dottore
10.04.2001, 10:33 |
Forum, Aufklärung, Hoffnung, hier: u.a. Humboldt, Mao, die"Noyades", Blut... Thread gesperrt |
Liebe Freunde,
Talleyrand schrieb, wir seien"weit hinter die Aufklärung" zurück gesunken.
Dazu ein paar kurze Gedanken.
Nach der Aufklärung brach nicht etwa eine Zeit des Friedens, des menschlichen Verstehens, der Güte und der Moral an, sondern eine der übelsten Phasen der Geschichte. Nur ein Stichwort:
Französische Revolution.
a) Sie wurde ausgelöst von den Finanzproblemen des ausgehenden Absolutismus. Die Zinszahlungen auf die Staatsschulden lagen unter Ludwig XVI. bei einem Drittel des Etats. Heute ist es nicht viel anders. Wo blieb die Aufklärung über die verheerenden Wirkungen der Staatsverschuldung? Warum sie allein Inflation, Deflation und Krise verursacht?
b) Die Abwicklung des unausweichlichen Staatsbankrotts geschah in Frankreich durch die Hyperinflation der Assignaten. So ist es bis heute geblieben. Wer klärt uns darüber auf, was Staatsverschuldung für Folgen hat? Japan: die deflationäre Depression, hervorgerufen durch die Maximierung des"Renteneffekts" der Staatsverschuldung (= Beziehen arbeitsloser Einkommen), die jetzt in eine Inflation"gedreht" werden soll, genau wie die Depression des ancien régimes 1789 ff. in eine Hyperinflation gedreht wurde?
Die Türkei mit ihrer Hyperinflation, deren Probleme ausschließlich durch den Staat und seine Überschuldung verursacht sind. Wer kärt uns nicht darüber auf?
c) Die menschenverachtende Kriegsführung, die der Revolutionsgeneral Lazard Hoche in der Vendée und in Deutschland als erster einführte und die Napoleon zur Vollendung brachte (Beresina). Wie Falkenhayn vor Verdun und Hitler in toto. Was ist mit dem Balkan aktuell? Warum klärt uns keiner auf über das Phänomen des Genozids though the ages? Wer kennt schon Heinsohns"Lexikon der Völkermorde" (Rowohlt 1998)? In welcher Schulbibliothek steht es denn?
d) Die Menschenschlächterei. Glaube niemand, dass das Abschlachten der Armenier durch die Türken, Auschwitz, die Ustascha-Morde in der"Todesfabrik" von Jasenovac oder die Killing Fields in Kambodscha usw., usw. eine Erfindung des 20. Jh. seien.
Der berühmte Historiker Norman Davies ("Europe. A History", Oxford Univ. Presss 1996) führt das Phänomen des neuzeitlichen Massenschlachtens auf die Französische Revolution zurück. Nicht auf die Septembermorde und die Guillotine allein, sondern auf die Erfindung der"Noyades": Da die Revolutionäre mit dem Abschlachten ihrer Gegner durch Erschießungskommandos nicht mehr mitkamen, haben sie in Nantes Kähne genommen, die Menschen hineingefercht und versenkt. Dann wieder gehoben, die Leichen verscharrt und das ganze noch und noch wiederholt.
Davies nennt die Noyades"reusable death chambers". Warum klärt unsere Kinder in den Schulen keiner darüber auf, dass es solche Todeskammern schon lange vor den Gaskammern gegeben hat?
Aufklärung? Ach ja?
Was ist mit dem"Aufklärer" Wilhelm von Humboldt (1767-1835; Humboldt-Universität, Berlin)? Der schrieb 1791 ein Buch"Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen". Erschienen ist es erst nach seinem Tode (1851, Breslau). Warum hat er es nicht zu seinen Lebzeiten publiziert? Weil darin ein Satz vorkommt:"Nichts lehrt den Gebrauch der Freiheit mehr als die Freiheit selbst".
Humboldt wollte Karriere machen und so ein Buch wäre in der Restauration nach 1815 für ihn nicht förderlich gewesen.
