Baldur der Ketzer
27.02.2001, 22:03 |
Schuldendruck als Antriebsmotor der Wirtschaft - ist das wirklich so? Thread gesperrt |
Hallo, miteinander,
also, mir geht die Sache nicht aus dem Kopf.
Ich möchte ein paar Dinge anführen, die die Iniative zum guten Wirtschaften nicht beim Schuldendruck ansiedeln:
- der deutsche Maschinenbau ist bekannt dafür, teurer als andere zu sein, aber besser - falls billiger, hätte man mehr verdient, nur, man ist sich höhere Qualität einfach schuldig, der selbstgewählte Anspruch
- Erfinder sind oft getrieben, ihr Ding laufen zu sehen; finanzielle Erwägungen stehen im Hintergrund, zumindest in der entscheidenden Entstehungsphase
- man sollte den Begriff von Ehre, Ansehen und Schaffensfreude nicht immer so niedermachen - ich behaupte, gäbe es diese nicht, gäbe es in Deutschland gar keine Wirtschaft mehr, sondern ein paar Arbeitslose (Ex-Unternehmer) mehr, weil sich der Einsatz sehr oft nicht"auszahlt", sondern durch emotionalen"Mehrwert" wie Ansehen, Selbstbestätigung ausgeglichen werden muß
- verschulden bedeutet Risiko, nicht nur Chance. Im Falle des positiven Ausgangs wird man gegängelt, bevormundet, abkassiert, verbürokratisiert.
Wäre es da nicht wirtschaftlich sinnvoller, zu stempeln und schwarz zu arbeiten? Warum gibt es statt dessen immer wieder Jungunternehmer?
Schuldendruck kann es nicht sein.
- die Meinung von dottore, ohne den Schulden- und ZInsdruck würde man Unsinn anbieten, möchte ich so nicht stehen lassen.
So lange jemand mit seinem Markennamen auf dem Produkt steht, so lange verträgt es fast kein Unternehmer, daß man sagt,"Du, dem sei Zaich iss fei Mist", oder, die Produkte von dem ABXYZ sind der letzte Dreck.
- den Sozialismus-Schlendrian mit Trabant-Optik gibt es nur, solange kein Unternehmer als einzelne person dahintersteht, sondern ein anonymes Kollektiv, denen der Erfolg egal ist.
In einer nicht-sozialistischen Wirtschaft ist der Anreiz, als Erfolgreich dazustehen. Niemand gilt gern als Schwachkopf der Nation.
Also, nochmals, wenn alle wirtschaftlichen Erwägungen davon abhängen würden, die Schuldverhältnisse zu optimieren, dann bliebe man im Sozialstaat besser frühmorgens in den Federn liegen und kassierte Stütze. Warum soll man arbeiten, wenn die Urschuld auch umanasunst getragen wird und der notwendige Mehrwert über den Bedarfsdeckungsgrundsatz hereinkommt?
Ich möchte dies ausschließlich dahingehend verstanden wissen, daß ein fehlender Schulden-Zins-Druck nicht notwendigerweise zu unbrauchbaren Erzeugnissen führen muß, SOLANGE es eine unternehmerisch geprägte Wirtschaft gibt.
Denn da menschelt es, und viele Dinge sind irrational, wirtschaftlich suboptimal. Und das ist auch gut so.
Und auch in der Ex-DDR gab es kleine Handwerksbetriebe, die stolz darauf waren, GUTE Arbeit zu leisten. Die handwerklich an der Weltspitze lagen.
Allein das Gefühl, als der Beste zu gelten, entschädigt für manche materielle Einbußen - wetten?
ich denke auch, daß der Schuldendruck sympomatisch ist für eine Investitionsgüterindustrie, die erst einmal 10 Mios in ein Werk stecken muß, um dann pfennigweise die Investitionen wieder hereinzufahren.
In einer Dienstleistungsumgebung, in der ein Computer und ein Telefon genügen können, irgendetwas wertschöpfendes zu tun, fallen vergleichbare Schulden gar nicht an.
Ich nehme als Beispiel Makler oder Autoren, die Anfangsinvestitionen sind minimal.
Und wie dottore schon schrieb, gerade Autoren schreiben oft aus Freude, nicht aus Schuldendruck.
