>die vorausgeht. Gibt es dazu griffige geschichtliche Beispiele?
>Oder ist das"nur" graue, lebensfremde Theorie?
>Siehe Posting 19:20 Krugman Re.
Sehr gute Frage!
Um es gleich vorweg zu sagen:
Die Stabas des 20. Jh. sind fast alle erst nach und durch Hyperinflationen eingetreten (bzw. der bekannten"zurückgestauten", da durch Preisedikte unten gehaltenen Hyperinfla der Hitlerjahre bis 1948 wo es dann zur Währungsreform kam mit wieder freien Preisen).
Ein Staba setzt ja voraus, dass der jeweilige Staat nicht mehr in etwas bezahlen kann, was er selbst nicht herzustellen vermag. Seit alle NBs (bis auf Reste) verstaatlicht sind, können sie also"ihren" Staaten unschwer per Notendruck aus der Klemme helfen.
Aber: Haben diese Staaten Auslandsschulden, also lautend auf Währungen, die sie nicht selbst drucken können, kracht's auch bei denen. Dazu siehe Russland unter Jelzin, wo sein junger Premier (Name gerade entfallen) die Zahlungen, die gegenüber dem Ausland zu leisten waren eingestellt hatte.
Die Bankrotte von Mexiko und Brasilien 1982 und die zahlreichen Folgebankrotte wurden entweder via Prolongation der Auslandsschulden (per IWF, Roosabonds usw.) vertagt, Bolivien ließ die Auslandstitel, die es nicht mehr bedienen konnte soweit absacken (10 % market value), so dass diese billig zurückgekauft werden konnten.
In Südostasien und Türkei aktuell half/hilft wieder der IWF und prolongiert, indem er eigene auf Dollar lautende Titel rüberschiebt, was dann den IWF zwingt, immer weiter sein Kapital (für credit facilities) zu erhöhen. Das schafft natürlich Probleme in den jeweiligen Parlamenten, wo der Finanzminister erklären muss, das wieder Geld für den IWF bereit gestellt werden soll.
Bei Japan wird's schon kritischer, wie oft genug gepostet. Staatsverschuldung incl. Renten- ud Pensionszusagen >300 % des BIP. Und das BIP in konkret realisierten Preisen fällt. Der Staat dort hat keine auf Fremdwährungen lautenden Schulden (Yen gilt selbst als"Reservewährung") eben so wenig wie die BRD oder gar die USA auf andere Währungen lautende Schulden hätten. Japan ist also sich selbst überlassen.
Der IWF kann zwar in Tokio einfliegen, aber wozu soll er Kredite auf Yen lautend vergeben, denn Japan kann diese Yen selbst in beliebiger Menge fabrizieren.
Japan hat deshalb auch keinen Druck, seine auf Dollar usw. lautenden Devisenreserven anzugreifen, weshalb es auch NY einstweilen unangetastet lässt. Außerdem hat J eine aktive Habi, so dass es keine Notwendigkeit gibt, Devisenreserven ins Rennen zu werfen, um die Zabi in Ordnung zu bringen. Und den Yen stützen muss J auch nicht, siehe dessen Kurs.
Was aber geschieht, wenn J in eine passive Habi kommt oder wenn der Yen gestützt werden muss, ist eine andere Frage. Die stellt sich spätestens, sobald in J endlich die von Krugman u.v.a. geforderte Inflationierung veranstaltet. Inflationierte Währungen fallen logischerweise und dann könnte die Yen-Stützung virulent werden. Wie J (aktuell in der Liqui-, alias Schuldenfalle) inflationieren wird, ist noch nicht zu erkennen. Einstweilen geht da noch nix. Jedenfalls wütet die Defla weiter.
Nun zu den Bankrotten in Währungen bzw. zur Währungsdeckung genommenen Waren (z.B. Gold und Silber), die dem unter Druck stehenden Staat nicht zur beliebigen Produktion zur Verfügung stehen.
Die letzten Großbankrotte dieser Art waren vor WKI Russland, China (schon in der Sun-Yat-Sen-Revolution), Portugal und diverse Südamerikaner (Venezuela wurde per"Kanonenboot-Diplomatie" zur Rückzahlung gewzungen, ähnlich Marokko).
Nach WKI stellte die Sowjetunion sämtliche Zahlungen ein (das Problem der sog."Zarenanleihen", die vor allem in Frankreich platziert waren). Inzwischen gab's dafür eine Konkursquote.
