerkennen". Dennoch teile ich diese Sichtweise nicht,denn sie verkannt die andere Hälfte der Realität: in einer fairen Gesellschaft müßte es doch auch möglich sein"vorzuarbeiten"- sozusagen Leistung zu akkumulieren.- Nur in einem Fiat money system mit fast ausschließlichem Kreditgeld läuft Enteignung auf allen Ebenen. Daraus zu schliessen, dass man noch mehr Schuldendruck erzeugen müsste(s.o.), halte ich für inhuman, für schlichtweg unrealistisch!
>Insgeheim wünschen können wir uns eine ganze Menge. Ob sich dann die Wünsche auch realisieren lassen steht auf einem anderen Blatt.
Das stimmt. Allerdings, wenn Euch eine Geldform bereits"undenkbar" erscheint, die den Debitismus ergänzt, besser abmildert, dann lebt ihr in einer schlimmeren Welt als ihr müsstet.
>Ich denke allen Vorstellungen von einer Menschheit, die nur durch massiven operativen Gehirneingriff von ihren"schlechten" Seiten befreit werden können, erteilt man von an Anfang an eine Abfuhr.
>Kann mich noch gut daran erinnern wie in quälenden nächtlichen Diskussionen darüber nachgehirnt wurde warum manche Theorie so prächtig erscheint, aber die Praxis dann so miserabel ausfällt.
>Siehe Sozialismus/Kommunismus oder eine DDR ohne Einheitspartei aber trotzdem mit Volkseigentum.
>Endresultat war dann zumeist - die Menschen müssen sich ändern.
Das Gleiche gilt doch auch für den Radikaldebitismus! (Motto: Enteignet nichtverschuldetes Eigentum)
>Nun muß ich, mit meinen vierzig Jahren, aber leider feststellen die Menschheit ändert sich nicht.
So ist es!
>Sie bleibt wie sie ist, und soo schlecht ist sie eigentlich auch nicht.
Stimmt!
>Wenn wir uns jetzt z.B. darüber aufregen, daß im Mittelalter Tausende einer Hinrichtung beiwohnten, frage ich mich ob nicht heute ebenfalls die gleichen Menschenmengen (das sind diesmal wirklich Mengen) erscheinen würden um dem grausigen Vorgang live zu verfolgen. Ich möchte hier nur mal an die allseits beliebten Gafferstaus erinnern. Hier ist wunderbar das durchaus vorhandene Mitleid mit den Unfallopfern, aber auch die
>nun offen zur Schau gestellte Sensationslüsternheit zu sehen.
Die ganzen (blutdrünstigen) Krimis und Actionfilme sind doch nur"moderner circus maximus". Wir schauen Sie ja nicht, weil wir wissen wie gut die Computeranimationen sind, sondern, weil das so schön echt aussieht.
>Und so ist es fast überall. Trotz technischen Fortschritts hat sich hinsichtlich moralischer Fragen nur wenig geändert. Die Philosophen im alten Griechenland mokierten sich fast mit den gleichen Argumenten über die Jugend, wie die Alten es heute wieder tun.
>Warum dieser Umweg bei einer Gelddiskussion?
>Klipp und klar, wir müssen die Leute/die Gesellschaft nehmen wie sie sind/ist und nicht wie man sie vielleicht gerne hätte.
Seh ich anders: man kann sich in einer freien Gesellschaft auch für seine Ideen engagieren!
>Und meine geringe Lebenserfahrung sagt mir schlicht und einfach - ein bißchen Druck muß sein.
Wieviel ist ein"bisschen"? - Und ab wann wird es"ein bisschen zu viel"?
Warum? Damit gearbeitet wird? Damit wir Demut spüren?Damit wir nicht übermütig werden? Und warum bitte sehnen wir uns nach Urlaub? Nichtstun? Paradies? Selle baumeln lassen? FREIHEIT?
>Sonst wird es nichts.
>Da schrieb Dimi z.B.
> Spezialisierung gibt es aus Gründen der Tradition, der unterschiedlichen Beschaffenheit eines Gebiets, aus individueller Unterschiedlichkeit usw..
>Der Nutzen von Spezialisierung und Tausch in solchen Gesellschaften ist z.B.
>- Höhere Vielfalt (z.B. größerer Speisezettel)
>- Insgesamt mehr Produkte, da spezialisierte Tätigkeit effizienter
>- Soziale Kontakte, Feste, Frieden zum Nachbardorf
>- Optionen für Notfall (Landbewohner können bei Mißernte ins Fischerdorf usw.)
>Oldy schrieb: Der Motor in meinem System und auch bei Reinhard ist der, daß in einer arbeitsteiligen Marktwirtschaft jeder Waren produziert, die er eigentlich selber nicht braucht. Wenn er sie verkaufen will, zwingt ihn die Konkurrenz dazu, daß er brauchbare und preisgünstige Ware erzeugen muß.
>und dann noch: Die Debististen machen daraus eine Konstruktion Urschuld genannt.
Das Letzte ist für mich nicht nachzuvollziehen!
So habe ich R.Deutsch auch nicht verstanden!
>Lieber Dimi! Es mag schon sein das Spezialisierung sich aus vielen individuellen Unterschieden herleiten läßt.
>Es ist sogar ganz sicher so.
>Aber wische doch mal alle Vielfalt, sozialen Kontakte und Produktauswahl beiseite. Was bleibt denn dann noch übrig? Wer schützt uns denn vor'm Verhungern und Verdursten wenn nicht irgend jemand sich unserer erbarmt.
Wir leben doch nicht von Almosen! Sondern von der Effizienz einer arbeitsteiligen Gesellschaft, die nur mit funktionsfähigem (d.h.ECHTEN!) Geld funktionieren kann. Wenn es das nicht mehr gibt, gibts noch nicht mal mehr Almosen!
>Warum springt der Spezialist in die Marktlücke? Weil ihm die Thematik vielleicht auf den Leib geschneidert ist, das kann schon sein, aber vor allem weil er Geld verdienen will. Nicht nur will, er muß es sogar.
Klar solange es kein Paradies gibt muss das so sein.
>Wenn alle am Hungertuch nagen ist es mit den sozialen Kontakten eh nicht mehr weit her.
Im Gegenteil: es kommt zu"intensiven sozialen Kontakten", z.B. zu Zusammenrottungen: der Mob guillotiniert auch schon mal dann den ein oder anderen"Privilegierten"
>Dann werden wieder die Messer gewetzt.
Aber immer nur in"intensivem sozialen Kontakt"
>Dottores immerwährender Bezug auf die Geschichte ist absolut einzusehen. Auch wenn man nicht alle Tontäfelchen und Schriftrollen eigenhändig nachprüfen möchte.
>Wir reden ja hier von einer Gesellschaft mit Millionen von Mitgliedern und nicht von umherziehenden Stammeshorden der Urzeit.
Kein Widerspruch: S. die roten Garden in der sog."Kulturrevolution". Wie man jetzt im Nachhinein erfährt, herrschte damals sogar in einigen Landstrichen Chinas Kannibalismus!
>Es ist nicht so wichtig wie es vielleicht sein könnte, sondern wie es vielleicht schon mal war.
>Oldy, Du schreibst der Motor ist die Produktion von Waren die man selbst nicht benötigt, aber zum Kauf anbietet. Aber warum bietet man denn diese Güter dann zum Kauf an. Doch nicht nur um einen guten Eindruck zu machen? Und die lästige Konkurrenz produziert auch noch Güter. Warum machen die denn das?
Die haben halt die Illusion,"Werte zu schaffen",oder"für später2, oder"für die Kinder" etc.pp.
>Sicherlich möchte man sein eigener Herr sein, man will sein Schicksal selbst bestimmen und möchte etwas auf den Weg bringen. Aber das kann man auch in den Urwäldern Sibiriens, der Wüste Gobi oder dem afrikanischen Dschungel, natürlich nur nach dem Selbstversorgerprinzip.
Aber sicher nicht so effektiv wie in einer arbeitsteiligen Gesellschaft.
>Aber in unseren Gefilden kann man sich eben nicht mehr so ganz ausklinken.
>Wenn wir alle guten Wünsche, Selbstverwirklichungen und guten Nachbarschaftsverhältnisse mal beiseite schieben. Was bleibt denn dann noch übrig? Wer schützt uns denn vor'm Verhungern und Verdursten wenn nicht irgend jemand sich unserer erbarmt.
Dazu s.oben. Übrigens erinnert mich das irgendwie an die vielen Mönche im Mittelalter, die plötzlich"Buße tun" mussten (sich geißeln und so- und am Schluß- ab ins Kloster! Tja heute gibts immer weniger Mönche, aber Aussteiger gibt es: manche gehen nach Kanada - in die Wildnis! Sind in der regel nette Leute.
>Habe ich gerade schon mal geschrieben, ich weiß.
>Aber reißt doch den vielschichtigen Vorhang endlich mal zur Seite. Macht es doch mal wie der Pathologe oder Chirurg, bis das Gerippe zum Vorschein kommt.