Ich höre immer nur Aufklärer. Wer kennt das Buch von Martin van Creveld,"Aufstieg und Untergang des Staates"? Erschienen im Gerling Akademie Verlag München 1999. Warum wird es nicht verbreitet, vor allem Teil IV:"Der Staat als Ideal" (1789-1945), mit dem Kapitel"Die Vergöttlichung des Staates" 289 ff.?
Immerhin kommt der Autor, angesehener Historiker an der Hebrew University in Jerusalem, zu dem Schluss, dass es jetzt mit dem"Staat" zu Ende geht. Dass sich die Welt von heute"in ihre Bestandteile auflöst" ist ihm keineswegs"bedauerlich".
Er sieht auch die Möglichkeiten"schwerer Krawalle" und dass die Menschen"sich plötzlich in den Händen von Organisationen wieder (finden), die... autoritärer als die Staaten sind". Wer klärt uns über das Phänomen der russischen Mafia auf? Und warum sie kommen musste?
Und wer kommentiert diesen Ausblick von Crevelds:"Gewalt bricht aus, das Blut von Kombattanten und Nichtkombattanten wird vergosssen, und zumindet vorübergehend wird eine Rückkehr zu primitiveren Lebensformen die Folge sein"?
Wer klärt uns darüber auf, was passieren kann, wenn wirklich eine Große Krise kommt? Der von unserer spätstaatlichen Priesterkaste der"Ã-konomen" immer wieder gebetsmühlenartig vorgetragene Hinweis, Politik und Notenbanken würden dies schon verhindern, hat einen genau so lächerlichen Zug wie alle Dogmen, die bisher in der Geschichte aufgetischt wurden.
Van Creveld endet mit einem Mao-Zitat:
"Die Sonne wir immer scheinen,
die Bäume werden immer wachsen,
und Frauen
werden immer Kinder haben."
Immerhin ein Ausblick.
Aber"Aufklärung"? Die des 18. Jh. endete in Strömen von Blut. Und heute, da wir in der Tat weiter davon entfernt sind denn je,"aufgekklärt" zu sein, und ich meine konkret: aufgeklärt zu sein über den Staat selbst, werden wir möglicherweise noch ganz anderen Katastrophen entgegen schlendern.
Und wer hat die Aufklärung über den Staat und sein verheerendes Treiben querbeet durch die Geschichte bis heute, verhindert? Die fest in Staatshand befindlichen Institutionen, von der Grundschule bis zum Oberseminar einer x-beliebigen staatlichen Universität.
Woher soll denn da"Aufklärung" kommen?
Dieses Forum kann ein wenig dazu beitragen, aufzuklären. Aber wenn es immer mehr verlassen, weil sie entweder nicht rational diskussionsfähig sind oder nicht die Nerven haben, auch Mal eine schlechte Phase zu durchzustehen, dann können wir auch den Rest von Hoffnung fahren lassen.
Gruß
d.
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JÜKÜ
10.04.2001, 11:23
@ dottore
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Re: Forum, Aufklärung, Hoffnung, hier: u.a. Humboldt, Mao, die"Noyades", Blut... |
Meinen Dank für diesen Beitrag. Besonders auch:
>Dieses Forum kann ein wenig dazu beitragen, aufzuklären. Aber wenn es immer mehr verlassen, weil sie entweder nicht rational diskussionsfähig sind oder nicht die Nerven haben, auch Mal eine schlechte Phase zu durchzustehen, dann können wir auch den Rest von Hoffnung fahren lassen.
>Gruß
>d.
Seit dieses Forum existiert, über ein Jahr, habe ich ungeheuer viel über alles Mögliche gelernt. Es geht inzwischen so weit, dass, wenn ich mich mit meinen Kollegen unterhalte, ich merke, dass sie regelrecht"hinter dem Mond" leben. Unkritisch - heile Welt - Geld ist Geld und fertig - Staatsschulden? na und? - Gold, so'n Quatsch - mainstream ohne Ende... Vielleicht bin ICH auch"abgehoben".
All' diese Dinge, die meinen Horizont mehr als je zuvor erweitert haben, sind mir mehr wert als die freie Wahl, in einer schwierigen Phase das Handtuch zu schmeißen - auch wenn ich nur Leser/Schreiber wäre.