Zeitlich noch weiter davor ist es ziemlich einfach: Südamerikanische Staaten fallierten im 19. Jh. im Dutzend, zahlreiche Anleihen anderer Staaten wurden nicht mehr bedient, z.B. des Königreichs Westfalen, da sich der Rechtsnachfolger (Preußen) weigerte, sie zu übernehmen.
GB ging 1810 vom GS ab - Klartext: Notenbank-Bankrott, aber kehrte nach 1815 wieder auf die alte Parität zurück. F ging in der Revolution via Hyperinflation (Assignaten) zum Staba über - alle alten Schulden (sog."Rentes") wurden komplett wertlos, heute noch für wenige DM bei jedem HP-Händler zu erwerben. Dito dann (bunter Strauß): Frankreich 1720 ff. - die Noten der Banque des John Law verschwanden wertlos und die Staatsschulden waren in Aktien der großen Law'schen Compagnie (Mississippi-Gesellschaft) umgetauscht wurden.
Der Umtausch von Staatsschulden in Aktien von staatlich privilegierten Gesellschaften hat alte Tradition, zum ersten Mal beim Staatsbankrott Genuas eingangs 14. Jh., wo so der Banco di San Giorgio gegründet wurde. Ähnlich auch die Gründung der Bank of England Ende 17. Jh., überall ausführlichste Literatur dazu (Kapital der Bank waren Staatsschulden).
Sehr große offiziell erklärte Bankrotte Mitte der 1550er Jahre in Spanien und Frankreich, anschließend schwerer wirtschaftlicher Niedergang. Ansonsten gingen immer wieder große Herrscher pleite (Edward III., anschließend Konkurs der Florentiner Banken Bardi, Peruzzi et al.). Auch die Medici fallierten mit dem Umsturz durch Savonarola, Ende 15. Jh., wonach Florenz seine Schulden nicht mehr bediente.
Die Augsburger Welserbank ging 1614 unter, da die Aktivseite (beginnend mit Großkrediten an den Kaiser) uneinbringlich war. Und so weiter.
Ansonsten wurden die alten Schulden von Herrschern und Staaten (es geht ja immer um die alten Schulden!) laufend entwertet, dies zumeist per Münzverruf oder Verschlechterung des Feingehalts der Münze (Perma-Inflationierung; es wurde jeweils im - alten - Nominal zurückgezahlt).
Bischof Wichmann von Magdeburg brachte es mit mehrfachen Münzverrufen p.a. auf die Spitze, sog. Brakteaten-System, was nur eine Variante des Staatsbankrotts gewesen ist, wie alle diese"Systeme".
Langer Rede kurzer Sinn: Wegen der Schulden diverser Staaten in Fremdwährung müssen wir uns vorerst keine Sorgen machen, denn dort springt immer noch schnell der Währungsfonds ein bzw. es wird von den Banken prolongiert ("Umschuldungsabkommen"), siehe Russland, Ukraine usw. (Ob und inwieweit die Banken, vor allem die deutschen schon die Russlandschulden, ca. 60 Mrd DM, wertberichtigt haben, weiß keiner so recht).
Die Nagelprobe wird Japan sein.
Gelingt es dort nicht schleunigst, die Inflation zu starten, wird's ganz bitter. Die Deflation wird zur berüchtigten Einwärtsspirale und das Elend nimmt immer schneller seinen Lauf.
Startet aber die Inflation, heben die Sparer ab, was den Banken nicht bekommen dürfte (siehe das Brüning-Problem 1932!). Außerdem haut's den Yen-Kurs zusammen, was nicht minder große Probleme schafft (Japan hat weder Ã-l noch Bodenschätze).
Dadurch wird sich die Habi rasch negativieren und muss dann mit Hilfe der Devisenreserven ausgeglichen werden (J kauft das Ã-l dann letztlich mit dem Geld, das es in NY liegen hat). Und ein burn-out der japanischen Devisenreserven (= T-Bills und T-Bonds fliegen auf den Markt, um ready cash at hand zu haben) verheißt für die ohnehin labilen US-Märkte ein Szenario, das besser nicht en detail beschrieben werden sollte.
So oder so: Der Fuchs muss aus dem Bau. Und zwar in Japan!
Thats why Prof. Krugman is so nervous...
Gruß
d.
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