"Japans Schulden gefährden die Weltwirtschaft
Bricht der Anleihenmarkt 2005 zusammen? / Zeitbomben in der öffentlichen
Vermögensrechnung / Ausweg Inflationspolitik
Von André Kunz
Im Jahre 2005, so hat David L. Asher, Ã-konom und Japanexperte am
Massachusetts Institute of
Technology ausgerechnet, könnte die Weltwirtschaft ein Schreckensszenario
erleben. Japans Staatsbankrott. Dann nämlich werden die öffentlichen
Schulden der zweitgrößten Industrienation rund 200 Prozent des
Bruttoinlandproduktes ausmachen. 70 Prozent der jährlichen Steuereinnahmen
flössen in den Schuldendienst. Der Markt für japanische Regierungsanleihen
bräche zusammen, die langfristigen Zinsen stiegen und der Ruf nach Kontrolle
der Kapitalströme würde laut. Japan müsste auf Druck der G8 vom
Internationalen Währungsfond (IMF) verordnete drakonische Haushaltskürzungen
einleiten und öffentliches Vermögen im Schnellverfahren
versteigern.
Dieses Szenario - heute von japanischen Finanzbürokraten als launische
Phantasie abgetan - ist näher als es viele Ã-konomen und Politiker in Tokio
wahrhaben wollen. Denn Japans Schuldenspirale wächst und dreht sich immer
schneller. Verantwortlich für die gigantische Verschuldung sind in erster
Linie die Politiker der regierenden Liberal-Demokratischen Partei, die seit
1993 mehr als
1000 Milliarden DM in die kränkelnde Konjunktur gepumpt haben.
Das wäre kein Problem, wenn die Milliarden nur den Aufschwung gebracht
hätten. Doch im Gegenteil, Japans Wirtschaft fährt im Kriechgang weiter und
wird dieses Jahr nicht mehr als 1,5
Prozent Wachstum erreichen. Für das laufende Quartal sagen Ã-konomen bereits
wieder ein
Negativwachstum voraus, das schon im März in eine ausgewachsene Rezession
münden könnte.
Die Krise ist anders
Vielleicht wäre die Weltgemeinschaft gut beraten, vorsorglich heute schon
ein Notfallteam des
Internationalen Währungsfonds nach Tokio zu schicken. Dieses Team würde als
erstes feststellen,
dass Japan nicht von derselben Krise bedroht ist, wie seine Nachbarn in
Asien vor drei Jahren.
Thailand, Indonesien und Südkorea borgten unverantwortlich viele Dollar im
Ausland, die japanische
Regierung dagegen hat das Geld von der eigenen Bevölkerung geborgt. Das
heißt nicht, dass Japan
deswegen weniger gefährdet wäre.
Ein Blick auf die Entwicklung der öffentlichen Verschuldung reicht. In
diesem Fiskaljahr werden
Japans Verbindlichkeiten einschließlich derer von lokalen Körperschaften auf
645 Billionen Yen (12
900 Milliarden DM) steigen. Das Bruttoinlandprodukt beträgt voraussichtlich
etwa 500 Billionen Yen
(10 000 Milliarden DM). Damit wird die Verschuldung rund 130 Prozent des
Bruttoinlandproduktes
ausmachen. Noch 1993 hatte Japan noch mit einem Budgetüberschuss von 3
Prozent abgeschlossen und war mit rund 200 Billionen Yen verschuldet. Heute
meldet Tokio ein
Budgetdefizit von zehn Prozent. Für den Schuldendienst braucht die
Zentralregierung jetzt schon 65
Prozent der Einkünfte, die übrig bleiben, wenn sie die Plichtbeiträge an die
lokalen Körperschaften
ausgezahlt hat. Selbst das Finanzministerium gibt zu, dass Japan mit einem
jährlichen Wirtschaftswachstum von 1,75 Prozent keine Chance hat, je aus
dieser Schuldenfalle herauszukommen.
Alptraum Zinserhöhung
Schlimmer sehen allerdings die Prognosen für die nächsten Jahre aus. Ohne
drakonische Einschnitte im Budget und neue Steuereinnahmen steigt die
Verschuldung bis 2005 - das gibt
sogar das Finanzministerium zu - auf 180 Prozent des BIP; Ã-konomen aus der
Privatindustrie
rechnen sogar durchwegs mit über 200 Prozent.
Solange die Zinsen auf dem heutigen tiefen Niveau verharren, wäre dies nicht
unbedingt alarmierend.
Doch das werden sie nicht, und mit jedem Prozentpunkt, um den die
langfristigen Zinsen steigen, wird der jährliche Schuldendienst um rund 15,4
Milliarden Mark teurer. David L. Asher redet darum nicht unbegründet von
einem"finanziellen Vulkan im Ausmaß des Fuji", der in Japan vor dem
Ausbruch steht. Dabei hat Asher nicht einmal Zahlen berücksichtigt, die erst
seit Mitte Oktober bekannt sind.