Und ich möchte den sehen, der hier NICHT den gegenseitigen Austausch, die Hilfestellungen, auch die persönlichen Dinge (u. a. Ochsenfurt), die Sichtweise über Börsen, Märkte und Elliott-Wellen als bereicherndes Juwel angesehen hat oder sieht. Man könnte ein halbes Buch mit den Lobgesängen über dieses Forum füllen - und das alles wird so leicht vergessen?
Das alles wegschmeißen für den kurzen Luxus eines persönlichen Urteils über einen Andersdenkenden? Dann besser gleich Robinson Crusoe spielen und niemand kommt einem in die Quere.
Trotzdem akzptiere ich, wenn jemand die Gesellschaft und Auseinandersetzung mit Menschen meidet, die dem eigenen Wohlfühlen nicht gut tut, aber nur, wenn es mehr als das kleine Ego betrifft.
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Toni
10.04.2001, 11:27
@ dottore
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Re: Forum, Aufklärung, Hoffnung,... |
Wenn ich mir also vorstelle, wie ich in wenigen Monaten all meines Besitzes entledigt, verlaust und in Lumpen gekleidet in einem Stück unkrautüberwachsenen Bodens (falls es sowas dann noch gibt) nach Würmern und Würzelchen scharre, um nährstoffmässig überhaupt noch irgendwie überleben zu können - - - bin ich dann"aufgeklärt"?
Ich hätte noch ein paar andere Visionen für die nähere Zukunft.
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Talleyrand
10.04.2001, 11:30
@ dottore
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Geschichte ist Schlachthaus, echte Aufklärung immer nur in der Kammer möglich! |
Lieber Dottore,
Sie sprechen mir aus dem Herzen!
Zunächst möchte ich darlegen, warum ich forumsmässig alle Hoffnung fahren lasse
und das ist schnell gesagt: würden die Teilnehmer sich gegenübersitzen, wäre
es eine würdigere Veranstaltung, als sie es (aus meinem ganz persönlichen Blickwinkel) in letzter Zeit war. Dass dieses Forum nahezu einzig ist, wissen wir ja. Daß es aber nicht von solchen Naturen wie Rab gesäubert, ja! gesäubert wird (Säuberung ist ja nur virtuell und er verstösst wiederholt ohne Sanktion gegen den Anstand. Nicht meinen, sondern den gemeinsamen.), lässt es herab-
sinken. Zumal solche Teilnehmer ja ohne Weiteres ins Exil gehen könnten und
später geläutert und ggf. mit neuer Identität zurückkehren könnten.
Ich kann hier einfach kein weiteres Interesse aufbringen, wenn ein Teilnehmer,
der hier nichts beigetragen hat als seine fundamentale Erkenntnis (als Reaktion
auf eine humanitäre Diskussion):"im Grunde wollen wir doch alle nur Kohle machen, oder?" Dieser geistige Pimpf darf meine Beiträge einfach als"Schwachsinn","unglaubliche Naivität" usw. abtun und fordert als Reaktion
von mir Argumente ein? Obwohl er nicht eines bringt? Ausser völlig unseriösen, wie: es hat noch nie einen Krieg zwischen den Supermächten gegeben, also gibt
es auch niemals einen. Der Pflaume rufe ich zu: Du elender Narr, Du hast nicht erkannt, daß es immer Krieg zwischen den Supermächten gegeben hat und immer geben muss, weil es leider zu ihrer Natur gehört! Nur wechseln die Grossmächte im Laufe der Geschichte ihren Namen. Das ist alles.
Und daß ein Krieg für alle Welt scheinbar immer aus kleinsten Kleinigkeiten entsteht, ist ebenso notwendig, denn sonst wäre der Nachwelt die Schuldfrage zu einfach. Das ist unveränderliche Geopolitik.
>Liebe Freunde,
>Talleyrand schrieb, wir seien"weit hinter die Aufklärung" zurück gesunken.
>Dazu ein paar kurze Gedanken.
>Nach der Aufklärung brach nicht etwa eine Zeit des Friedens, des menschlichen Verstehens, der Güte und der Moral an, sondern eine der übelsten Phasen der Geschichte.
