dottore
17.07.2001, 17:19 |
Real-Enzyklopädie (7): Urschuld Thread gesperrt |
Guten Tag!
Wir kommen zu einem besonders schwierigen Kapitel, das umso leidenschaftsloser abgehandelt werden muss.
Die"Urschuld" ist eine Verbindlichkeit gegen uns selbst.
Ihre Existenz zu erkennen, bereitet vielen die größten Probleme. Schließlich setzt das ein starkes Abstraktionsvermögen voraus. Man muss sich den Menschen sozusagen verdoppelt vorstellen: Ein Mal als den, der für ihn sorgen muss und ein zweites Mal als den, der ihn versorgt.
Daher werden Urschuld-Diskussionen gern als quasi-religiöses Geschwafel abgetan - die bekannte"Erbsünde"-Diskussion, die schon lang und breit geführt wurde.
Die Juristen, die zunächst für die Probleme der Verbindlichkeiten zuständig sind, da diese schließlich in der einen oder anderen Form gerichtsnotorisch werden müssten, falls es sich tatsächlich um Verbindlichkeiten handelt, haben dies noch bis ins 19. Jh. berücksichtigt, z.B. Adolph Dieterich Weber: "Systematische Entwickelung der Lehre von den natürlichen Verbindlichkeiten und deren gerichtlichen Wirkung", Schwerin und Wismar 1805 (4. Aufl.), wie das Inhaltsverzeichnis zeigt:
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Darin ist klar von"Verbindlichkeiten gegen uns selbst" die Rede, was aber, da nahe zu denen"gegen Gott" angesiedelt, wieder eher nach Geschwafel ausschaut, da Verbindlichkeiten gegen Gott ausschließlich in der Vorstellung jedes einzelnen liegen (auf das"Opfer"-Phänomen sei hier verwiesen).
Verbindlichkeiten gegen uns selbst sind nun höchst real und ökonomisch wirksam. Sie müssen ein Leben lang abgetragen werden, in realen Gütern und Leistungen (Essen, Trinken, Wohnen usw.). Die"Urschuld" ist demnach ökonomisch in Erfahrung zu bringen, indem die gesamten Lebenshaltungs- und Lebensaufenthaltskosten für einen erwarteten Lebenszeitraum auf den Zeitpunkt der Geburt nach den üblichen finanzmathematischen Tabellen abgezinst werden, die man bei jeder Lebensversicherung einsehen kann.
Das ist die Urschuld.
Ganz schlichtes Beispiel: Liegen die Kosten des Lebenserhalts konstant bei 30.000 pro Jahr, dann müsste ein Kapital, das sich zu 5 % verzinst in Höhe von 600.000 vorhanden sein, um das Lebenserhaltungsproblem zu lösen, sofern das Kapital unangetastet vererbt werden soll (den modernen Inflationismus lassen wir der Einfachheit halber beiseite, da er am Grundproblem nichts ändert und außerdem in sog."Sachkapital" angelegt werden kann, wobei wir dessen Erhalt auch hier weglassen können, es müssten dann Erhaltungsrücklagen gebildet werden, die die laufend verfügbaren Einkünfte mindern).
Auch dieses Kapital ist nur ein anderer Ausdruck für Urschuld.
Entweder es ist vorhanden, womit sich kein Zwang zum Wirtschaften für den Betreffenden ergibt. Oder es ist nicht vorhanden. Dann müssen die 30.000 jedes Jahr als Einkommen über den Markt erwirtschaftet werden und zwar durch am Markt realisierte persönliche Umsätze (in der Regel Löhne und Gehälter) des Betreffenden.
Die Urschuld ist demnach nichts anderes als die Summe, die benötigt wird, um ein Leben lang am Leben zu bleiben und zwar so, dass die Summe mit dem Lebensende auf Null steht (es sei denn, sie wird ganz oder zum Teil vererbt).
Da sich weder das Lebensende im Voraus berechnen lässt noch die Ausgestaltung der Lebenswünsche (z.B.: will ich in einer Villa oder einer Hütte wohnen?) ist die Sache höchst vertrackt. Die Urschuld kann während ihrer Laufzeit ("Leben") obendrein variieren, jeder einzelnen kann sie auch ständig maximieren (Saus & Braus) oder minimieren (Wasser & Brot).
Nichtsdestotrotz existiert da eine Verbindlichkeit, die auch im modernen Recht immer wieder durchscheint:
Arbeitlose, deren Urschuld von der Arbeitslosenversicherung abgetragen wird (also von anderen, die in die Versicherung einzahlen), werden immer häufiger vom Staat gezwungen,"zumutbare Arbeit" anzunehmen, also durch eigene Leistung an Lebenskostendeckungsmittel zu gelangen.
Selbst Sozialhilfe (also das Existenzminimum) erhält man in der Regel erst, nachdem alle eigenen Mittel aufgebraucht sind, wobei diese Mittel vom Antragsteller selbst oder dessen Vorfahren erwirtschaftet wurden (Erbschaft). Verwandte in direkter Linie sind überdies einander zum Unterhalt verpflichtet, usw.