Das Finanzministerium veröffentlichte erstmals eine staatliche Bilanz und
kam zum
Schluss, dass das Inselreich bereits heute technisch bankrott ist. Dabei
ging das Ministerium von drei möglichen Berechnungen aus. Im besten Fall
fehlen heute 133 Billionen Yen (2660 Milliarden DM) in der Staatskasse, wenn
keine Pensionsverpflichtungen des Staates eingerechnet werden. Im
schlimmsten Fall fehlen schon 776 Billionen Yen (15 320 Milliarden DM),
einschließlich künftiger Pensionsverpflichtungen des Staates und der
Arbeitgeber. Die dritte Berechnung geht von einem Netto-Defizit von 270
Billionen Yen (5400 Milliarden DM) aus und berücksichtigt nur die
staatlichen Pensionsverpflichtungen. Zwar warnt Mamoru Yamazaki, Chefökonom
von Barclay Capital in Tokio vor schnellen Schlüssen bezüglich der
Staatsbilanz, weil die Berechnung von Pensionsverpflichtungen international
sehr unterschiedlich gehandhabt werde.
Yamazaki zieht deshalb die Verschuldungsrate im Vergleich zum
Bruttoinlandprodukt vor, und die sei wirklich besorgniserregend.
Aufschlussreicher sind die offiziellen Zahlen über die Vermögenswerte der
japanischen Zentralregierung. Denn dort wird eine Grauzone beleuchtet, die
Politiker und Finanzexperten in der G8 aufmerksam verfolgen sollten. Rund 40
Prozent der angegebenen staatlichen Vermögen sind nämlich als Kredite an
öffentliche Körperschaften und lokale Regierungen verbucht. Und diese
Schuldner haben ein Problem. Sie stehen entweder kurz vor dem Konkurs oder
haben das Geld
an klamme Mittel- und Kleinunternehmen ausgeliehen. Hier ticke eine
Zeitbombe, sagen kritische Ã-konomen; höchstwahrscheinlich existierten die
fraglichen Vermögen gar nicht mehr.
Vizefinanzminister Toshiro Muto versuchte die Ã-ffentlichkeit zu beruhigen:
Ein Staat funktioniere
nicht wie ein Unternehmen und müsse keine Gewinne erwirtschaften. Außerdem
habe der Staat ja die Möglichkeit, so Muto, notfalls unter Zwang Geld von
der Bevölkerung einzufordern - durch höhere Steuern und Abgaben. Eine
andere Möglichkeit läge auch darin, die Pensionen zu kürzen, was die
Regierung bereits in Kommissionen prüft. Und als letzter Ausweg bliebe immer
noch
eine künstlich ausgelöste Inflation, um den Wert der Schulden zu senken.
Jede der drei Auswege würde aber bedeuten, dass die japanische Regierung
höchst unpopuläre Entscheidungen zu fällen hätte. Pläne für Steuer- und
Abgabenerhöhungen werden derzeit von der zentralen und lokalen Regierungen
geprüft. Sicher käme im Notfall eine Erhöhung der Konsumsteuer von fünf
Prozent auf 15 bis 20 Prozent. Die Folgen für die Konjunktur wären
allerdings verheerend.
Der ohnehin schleppende Konsum in der Bevölkerung würde definitiv abgewürgt.
Darum ist es nicht verwunderlich, dass die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) von der japanischen Notenbank erstmals
ein Inflationsziel fordert.
Konzerthallen und Straßen
Längerfristig betrachtet sind dies nur Notlösungen. Was Japan tatsächlich
braucht, ist eine radikale Abkehr von der bisherigen Fiskalpolitik, um den
Staatsbankrott zu verhindern.
David Asher vom MIT schlägt gleichzeitig auch eine für das politische
Establishment unter der Führung von Premier Yoshiro Mori fast unvorstellbare
Änderung vor. Asher betrachtet ein Moratorium für öffentliche Investitionen
über die nächsten fünf Jahre als unvermeidlich. Japan gibt derzeit 20
Prozent seines Haushalts, dreimal mehr als Deutschland für Bauwerke wie
Konzerthallen in 2000-Seelen-Dörfern und Schnellstrassen in abgelegenen
Küstengebieten aus. Ein solches Moratorium
bedeutete zwar für die Bauindustrie - 560 000 Baufirmen garantieren in Japan
rund sechs Millionen oder zehn Prozent aller Jobs -- ein Riesenschock, aber
gemäß Asher würde damit mehr Kapital verfügbar für Privatunternehmen um in
die Wirtschaft zu investieren. Natürlich müsste Japan
laut Asher das Defizit aufrecht erhalten, aber statt Brücken und Straßen zu
finanzieren, sollten
Arbeitslosen besser unterstützt und weitergebildet werden.