Jawohl, Sie haben Recht. Natürlich hätte die moralische Gedankenwelt nach
Erscheinung des Nazareners fertig genannt werden können. Einzelne Gedanken
der Aufklärung können sogar dem Übel mitgeholfen haben, einverstanden.
Nur ein Stichwort:
>Französische Revolution.
Eine romatisch verklärte menschliche Hölle, nichts weiter.
Ein blutiger Versuch über die Macht von zutiefst inhumanen Teufeln, ja.
Beim Folgenden sind wir uns auch einig.
Was der Aufklärung aber nicht zu nehmen ist: der eine, der einzige Impuls,
der wertvoll bleibt, selbst wenn alles Andere in sich zusammenfällt:
Daß wir selber hinschauen müssen. Und eigene Schlüsse in all ihrer Unvollkommenheit ziehen müssen. Dann haben wir sogar die Chance,
rechtzeitig, und sei es erst in den letzten Lebenszügen, einem Heiligen
ähnlich zu werden. Und wenn wir nur dasitzen und uns von den Machtstrebenden
aller couleur den Takt schlagen und die Blickrichtung zeigen lassen,
dann werden wir nicht nur enden wie, sondern sein, was wir dann eben sind.
Eben menschliches Füllmaterial, ggf. die bittere Entäuschung Gottes.
In meinem Aufruf wollte ich das positive Bild, das in den Köpfen über die Aufklärung sitzt, nutzbar machen. Denn die Gefahr, daß sich allzuviele nach
hinten wenden und der Geschichte auf den blutigen Grund gehen, sehe ich
nicht. Leser immer ausgeschlossen!
>Gruß
>d.
Herzlichen Gruss zurück, lieber Dottore!
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Talleyrand
10.04.2001, 11:39
@ JÜKÜ
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Paperlapapp! Warum schöne Sprüche machen und nicht handeln? |
Mal"strafst" Du hier und mal"dort", der eine geht, der andere
akzeptiert es, ohne seine Ansicht zu revidieren. Du lässt Harald
von dannen ziehen, weil er eine andere Meinung hat (die ich so nicht teile).
Harald jedenfalls hat sich nicht unverfassungsgemäss geäussert (und das muss reichen, um Demokrat genannt zu werden!). Und er wurde nicht verletzend.
Und lässt Rab mobben, obwohl er offensichtlich keine Meinung hat. Jedenfalls keine, die ihm nicht vom mainstream eingeimpft worden wäre.
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Toni
10.04.2001, 11:55
@ Talleyrand
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Re: Schöne Sprüche machen? |
>Mal"strafst" Du hier und mal"dort", der eine geht, der andere
>akzeptiert es, ohne seine Ansicht zu revidieren. Du lässt Harald
>von dannen ziehen, weil er eine andere Meinung hat (die ich so nicht teile).
>Harald jedenfalls hat sich nicht unverfassungsgemäss geäussert (und das muss reichen, um Demokrat genannt zu werden!). Und er wurde nicht verletzend.
>Und lässt Rab mobben, obwohl er offensichtlich keine Meinung hat. Jedenfalls keine, die ihm nicht vom mainstream eingeimpft worden wäre.
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Hallo Talleyrand
Hier ein Hinweis von mir, da Du von andern immer verlangst, dass sie mal nachdenken: Manchmal lohnt es sich, über ein Ding ZWEIMAL nachzudenken.
Darüber zum Beispiel:
"Dem Chef drohen, ich kündige, wenn Sie nicht den anderen Entlassen.lol" (Rab in 53361)
Liebe Grüsse
Toni
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JüKü
10.04.2001, 11:56
@ Talleyrand
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Re: Geschichte ist Schlachthaus, echte Aufklärung immer nur in der Kammer möglich! |
>... und er [Rab] verstösst wiederholt ohne Sanktion gegen den Anstand.
Offenbar hast du meinen Beitrag an Rab nicht gelesen. Bei der nächsten kleinsten Provokation oder Beleidigung reagiere ich.
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Baldur der Ketzer
10.04.2001, 12:10
@ Talleyrand
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Re: @Talleyrand: kennst Du nicht den Spruch |
von der Eiche im Wald und vom Schwarzkittel......?