Dass die"Verbindlichkeiten gegen sich selbst" mehr und mehr aus der juristischen Lehre herausgefallen sind (und in der ökonomischen überhaupt nicht auftauchen) ist dem Römischen Recht zu verdanken, das sich im 19. Jh. durchgesetzt hat.
Im Codex Justiniani aus dem 6. Jh., einem kolossalen Werk (die älteste Handschrift liegt in der Bibliotheca Laurenziana in Florenz), werden die"Obligationes" so beschrieben (§ ult. I):
"Aut ex contractu sunt, aut quasi ex contractu, aut ex malificio aut quasi ex malificio."
Sie entstammen also entweder aus Verträgen oder quasi aus Verträgen oder aus Schadenszufügungen oder quasi aus diesen, was zum Erfüllungszwang oder zu Schadensersatz führt. Da einerseits niemand einen Vertrag mit sich selbst abschließt (das bekannte Selbstkontraktionsverbot moderner Handels- und Gesellschaftsrechte on top!), und niemand sich gegenüber schadensersatzpflichtig ist, ist damit das Problem als nicht existent definiert. Da hält aber einer nüchternen Realitätsprüfung nicht Stand.
Der römische Rechtslehrer Gajus mogelt sich ebenfalls an der Sache vorbei, indem er Verbindlichkeiten entstehend aus
"aut proprio quodam jure ex variis causarum figuris"
anführt, also letztlich aus verschiedenen Ursachen, ohne diese näher zu erläutern, was auch spätere Römischrechtler nicht mehr schaffen, so schreibt Modestin im 18. Jh.:
"Obligamur (Wir sind verpflichtet) aut re (aus Sache), aut verbis (Worte), aut consensu (Einverständnis), aut lege (Gesetz), aut jure honorario (Ehrensachen), aut necessitate (Notwendigkeit), aut peccato (Sünde)."
Die"Notwendigkeit" wird dabei allerdings nicht näher untersucht.
Letztlich werden heute in der Rechtslehre alle Verbindlichkeiten als"auf Gesetz beruhend" bezeichnet, was zunächst auch vernünftig erscheint. Auch beschreibt kein Gesetz eine Verpflichtung zu Selbsterhaltung direkt (selbst der Suizidversuch ist in den meisten Staaten nicht mehr strafbewehrt, also ein Verschuldenstatbestand, was er noch bis ins letzte Jh. hinein war).
Allerdings kann jeder mit dem Phänomen der Urschuld unvermittelt konfrontiert werden: nämlich dann, wenn ihm eine Verfügung des Familiengerichts auf"Zahlung von Unterhalt" ins Haus flattert. Es ist zwar nicht der eigene Unterhalt, aber doch der Unterhalt eines Menschen, der selbst (noch) nichts zur Deckung seiner eigenen Urschuld beitragen kann und für dessen Existenz man aus menschlich-existentiellen Gründen verantwortlich ist.
Das Fehlen der"Verbindlichkeiten gegen sich selbst" ist inzwischen sehr wohl verständlich, da der"moderne" Staat sich als Institution versteht, die stets in der Lage ist, alle Probleme der Staatsbürger aus der Welt zu schaffen, das Problem des Überlebens eingeschlossen, was freilich weder mit Steuern, die (noch) nicht mit Problemen beladene Bürger bezahlen müssen, noch gar mit Staatsverschuldung funktionieren kann, die zum Schluss selbstverständlich niemand bezahlen kann und wird.
Dass Verfassungen oder Grundgesetze das Problem nicht angehen, nimmt auch nicht Wunder. Sie beginnen gewöhnlich mit den Rechten des Einzelnen (Menschenwürde u.ä.), aber gemahnen ihn nicht an seine Pflichten - wenn sie ihm nicht gar Flausen in den Kopf setzen, wie die amerikanische Erklärung vom 4. Juli 1776, die dem Einzelnen sogar ein Recht auf Glück verheißt ("pursuit of happiness").
Wie launenhaft und brüchig ihr"Glück" ist, werden allerdings selbst die Amerikaner eines Tages merken, möglicherweise schon sehr bald.
Gruß
d.
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Fontvieille
17.07.2001, 18:44
@ dottore
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Re: Real-Enzyklopädie (7): Urschuld |
Hallo dottore,
großartig, diese Darstellung einer Selbstverständlichkeit, die jeder gerne verdrängt.
Nur in einem Punkt stimme ich nicht zu: Das Justizwesen und die Gesetze, einschließlich Verfassungen, sind nicht der Ort, um das ökonomische Problem der menschlichen Existenz in dieser Welt zu behandeln. Gesetze regeln die Beziehungen der Menschen und juristischen Personen untereinander. Es sind deswegen die"Rechte" am Anfang unseres Grundgesetzes, weil diese Rechte historisch immer wieder mit Füßen getreten wurden und keineswegs selbstverständlich sind. Um diese"Rechte" wenigstens einigermaßen durchzusetzen, benötigt man einen einklagbaren juristischen Anspruch.