>Warum wirtschaften Menschen? Nicht weil es so viel Spaß macht oder weil wir anderen eine Freude machen wollen. Wir müssen es tun, weil wir sonst keine Überlebenschance haben.
Das ist ein (sicher wichtiger) Teil)- weil wir nicht im Paradies leben.Aber bei der heutigen Arbeitsteilung kann man mehr erwirtschaften als das unbedingte Lebensminimum- und die meisten (bis auf die wenigen Mönche, bzw. Austeiger) wollen auch mehr.
>Und wenn wir es nicht selbst tun, muß diese Last ein anderer tragen.
Und der um so mehr. Deshalb: jeder trage bitte so gut er kann, seine eigene Last
>Ob man es Urschuld nennt oder wie auch immer. Dieses Etwas ist aber da, ob uns das nun paßt oder nicht.
>Das ist der wirkliche Motor. Wir müssen Benzin in den Tank schütten. Nicht wenn wir es gerne möchten, sondern wenn das Fahrzeug oder die Maschine es will
>Es wird gewirtschaftet weil der Mensch Bedürfnisse hat, so steht es in den Lehrbüchern.
>Ja ja, wenn ich ein dringendes Bedürfniss habe muß ich eben mal um's Eck gehen und wenn ich das Bedürfnis nicht rechtzeitig befriedigt habe, dann scheiße ich eben in die Hose.
>Je mehr hier um den Debitismus diskutiert wird, desto mehr keimt in mir der Verdacht auf, daß er wohl das beste Verständnis für die Wirtschaft liefert. Trotz aller bitterer Wahrheiten mit Untergang, Krisen und Sachzwängen.
>Nein, nicht trotz sonder gerade wegen. Gute Medizin schmeckt eben manchmal auch bitter.
>Und zu guter Letzt vielleicht noch das. Ich habe weder die Krisenschaukel geschenkt bekommen, mir auch kein Abo bezahlen lassen und mir wird auch keine Zentimeterscheibe vom Russenriegel abgesägt.
Tja selbt ist der Mann!- es gibt kein Freibier!
Abder das weiss man doch auch ohne Debitismus!!
>Ich habe nur meine Sinne gebraucht und das ist das Ergebnis.
>mfG
>nereus
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dottore
28.02.2001, 10:07
@ boso
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Re: Plädoyer GEGEN den Debitismus. Okay! Und Anmerkungen dazu: |
Hi boso -
nur kurz zu einigen Absätzen:
>Gerade deshalb verstehe ich nicht, dass Du den Debitismus auf den Schild hebst. Ich war lange Jahre Anhänger der Debitismustheorie des verehrten Dottore, weil der Debitismus einleuchtend war, obgleich ich zugestehe, das ich allzu grosszügig kleinere Widersprüche toleriert habe, die in seinen Büchern immer wieder aufgetaucht sind. So sprach er einmal (für mich sehr überzeugend auch heute noch!) davon, dass der Kapitalismus ein System sei, das funktioniert(-dank Debitismus!).
Der funktioniert immer, aber eben unter Druck (siehe Sozialismus: kein Privateigentum, keine Schulden, kein Druck, das hat de Soto, hier schon erwähnt, bestens dargestellt).
>Dann wiederum sprach er davon, dass jedes (Schneeball)System, das mit Zins und Zinseszins funktioniert irgenwann zusammenklappen muß, weil nicht"unendlich weiter aufgeschuldet" werden kann (Übrigens sprach er NICHT IMMER NUR VOM STAAT als demjenigen, der am endgültigen Zusammenbruch verantwortlich sei- das macht er JETZT - nach weiterer Verfeinerung seiner Theorie (und das sei ihm auch zugestanden).
Da muss ich mich falsch ausgedrückt haben. Es geht immer nur um einen aufschuldenden Schuldner, der der Schurke im Spiel ist. Die anderen müssen ihre Schulden durch Leistung (= BIP) abarbeiten und dann funktioniert das Ganze.
>Aber was mich jetzt (zuletzt Krisenschaukel!) an seiner Theorie stört, ist die EINSEITIGKEIT, mit der nur noch der SELIGMACHENDE (!!) Schuldendruck von ihm propagiert wird (ENTEIGNET ALLES NICHTVERSCHULDTETE EIGENTUM- war SEINE Parole!!)- Das ist mit Verlaub gesagt- nicht die meine!
Es ging mir nicht um Enteignung - sondern um die Maximierung von Privateigentum, das letztlich als Basis allen Kredits dient. Das habe ich in Ochsenfurt auch noch ein mal klar und deutlich gesagt: Wir leben (vermutlich) in einer Zeitenwende, weil das beleihungsfähig Privateigentum schnell zusammenschnurrt (Aktienkurse runter,"geistiges" Eigentum, vgl. Napster, Gnutella, Mojonation, das verdampft, allgemeine Verhinderung der Bildung von Eigentum, z.G. im Steuerrech, siehe Halbteilungsgrundsatz des BGH, die andere Hälfte verbrettert der Staat und aus Staatskonsum wird eben kein Eigentum, es gibt jede Menge Probleme bei der Bildung von Eigentum via AGs, Stichwort IPO-Probleme, die Bonds (auch beleihungsfähig) kriegen Bonitätsprobleme, siehe TK-Sektor, usw.).
Und bei abnehmendem (!) Privateigentum (vor allem"Bewertung" runter) fehlt eben das Chassis für den Motor Schuldendruck. Steht der Dow bei 1000 statt 10.000 ist doch wohl klar, das der"wealth effect" via Beleihung der Aktienaktiva zum Kauf von teuren Autos, Häusern, Jachten, Golf Club Memberships, erheblich geringer wird. Und das ist dann der Kern der Krise.
Jede"Krise" ist dadurch definiert, dass nicht mehr genügend Kredite/Schulden gemacht werden bzw. gemacht werden können oder dürfen. Und das heisst Stagnation, Deflation, Depression, Massenbankrotte, weil die vorangegangenen Schuldner nicht mehr ein noch aus wissen.
>Er hat die Gelddefinition von Heinson übernommen- und die ist mir nicht nur zu formal. Sie wird für meine Begriffe auch nicht der ganzen Wirklichkeit gerecht.
>Das Warengeld Gold, das Grundlage für die einzige ehrliche Buchführung einer LEISTUNGSGESELLSCHAFT ist (S.Goldstandard), wird nach ihm und Heinson als Geld"negiert".
Wird von mir in keiner Weise negiert, sondern ich behaupte nur: Es gibt kein Warengeld in einer vorher bestehenden Nicht-Schuldenwirtschaft, denn auch Warengeld ist eine Ware und sie muss produziert und ergo vorfinanziert werden. Wenn Oldy meint, das Geld sei durch zufällig angeschwemmte Nuggets entstanden, dann sind eben nur Nuggets entstanden und die Umformierung von Nuggets in Münzen kostet Zeit und ergo Kredit und ergo Zins.
>(Nur noch Kreditgeld ist nach ihrer DEFINITION ausschließlich Geld), weil wir ja alle die unendliche debitistische Spirale (sprich Drehwurm) im Kopf haben (sollen).
Die ist nun Mal vorhanden. Denn auch Warengeld fällt nicht vom Himmel (in Form von allgemein akzeptierten Zahlungsmitteln), sonder wird produziert. Daher kann es Warengeld immer erst geben, nachdem es Kreditgeld gegeben hat.
Und Kreditgeld basiert auf Kontrakten, ergo Erfüllungsdruck usw.
>Ich meine, wie R.Deutsch, dass Kreditgeld und der debitistische Prozeß wichtig sind zur Erklärung unseres Systems, aber sie erklären nur die eine Hälfte der Wirklichkeit. Wer nicht nur mit (privaten oder staatlichen) Zahlungsversprechungen in der Zukunt abgespeist werden will, muß zu einem Geldsystem zurück, das so wenig wie nur möglich durch"menschliche" Manipulation verkorkstb werden kann. Das ist und bleibt erst mal der Goldstandard!
Niemand plädiert seit Jahren lauter für die Rückkehr zum GS als ich! Allerdings muss er noch vebressert werden, in dem Sinne dass es nicht nur Deckungsgrenzen in dem Sinne gibt, das sie nicht u n t e r schritten werden dürfen, sondern auch, dass sie nicht ü b e r schritten werden dürfen. Das war das Problem nach 1918, wo die Amis alles Gold an sich zogen und nicht die Geld"menge" entsprechend ausgeweitet haben, so dass das Gold wieder in die anderen Länder zurückfließen konnte (Goldmechanismus also kaputt).
Das hat die große Krise der 1930 in Wahrheit ausgelöst. Amerika war der Schurke, nicht das Gold!