Trost gibt Dir in manchen Dingen auch der Ritter Götz.......
und nimms nicht gleich so persönlich, es gab schon ganz andere Kaliber und Knaller, und trotzdem gibts das Forum noch.
Beste Grüße vom Baldur
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Tassie Devil
10.04.2001, 12:19
@ Toni
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Re: Forum, Aufklärung, Hoffnung,... |
>Wenn ich mir also vorstelle, wie ich in wenigen Monaten all meines Besitzes entledigt, verlaust und in Lumpen gekleidet in einem Stück unkrautüberwachsenen Bodens (falls es sowas dann noch gibt) nach Würmern und Würzelchen scharre, um nährstoffmässig überhaupt noch irgendwie überleben zu können - - - bin ich dann"aufgeklärt"?
Nein, garantiert nicht. Du bist nur aufgeklaert worden. Passiv hat nicht immer Aktiv zur Zwangsfolge:-)!
>Ich hätte noch ein paar andere Visionen für die nähere Zukunft.
Das kann ich mir sehr gut vorstellen
gruesst
Tassie Devil
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mangan
10.04.2001, 12:25
@ dottore
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Re: Forum, Aufklärung, Hoffnung, hier: u.a. Humboldt, Mao, die"Noyades", Blut... |
>Woher soll denn da"Aufklärung" kommen?
>Dieses Forum kann ein wenig dazu beitragen, aufzuklären. Aber wenn es immer mehr verlassen, weil sie entweder nicht rational diskussionsfähig sind oder nicht die Nerven haben, auch Mal eine schlechte Phase zu durchzustehen, dann können wir auch den Rest von Hoffnung fahren lassen.
>Gruß
>d.
Wie prakt. immer, 1. Klasse dottore.
Habe deshalb gerade mal so einige Beiträge zurückgelesen und tippe nun spontan meine Gedanken.
Das Phänomen ist m.E. immer dasselbe im Forum.
Das Verhängnis scheint halt, daß (jugendliche?) Unerfahrenheit zu (jugendlichem) Eifer/Glauben (Fanatismus?) und jugendlichen guten Nerven kommt.
Die testen ihre Grenzen.
Mit zunehmendem Durchblick (zumindest bei der Mehrheit) kommt leider auch bequemes kopfschütteln, statt sich mit wirrem Zeug auseinanderzusetzen.
Dafür werden die Nerven schlechter.
Und die Erkenntnis in Abwandlung, wie war das?
Wer verführt lenkt die Massen, wer aufklärt wird ihr Opfer.
Sicher ein Grund, warum manche behaupten, daß jeder schmerzliche Erfahrungen selbst machen muß. Na, höre (Schande) bequem wieder auf.
m
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Turon
10.04.2001, 12:44
@ dottore
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Zwei Gründe gegen die Aufklärung |
Der erste Grund gegen die Aufklärung: Machtverlust.
Die Autorität eines Staates liegt nicht etwa darin, human zu sein,
dazu merken wir bereits, wie oft die Deutschen selbst schwarz-rot-gold
selbst anpinkeln, weil der Staat zu gnädig sei. Die Autorität eines
Staates liegt darin, einen Krieg gegen Andere zu führen.
Der zweite Grund gegen die Aufklärung:
Eben diese Reihe von Verbrechen, die Du aufgelistet hast. Wenn man
ganz tief darüber nachdenkt, wer die Leute in Bosnien vergewaltigt,
ermordert oder so aus Spaß verkrüppelt hat, könnte man auf die Idee
kommen, daß es der Großvater war, wenn man es so aus der 30-jähriger
Perspektive betrachtet. Das wollen die humanen Leute, die Gewalt angeblich
ablehnen, dann doch nicht erfahren, daß womöglich der Großvater
an sowas teilgenommen hat.
Auch Aufklärungsversuche wie Filme über die Nazizeit, geschweige denn die
Geschichte, Geschichtsbücher, Geschichtsunterricht wird jeweils so
verbogen, damit man die unangenehmen Töne einfach umgeht.