Alles das, was Sie gerade eben unter dem Thema"Urschuld" über unsere ökonomischen Zwänge dargestellt haben ist aber eine Selbstverständlichkeit. Es macht keinen Sinn, diese Selbstverständlichkeit in einem Gesetz zu formulieren - es wäre lediglich die Beschreibung einer Tatsache, und dafür braucht man kein Gesetz.
Das Problem sehen Sie ja bei der berühmten Klausel über die"pursuit of happiness" in der US-Verfassung. Diese juristische Regelung des Verhältnisses des Menschen zum Schicksal weicht vom Auftrag der Juristerei, Beziehungen der Menschen und juristischen Personen untereinander zu regeln, ab. Die"pursuit of happiness" ist ja auch gegen niemanden einklagbar, verklagen Sie mal Ihr Schicksal, wenn Sie"unhappy" sind! Die falsche Illusion aber, die hier geweckt wird, führt dazu, daß man sich einen Stellvertreter sucht (suchen muß), der einem den üblen Schicksalsschlag zugefügt hat. Und so kommt es, daß eine heiße Tasse Kaffe über der Hose oder Lungenkrebs wegen Rauchens zu Milliarden-Schadensersatzforderungen führen. Die offensichtliche Perversion solcher Klagen und Gerichtsurteile ist bereits in der Verfassung angelegt. Und deshalb ist es auch nicht sinnvoll, das Thema"Urschuld" in die Verfassungen aufzunehmen.
Gruß, F.
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dottore
17.07.2001, 18:48
@ Fontvieille
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Re: D'accord und besten Dank! (owT) |
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Galiani
18.07.2001, 02:36
@ dottore
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@dottore: Zum"Äufnen von Kapital", zur"Urschuld" und anderem |
Lieber, sehr verehrter dottore
Das Wort"äufnen" ist, wie Sie ja sicherlich noch aus Ihrer Schweizer Zeit wissen, hier in der Gegend noch ganz gebräuchlich. Ich gestehe, daß ich im Duden nachsehen mußte, als ich das Wort zum ersten Mal, vor vielen Jahren, in der NZZ las.
Aber zu etwas anderem:
Ihr"Urschuld"-Aufsatz ist natürlich wieder einmal in Diktion, Detailreichtum und auch in der Argumentation eine Meisterleistung. Langsam sammle ich mir auf diese Weise ene ganz schöne Datenbank zusammen...
Herzlichen Dank jedenfalls.
Dennoch bekenne ich, daß ich auch nach Studium dieser letzten sehr kenntnisreichen Abhandlung von Ihnen immer noch nicht so recht an die"Urschuld" glaube. Ich hege den schrecklichen Verdacht, daß die"Urschuld" nichts anderes ist als das biologische Postulat der Spezies, zu überleben. Das wollen aber zum Beispiel auch Hühner: Ich erinnere mich an meinen Onkel, einen Chirurgen, der in unserer Familie während des Krieges am Sonntag dafür zuständig war, den Hühnern, die meine Mutter mittags braten wollte, den Garaus zu mahen. Mein Onkel hat das - trotz seiner chirurgischen Vorbildung - wohl nicht richtig gemacht. Es hat mich als Kind jedenfalls immer tief beeindruckt, wie sehr sich die Hühner gegen das Schlachten gewehrt haben und daß sie, selbst nachdem ihnen der Kopf abgehackt war, meist noch ein Stückchen kopflos in der Gegend herumflogen. Mit einer"Urschuld" hatte das sicher nichts zu tun!
Aber im Ernst: als Jurist war ich immer der Ansicht, daß der Begriff der Schuld, auch in seiner doppelten Bedeutung, sowohl als debitum wie auch als culpa stets zwei Parteien voraussetzt, einen Gläubiger und einen Schuldner. Selbst wenn man den eigentlichen ökonomischen Bereich verläßt, mag ein Mensch zwar die Pflicht zu einem gewissen Verhalten gegenüber anderen, gegenüber der Allgemeinheit etwa, haben. Er mag es anderen gegenüber"schuldig" sein und bußfällig werden, wenn er seine Pflichten verletzt. Der Fromme wird sich Gott gegenüber zur Einhaltung von Geboten verpflichtet fühlen. Sich selbst aber kann meiner Überzeugung nach niemand etwas"schuldig" sein. Selbst wenn jemand sagt:"Ich bin mir das oder jenes schuldig", so meint er das im übertragenen Sinn, daß er nicht die Werthaltungen seines"bessern Ich's" verletzen möchte. Der philosophische Wiener Komödienschreiber Nestroy hat das einmal so ausgedrückt:"Wer wird jetzt das Richtigere tun? Der i oder der i?"