>Nur Edeletalle stellen (von mir aus nach einer Vorgeschichte mit debitistischer Vorfinanzierung, -manchmal aber auch durch Raub vor Jahrhunderten oder Drüberstolpern in der Wüste -) eine universell anerkannte Wertgrundlage dar, die spätestens dann wieder zum Vorschein kommt, wenn der Abgang durch das Abregnen von Staatskonfettis allen bewußt wird.-
Kommt wieder keine Bange - und bis dahin gute Grüße
von d.
P.S.:
>Gerade wenn ich lese, wie existentielle Sorgen Dich und auch dottore belasten, frage ich mich, wieso soll dann der Schuldendruck denn so was anstrebenswertes sein? Werdet Ihr besser, wenn ihr Sorgen habt?
Oh ja, wir werden besser, weil wir noch mehr leisten müssen oder zu leisten versuchen. Das ist eben der Gag des Ganzen.
>(Natürlich kann es mal sein, dass man in der Krise über sich hinaus wächst, aber das gibt es doch auch bei positivem Ansporn!) Wollen wir eine Gesellschaft, wo nur die Peitsche (Debitismus)zählt?
Ob wir die wollen oder nicht, wir stecken da nun Mal drin.
>Glaub mir, ich sympathisiere mit euch beiden- mit Dir und mit dottore, dessen besonderer Fan ich bereits seit Jahren bin. Ich verstehe auch, dass man in einer besonders kritischen existentiellen Situation, besonders geneigt ist, den"Schuldendruck" oder die"Urschuld" an sich selbst"wiederzuerkennen". Dennoch teile ich diese Sichtweise nicht,denn sie verkannt die andere Hälfte der Realität: in einer fairen Gesellschaft müßte es doch auch möglich sein"vorzuarbeiten"- sozusagen Leistung zu akkumulieren.-
Was meinst Du wohl, was ich akkumuliert habe! Und obendrein natürlich schuldenfrei. Dennoch bleibt das mulmige Gefühl - es reicht nicht. Das hatte ich bisher nur bei den Mega-Reichen erlebt, und als mir FK Flick Mal gesagt hatte, er habe Angst"als armer Mann zu sterben", musste ich lachen.
Jetzt verstehe ich ihn.
>Nur in einem Fiat money system mit fast ausschließlichem Kreditgeld läuft Enteignung auf allen Ebenen. Daraus zu schliessen, dass man noch mehr Schuldendruck erzeugen müsste(s.o.), halte ich für inhuman, für schlichtweg unrealistisch!
Ist nicht inhuman als solches, sondern versucht nur das Inhumane auf mehr Schultern zu verteilen.
>>Und meine geringe Lebenserfahrung sagt mir schlicht und einfach - ein bißchen Druck muß sein.
>Wieviel ist ein"bisschen"? - Und ab wann wird es"ein bisschen zu viel"?
Es ist immer Druck, und es gibt beneidenswerte Naturen, die ihn weniger spüren oder überhaupt nicht. Dazu gehöre ich nun Mal leider nicht.
>Warum? Damit gearbeitet wird? Damit wir Demut spüren?Damit wir nicht übermütig werden? Und warum bitte sehnen wir uns nach Urlaub? Nichtstun? Paradies? Selle baumeln lassen? FREIHEIT?
Freiheit, sagen die Marxisten so schön, ist Einsicht in die Notwendigkeit. Und da haben sie nun Mal Recht. Und wenn es einen Anti-Marxisten gibt, dann: MICH!
>Wir leben doch nicht von Almosen! Sondern von der Effizienz einer arbeitsteiligen Gesellschaft, die nur mit funktionsfähigem (d.h.ECHTEN!) Geld funktionieren kann. Wenn es das nicht mehr gibt, gibts noch nicht mal mehr Almosen!
Das echte Geld ist vom echten, also vollstreckbaren Schuldtitel nicht zu trennen.
>Die haben halt die Illusion,"Werte zu schaffen",oder"für später2, oder"für die Kinder" etc.pp.
Warte nur, bis Du an den Punkt kommst, wo Du zwar"Werte" geschaffen hast, aber eben n i c h t weißt, ob sie"für später" oder"für die Kinder" reichen. Zumal in Zeiten einer möglicherweise heraufziehenden Mega-Krise.
>Das ist ein (sicher wichtiger) Teil)- weil wir nicht im Paradies leben.Aber bei der heutigen Arbeitsteilung kann man mehr erwirtschaften als das unbedingte Lebensminimum- und die meisten (bis auf die wenigen Mönche, bzw. Austeiger) wollen auch mehr.
Was wir mehr erwirtschaften, investieren wir oder legen es an. Und damit sind auf der anderen Seite eben die Leute am Werk, die ihrerseits (!!!) unter Druck stehen.
>Tja selbt ist der Mann!- es gibt kein Freibier!
>Abder das weiss man doch auch ohne Debitismus!!
Weiß man's wirklich? Aber es ist ein Unterschied ob man's weiß - oder ob man's spürt! Der Übergang dahin, ist eben nicht so einfach, wie man sich das von hoher Warte aus vorgestellt hatte.
Noch etwas: Alle großen Ã-konomen sind als Hochschullehrer Lebenszeitbeamte. Nun stell die Dir Mal in einer freien Wirtschaft vor, wo sie sich in langen Schlangen anstellen müssten, um bei Firma X oder Y ein Gutachten abzuliefern.
Die würden auf ein Mal eine ganz andere Vorstellung von"Wirtschaft" haben.
Ihre heutige ist falsch!
Nochmals grüßend
d.
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Battleaxe
28.02.2001, 10:24
@ nereus
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Re: Pldoyer GEGEN den Debitismus - ich kann nicht anders |
Hi,
ich kann nur dagegen sein:
Historisch - ist es viel wahrscheinlicher, das das Geld als Tauscherleichterer auf den Markt gekommen ist.
Zuerst waren Ueberschuesse bei den Produzenten (Zuviel Korn, Zuviel Fleisch, Zuviel was weiss ich).
Es gab schon immer Arbeitsteilung in speziellen Bereichen (Magie, Heilkunde, Cheffe).
Diese Leistungen z.B. Heilkunde wurden mit Ueberschuessen der eigenen Produktion bezahlt. Die Heilerin bekam ein Eichhoernchen dafuer, dass das Kind gepflegt wurde - Tauschwirtschaft 1:1! Der Clanchef bekam die Lammkeule dafuer, dass er der Chef war...
Irgendwann wurde die Hordes sesshaft und begann Ackerbau.
Damit musste sie auch automatisch Vorratshaltung beginnen. Es ist viel einfacher etwas von den gefundenen Fruechten aufzuheben um sie im Fruehjahr wieder anzupflanzen.
Hier begann auch die Arbeitsteilung staerker zu werden, einer war geschickter bei der Jagd ein anderer beim Ackerbau, ein dritter bei der Herstellung von Geraeten (z.B. Tontoepfe).
Nehmen wir uns mal den Toepfer vor.
Zuerst war er auch Ackerbauer/Jaeger. Die anderen des Dorfes haben aber schnell festgestellt, dass er die besten Toepfe macht (leichter, schoener, haltbarer).
(Das haben wir auch heute noch - oder kennt ihr keinen der besser tapeziert, bodenlegt, kocht...)
Wenn der Toepfer jetzt Toepfe fuer die anderen macht, so mag das am Anfang gefallenhalber gewesen sein (geht auch heute noch so).
Irgendwann kam aber der Punkt an dem der Toepfer feststellen musste, dass er seinen Lebensunterhalt nicht mehr einbrachte, er hatte einfach zu wenig Zeit zum Ackerbauen/Jagen.
Daher musste er auf Gegenleistungen bestehen (oder hat sie schon freiwillig erhalten - ich moechte diesen schoenen Topf und gebe dir dafuer ein Brot).
Zu irgendeinem Zeitpunkt konnte also er oder seine Nachfahren vom toepfern Leben!
Kein Kredit!! Keine Urschuld!!! Ueberschuss - Der Toepfer machte mehr Toepfe als er brauchte! Der Bauer hatte zuviel Weizen, der Jaeger zuviel Fleisch, beide wollten den Topf, das Werkzeug, Fleisch zum Brot, Brot zum Fleisch, Salz...
Irgenwann kam ein universelles Tauschmittel in Form von glitzernden Steinen, Gold, Silber, Salz, Muscheln... auf den Markt.
Man konnte es gut stueckeln, gut aufbewahren, jeder wollte es (kein Annahemzwang wie heute!).
Trotzdem liefen sehr viele Einkaeufe (oder sollen wir bei Tauschvorgaengen bleiben) direkt ab (Huhn gegen Sense, Weizen gegen Heilung, Brot gegen Fleisch).
Dieses Geld (das universelle Tauschmittel - in welcher Form auch immer) bekam immer groessere Bedeutung je mehr die Gesellschaft arbeitsteilig wurde (Huhn oder Ei - hier eindeutig, die Arbeitsteilung war zuerst, es gab immer Heilerinnen und andere mit herausragenden Faehigkeiten die von der Gruppe durchgefuettert wurden - das ist Arbeitsteilung!).