Weiterbohren, Leute, ganz durch ist das Thema, denke ich, noch nicht.
Oder wie erklärt man JüKü´s Idealismus mit dem Debitismus?
Beste Grüße vom Baldur
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Baldur der Ketzer
27.02.2001, 22:12
@ Baldur der Ketzer
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Re: Nachtrag - das ist wie Zuckerbrot (nichtmateriell) und Peitsche (Debitismus) |
Nachtrag: im Leben ist manches zweischneidig.
Und durch positive Anreize (wenn Du es besser kannst, dann mach es und zeige es allen, daß Du es kannst) läßt sich ebenso wirtschaften wie mit dem Prügel in der Hand (Schuldendruck), also sehe ich die Alternative im freiwillig-erzwungen und nicht im geschenkt(sozialistisch)-erzwungen(Debitismus).
Positiv muß nicht liderlich heißen.
Nur mal so als Ergänzung.
ich bin zwar oft der Miesmacher vom Dienst, aber wenn es überall nur mies wäre, würde der Laden nicht mehr laufen. (ohje, was sag ich da schon wieder, wir reden ja davon, daß die Karre im Dreck steckt und am Absaufen ist....)
es grüßt Euch der Baldur
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JüKü
27.02.2001, 22:35
@ Baldur der Ketzer
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Re: Schuldendruck als Antriebsmotor der Wirtschaft - ist das wirklich so? |
>Ich nehme als Beispiel Makler oder Autoren, die Anfangsinvestitionen sind minimal.
>Oder wie erklärt man JüKü´s Idealismus mit dem Debitismus?
>Beste Grüße vom Baldur
Ja, daran dachte ich auch. Ich habe praktisch mit Null Investitionen angefangen, das bisschen, was nötig ist (flatrate, techn. Kram) erfordert keine Schulden. Ich könnte ohne Abo gut leben, mein Job reicht. Ich könnte sogar (leider) die Erw.unf.rente beantragen und bräuchte nur noch Däumchen drehen und hätte dennoch genug. Und trotzdem mache ich 12 - 14 Stunden p.d. Das kann man wirklich nur noch mit"bescheuert" erklären.
Der Zeitpunkt deines Postings ist aber auch denkbar ungünstig (oder günstig?), weil ich zurzeit intensiv überlege, wie es weiter geht. So jedenfalls nicht. Was sich im letzten Jahr für mich entwickelt hat, war immer das, was ich wollte. Aber jetzt noch mehr, immer mehr. Nur noch selbstständig arbeiten, davon gut leben, ortsunabhängig sein. So weit ist es noch nicht. Und dann? Kinder freuen sich über das Erbe?
Allein schaffe ich es jedenfalls nicht auf Dauer, aber woher Unterstützung nehmen?
Bei der Tagung in Ochsenfurt sprach mich ein Herr an (am letzten Tag, ziemlich am Schluss) zum Thema Mitarbeit. Wir wollten weiter reden, aber dann habe ich ihn aus den Augen verloren, weiß nicht Mal mehr seinen Namen. Bitte melden!
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nereus
27.02.2001, 22:43
@ Baldur der Ketzer
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Re: Schuldendruck als Antriebsmotor der Wirtschaft - ist das wirklich so? |
Hallo Baldur!
Der Hinweis auf die bei allen Menschen vorhandene Urschuld, oder nenne es meinetwegen"das Bedürfnis am Leben zu bleiben", und die Kontraktschuld sollte nicht alle anderen Argumente radikal vom Tisch fegen.
Es ging eigentlich nur darum: Warum wird eigentlich gewirtschaftet?
Was ist der urursächlichste Grund (fürchterliches Wortgebilde) dafür?
Und da ist mir nur das eingefallen.
Was ist denn sonst noch wichtiger als das?
Wenn ich mal eine Prioritätenpyramide aufbauen würde, wäre die Basis die Urschuld. Alles andere sind Bausteine die darauf gesetzt werden.