Das Phänomen der Massenkriminalität, wie Russenmafia, ist eine Folge
eines Zerfalls des Staates. Die Altfunktionäre des roten Regimes,
wollten sich halt nicht vom Einfluß trennen, oder die Wurst vom Brot
nehmen lassen. Für einen Russen, der keine Arbeit hat, aber doch
Familie und Kinder - dem bleibt am Ende nichts Anderes übrig, als
zugehörig zu sein, und zu Not für die Wurst für Kinder zu töten.
Ich bin sowieso schon immer der Meinung gewesen, daß der Staat
an sich, von viel schlimmeren Übel regiert wird, als sonst wir es
erkennen mögen. Dieses Übel hat aber in Friedenzeiten die Intelligenz
Humanität im Mindestmaß zu bewahren. Dieses Übel paßt sich halt an den Zeitgeist an.
Die Bücher die Du erwähnst die fehlen tatsächlich als Pflichtlektüre,
oder man macht es ganz Anders. Anstatt jedem Menschen selbst zu sagen,
welche Morde sich seine Nation in der Vergangenheit geleistet hat,
wissen wir nun mal perfekt, was Franzosen, Russen, Engländer, Amerikaner
alles für Greueltaten gemacht haben. Nur über unseres Wesen wissen wir
das Geringste.
Weil es Jemandem von oben halt nicht gefallen wird, Macht zu verlieren.
Ein Soldat, der die Befehle von oben nicht gehorcht, bringt für den Staat
nichts. Er hätte dann so etwas wie Selbstbewußtsein.
Ich kann nur auf den einen Satz hinweisen, den jeder mal gehört haben muß,
dem eine alte Ordnung in einer Firma nicht gefallen hat und versuchte mit
neuen Ideen zu glänzen. Lieber junger Freund: es ist nicht Deine Aufgabe
zu sehen was läuft, sondern zu arbeiten, und sich über diesen dicken
Check zu erfreuen, den Du jeden Monat bekommst. Oder: Junge - sei
froh das Du Arbeit hast.
1) Man bewundert eine Person für seinen hellen Geist, man sagt so Jemandem
braucht man in der Firma;
2) So eine Person ist für eigene Stellung gefährlich, man spekuliert
darauf, daß sie sich unterordnet;
3) Wenn diese Person nicht das erhoffte bringt, sondern die Unfähigkeit
eines Systems durch eigene Ideen immer wieder belegt, so ist es
nicht etwa ein Freund. Es ist ein Feind, der uns die Stelle
rauben wird.
4) Und im Folge dessen, kommen die Leute mit der bester Gabe unaufhörlich
den Kopf von oben nach unten zu bewegen, die die niemals widersprechen,
aber laufend versuchen die gestellten Aufgaben zu erfüllen am besten
voran. Willst Du viel erreichen, werde Ars**kriecher.
Fazit: Wir wollen als Menschen keine Aufklärung. Aufklärung macht man
nur dann, wenn man die alte Garde beseitigen will. Alte Sünden werden
halt mit Blut gewaschen. Doch ob Gewalt gegen Tiranen eine Aufklärung
ist - das sollte man unter einen Fragezeichen stellen! Diese Aufklärung
dient doch nur dazu um neue Hierarchien zu bilden. Am Ende sind
diese kein Stückchen besser als die Vorgänger. Auch diese würden
Menschen einfach so abmoxen.
Ich rede aber nicht von solcher Aufklärung. Es gibt Pflichtlektüren.
Dummerweise immer die Falsche.
In meiner Zeit bei der Burschenschaft 1/2 Jahr, habe ich festgestellt,
daß diese Leute überhaupt nichts über diese 6 Jahre wissen wollen.
Doch die alten Herren, waren diejenigen, die meinten es wird schon i.O
in 20 Jahren - wenn sich die Zeiten ändern, die Reichskreigsflagge
mit vollem Stolz zu zeigen. Als ob es tatsächlich zu damaliger Zeit
etwas gäbe worauf man stolz sein kann. Eigentlich gibt es nichts,
was man aus dieser Zeit nicht verachten kann. Doch das sieht man ganz
sicher Anders, wenn man paar Menschen umgebracht hat. Dann ist man
plötzlich ein Teil der Kriegsmaschinerie, ja, die alte Mafia ist dann
komischerweise Schutz davor - sich selbst mal im Spiegel zu betrachten.