Der ueberregionale Handel brauchte es auch (er kam zwar ohne aus, es machte die Sache aber einfacher).
Irgendwann hat es auch ein lokaler Fuerst gemerkt und dem Gold sein Bild gegeben -> Muenze.
Ich kann immmer noch keinen Kredit sehen! Keine Urschuld!
Natuerlich kam in allen bisher angesprochenen Gruppen der Kredit zum Einsatz: Die Heilerin wollte Salz fuer ihre Pflege, der Vater des Kindes hatte das nicht, er musste zuerst zum Salzberg gehen (oder jemanden finden, bei dem er Salz eintauschen konnte). Das Salz wurde dann zum naechst moeglichen Zeitpunkt geliefert, das Tauschgut Heilung wurde sofort geliefert -> Kredit!
Der Schmid wollte unbedingt Holz haben, der Bauer hatte keins, musste es sich erst besorgen oder selbst schlagen. Er bekam die Axt aber trotzdem (sonst haette er kein Holz liefern koenenn) -> Kredit!
Jeder der ein Monopol hatte (gab damals auch schon) konnte beliebige Preise fordern und gewaehrte sehr oft Kredit! (s.o.)
Das soll jetzt Urschuld sein???
Nein, auch das Geld von damals war irgendeine Ware (Salz, Gold, Edelsteine) deren Besitz Vorteile hatte, also kein Annahmezwang sondern Annahmewunsch!
Seht ihr bis hier irgendetwas vom Zins?
Wenn die Heilerin fuer die Heilung 1Kg (ich weiss das gabs damals nocht nicht - dann vielleicht 'so gross' (zwischen Daumen und Zeigefinger)) Salz wollte, so konnte der Vater, wenn der Salzberg einen Mond entfert war, nach 2 Monden immer noch mit 1Kg Salz bezahlen, obwohl er 2 Monde Kredit erhalten hat.
Der Baumfaeller bezahlte immer noch mit der gleichen Menge Holz wie beim Aushandeln.
Wieso sollte der Kreditgeber jetzt ploetzlich mehr wollen! Das haette keiner akzeptiert - dann haette er sich etwas anderes als Bezahlung wuenschen muessen.
Kommt ihr, wenn ihr Buecher ueber die Fruehgeschichte lest zu einem anderen Ergebnis?
Kommt ihr beim Nachdenken ueber fruehgeschichtliches Wirtschaften zu einem anderen Ergebnis?
Gruss BA
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dottore
28.02.2001, 10:52
@ Battleaxe
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Re: Frühgeschichtliche Märchenstunde, leider |
Hi BA,
>Historisch - ist es viel wahrscheinlicher, das das Geld als Tauscherleichterer auf den Markt gekommen ist.
Dafür gibt es keinen einzigen Beweis. H&S und andere (mich inklusive) haben die anthropologische Literatur und die Geschichte bestens durchforstet. Und immer daran denken: Geld als Münzen kam z u e r s t in dicken Stücken daher und nicht in kleinen zur"Tauscherleichertung", siehe Literatur in"Krisenschaukel", siehe Ausstellung in O. -
>Zuerst waren Ueberschuesse bei den Produzenten (Zuviel Korn, Zuviel Fleisch, Zuviel was weiss ich).
>Es gab schon immer Arbeitsteilung in speziellen Bereichen (Magie, Heilkunde, Cheffe).
>Diese Leistungen z.B. Heilkunde wurden mit Ueberschuessen der eigenen Produktion bezahlt. Die Heilerin bekam ein Eichhoernchen dafuer, dass das Kind gepflegt wurde - Tauschwirtschaft 1:1! Der Clanchef bekam die Lammkeule dafuer, dass er der Chef war...
Du redest von Stammeswirtschaften. Diese hats gegeben, aber sie haben nichts anderes getan als sich wechselseitig bei der Beseitigung ihrer Urschuld zu helfen. Das ist n i c h t unsere Wirtschaft. Und eine Rückkehr zur Stammesgesellschaft?
Herzlich gern - aber wie?
>Irgendwann wurde die Hordes sesshaft und begann Ackerbau.
Damit entstand Privateigentum an Land, wie noch und noch bewiesen. Es gab nie kollektiven Ackerbau, es gab nur kollektive Weiden und Wälder (sog. Allmende).
>Damit musste sie auch automatisch Vorratshaltung beginnen. Es ist viel einfacher etwas von den gefundenen Fruechten aufzuheben um sie im Fruehjahr wieder anzupflanzen.
>Hier begann auch die Arbeitsteilung staerker zu werden, einer war geschickter bei der Jagd ein anderer beim Ackerbau, ein dritter bei der Herstellung von Geraeten (z.B. Tontoepfe).
Dass die Arbeitstelung existiert hat, bestreitet keiner, aber das, was danach kommt war eine Tausch- alias Kaufwirtschaft (siehe Posting zum Tausch) und damit waren wir mitten drin im Kontraktschulden-Debitismus.
>Irgendwann kam aber der Punkt an dem der Toepfer feststellen musste, dass er seinen Lebensunterhalt nicht mehr einbrachte, er hatte einfach zu wenig Zeit zum Ackerbauen/Jagen.
Ja, das ist der Punkt. Und dann muss er mit anderen verhandeln (= handeln), um da raus zu kommen und es geht los mit der Schuldendruckwirtschaft. Denn er (zu wenig Zeit") steht ja unter Zeit-Druck, wie selbst gesagt.
>Daher musste er auf Gegenleistungen bestehen (oder hat sie schon freiwillig erhalten - ich moechte diesen schoenen Topf und gebe dir dafuer ein Brot).
Freiwillig eben nicht. Oder Du sagst alles ist freiwillig, auch wenn ich einen Hosenknopf bei Karstadt kaufe, gibt ihn mir die Verkäuferin frewillig.
>Zu irgendeinem Zeitpunkt konnte also er oder seine Nachfahren vom toepfern Leben!
Klar, aber nur, wenn andere ihnen die Töpfe abgekauft haben.
>Kein Kredit!! Keine Urschuld!!! Ueberschuss - Der Toepfer machte mehr Toepfe als er brauchte! Der Bauer hatte zuviel Weizen, der Jaeger zuviel Fleisch, beide wollten den Topf, das Werkzeug, Fleisch zum Brot, Brot zum Fleisch, Salz...
Wann hat es wo einen generellen Überschuss gegeben? Das ist nun wirklich ein Märchen. Immer leuchtet über allen der kalte Stern der Knappheit.
>Irgenwann kam ein universelles Tauschmittel in Form von glitzernden Steinen, Gold, Silber, Salz, Muscheln... auf den Markt.
Steine, Muscheln, usw. waren Rechengeld (!!!): sie dokumentierten Schulden / bzw. Guthaben, wie eine Buchhaltung heute. Gold, Silber = Vorfinanzierungsprobleme, denn die wurden nicht am Strand gefunden wie Muscheln.
>Man konnte es gut stueckeln, gut aufbewahren, jeder wollte es (kein Annahemzwang wie heute!).
Wer wollte denn wohl Muscheln, die er selbst am Strand hätte aufsammeln können, als Geld in dem Sinne haben, dass er dafür Waren hergab? Das ist leider Unsinn!
>Trotzdem liefen sehr viele Einkaeufe (oder sollen wir bei Tauschvorgaengen bleiben) direkt ab (Huhn gegen Sense, Weizen gegen Heilung, Brot gegen Fleisch).
>Dieses Geld (das universelle Tauschmittel - in welcher Form auch immer) bekam immer groessere Bedeutung je mehr die Gesellschaft arbeitsteilig wurde (Huhn oder Ei - hier eindeutig, die Arbeitsteilung war zuerst, es gab immer Heilerinnen und andere mit herausragenden Faehigkeiten die von der Gruppe durchgefuettert wurden - das ist Arbeitsteilung!).
Die Arbeitsteilung in der Stammesgesellschaft ist etwas anderes als jene in Kontrakt=Schuldenwirtschaften. Und da sind wir heute drin.
>Der ueberregionale Handel brauchte es auch (er kam zwar ohne aus, es machte die Sache aber einfacher).
Wer hat denn wohl das"überregional" bezahlt? Vorfinanzierung, siehe die Gesellschaften, die sich bildeten, um Schiffe etc. zu finanzieren.
>Irgendwann hat es auch ein lokaler Fuerst gemerkt und dem Gold sein Bild gegeben -> Muenze.
Das war zuerst ein Siegel - wie auf Banknote heute noch - und dann hat er es gleich abgewertet, um seine Schulden leichter abzahlen zu können, siehe Kroisos, siehe Ausstellung. Erst 10, dann 8-Gramm schwer.
>Ich kann immmer noch keinen Kredit sehen! Keine Urschuld!
Tja, schau vielleicht noch Mal ganz genau hin.