Und so bin ich denn nach wie vor zwar mit Ihnen der Meinung, daß die Verschuldung unserer Welt das Symptom einer tiefsitzenden Krankheit ist. Daß jedes Neugeborene qua Staatschuld schon von allem Anfang an eine beträchtliche Schuldenlast zu tragen hat, ist ein moralischer Skandal, an dem die Demokratie zugrunde gehen wird. Ich gehe auch mit Ihnen darin d'accord, daß es wahrscheinlich eher früher als später ökonomisch ein böses Erwachen geben wird. Denn immer nur hochzubuchen, führt zu Verzerrungen, zur Fehlallokation von Resourcen, wie wir Ã-konomen sagen, was irgendwann - und nochmals: wahrscheinlich in gar nicht so ferner Zukunft!; auch da haben Sie zweifellos recht! - sehr schmerzhaft korrigiert werden wird. Aber ich bezweifle, daß - in einer fundamentalen, in einer grundsätzlichen Weise, - Schulden ein theoretischer Konstruktionsfehler sind, der sozusagen dem lieben Gott bei der Erschaffung der Welt unterlaufen wäre.
Trotzdem besonders herzliche und respektvolle Grüße, Ihr
G.
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dottore
18.07.2001, 13:32
@ Galiani
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Re: Zwei Seelen, ach... Wer ist der"Conscius"? |
Lieber Galiani,
zunächst besten Dank für die netten Worte.
>Dennoch bekenne ich, daß ich auch nach Studium dieser letzten sehr kenntnisreichen Abhandlung von Ihnen immer noch nicht so recht an die"Urschuld" glaube. Ich hege den schrecklichen Verdacht, daß die"Urschuld" nichts anderes ist als das biologische Postulat der Spezies, zu überleben.
Ihr Verdacht trügt Sie nicht. Zunächst existiert in der Tat der Überlebenswille. Allerdings manifestiert sich dieser Wille nicht nur dadurch, dass der Mensch Gefahren ausweicht, sondern dass er laufend für sich selber sorgen muss.
Dieser Zwang ("muss") lässt sich ökonomisch fassen, indem wir zunächst ganz simpel fragen, mit welchen"Mengen" an Lebensmitteln (= Mittel, um zu überleben) ein Mensch im Laufe seines Lebens rechnen muss. Gehen wir von 2000 Kalorien pro Tag aus, kommen wir auf viele Millionen Kalorien, die sich der Mensch im Laufe eines Lebens zuführen muss, um nicht unterzugehen.
Viele Möche des Mittelalters, so las ich jüngst in einer Geschichte der Nahrungsmittelaufnahme, nahmen sogar bis zu 7000 Kalorien täglich zu sich (daher die Mönchsdarstellungen mit rundem Bauch und rosigen Wangen). Radsportler wie Jan Ullrich müssen pro Tag bis zu 20.000 Kalorien zu sich nehmen, umd die Strapazen der Tour zu bewältigen.
Die Kalorien werden heute nicht mehr in platten Einheiten dagestellt, sondern wir erleben sie in Form von allerlei Waren, auch Getränken. Die unmittelbar und täglich benötigte Kalorienzufuhr ist mit Hilfe der Preise der Waren auszurechnen, die sich inzwischen gebildet haben. (Die Radsportler nehmen vor allem Nudeln zu sich, die natürlich etwas kosten, dazu kommt die Zubereitung, die Aufnahme von Flüssigkeit usw.).
Gewiss kann jeder die Art seiner Kalorienzufuhr gestalten wie es ihm beliebt, aber am Zwang zur Zufuhr kommt er nicht vorbei. Man kann statt Spaghetti vielleicht Kaviar essen, statt zuckerhaltiger Coca Cola Champagner wählen, aber letztlich führt an einer Auspreisung des Lebensmittels kein Weg vorbei. Denn wäre das Mittel nicht erhältlich, trüge es keinen Preis.
Auch in bescheidensten Tauschwirtschaften tausche ich nicht Fleisch gegen Brot, um zu tauschen, sondern um entweder vom Fleisch oder vom Brot anschließend zu leben.
So ergibt sich Tag um Tag der Zwang, ein bestimmtes Gewicht (und heute eine bestimmte Summe) zur Verfügung zu haben, um das abzutragen, was ich unter"Urschuld" verstehe. Das selbe existiert nicht nur für die Kosten des Lebensunterhaltes, sondern auch für die des"Lebensaufenthaltes": Ich muss entweder zur Miete leben (Summe) oder im eigenen Haus, das aber seinerseits ebenfalls finanziert und laufend unterhalten werden muss (Summe).
Der Betrag, den ich allein täglich aufwende, um diese Urschuld zu bewältigen, liegt im Schnitt bei 80 CHF (incl. Benzin, Genussmittel usw.). Könnte ich diese 80 CHF nicht selbst aubringen (gegen Leistungen am Markt), müsste sie ein anderer für mich aufbringen.
Die Summe, die ich (oder ein anderer) zur Abtragung dieser meiner, inzwischen bescheiden und damit niedriger als früher gewordenen Urschuld aufbringen muss, liegt also bei knapp 30.000 CHF im Jahr. Ich könnte sie noch senken (Tram statt Auto, keine Genussmittel mehr usw.), aber irgendein Betrag wird übrig bleiben. Vielleicht 12.000 CHF?