Kein Mensch wird die Kraft haben, sich selbst den Tod von paar anderen zuzuschreiben.
Aber keine Sorge: die Aufklärung beginnt nicht erst, wenn man die Kinder
in die Schule schickt. Eigentlich ist es die Aufgabe der Eltern,
schonungslos den Kindern beizubringen, was sich die Menschheit
davor geleistet hat.
Denn die Marionette in der Schule - namens Lehrer - der wird auch nur
sein Unterricht so gestalten, wie es der Fahrplan vorsieht. (Oder am besten
diesen Unterricht ganz auslassen).
Ich will Euch am Beispiel Polen mal das Unterricht vorstellen, was man
alles gemacht hat: 8 Klasse. 5 Stunden Polnischunterricht, 4 Stunden
Mathematik, 3 Bio, 2 Chemie, 2 Physik. Vier Stunden Geschichte, 4 Stunden
Fremdsprache (deutsch/russisch).
Die abgesandten aus USA, als Wirtschaftsentwickler meinten zu den Politikern,
man sollte die Leute nicht so stark allgemeinbilden, sondern spezialisieren.
Was man also im Westen schätzt, sind hirnlose aber ergebene Diener, die lediglich ihren Job machen sollen. Zu viel wissen, sollten die auf gar keinen
Fall.
Wissen ist nämlich Macht.
Und danke an Dich dottore, für das Spiegeln meiner Gedanken. Es wird in der Tat
verhindert, daß irgendetwas aufgeklärt wird. Fairerweise: nicht nur bei uns.
Woanders ist es vermutlich noch viel schlimmer.
Viele tragen nach einem Krieg nun mal einen ordentlichen Dachschaden
davon. Mein russischer Schwager erzählte mir, daß ungefähr 30-40%
der Soldaten in Rußland, schon alleine den Wehrdienst mit gebrochenen
Selbstbewußtsein durchstehen. Nervenzusammenbruch, Selbstmord....
Ob man darauf stolz sein kann, will ich bezweifeln.
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Turon
10.04.2001, 12:48
@ JÜKÜ
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Tja Jükü |
da bist Du nicht der Einzige. Ich bin selbst Einwanderer, und eigentlich
hält man mich für begrenzt (weil eben aus den Osten). Doch wenn man
sich mit Kollegen über gewisse Sachen unterhält, fragt man sich sehr oft,
wofür sie Abi bekommen haben. Viele sind einfach nur komplette Fachidioten.
Gruß.
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Talleyrand
10.04.2001, 12:49
@ Toni
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Re: Schöne Sprüche machen? |
Liebe Toni,
ohne arrogant wirken zu wollen, aber diese Ebene habe ich schon etwas länger
hinter mir gelassen. Reaktionen (wie meine) können aus der populären Sicht heraus beurteilt werden. Aber es gibt nicht nur die populäre Sicht.
Bitte nicht das"Du-bist-ein-Kräutchen-rühr-mich-nicht-an-Fähnchen" raus-
holen, das könnte unreflektiert wirken.
Gruss an eine sympathische Schweizerin! T.
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Tassie Devil
10.04.2001, 13:11
@ Talleyrand
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P & S |
>Mal"strafst" Du hier und mal"dort", der eine geht, der andere
>akzeptiert es, ohne seine Ansicht zu revidieren. Du lässt Harald
>von dannen ziehen, weil er eine andere Meinung hat (die ich so nicht teile).
>Harald jedenfalls hat sich nicht unverfassungsgemäss geäussert (und das muss reichen, um Demokrat genannt zu werden!). Und er wurde nicht verletzend.
>Und lässt Rab mobben, obwohl er offensichtlich keine Meinung hat. Jedenfalls keine, die ihm nicht vom mainstream eingeimpft worden wäre.
Lieber Talley,
es gibt da noch ein deutsches Sprichwort, das da sagt: Man soll Perlen nicht vor die Saeue werfen.
Dies, um Deine Aufklaerung noch ein wenig weiter zu treiben.
Du musst natuerlich Dein Auge schaerfen, um schon ansatzweise die Saeue von den Perlen unterscheiden zu koennen, Lehrgaenge gibt es dafuer nicht.