>Natuerlich kam in allen bisher angesprochenen Gruppen der Kredit zum Einsatz: Die Heilerin wollte Salz fuer ihre Pflege, der Vater des Kindes hatte das nicht, er musste zuerst zum Salzberg gehen (oder jemanden finden, bei dem er Salz eintauschen konnte). Das Salz wurde dann zum naechst moeglichen Zeitpunkt geliefert, das Tauschgut Heilung wurde sofort geliefert -> Kredit!
>Der Schmid wollte unbedingt Holz haben, der Bauer hatte keins, musste es sich erst besorgen oder selbst schlagen. Er bekam die Axt aber trotzdem (sonst haette er kein Holz liefern koenenn) -> Kredit!
>Jeder der ein Monopol hatte (gab damals auch schon) konnte beliebige Preise fordern und gewaehrte sehr oft Kredit! (s.o.)
Der Kredit ist nur der Trick der arbeitsteiligen Wirtschaft m i t Privateigentum, um von seiner Urschuld runterzukommen (= sich am Leben zu erhalten).
>Das soll jetzt Urschuld sein???
Die gibt's schon seit der Zeit, da Du in der Wiege lagst, frag' Mal Deine Eltern! Oder warum werden denn Kindergeld und -prämien ausgelobt? Doch um das Urschuldproblem der Kinder zu mindern. Es gibt keine"unschuldigen" Babies, siehe"Krisenschaukel" mit Rechenbeispielen.
>Nein, auch das Geld von damals war irgendeine Ware (Salz, Gold, Edelsteine)
Waren sind produziert, ergo vorfinanziert. Schau Mal solche Bergwerke an, Salz, Gold, Edelsteine!
>deren Besitz Vorteile hatte, also kein Annahmezwang sondern Annahmewunsch!
>Seht ihr bis hier irgendetwas vom Zins?
Ist längst überdeutlich zu spüren. Und jedes Bergwerk wurde selbstverständlich als Investition vorfinanziert.
>Wenn die Heilerin fuer die Heilung 1Kg (ich weiss das gabs damals nocht nicht - dann vielleicht 'so gross' (zwischen Daumen und Zeigefinger)) Salz wollte, so konnte der Vater, wenn der Salzberg einen Mond entfert war, nach 2 Monden immer noch mit 1Kg Salz bezahlen, obwohl er 2 Monde Kredit erhalten hat.
>Der Baumfaeller bezahlte immer noch mit der gleichen Menge Holz wie beim Aushandeln.
>Wieso sollte der Kreditgeber jetzt ploetzlich mehr wollen! Das haette keiner akzeptiert - dann haette er sich etwas anderes als Bezahlung wuenschen muessen.
>Kommt ihr, wenn ihr Buecher ueber die Fruehgeschichte lest zu einem anderen Ergebnis?
>Kommt ihr beim Nachdenken ueber fruehgeschichtliches Wirtschaften zu einem anderen Ergebnis?
Diese Bücher spielen Dir eine heile Welt vor, die es n i e gegeben hat, so von wegen, jeder macht a bisserl rum und zwar das was er am besten kann und was ihm ergo am meisten Spaß macht und dann wirds zum Waren-Ringelpietz und alle sind glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind.
Alias: Das ist eine Welt, in der Wünschen noch geholfen hat.
Sie hat es aber in der Vor- und/oder Frühgeschichte n i e gegeben!
Gruß
d.
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Battleaxe
28.02.2001, 10:59
@ dottore
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Re: Pldoyer GEGEN den Debitismus.!!! |
Hi dottore,
>Wird von mir in keiner Weise negiert, sondern ich behaupte nur: Es gibt kein Warengeld in einer vorher bestehenden Nicht-Schuldenwirtschaft, denn auch Warengeld ist eine Ware und sie muss produziert und ergo vorfinanziert werden. Wenn Oldy meint, das Geld sei durch zufällig angeschwemmte Nuggets entstanden, dann sind eben nur Nuggets entstanden und die Umformierung von Nuggets in Münzen kostet Zeit und ergo Kredit und ergo Zins.
Tauschhandel entsteht aus Ueberschuessen und Monopolen keine Vorfinanzierung! Jeder braucht Ueberschuesse fuer den Winter, die Regenzeit, den gebrochenen Daumen.
Mit diesen Ueberschuessen kann ich mir Dinge eintauschen, die ich nicht erzeugen kann (Monopol Heilkunst) aber haben moechte (oder brauche z.B.die Heilkunst).
Hier entsteht auch der Kredit aber ohne Zins.
Der fliegende Haendler bringt Bernstein von der Ostseekueste. Er tauscht ihn ein gegen Naegel und Honig.
Also haben der Zeitler und der Schmied jetzt Bernstein. Der Bernstein wird fuer einige Zeit zum universellen Tauschmittel der Gruppe, so lange bis jeder keinen mehr hergeben will.
Der Bernstein war einige Zeit Geld! Kein Zins in Sicht!!!!!!
Ich habe etas was Du nicht hast. Ich habe Bernstein von der Ostsee, ich weiss dass Du Nagel hast, die koennen die Ostseebewohner brauchen, die haben kein Erz.
Fuer den Bernstein kannst Du jetzt aber auch Brot, Fleisch, Holz tauschen (KAUFEN).
Der Jaeger hat wieder zuviel Bernstein (einen behaelt er) und kauft davon einen Bogen. Der Bogenmacher hat zuviel Bernstein und kauft davon Daerme beim Metger. Der Metzger kauft davon ein Messer beim Schmied
...
Bernstein ist das Geld der Gruppe, bis es zu wenig gibt. Dann kommt der direkte Tausch wieder. Er war nie weg, nur Massemaessig zurueckgedraengt.
Du bist schon zu weit in der Zukunft! Muenzen kommen erst spaeter.
Geld, Kredit, alles frueher - der Zins kommt erst spaeter als jemand das GELD beherrscht und deshalb ZINS verlangt!
>Die ist nun Mal vorhanden. Denn auch Warengeld fällt nicht vom Himmel (in Form von allgemein akzeptierten Zahlungsmitteln), sonder wird produziert. Daher kann es Warengeld immer erst geben, nachdem es Kreditgeld gegeben hat.
Ist der Bernstein kein Warengeld, das Salz, der Edelstein und trotzdem gibt es keinen Kredit dafuer, bzw. wenn doch, dann ohne Zins!
>Das echte Geld ist vom echten, also vollstreckbaren Schuldtitel nicht zu trennen.
Warum nicht!
Das fruehe Geld ist nur abgewogenes Gold. Das Goldgewicht ist der Wert (fuer Kaufmaenner) nur die einfachen Leute nehmen die Muenze nach dem Nennwert.
Wo ist da der Schuldtitel? Das ist GUTHABEN! Wo ist da Schuld?
>Noch etwas: Alle großen Ã-konomen sind als Hochschullehrer Lebenszeitbeamte. Nun stell die Dir Mal in einer freien Wirtschaft vor, wo sie sich in langen Schlangen anstellen müssten, um bei Firma X oder Y ein Gutachten abzuliefern.
>Die würden auf ein Mal eine ganz andere Vorstellung von"Wirtschaft" haben.
>Ihre heutige ist falsch!
>Nochmals grüßend
>d.
Volle Zustimmung!!!!!! Da bin ich ganz auf Deiner Seite.
Gruss BA
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Battleaxe
28.02.2001, 12:16
@ dottore
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Re: Frhgeschichtliche Mrchenstunde, leider |
dottore,
auf ein Neues:)
Lasset und reden und uns des Lebens freuen. (Ich selbst).
>Dafür gibt es keinen einzigen Beweis. H&S und andere (mich inklusive) haben die anthropologische Literatur und die Geschichte bestens durchforstet. Und immer daran denken: Geld als Münzen kam z u e r s t in dicken Stücken daher und nicht in kleinen zur"Tauscherleichertung", siehe Literatur in"Krisenschaukel", siehe Ausstellung in O. -
Wir sollten mal zuerst klaeren was Geld ist - fuer mich ist Geld ein universelles Tauschmittel, nicht die Muenze.
Daher ist Salz, Muscheln, Gold, Bernstein usw. fuer mich auch Geld.
Geld ist das fuer das ich (fast) jede Leistung/Ware bekomme.
Wenn ich fuer X-Gramm Salz einen Hammer, ein Brot, ein Stueck Fleisch... bekomme, so ist das Salz Geld.
>Damit entstand Privateigentum an Land, wie noch und noch bewiesen. Es gab nie kollektiven Ackerbau, es gab nur kollektive Weiden und Wälder (sog. Allmende).
Privat oder gemeinsam ist egal fuer die Betrachtung.
Bei gemeinsam gibt es trotzem Jaeger oder anderer die nicht mit Ackerbauen.
Ich hatte trotzdem an 'privat' gedacht (eine Familie).
>Ja, das ist der Punkt. Und dann muss er mit anderen verhandeln (= handeln), um da raus zu kommen und es geht los mit der Schuldendruckwirtschaft. Denn er (zu wenig Zeit") steht ja unter Zeit-Druck, wie selbst gesagt.