In einem zweiten Schritt müsste Tokio endlich die Steuern nach dem Gesetz
einziehen. Rund 60
Prozent der japanischen Unternehmen bezahlen heute keine Steuern. Davon
schreibt ein Viertel
Verluste, der Rest nutzt jede erdenkliche Gesetzeslücke zur Steuerflucht
aus. Solange diese seit Jahrzehnten dauernde Praxis in Tokio geduldet wird,
sind verlässliche Budgetberechnungen fast unmöglich.
Auf der Angebotsseite müsste die Regierung nach Asher eine zweijährige
Steuerbefreiung für private
Hauskäufe einführen und die prohibitiv hohe Kapitalgewinnsteuer für
Handänderungen bei
Landkäufen abschaffen. Damit könnte ein privater Bauboom ausgelöst und die
zu erwartenden
Stellenverluste im Baugewerbe vermindert werden. Gleichzeitig müsste die
Regierung die staatliche
Pensionsversicherung mit neuen Alternativen für die private Vorsorge
entlasten.
Die öffentlichen Schulden müssten wohl oder übel - zum Leidwesen der
japanischen Kleinsparer - in langfristige Staatsanleihen mit Nullzinsen
umgewandelt werden.
Ohne diese drakonischen Maßnahmen, die in Tokio eine starke politische
Führung, wenn nicht eine
völlig veränderte, verlangen, wird die zweitgrößte Industrienation in den
nächsten vier Jahren weiter
kränkeln und am Ende die Weltwirtschaft mit sich in den Abgrund reißen.
Sollte Japan tatsächlich
Richtung Staatsbankrott steuern, dann wird er mit einer schnellen Abwertung
des Yens beginnen, die asiatischen Währungen mitreißen und eine globale
Finanz- und Wirtschaftskrise auslösen, gegen die die Mexiko- und Asienkrise
als kleine Pannen in einer boomenden Weltwirtschaft betrachtet würden.
Das Notfallteam des IWF landet besser heute als morgen in Tokio."
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... um wenig später genauso pleite zu gehen.
Der IWF muss sich refinanzieren. Und wie? Mit zusätzlichen Steuergeldern? Auch solchen, die Japan als IWF-Mitglied dann einzahlt?
Alles Kinkerlitzchen, der ganze IWF ist nur ein Umbuchungsmaschinerie und wenn er Japans faule Schulden übernimmt (mindestens 10 Billionen Mark!), dann möchte ich gern wissen, wie das Herr Eichel finanzieren will (er muss sie ja anteilig finanzieren).
Etwa indem er eine Steuererhöhung in D durchzieht, die ihm 1 Billion zusätzlich einbringt? Oder nimmt er das Geld, das er an den IWF wg."Kapitalaufstockung" einzahlt, in Form zusätzlicher deutscher Staatsverschuldung auf sich?
Dann erhöht sich diese subito von 2,4 auf 3,4 Billionen Mark.
Damit wäre nicht nur Maastricht geplatzt (das nebenbei), sondern das gäbe in Deutschland sofort einen Volksaufstand!
Wieso soll D den Japanern eine Billion D-Mark schenken und anschließend die Mehrwertsteuer auf 40 % erhöhen?
Gruß
d.
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>... um wenig später genauso pleite zu gehen.
>Der IWF muss sich refinanzieren. Und wie? Mit zusätzlichen Steuergeldern? Auch solchen, die Japan als IWF-Mitglied dann einzahlt?
>Alles Kinkerlitzchen, der ganze IWF ist nur ein Umbuchungsmaschinerie und wenn er Japans faule Schulden übernimmt (mindestens 10 Billionen Mark!), dann möchte ich gern wissen, wie das Herr Eichel finanzieren will (er muss sie ja anteilig finanzieren).
>Etwa indem er eine Steuererhöhung in D durchzieht, die ihm 1 Billion zusätzlich einbringt? Oder nimmt er das Geld, das er an den IWF wg."Kapitalaufstockung" einzahlt, in Form zusätzlicher deutscher Staatsverschuldung auf sich?
>Dann erhöht sich diese subito von 2,4 auf 3,4 Billionen Mark.
>Damit wäre nicht nur Maastricht geplatzt (das nebenbei), sondern das gäbe in Deutschland sofort einen Volksaufstand!
>Wieso soll D den Japanern eine Billion D-Mark schenken und anschließend die Mehrwertsteuer auf 40 % erhöhen?
>Gruß
>d.
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