Sascha
25.06.2000, 22:46 |
Börsenfusion Frankfurt-London - Wer ist der Gewinner/Verlierer? Thread gesperrt |
Hallo!
Thema: Börsenfusion Frankfurt-London
Was haltet ihr eigentlich von der Börsenfusion Frankfurt-London?
Irgendwie kommt bei mir der Verdacht auf, das Frankfurt bei dieser Sache der Verlierer ist. Zwar stehen Frankfurt und London angesichts anderer Fusionen wie Euronext und dem angekündigten Global Equity Market (GEM) mit 24-Stunden-Handel rund um die Uhr unter Zugzwang aber ob diese Fusion für die deutsche Börse die richtige Lösung ist bezweifle ich noch.
Soweit ich das mitbekommen habe sollen die Standardwerte ja nach London verlegt werden, während das Wachstumssegment in Frankfurt angesiedelt wird. Frankfurt wäre doch der klare Verlierer. Der"große Handel" fände doch in London statt (man schaue sich mal die Umsätze im DAX an und vergleiche sie mit denen im Neuen Markt).
Würde mich über eure Meinungen freuen
Sascha
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Grit
26.06.2000, 09:23
@ Sascha
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Re: Börsenfusion Frankfurt-London - Wer ist der Gewinner/Verlierer? |
Dazu paßt einigermaßen ein nicht mehr ganz neuer Artikel in der BörseOnline Nr.26
der Autor war Reinhard Winkler:
Deutsche Börse stellt Weichen falsch
Viele Anleger, insbesondere institutionelle, schütteln nur noch ihre Köpfe: Was mit der Deutschen Börse AG passiert, ist für sie höchst verwunderlich. Sie können nicht begreifen, wie eine führende Industrienation in Finanzdingen so übers Ziel hinausschießt. Zwei Entwicklungen passen nämlich gar nicht in die internationale Börsenszene.
Ersten der Hokuspokus mit der Verlängerung der Börsenzeiten und der Ã-ffnung der Märkte an Feiertagen. Wenn man sich schon an Wall Street angleichen will - warum dann nicht gleich bis 22 Uhr statt bis 20 Uhr?
Abgesehen von der Willkr einer Ã-ffnungszeit gibt es andere Ungereimtheiten. In dem ohnehin margenengen Börsengeschäft entstehen für alle beteiligten Institutionen nur Zusatzkosten, ohne dafür greifbare Vorteile zu bekommen. Weder aktive Investoren noch Händler haben in dieser extrem verlängerten Börsenzeit die Möglichkeit, sich termingerecht zu informieren. Das begünstigt Fehlentscheidungen und Peisausschläge bei Miniumsätzen. Dazu die Nachrichtenagentur Reuters vom 12.Juni:"Die späten deutschen Handelszeiten frustrieren Traden."
Vielleicht ist das - ebenso wie der Handel an Feiertagen - eine Beschäftigungstherapie für deutsch-amerikanische Banken, die ihre Investmentaktivitäten in London installiert haben. Ich kann nicht verstehen, daß es in Deutschland kaum Opposition gegeben hat. Sinn machen würde die Ausweitung höchstens, erzielten alle EU-Länder Einigkeit und glichen ihre Börsenzeiten einander an.
Unbehagen Nummer zwei betrifft die Fusion der Frankfurte Börse mit London. Weiß denn in Deutschland niemand, daß die Finanzmärkte in Großbritannien überreguliert sind? Und das England kein Eurolandmitglied ist? Und daß London ein Market-Making-Prinzip hat, das nicht den modernen Anforderungen eines"order driven system" entspricht, wie es Deutschland hat? Außerdem ist es fraglich, ob die Mitglieder der London Stock Exchange das deutsche Settlement-System der Kassenvereins akzeptieren werden. Probleme also wohin man blickt. Sicher ist nur, daß viele Zusatzkosten in den Fusionsaufwendungen gar nicht berücksichtigt sind.
Klar dürfte sein, daß Frankfurt langfristig gegen London den Kürzeren ziehen wird - nicht nur bei DAX-Titeln, die ohnehin an der Themse gehandelt werden sollen. Auch bei Hightech-Aktien sehe ich diese Gefahr, selbst wenn hier Frankfurt der Börsenplatz wäre. Denn London hat ein sehr aktives Investmentgeschäft, repräsentiert durch viele Fonds, Pensionskassen, Investmentbanken und Privatanleger. Für Amerika ist und bleibt London erster Anlaufpunkt in Europa. Zudem sind britische Universitäten auf die Erfordernisse der Börsen getrimmt. London verfügt deshalb über einen wesentlich größeren Spezialistenpool als Frankfurt und jedes andere europäische Finanzzentrum.
Nicht nur Mainhattan muß sich deshalb etwas einfallen lassen, um die Dominanz Londons zu verhindern.
Auch Amsterdam, Brüssel und Paris, die mit New York zusammengehen wollen, haben keine guten Papiere. Ein wahres Trauerspiel also für Europa und seine Finanzinstitutionen. Nur eine EU-Lösung wäre von der Logik her angerbracht und förderlich. Abgesehen davon - die offiziellen Börsen haben offensichtlich die Macht des Internets nicht in ihre Überlegungen einbezogen. Die Beteiligung von ConSors an der Berliner Effektengesellschaft und Berliner Börse weist den Weg zu unabhängigen Handelsplattformen. Veileicht gehören herkömmliche Börsen bald der Vergangenheit an. Nicht nur, wenn das so ist, zählen Aktien von ConSors und Deutsche Bank zu den Gewinnern.
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Sascha
26.06.2000, 10:20
@ Grit
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Frankfurt als Provinzbörse?! |
Hallo!
Interessanter Artikel!
Als ich ihn gelesen habe kam bei mir gerade die Frage auf: Was ist eigentlich ein Standardwert? Ist SAP nun eine Wachstumsaktie oder ein Standardwert für London?
Die Wachstumswerte die"wirklich wachsen" sind ja schließlich alle mal von Marktkapitalisierung, Umsatz und Gewinn ein Standardwert. Das würde ja bedeuten das dann selbst die größeren Wachstumswerte (wenn man sie primär als Standardwert ansieht) nach London wandern würden.
Die Folge wäre wohl, das Frankfurt wie in dem Artikel beschrieben langfristig den Kürzeren zieht und ich formuliere es jetzt mal etwas überspitzt, zur Provinzbörse wird.
Sascha
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Grit
26.06.2000, 15:45
@ Sascha
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Re: Frankfurt als Provinzbörse?! |
Verglichen mit New York ist sie das doch heute schon ;-)
grit
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