Er hatte zuviel Toepfe! Oder er hatte einen Topf, den er nicht brauchte, sonst haette er ihn nicht verkauft!
Ich kann keine Gueter verkaufen die ich brauch, ich kann nur Ueberschuesse tauschen (verkaufen).
>Freiwillig eben nicht. Oder Du sagst alles ist freiwillig, auch wenn ich einen Hosenknopf bei Karstadt kaufe, gibt ihn mir die Verkäuferin frewillig.
dottore, wenn Du mein Freund bist, dann helfe ich Dir freiwillig beim Umzug, und Du hast keine Verpflichtung mich dafuer zu bezahlen.
Die einzige Verpfichtung besteht in einer gesellschaftlichen, naemlich, dass Du ein Essen fuer alle Helfer schmeisst.
Ich gebe Dir freiwillig von meiner Freizeit (Ueberschuss), Du gibst mir freiwillig von deinem Essen (Ueberschuss).
>Wann hat es wo einen generellen Überschuss gegeben? Das ist nun wirklich ein Märchen. Immer leuchtet über allen der kalte Stern der Knappheit.
Es hat immer Ueberschuss gegeben! Ich kann nur von meinem Ueberschuss abgeben - nicht von meinem Mangel!
Ich brauche Vorraete um ueber den Winter zu kommen, ich lege so viel wie moeglich 'auf Halde'. Wenn der Winter mild war hab ich Ueberschuesse.
Nur wenn ich das Brot nicht zum selbstessen brauche, kann ich es gegen Dein Fleisch, das Du auch nicht brauchst eintauschen.
Ich wuerde nie etwas eintauschen, wenn ich das 'herzugebende' nicht 'frei' habe,
Der Toepfer hat seinen Topf auch nur hergegeben, weil er entweder 2 hatte oder genau wusste, dass ihn der Topf 2 Studen Aufwand kosten wuerde, das Fleisch das er dafuer bekommt aber einen TAG.
Er macht Gewinn! Der andere haette den Topf nicht fuer das Fleisch eingetauscht, wenn er nicht gewusst haette, dass er fuer das Fleisch 1/2 Tag gebraucht hat (1 Tag, aber er tauscht nur die Haelfte) aber fuer den Topf mehrerer Tage brauchen wuerde (er ist nunmal der Jaeger und nicht der geniale Toepfer).
Beide handeln mit Gewinn - sonst wuerden sie's doch nicht machen!
>Steine, Muscheln, usw. waren Rechengeld (!!!): sie dokumentierten Schulden / bzw. Guthaben, wie eine Buchhaltung heute. Gold, Silber = Vorfinanzierungsprobleme, denn die wurden nicht am Strand gefunden wie Muscheln.
Sie koennen kein Rechengeld gewesen sein. Da sie Waren waren, also einen WERT IN SICH trugen.
Wenn ein Ueberschuss an Muscheln bestanden haette, so haette keiner dafuer auch nur ein Huhn bekommen.
>Wer wollte denn wohl Muscheln, die er selbst am Strand hätte aufsammeln können, als Geld in dem Sinne haben, dass er dafür Waren hergab? Das ist leider Unsinn!
Genau, auch nicht als Rechengeld - Sie mussten WERT haben aus ihrer Knappheit.
>Die Arbeitsteilung in der Stammesgesellschaft ist etwas anderes als jene in Kontrakt=Schuldenwirtschaften. Und da sind wir heute drin.
Was ist daran anders???? Nur komplexer - nicht anders!
>Wer hat denn wohl das"überregional" bezahlt? Vorfinanzierung, siehe die Gesellschaften, die sich bildeten, um Schiffe etc. zu finanzieren.
Zuerst Waren mit Waren (Du kannst die Handelsstroeme heute noch an Bernsteinfunden, Keramikfunden usw. ablesen).
Der Kaufmann hat Waren dorthin gebracht wo ein Mangel davon herrschte. Z.B. Bernstein von der Ostsee in die germanischen Waelder. Dort hat er dafuer andere Waren erhalten, die er zurueckschaffte.
Alles zu Fuss, Esel...
Der Handel kam sicher nicht als Fernhandel auf die Welt. Es wurde zuerst auf kurze Entfernungen hin gehandelt, der Fernhandel kam erst spaeter.
Zum Nahhandel braucht es aber kein Muenzgeld!
>Das war zuerst ein Siegel - wie auf Banknote heute noch - und dann hat er es gleich abgewertet, um seine Schulden leichter abzahlen zu können, siehe Kroisos, siehe Ausstellung. Erst 10, dann 8-Gramm schwer.
Abwertung ist eine Erklaerung, wenn aber die Muenzen unter Haendlern nach Gewicht gehandelt wurden, dann ist es keine Abwertung sondern eine neue Stueckelung.
Das Volk konnte er wohl so taeuschen, nicht aber die Haendler. Vielleicht haben ihm die Haendler dazu geraten, sie hatten auch Vorteile, wennn das Volk den 'alten Wert' akzeptierte.
>Die gibt's schon seit der Zeit, da Du in der Wiege lagst, frag' Mal Deine Eltern! Oder warum werden denn Kindergeld und -prämien ausgelobt? Doch um das Urschuldproblem der Kinder zu mindern. Es gibt keine"unschuldigen" Babies, siehe"Krisenschaukel" mit Rechenbeispielen.
Ok, wenn Du die Vorleistung meiner Eltern als Urschuld siehst, dann hast Du recht.
Leider stimmt da etwas nicht. Ich muss diese Schuld nicht abtragen!
Ich muss keine Kinder haben, ich muss meine Eltern nicht im Alter unterstuetzen.
Wenn es nur ein Einseitiges Engagement meiner Eltern ist, dann ist es aber keine Urschuld sondern ein Urgeschenk.
Meine Eltern haben mir alles geschenkt. Ich kann es meinen Kindern schenken oder meine Eltern im Alter unterstuetzen - Ich MUSS nicht - sorry keine Schuld.
Wenn Du das Schuld nennst, hast Du ein Problem mit der deutschen Sprache.
>Waren sind produziert, ergo vorfinanziert. Schau Mal solche Bergwerke an, Salz, Gold, Edelsteine!
>Ist längst überdeutlich zu spüren. Und jedes Bergwerk wurde selbstverständlich als Investition vorfinanziert.
Die ersten Bergwerke waren Loecher im Boden, leicht von jedem zu graben der Zeit UEBRIG hatte.
Die grossen Bergwerke kamen erst spaeter, gebaut von Menschen die Geld uebrig hatten (weil sie 10 Jahre gespart haben).
Oder ueber Generationen hin den Berg ausgehoehlt haben. Ich brauche dafuer keinen Kredit, ich brauche nur Zeit.
Geh mal in Heimatkundemuseum!
>Diese Bücher spielen Dir eine heile Welt vor, die es n i e gegeben hat, so von wegen, jeder macht a bisserl rum und zwar das was er am besten kann und was ihm ergo am meisten Spaß macht und dann wirds zum Waren-Ringelpietz und alle sind glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind.
>Alias: Das ist eine Welt, in der Wünschen noch geholfen hat.
>Sie hat es aber in der Vor- und/oder Frühgeschichte n i e gegeben!
>Gruß
>d.
Der Druck kam von der Umwelt, Baeren, Woelfe, Krankheiten, Feinde....
Dadruch dass jeder das machte, was er am besten konnte wurde die Gruppe 'reicher' und stabiler, besser im Ueberlebenskampf. Hier greift die Evolution, die besser organisierte Gruppe hat der schlechteren gezeigt wo's langieng (z.B. sie zu Sklaven gemacht).
Die Gruppe die erkannt hat, dass einer etwas besser kann (z.B. Toepfern) und ihn von der eigenen Ackerbau freistellte, da sie bei ihm kauften, hatte einen Vorteil.
Je spezialisierter desto mehr Vorteil.
Glaubst Du wirklich, dass es einem genialer Bogenbauer noch gestattet gewesen waere selbst in den Krieg zu ziehen? Die die das erlaubt haben (und er ist gefallen), haben es seinem Sohn nicht mehr erlaubt.
Da Bogenschuetzen einfacher zu trainieren sind als Bogenbauer.
Gruss BA - freu mich schon auf Dein Antwort.
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Dimi
28.02.2001, 13:39
@ dottore
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Zur Geldentstehung War: Plädoyer... |
>Denn auch Warengeld fällt nicht vom Himmel (in Form von allgemein akzeptierten Zahlungsmitteln), sonder wird produziert. Daher kann es Warengeld immer erst geben, nachdem es Kreditgeld gegeben hat.<
Hallo Dottore,
wir sind angekommen. Warengeld fällt nicht vom Himmel. Warengeld besteht immer auch aus einer Ware. Am Beginn des Warengeldentstehungsprozesses ist diese Ware schon vorhanden und auch schon wertvoll, und zwar unabhängig davon, ob damit Güter bezahlt werden.