Und mach Dir nix draus, die Saeue werden Dir Ueberheblichkeit, Arroganz und sonstiges vorwerfen, das gehoert ganz einfach zum demokratischen Mainstream, ignoriere sie einfach.
Ist ein weiteres Ignorieren einmal nicht (mehr) moeglich, weil es die Saeue zu toll treiben, dann konzentriere Dich auf einen einzigen grossen Feuerstrahl, den Du dann reinfeuerst, einen einzigen fulgus maximus, der reichen sollte. Kuemmere Dich nicht um das anschliessende aufgeregte und laute Gequieke, es zeigt Dir nur, dass Du richtig getroffen hast.
Wenn Du nun der Meinung bist, dass so etwas in der Realitaet nicht vorkommen koenne, wenn Auge in Auge gesittet und zivilisiert gegenuebersitzt, dann irrst Du. Man handelt eine solche Situation ggf. ganz genau so ab, wenn denn erforderlich.
So etwas musst Du voll abkoennen, und total cool dabei bleiben.
Also, Talley, dann lass mal Deine Perlen weiter rollen,
auffi goats
gruesst der
Tassie Devil
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Talleyrand
10.04.2001, 14:30
@ Tassie Devil
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;-) (owT) |
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Rudow
10.04.2001, 22:35
@ dottore
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Re: Forum, Aufklärung, Hoffnung |
>Liebe Freunde,
>(...) Wer kennt schon Heinsohns"Lexikon der Völkermorde" (Rowohlt 1998)? In welcher Schulbibliothek steht es denn?
>(...)
>Dieses Forum kann ein wenig dazu beitragen, aufzuklären. Aber wenn es immer mehr verlassen, weil sie entweder nicht rational diskussionsfähig sind oder nicht die Nerven haben, auch Mal eine schlechte Phase zu durchzustehen, dann können wir auch den Rest von Hoffnung fahren lassen.
Lieber dottore,
jedenfalls in meiner Schulbibliothek steht dieses Büchlein - und Schüler von mir und anderen Kollegen werden damit bekannt gemacht.
Ich arbeite an einer Berufsschule für Medienberufe und es ist eine höchst spannende Angelegenheit für mich, in der Früh um 6 einen Beitrag von dottore auc dem EW-Forum zu kopieren, als Arbeitsmaterial zu formatieren und um 8 Uhr eine Gruppe von (manchmal) sehr diskussionsfreudigen Berufsanfängern oder am Abend eine größeren Gruppe von (Jung)Meistern innerhalb ihrer Ausbildung bei einer Industrie- und Handelskammer zum Diskurs anzubieten.
Was da an erstaunten Blicken, kritischen Bemerkungen und (gelegentlich) heftigen"Aufbrüchen" zu erleben ist, kann ich hier nur andeuten.
Also: deine Beiträge und manche der diese Beiträge provozierenden Fragen so wie kritische Bemerkungen zu denselben sind nicht in JüKü's Archiv"vergraben".
Sie sind (mindestens) Gegenstand eines Diskurses von etlichen Leuten außerhalb dieses Forums. (Natürlich finden auch die Thesen von R.Deutsch, von"Oldy" und einigen anderen ihren Platz in der Diskussion. Leider verbieten es mir gewisse rechtsradikale Äußerungen in diesem Forum hier einen öffentlichen Verweis auf JuKü's Forum).
Irgendwie ist Aufklärung halt eine Gradwanderung...
Wollte sagen: nicht nachlassen (ich jedenfalls kann's ganz gut verwerten).
In diesem Sinne auch Dank an JüKü!
Grüße
von Rudow
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Baldur der Ketzer
10.04.2001, 22:51
@ Rudow
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Re: Rudow |
......gewisse rechtsradikale Äußerungen in diesem Forum......
Ach, Lehrerchen,
wenn ich schlecht drauf wäre, würde ich jetzt eine gute Seite oder auch zwei oder drei schreiben.
Aber das bin ich nicht ;-). Mach Dir mal keine Hoffnung ;-).
Mit gewisser Verständnislosigkeit grüßt Baldur, das Ketzerchen
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