Da meine Lebenserwartung noch bei ca. 20 Jahren liegt (Versicherungstabelle), komme ich an den 20 x 12.000 CHF nicht vorbei. Das Kapital (hier: meine früheren Einkünfte), das ich - in Eidgenössischen Anleihen zu 5 % angelegt - mindestens benötigen würde, um die 12.000 CHF p.a. daraus in Form von Zinsen (= meinem Einkommen, Steuern mal außen vor) zu erhalten, beliefe sich also auf 240.000 CHF. Es anzutasten wäre gefährlich, da ich nicht wissen kann, ob ich nicht noch 25 oder gar 30 Jahre vor mir habe (Leibrenten lassen wir weg).
So habe ich dann in meiner ganz persönlichen Bilanz auf der Aktivseite die 240.000 CHF als Vermögen stehen (der Begriff"Kapital" passt jetzt nicht mehr, da ich die 240.000 CHF als etwas verbuche, das mir Einkünfte verschafft, was eine Passivverbuchung ausschließt) und auf meiner Passivseite die entsprechend hohe Urschuld. Die arbeite ich nicht mehr selbst ab, da ich in diesem Beispiel ausschließlich von den Erträgen meines Vermögens leben möchte.
Die Schwierigkeit, mit dem Problem der Urschuld umzugehen, liegt vor allem darin, dass der Mensch nicht bilanziert, weil er sich selbst gegenüber kaum jemals Rechnung legt. Wer es aber tut, erkennt sehr schnell, was Sache ist: dass jeder von uns leider sich selbst"etwas schuldig ist". Wer diese Schuld dann abträgt, ob er selbst durch laufende Markteinkommen oder ein Vermögen, wobei dann andere für mich arbeiten oder Rentenansprüche, für die das nämlich gilt, spielt keine Rolle.
Ich bestehe nun durchaus nicht auf diesem Konstrukt, das gern als"weit hergeholt" betrachtet wird, wie ich aus vielen Diskussionen weiß. Aber ich empfehle jedem, sich das - und sei es nur als Gag - für sich selbst durchzurechnen. Er wird staunen. Danach kann er es gern wieder vergessen und weiter in den Tag hinein leben - in der Hoffnung, alles würde sich schon richten.
Aber dadurch, dass Zeit verstreicht, richtet sich leider nichts.
>Aber im Ernst: als Jurist war ich immer der Ansicht, daß der Begriff der Schuld, auch in seiner doppelten Bedeutung, sowohl als debitum wie auch als culpa stets zwei Parteien voraussetzt, einen Gläubiger und einen Schuldner.
Natürlich haben Sie Recht. Wer aber noch abstrakter als dies Juristen tun, denkt, kommt zu der verblüffenden Erkenntnis, dass das Phänomen"Mensch" durchaus aus zwei Parteien besteht. Einer, der die Schuld hat und einer, der sie für ihn abträgt.
Dies ist so ähnlich beim Phänomen"Staat", dessen Gläubiger (Bürger als Halter der Staatstitel) und Schuldner (gleiche Bürger als Steuerzahler) nicht unterschieden werden, da sich der Staat ebenso als"Einheit" versteht, was er in Wahrheit aber auch nicht ist.
>Selbst wenn man den eigentlichen ökonomischen Bereich verläßt, mag ein Mensch zwar die Pflicht zu einem gewissen Verhalten gegenüber anderen, gegenüber der Allgemeinheit etwa, haben. Er mag es anderen gegenüber"schuldig" sein und bußfällig werden, wenn er seine Pflichten verletzt. Der Fromme wird sich Gott gegenüber zur Einhaltung von Geboten verpflichtet fühlen.
Das ist richtig. Weshalb wir aber auch von einem Verlassen des"ökonomischen Bereiches" sprechen. Religiöse Verpflichtungen existieren nur in der spirituellen Vorstellungskraft und nicht in der Realität des zu lebenden Lebens bzw. Über-Lebens, das ich mir nicht nur vorstellen darf, sondern das ich über meinen Lebenszeitraum hinweg ganz unmittelbar, persönlich und physisch, bewältigen muss. Interessant ist, dass es"Opfer" gibt oder gegeben hat, also den Versuch, die (vorgestellte) Schuld gegenüber der Gottheit abzutragen.
Bernhard Laum, der hoch bedeutende Geldhistoriker leitete vor ca. 75 Jahren schon die Entstehung des Geldes aus dem Opfer ab. Und zwar aus einer Verbringung von Edelmetall in Tempel, die erst Schatzhäuser wurden (was im Grunde alle Tempel waren) und dann - je nach kulturellem Brauch - dieses Metall dann verliehen haben. Darüber existiert hin bis Heinsohn/Steiger eine umfangreiche Literatur.
>Sich selbst aber kann meiner Überzeugung nach niemand etwas"schuldig" sein. Selbst wenn jemand sagt:"Ich bin mir das oder jenes schuldig", so meint er das im übertragenen Sinn, daß er nicht die Werthaltungen seines"bessern Ich's" verletzen möchte. Der philosophische Wiener Komödienschreiber Nestroy hat das einmal so ausgedrückt:"Wer wird jetzt das Richtigere tun? Der i oder der i?"