Die Leute tragen z.B. Schmuck, und z.B. zum Protzen tragen sie u.a. besonders viel (so wie heute einer einen dicken Wagen fährt, wo es auch ein mittlerer täte).
Dieser Schmuck ist keineswegs wertlos, die Muscheln, die man am Strand findet, werden gerade eben nicht getragen, sondern die ganz seltenen, so wie heute einer echte Steine trägt.
Wichtig ist hierbei also, daß diese Ware aus kulturellen, soziologischen, posychologischen usw. Gründen für die Betreffenden sehr wertvoll ist. Ein Federschmuck, der als Brautpreis akzeptiert wird, kann ohne weiteres einer Ansparleistung von mehr als einem Jahrzehnt entsprechen. Das heißt, der arme junge Kerl muß dauernd in den Wald, einen bestimmten Vogel fangen und eine ganz bestimmte Feder rupfen.
Diese Federn werden also im Prinzip genauso erzeugt wie z.B. Schweinefleisch oder Boote oder sonstwas. Zwar gibt es auch in solchen Gesellschaften Kreditbeziehungen, aber der Schmuck wird nicht notwendigerweise vorfinanziert, sondern in Handarbeit gesammelt und erzeugt.
Wir haben also ein wertvolles Gut, das haltbar ist, und das weder zum Leben noch zum Wirtschaften unbedingt benötigt wird, meist Schmuck.
Und natürlich wird dieser Schmuck als Zahlung gerne von Verkäufern angenommen. Der Schmuck hält sich, er ist wertvoll, und der Verkäufer findet sehr wahrscheinlich wieder jemanden, der ihm den Schmuck abnimmt (z.B. ein anderer junger Mann, der besser im Bootefertigen als im Vogelsammeln ist). So ein Schmuckstück ist auch besser als ein kreditartiges Zahlungsversprechen.
Das ist ein Schritt im Entstehungsprozeß nur von Warengeld. Er heißt Tausch.
Merkmale sind also meist
- vorher gegebene Werthaltigkeit (z.B. als Schmuck)
- nicht unbedingt zum Überleben nötig, aber zum sozialen Leben gewollt
- Haltbarkeit
- Hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederveräußerungsmöglichkeit
- klein, wertvoll usw.
Und oft ist es deshalb Schmuck. Und deshalb stehen viele Warengeldarten erkennbar mit Schmuck in Zusammenhang.
Nicht nur weil Gold selten ist, wurde es als Warengeld erwählt, sondern weil es vorher schon als wertvolle Zierde angesehen wurde. Der Wert des Goldes war vorher vorhanden! Auch z.B. bei den Inkas, die Gold nicht als Geld nutzten (soweit mir bekannt), es sehr wohl aber mit großem Aufwand aus dem Boden holten.
Wenn ein bestimmter Gegenstand sich bei zunehmendem Handel als Zahlungsmittel einbürgert, wird er standardisiert usw., bis er uns dann z.B. als Goldmünze entgegentritt.
Als die Tontafeln das Licht Babylons erblickten, gab es schon lange Silber als Bargeld.
Gruß, Dimi
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dottore
07.06.2001, 14:36
@ Dimi
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Auch bei den Inka kamen die Schulden vor der Zahlung: |
>>Denn auch Warengeld fällt nicht vom Himmel (in Form von allgemein akzeptierten Zahlungsmitteln), sonder wird produziert. Daher kann es Warengeld immer erst geben, nachdem es Kreditgeld gegeben hat.<
>Hallo Dottore,
>wir sind angekommen. Warengeld fällt nicht vom Himmel. Warengeld besteht immer auch aus einer Ware. Am Beginn des Warengeldentstehungsprozesses ist diese Ware schon vorhanden und auch schon wertvoll, und zwar unabhängig davon, ob damit Güter bezahlt werden.
Das bestreite ich.
a) historisch: Wie kann eine Ware vor ihrer Produktion vorhanden sein? Noch dazu als"wertvoll"? Die Produktion von Edelmetallwaren ist sehr kompliziert und zeitaufwendig. Edelmetall selbst kommt in der Natur niemals so vor, dass man es gebrauchen könnte. Goldstaub muss geschmolzen werden. Nuggets könnte man sich als Schmuck umhängen, es wurde aber bisher kein antiker Nugget-Schmuck gefunden.
Bei Silber ist es in der Regel noch viel schwieriger (das Saigerverfahren wurde erst eingangs des 15. Jh. erfunden; wer sich Agricolas"De metallis" anschaut, sieht einen Haufen von Abbildungen, die den höchst komplizierten und ergo kostenaufwendigen Prozess der Herstellung der"Ware" Edelmetall zeigen; Agricola rekurriert auf antike Förderformen, ich habe mir das antike Bergwerk in Melle, Poitou angeschaut - es gab offenar so etwas wie im Rammelsberg, Goslar, also Silberförderung durch große Feuer im Bergwerk, um das silberhaltige Gestein zu"brechen").
Um Metall zu schmelzen und es anschließend zu bearbeiten, benötige ich außer den Bergwerken sehr gute Ã-fen. Dazu brauche ich Holz bzw. Holzkohle. Ganz Oman wurde abgeholzt (heute Wüste), um dort Kupfer zu gewinnen.
Ich glaube nicht, dass wir through the ages etwas Kapitalintensiveres finden werden als die Gewinnung von Edelmetall und zwar so, dass es"wertvoll", also verarbeitet (!) in Erscheinung treten konnte.
b) theoretich: Du schreibst: "und auch schon wertvoll, und zwar unabhängig davon, ob damit Güter bezahlt werden." Wie kann etwas einen"Wert" haben, wenn es keinen Preis hat? Wert mag eine subjektive Einschätzung sein, aber letztlich entscheidet der am Markt realisierte Preis über den Wert (als Sammler weiß ich das ganz genau).
Wenn es keine Güter gibt, die"schon bezahlt" wurden, kann es keine Preise für die Güter geben, zumal nicht bei vertretbaren Sachen. Und wenn es die nicht gibt, kann auch Edelmetall keinen Preis haben. Da aber Edelmetall - das ist der Kern der Edelmetall = Tauschmittel-Theorie - das Instrument gewesen sein soll, mit dessen Hilfe Preise entstanden sind, wie kann dann ein Preis für Edelmetall entstanden sein?
>Die Leute tragen z.B. Schmuck, und z.B. zum Protzen tragen sie u.a. besonders viel (so wie heute einer einen dicken Wagen fährt, wo es auch ein mittlerer täte).
Diesen Schmuck müssen sie - siehe oben (der Goldschmied kommt noch dazu!) - gekauft haben, aber womit? Mit Schmuck? Edelmetallchmuck ist so teuer wie ein Protzauto.
>Dieser Schmuck ist keineswegs wertlos, die Muscheln, die man am Strand findet, werden gerade eben nicht getragen, sondern die ganz seltenen, so wie heute einer echte Steine trägt.
Warum werden dann - siehe"Muschelgeld" - die"nicht ganz seltenen", also diejenigen, die es zu zehntausenden gibt als"Geld" verwendet? Sie werden nicht zur Schau getragen, können daher keinen Wert haben, zumal sie auch nicht sonst wie gezeigt oder ausgestellt werden (obwohl es auch"Warengeld" gibt, das nur gezeigt wird, die bekannten"großen Steine" auf Südseeinseln, aber da haben wir wieder ein Herstell- und Transportproblem und ergo ein Kapitalproblem). Ergo gilt für"Muschelgeld" just, was auch für die quipus gilt (siehe unten).
>Wichtig ist hierbei also, daß diese Ware aus kulturellen, soziologischen, posychologischen usw. Gründen für die Betreffenden sehr wertvoll ist. Ein Federschmuck, der als Brautpreis akzeptiert wird, kann ohne weiteres einer Ansparleistung von mehr als einem Jahrzehnt entsprechen. Das heißt, der arme junge Kerl muß dauernd in den Wald, einen bestimmten Vogel fangen und eine ganz bestimmte Feder rupfen.
Das ist absolut richtig. Dann haben wir es mit Trophäen zu tun (Indianer-Kopfschmuck, Leopardenfell-Umhänge usw.). Damit wird sozialer Rang dokumentiert (sogar mit durchlässigen Sozialstrukturen, also Auf- und Abstieg), aber es hat etwas mit Stammesgesellschaften (durchaus auch mit Feudalsystemen; z.B. der Schmuck der Perserkönige) und nichts mit einer Geldwirtschaft zu tun.
>Diese Federn werden also im Prinzip genauso erzeugt wie z.B. Schweinefleisch oder Boote oder sonstwas. Zwar gibt es auch in solchen Gesellschaften Kreditbeziehungen, aber der Schmuck wird nicht notwendigerweise vorfinanziert, sondern in Handarbeit gesammelt und erzeugt.