Du schreibst: man sollte den Begriff von Ehre, Ansehen und Schaffensfreude nicht immer so niedermachen - ich behaupte, gäbe es diese nicht, gäbe es in Deutschland gar keine Wirtschaft mehr, sondern ein paar Arbeitslose (Ex-Unternehmer) mehr, weil sich der Einsatz sehr oft nicht"auszahlt", sondern durch emotionalen"Mehrwert" wie Ansehen, Selbstbestätigung ausgeglichen werden muß
Das will niemand niedermachen. Du hast vollkommen recht.
Aber es ist eben einer der Bausteine die auf das Fundament gesetzt werden und nicht das Fundament selbst.
die Meinung von dottore, ohne den Schulden- und Zinsdruck würde man Unsinn anbieten, möchte ich so nicht stehen lassen.
Da stimme ich Dir zu.
Warum soll man arbeiten, wenn die Urschuld auch umanasunst getragen wird und der notwendige Mehrwert über den Bedarfsdeckungsgrundsatz hereinkommt?
Hier nicht. Du hast ja oben beschrieben wie es auch noch anders gehen kann.
Der eine kann eben nur den Hof fegen und der andere einen Weltkonzern führen.
Das ändert aber das grundlegende Prinzip nicht.
Ich möchte dies ausschließlich dahingehend verstanden wissen, daß ein fehlender Schulden-Zins-Druck nicht notwendigerweise zu unbrauchbaren Erzeugnissen führen muß, SOLANGE es eine unternehmerisch geprägte Wirtschaft gibt.
Keine Frage. Daher sah es in der DDR-Wohnung oder der berühmten Datscha auch anders als im Betrieb aus. Luxus war es nicht aber immerhin.
In einer Dienstleistungsumgebung, in der ein Computer und ein Telefon genügen können, irgendetwas wertschöpfendes zu tun, fallen vergleichbare Schulden gar nicht an. Ich nehme als Beispiel Makler oder Autoren, die Anfangsinvestitionen sind minimal.
Super-Beispiel Baldur! Genau da will ich ja hin, in die Dienstleistung.
Aber leider muß ich auch etwas vorfinanzieren.
Selbst wenn ich von Anfang meine Leistung verkaufen kann, ist es möglich das sich einige Kunden bis zur 3.Mahnung Zeit lassen. Und wovon lebe ich dann?
Deswegen sollen 3 Monatsgehälter mit einem Darlehen abgesichert werden.
Weiterbohren, Leute, ganz durch ist das Thema, denke ich, noch nicht.
Oder wie erklärt man JüKü´s Idealismus mit dem Debitismus?
Dann lies mal Jüküs Antwort auf meinen"Selbständigmachenbeitrag" von gestern oder vorgestern (ich weiß schon nicht mehr wann das war - sollte mich besser im Alzersheim anmelden).
Wenn er das Forum hauptberuflich macht, wird die Abo-Gebühr Pflicht.
Da kannst Du einen drauf las...
Oder er reitet mit seinen Wellen den Deal des Lebens.
Er wird sich sicher dazu äußern.
mfG
nereus
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Baldur der Ketzer
27.02.2001, 22:53
@ JüKü
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Re: Schuldendruck als Antriebsmotor der Wirtschaft - ist das wirklich so? |
>>Das kann man wirklich nur noch mit"bescheuert" erklären.
>Der Zeitpunkt deines Postings ist aber auch denkbar ungünstig (oder günstig?), weil ich zurzeit intensiv überlege, wie es weiter geht. So jedenfalls nicht. Was sich im letzten Jahr für mich entwickelt hat, war immer das, was ich wollte. Aber jetzt noch mehr, immer mehr. Nur noch selbstständig arbeiten, davon gut leben, ortsunabhängig sein. So weit ist es noch nicht. Und dann? Kinder freuen sich über das Erbe?
>Allein schaffe ich es jedenfalls nicht auf Dauer, aber woher Unterstützung nehmen?
Hallo, JüKü,
wenn da jetzt Baldur drunterstünde, würde es die Situation genauso zu 100% beschreiben......(bis auf die Kinder, bei mir wären es irgendwelche Fremden, da keine Erben vorhanden).
Es muß sich was tun, aber was, wann, in welche Richtung,langsam wirds Zeit, und es tut sich nix, keine Richtung sichtbar, die Zeit vergeht, die Maloche geht weiter.....
mit besonders herzlichem virtuellen Händedruck und besten Wünschen, der Baldur
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