Nestroy war, wie so viele, die sich scheinbar närrisch geben, durchaus auf der richtigen Spur.
Dazu noch ein äußerst wichtiger Gedanke: Das Wort"Gewissen" deutet schon in Richtung"Wissen" und zwar in dem Sinne, dass es zwei"Ichs" gibt, die beide dieses Wissen miteinander teilen (nach außen dringt nichts).
Das lateinische"Conscientia" (con = zusammen, gemeinsam, scire = wissen) macht es noch deutlicher: Der "Conscius" ist ein Zweiter (der Mit-Wisser) und zwar in uns selbst. Diesen, nur vermeintlich religiösen Hinweis verdanke ich P. Dr. Angelus Waldstein, dem ehemaligen Prior des Klosters Ettal, einem entfernten Verwandten des Feldherrn Wallenstein übrigens.
>Und so bin ich denn nach wie vor zwar mit Ihnen der Meinung, daß die Verschuldung unserer Welt das Symptom einer tiefsitzenden Krankheit ist. Daß jedes Neugeborene qua Staatschuld schon von allem Anfang an eine beträchtliche Schuldenlast zu tragen hat, ist ein moralischer Skandal, an dem die Demokratie zugrunde gehen wird. Ich gehe auch mit Ihnen darin d'accord, daß es wahrscheinlich eher früher als später ökonomisch ein böses Erwachen geben wird. Denn immer nur hochzubuchen, führt zu Verzerrungen, zur Fehlallokation von Resourcen, wie wir Ã-konomen sagen, was irgendwann - und nochmals: wahrscheinlich in gar nicht so ferner Zukunft!; auch da haben Sie zweifellos recht! - sehr schmerzhaft korrigiert werden wird. Aber ich bezweifle, daß - in einer fundamentalen, in einer grundsätzlichen Weise, - Schulden ein theoretischer Konstruktionsfehler sind, der sozusagen dem lieben Gott bei der Erschaffung der Welt unterlaufen wäre.
Bei der Erschaffung, wenn wir den Mythen Glauben schenken, nicht. Worauf läuft letztlich die Paradiesgeschichte der Bibel hinaus? Auf einen Konsum ("Apfel"), der böse Folgen hatte: Die Menschen wurden aus dem Paradies vertrieben und können sich nicht mehr im Garten Eden"kostenlos" bedienen. Sie müssen hinfort"im Schweiße ihres Angesichts" tätig sein, um sich selbst zu erhalten, sprich wiederum zu konsumieren.
In allen Mythen steckt ein höchst realer Kern. Ich glaube, in diesem Beispiel ist es die Tatsache, dass dem Menschen bewusst (wiederum"scire") wurde, dass er nicht mehr alles so genießen kann, wie die Natur es schenkt, sondern dass er dafür arbeiten (= leisten) muss.
Herzliche Grüsse zurück!
d.
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Galiani
18.07.2001, 17:56
@ dottore
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@dottore: OK, lassen wir's dabei! Grüße! Ihr"schizo-Urschuld-Mensch" G. (owT) |
>Lieber Galiani,
>zunächst besten Dank für die netten Worte.
>>Dennoch bekenne ich, daß ich auch nach Studium dieser letzten sehr kenntnisreichen Abhandlung von Ihnen immer noch nicht so recht an die"Urschuld" glaube. Ich hege den schrecklichen Verdacht, daß die"Urschuld" nichts anderes ist als das biologische Postulat der Spezies, zu überleben.
>Ihr Verdacht trügt Sie nicht. Zunächst existiert in der Tat der Überlebenswille. Allerdings manifestiert sich dieser Wille nicht nur dadurch, dass der Mensch Gefahren ausweicht, sondern dass er laufend für sich selber sorgen muss.
>Dieser Zwang ("muss") lässt sich ökonomisch fassen, indem wir zunächst ganz simpel fragen, mit welchen"Mengen" an Lebensmitteln (= Mittel, um zu überleben) ein Mensch im Laufe seines Lebens rechnen muss. Gehen wir von 2000 Kalorien pro Tag aus, kommen wir auf viele Millionen Kalorien, die sich der Mensch im Laufe eines Lebens zuführen muss, um nicht unterzugehen.
>Viele Möche des Mittelalters, so las ich jüngst in einer Geschichte der Nahrungsmittelaufnahme, nahmen sogar bis zu 7000 Kalorien täglich zu sich (daher die Mönchsdarstellungen mit rundem Bauch und rosigen Wangen). Radsportler wie Jan Ullrich müssen pro Tag bis zu 20.000 Kalorien zu sich nehmen, umd die Strapazen der Tour zu bewältigen.
>Die Kalorien werden heute nicht mehr in platten Einheiten dagestellt, sondern wir erleben sie in Form von allerlei Waren, auch Getränken. Die unmittelbar und täglich benötigte Kalorienzufuhr ist mit Hilfe der Preise der Waren auszurechnen, die sich inzwischen gebildet haben. (Die Radsportler nehmen vor allem Nudeln zu sich, die natürlich etwas kosten, dazu kommt die Zubereitung, die Aufnahme von Flüssigkeit usw.).