Edelmetallschmuck kann, da er nur arbeitsteilig her zu stellen ist! - niemand ist Bergmann, Schmelzer, Affineur, Händler, Goldschmied usw. in einer Person! nur in einer Kontraktwirtschaft vorstellbar sein, wobei ich gern auch Sonderformen der Abgabenwirtschaft (Feudalsysteme) akzeptiere. Es gab (und gibt) reine Stammesgesellschaften, aber Feudalgesellschaften waren immer ein Mix mit Kontraktwirtschaften. Auch der stärkste Feudalherr kann nicht alles per Abgabenzwang beschaffen, siehe wieder die gewiss starken Perser, die doch auch importierten und vor allem Soldaten (zur Sicherung und Expansion ihrer Imperien) gegen Kontrakt und damit Zahlungsverpflichtung unterhielten (Herodot, Thukydides).
>Wir haben also ein wertvolles Gut, das haltbar ist, und das weder zum Leben noch zum Wirtschaften unbedingt benötigt wird, meist Schmuck.
Das ja, mit den obigen Einschränkungen. Schmuck erfordert Arbeitsteilung in Form von Kontrakten.
>Und natürlich wird dieser Schmuck als Zahlung gerne von Verkäufern angenommen. Der Schmuck hält sich, er ist wertvoll, und der Verkäufer findet sehr wahrscheinlich wieder jemanden, der ihm den Schmuck abnimmt (z.B. ein anderer junger Mann, der besser im Bootefertigen als im Vogelsammeln ist). So ein Schmuckstück ist auch besser als ein kreditartiges Zahlungsversprechen.
Da die zur Schmuckherstellung erforderlichen Finanzierungen (Zeitüberbrückung muss finanziert werden) unbeschadet dieser von Dir beschrieben Tauschvorgängen fort bestehen, kannst Du sie nicht dadurch aus der Welt schaffen, dass Du sagst, weil ich Ware"Nahrung" gegen Ware"Schmuck" tausche (und das beliebig oft) ist die zur Ware Schmuck ursprünglich erforderliche Finanzierung im Verlaufe dieser Tauschvorgänge irgendwie"verschwunden".
>Das ist ein Schritt im Entstehungsprozeß nur von Warengeld. Er heißt Tausch.
Bei Warengeld (z.B. geprägte Münzen) kommen noch die Prägekosten dazu. In Rom gab es zeitweilig bis zu 70.000 Münzer. Wie wurden die bezahlt? Wenn Du sagst, mit den Münzen, die sie fabriziert haben, ist es wie mit dem Benzintransporter, der so lange fahren kann, bis er das Benzin, das er transportiert selbst aufgebraucht hat. Wozu fährt dann? (Ähnlich: Warum werden dann nicht alle, die Waren produzieren, mit just diesen Waren bezahlt; das gab's im englischen"Trucksystem", aber es hat nicht funktioniert, wie wir wissen).
>Merkmale sind also meist
>- vorher gegebene Werthaltigkeit (z.B. als Schmuck)
Betritten. Der Wert entsteht erst durch die Verarbeitung zu Schmuck.
>- nicht unbedingt zum Überleben nötig, aber zum sozialen Leben gewollt
Richtig. Aber damit könnten wir alles auf das Allernotwendigste zum Leben reduzieren. Wer braucht"soziale Hierarchien" und damit z.B."Könige"? Es geht natürlich in der real abgelaufenen Geschichte vieles durcheinander und vieles läuft parallel. Aber an dem Sukzessivzwang von"Kredit" (Finanzierung) und anschließender"Tilgung" führt kein Weg vorbei - egal wie bunt das Leben und Treiben zwischendurch gewesen sein mag.
>- Haltbarkeit
Eine Ware kann haltbar sei wie sie will. Ein Kredit aber hält immer (egal worauf er festgehalten wurde) bis zur Tilgung oder Streichung eben. Die Pyramiden gibt es heute noch, die zu ihrer Finanzierung benötigten Kredite aber sind per Bankrott verschwunden. Herodot berichtet über Cheops, dass er seine Tochter ins Bordell geschickt hat, damit sie die Schulden für seine Pyramide abarbeiten sollte.
In Ägypten wurden sogar Mumien beliehen. Damit waren Mumien kein"Geld", aber mit dem Kredit (worin auch immer ausgedrückt), den ich mit der Mumienbeleihung erhalten habe, konnte ich etwas kaufen! Ergo: Ich kaufe immer mit Kredit bzw. Kreditderivaten (Kredite selbst können auch beliehen werden, siehe Banking heute), aber mit"Geld" kaufe ich nur, indem ich den unterliegenden Kredit (!) zediere.
<font color="FF0000">Wenn ich einen Pullover für 100 Mark kaufe, dann zediere ich meine Forderung über die DM 100,- (die Gegenbuchung, wenn es eine Banknote ist, liegt bei der ZB bekanntlich als Schuldtitel!) und das war's. Damit ist zwar der Kaufakt erledigt, aber die ursprüngliche Schuld nicht!</font>
>- Hohe Wahrscheinlichkeit der Wiederveräußerungsmöglichkeit
Daher bei"Geld" die Sicherheit eines am ursprünglichen Schuldkontrakt unbeteiligten Dritten, die es"geltend", also"umlauffähig" macht. Die berühmte H/S-Theorie.
>- klein, wertvoll usw.
<font color="FF0000">"Kleine" Münzen gab es beim Start der Münzwirtschaft nicht! Daher auch Münzen kein"Tauscherleichterungsmittel" gewesen sein können. Und wenn es vor den Münzen kleine Edelmetallstückchen als"Geld" gegeben haben sollte (eben für den"Tausch"), warum wurde die dabei subsumierte Tauscherleichterung dann plötzlich zur einer Tauscherschwerung?</font>
>Und oft ist es deshalb Schmuck. Und deshalb stehen viele Warengeldarten erkennbar mit Schmuck in Zusammenhang.
Das sieht so aus, ja. Es gibt auch viele Leute, die Goldstücke um den Hals tragen, viele Münzen wurden"gehenkelt", was ihren Wert für Sammler empfindlich schmälert. Aber es ist mir noch nie jemand begenet, der ein Stück Silberpyrit (oder ähnliches) um den Hals getragen hat (über Platinschmuck müssen wir nicht erst reden; in Russland gab's im 19. Jh. aber sogar Platinmünzen).
>Nicht nur weil Gold selten ist, wurde es als Warengeld erwählt, sondern weil es vorher schon als wertvolle Zierde angesehen wurde. Der Wert des Goldes war vorher vorhanden! Auch z.B. bei den Inkas, die Gold nicht als Geld nutzten (soweit mir bekannt), es sehr wohl aber mit großem Aufwand aus dem Boden holten.
Sie haben Gold nicht als"Geld" genutzt, ja. Dafür hatten sie ihre Schnüre ("quipus"), auf denen sich leichter festhalten ließe, wer was"schuldig" war.
Dazu die EB:
quipu
also spelled QUIPO, an Incan accounting apparatus consisting of a long rope from which hung 48 secondary cords and various tertiary cords attached to the secondary ones. Knots were made in the cords to represent units, tens, and hundreds; and, in imperial accounting, the cords were differently coloured to designate the different concerns of government-- such as tribute, lands, economic productivity, ceremonies, and matters relating to war and peace. The quipus were created and maintained as historical records and were kept not only by high officials at the capital of Cuzco--judges, commanders, and important heads of extended families--but also by regional commanders and village headmen."
Geradezu klassisch für die Buchführung in einer Feudal- alias Kommandowirtschaft! Die Abgaben (Schulden) und anderes wurden so "accounted". Warum sollten die Inka-Nachfolger vergessen haben, dass es leichter ist, eine Schuld zu buchen (wodurch sie ja nicht verschwindet) und nach Zahlung einer (welcher ist egal) Ware wieder auszubuchen als zu sagen: Wir buchen erst, nachdem die Ware vorhanden ist. Der Witz beim Buchen ist doch, dass die Ware (Leistung) noch nicht vorhanden ist. Sonst müsste sie nicht gebucht werden.
>Wenn ein bestimmter Gegenstand sich bei zunehmendem Handel als Zahlungsmittel einbürgert, wird er standardisiert usw., bis er uns dann z.B. als Goldmünze entgegentritt.
Und womit wurde vor den Goldmünzen"bezahlt"? Bezahlen setzt immer einen offenen Kontrakt voraus, der durch das Bezahlen (= Vor-zählen) aus der Welt geschafft wird. Du kannst auch sagen"Vor-wiegen" - aber dann wurden Warenschulden mit just den Waren"bezahlt", die auf dem Konktrakt erschienen sind. Wo bleibt das"Geld"?
>Als die Tontafeln das Licht Babylons erblickten, gab es schon lange Silber als Bargeld.
Es gab Silber als Ware wie andere Waren auch. Das ist wirklich alles, was wir über Babylon derzeit sagen können.
<font color="FF0000">Und dass eine verliehene Ware bei der Ausleihe als"Ware" und bei der Rückgabe als"Geld" bezeichnet wird, ist ein Zirkelschluss.</font>
Gruß und sorry (hatte den Beitrag nicht gesehen).
d.
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