>Gewiss kann jeder die Art seiner Kalorienzufuhr gestalten wie es ihm beliebt, aber am Zwang zur Zufuhr kommt er nicht vorbei. Man kann statt Spaghetti vielleicht Kaviar essen, statt zuckerhaltiger Coca Cola Champagner wählen, aber letztlich führt an einer Auspreisung des Lebensmittels kein Weg vorbei. Denn wäre das Mittel nicht erhältlich, trüge es keinen Preis.
>Auch in bescheidensten Tauschwirtschaften tausche ich nicht Fleisch gegen Brot, um zu tauschen, sondern um entweder vom Fleisch oder vom Brot anschließend zu leben.
>So ergibt sich Tag um Tag der Zwang, ein bestimmtes Gewicht (und heute eine bestimmte Summe) zur Verfügung zu haben, um das abzutragen, was ich unter"Urschuld" verstehe. Das selbe existiert nicht nur für die Kosten des Lebensunterhaltes, sondern auch für die des"Lebensaufenthaltes": Ich muss entweder zur Miete leben (Summe) oder im eigenen Haus, das aber seinerseits ebenfalls finanziert und laufend unterhalten werden muss (Summe).
>Der Betrag, den ich allein täglich aufwende, um diese Urschuld zu bewältigen, liegt im Schnitt bei 80 CHF (incl. Benzin, Genussmittel usw.). Könnte ich diese 80 CHF nicht selbst aubringen (gegen Leistungen am Markt), müsste sie ein anderer für mich aufbringen.
>Die Summe, die ich (oder ein anderer) zur Abtragung dieser meiner, inzwischen bescheiden und damit niedriger als früher gewordenen Urschuld aufbringen muss, liegt also bei knapp 30.000 CHF im Jahr. Ich könnte sie noch senken (Tram statt Auto, keine Genussmittel mehr usw.), aber irgendein Betrag wird übrig bleiben. Vielleicht 12.000 CHF?
>Da meine Lebenserwartung noch bei ca. 20 Jahren liegt (Versicherungstabelle), komme ich an den 20 x 12.000 CHF nicht vorbei. Das Kapital (hier: meine früheren Einkünfte), das ich - in Eidgenössischen Anleihen zu 5 % angelegt - mindestens benötigen würde, um die 12.000 CHF p.a. daraus in Form von Zinsen (= meinem Einkommen, Steuern mal außen vor) zu erhalten, beliefe sich also auf 240.000 CHF. Es anzutasten wäre gefährlich, da ich nicht wissen kann, ob ich nicht noch 25 oder gar 30 Jahre vor mir habe (Leibrenten lassen wir weg).
>So habe ich dann in meiner ganz persönlichen Bilanz auf der Aktivseite die 240.000 CHF als Vermögen stehen (der Begriff"Kapital" passt jetzt nicht mehr, da ich die 240.000 CHF als etwas verbuche, das mir Einkünfte verschafft, was eine Passivverbuchung ausschließt) und auf meiner Passivseite die entsprechend hohe Urschuld. Die arbeite ich nicht mehr selbst ab, da ich in diesem Beispiel ausschließlich von den Erträgen meines Vermögens leben möchte.
>Die Schwierigkeit, mit dem Problem der Urschuld umzugehen, liegt vor allem darin, dass der Mensch nicht bilanziert, weil er sich selbst gegenüber kaum jemals Rechnung legt. Wer es aber tut, erkennt sehr schnell, was Sache ist: dass jeder von uns leider sich selbst"etwas schuldig ist". Wer diese Schuld dann abträgt, ob er selbst durch laufende Markteinkommen oder ein Vermögen, wobei dann andere für mich arbeiten oder Rentenansprüche, für die das nämlich gilt, spielt keine Rolle.
>Ich bestehe nun durchaus nicht auf diesem Konstrukt, das gern als"weit hergeholt" betrachtet wird, wie ich aus vielen Diskussionen weiß. Aber ich empfehle jedem, sich das - und sei es nur als Gag - für sich selbst durchzurechnen. Er wird staunen. Danach kann er es gern wieder vergessen und weiter in den Tag hinein leben - in der Hoffnung, alles würde sich schon richten.
>Aber dadurch, dass Zeit verstreicht, richtet sich leider nichts.
>>Aber im Ernst: als Jurist war ich immer der Ansicht, daß der Begriff der Schuld, auch in seiner doppelten Bedeutung, sowohl als debitum wie auch als culpa stets zwei Parteien voraussetzt, einen Gläubiger und einen Schuldner.
>Natürlich haben Sie Recht. Wer aber noch abstrakter als dies Juristen tun, denkt, kommt zu der verblüffenden Erkenntnis, dass das Phänomen"Mensch" durchaus aus zwei Parteien besteht. Einer, der die Schuld hat und einer, der sie für ihn abträgt.
>Dies ist so ähnlich beim Phänomen"Staat", dessen Gläubiger (Bürger als Halter der Staatstitel) und Schuldner (gleiche Bürger als Steuerzahler) nicht unterschieden werden, da sich der Staat ebenso als"Einheit" versteht, was er in Wahrheit aber auch nicht ist.
>>Selbst wenn man den eigentlichen ökonomischen Bereich verläßt, mag ein Mensch zwar die Pflicht zu einem gewissen Verhalten gegenüber anderen, gegenüber der Allgemeinheit etwa, haben. Er mag es anderen gegenüber"schuldig" sein und bußfällig werden, wenn er seine Pflichten verletzt. Der Fromme wird sich Gott gegenüber zur Einhaltung von Geboten verpflichtet fühlen.
>Das ist richtig. Weshalb wir aber auch von einem Verlassen des"ökonomischen Bereiches" sprechen. Religiöse Verpflichtungen existieren nur in der spirituellen Vorstellungskraft und nicht in der Realität des zu lebenden Lebens bzw. Über-Lebens, das ich mir nicht nur vorstellen darf, sondern das ich über meinen Lebenszeitraum hinweg ganz unmittelbar, persönlich und physisch, bewältigen muss. Interessant ist, dass es"Opfer" gibt oder gegeben hat, also den Versuch, die (vorgestellte) Schuld gegenüber der Gottheit abzutragen.
>Bernhard Laum, der hoch bedeutende Geldhistoriker leitete vor ca. 75 Jahren schon die Entstehung des Geldes aus dem Opfer ab. Und zwar aus einer Verbringung von Edelmetall in Tempel, die erst Schatzhäuser wurden (was im Grunde alle Tempel waren) und dann - je nach kulturellem Brauch - dieses Metall dann verliehen haben. Darüber existiert hin bis Heinsohn/Steiger eine umfangreiche Literatur.
>>Sich selbst aber kann meiner Überzeugung nach niemand etwas"schuldig" sein. Selbst wenn jemand sagt:"Ich bin mir das oder jenes schuldig", so meint er das im übertragenen Sinn, daß er nicht die Werthaltungen seines"bessern Ich's" verletzen möchte. Der philosophische Wiener Komödienschreiber Nestroy hat das einmal so ausgedrückt:"Wer wird jetzt das Richtigere tun? Der i oder der i?"
>Nestroy war, wie so viele, die sich scheinbar närrisch geben, durchaus auf der richtigen Spur.
>Dazu noch ein äußerst wichtiger Gedanke: Das Wort"Gewissen" deutet schon in Richtung"Wissen" und zwar in dem Sinne, dass es zwei"Ichs" gibt, die beide dieses Wissen miteinander teilen (nach außen dringt nichts).
>Das lateinische"Conscientia" (con = zusammen, gemeinsam, scire = wissen) macht es noch deutlicher: Der "Conscius" ist ein Zweiter (der Mit-Wisser) und zwar in uns selbst. Diesen, nur vermeintlich religiösen Hinweis verdanke ich P. Dr. Angelus Waldstein, dem ehemaligen Prior des Klosters Ettal, einem entfernten Verwandten des Feldherrn Wallenstein übrigens.
>>Und so bin ich denn nach wie vor zwar mit Ihnen der Meinung, daß die Verschuldung unserer Welt das Symptom einer tiefsitzenden Krankheit ist. Daß jedes Neugeborene qua Staatschuld schon von allem Anfang an eine beträchtliche Schuldenlast zu tragen hat, ist ein moralischer Skandal, an dem die Demokratie zugrunde gehen wird. Ich gehe auch mit Ihnen darin d'accord, daß es wahrscheinlich eher früher als später ökonomisch ein böses Erwachen geben wird. Denn immer nur hochzubuchen, führt zu Verzerrungen, zur Fehlallokation von Resourcen, wie wir Ã-konomen sagen, was irgendwann - und nochmals: wahrscheinlich in gar nicht so ferner Zukunft!; auch da haben Sie zweifellos recht! - sehr schmerzhaft korrigiert werden wird. Aber ich bezweifle, daß - in einer fundamentalen, in einer grundsätzlichen Weise, - Schulden ein theoretischer Konstruktionsfehler sind, der sozusagen dem lieben Gott bei der Erschaffung der Welt unterlaufen wäre.
>Bei der Erschaffung, wenn wir den Mythen Glauben schenken, nicht. Worauf läuft letztlich die Paradiesgeschichte der Bibel hinaus? Auf einen Konsum ("Apfel"), der böse Folgen hatte: Die Menschen wurden aus dem Paradies vertrieben und können sich nicht mehr im Garten Eden"kostenlos" bedienen. Sie müssen hinfort"im Schweiße ihres Angesichts" tätig sein, um sich selbst zu erhalten, sprich wiederum zu konsumieren.
>In allen Mythen steckt ein höchst realer Kern. Ich glaube, in diesem Beispiel ist es die Tatsache, dass dem Menschen bewusst (wiederum"scire") wurde, dass er nicht mehr alles so genießen kann, wie die Natur es schenkt, sondern dass er dafür arbeiten (= leisten) muss.
>Herzliche Grüsse zurück!
>d.
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