Guten Tag!
Das Folgende wird zur aufmerksamen Lektüre empfohlen. Es bringt Gewinn, weil es uns hilft die Welt der Wirtschaft besser zu verstehen und sich sicherer darin zu bewegen.
Heute sind uns Zahlen so vertraut wie Wasser und Luft. Sie werden nicht hinterfragt. Das allerdings ist ein schwerer Fehler, was sich schon beim Betrachten unseres Geldes zeigt.
Wir haben Münzen oder Banknoten in der Hand, aber auf den Münzen oder Noten erscheinen Zahlen, die ganz andere Zahlen sind als die Zahl des Geldes, das wir in der Hand haben.
Eine Banknote kann die Zahl 10 oder 100 zeigen und jedes Mal ist es aber nur eine Banknote. Wir können die Zahl 5 mit 5 Münzen auf denen jeweils die Zahl 1 erscheint ausdrücken oder nur mit einer Münze, auf der die Zahl 5 erscheint.
Noch skurriler wird es, wenn wir gebuchte Zahlen nehmen. Mit einer Buchung kann ich jede Zahl ausdrücken, so dass wir die Zahl 1 Million mit der Zahl 1 Buchung ausdrücken können. Würde beides zahlenmäßig aufeinander"passen", müssten wir 1 Million mal 1 Buchung über 1 Einheit ausführen, um die Summe 1 Million darzustellen.
Es ist unmöglich, eine Parität zwischen beiden Zählungen zu konstruieren, so dass zehn Münzen oder Scheine (als Menge) immer auch die Summe 10 ergibt. Wir zählen Mengen zwar nicht anders als Summen (1, 2, 3, 4, 5 usw.), aber damit allein kommen wir nicht weiter.
Aus der Identität der Zählungen resultiert übrigens die Verwechslung von"Geldmenge" mit"Geldsumme", die hier schon en detail diskutiert wurde. Es gibt eine klar zählbare Menge von Banknoten und Münzen, aber die Summe dieser Menge hat nichts mit der Summe zu tun, die auf den Banknoten und Münzen selbst festgehalten ist, was jedem sofort einleuchtet. Man kann Brautschuhe, die 100 kosten (Summe) mit einer Buchung zu 100 bezahlen, aber auch mit fünf Noten zu je 20, oder auch mit zehntausend kleinen Münzen zu je 0,01.
Auch wenn wir uns frühere Formen der Buchhaltung anschauen, wo tatsächlich jedes Mal jede Zahl einzeln gebucht wurde, dann sind wir nur in der nächsten Kalamität, nämlich jener der Einheit dessen, was gebucht wurde.
Hier sehen wir die Buchhaltung einer Alpgenossenschaft, wobei jeder Querstrich zunächst eine Einheit Milch bezeichnet.
Die Umschrift liest sich als"Shekel von Israel, Jahr 2", i.e. Jahr 67 unserer Zeitrechnung, auf der Rs. erscheint ein Stamm mit drei Blüten mit der Schrift"Jerusalem, die Heilige".
Eine Mine mit 60 mal 14 g ist natürlich niemals ausgeprägt worden, so dass sich die Zahl 1 mit der Vorstellung eines Shekels verbunden hat. Eine Mine war nur ein gedachtes Vielfaches dieser Zahl.
Interessanterweise erscheint auf den Shekeln auch eine Ziffer (der zweite Buchstabe des Alphabets"beth" = 2) aber er bezeichnet nicht ein Mehrfaches der Einheit Shekel, sondern des Jahres 1.
Es gibt auch Shekel, die 1/50 einer Mine waren, was zeigt, dass für das einfache Zählen (und dabei nicht zu vergessen, wie viel man gezählt hat) irgendwo zwischen 10 bis 12 die ganz natürliche Grenze war.
Die Zehner- und Zwölfersysteme haben sich im Geldwesen bis in die Gegenwart erhalten, man erinnere sich an das alte britische Pfund/Pence-System (Duodezimal-System mit 1 pound = 240 pence, dann erst das heutige Dezimalsystem) oder daran, das in Berlin z.T. noch immer die 5-Pfg.-Münze ein"Sechser" genannt wird, was auf den Graumannschen Münzfuss von 1750 zurückgeht, wo schon die Taler in Drittel, Sechstel und Zwölftel eingeteilt wurden; auch war ein Groschen dann 1/24 Taler, usw.).
Der Mensch hat also vor 5000 Jahren nicht die Zahlen erfunden, sondern Ziffern (einzelne unterschiedliche oder mehrfach wiederholte), um mehr als 10 (oder 12) Einheiten bezeichnen zu können.
Dass auch diese Zeichen nicht nach oben offen waren, zeigt dieses schöne Beispiel (aus Conway/Guy,"Zahlenzauber. Von natürlichen, imaginären und anderen Zahlen", 1997):
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Die Römer waren mit ihren 10 mal 100.000 am Ende, weil sie das m (M = mille = 1000) auch nicht weiterführen konnten (1000 - 10.000 - 100.000, jeweils mit zusätzlichen Bögen), weil sie wiederum nicht weiter als bis 10 Ziffern auf ein Mal zählen konnten oder wollten.
Und die Ägypter schnallten bei hohen Ziffern einfach ab: ein Männchen hebt hilflos die Arme hoch und läuft davon. Noch zur Lutherzeit war der Begriff"eine Million" gleichbedeutend mit"unendlich".
Es geht also immer um Einheiten bzw. um ein Vielfaches von Einheiten. Womit aber nicht gelöst ist, was die Einheit selbst darstellen soll und was eine Einheit überhaupt ist.
Das wird uns in Teil 2 beschäftigen. Eben so wie das Probem der"Stabilität", also von Einheiten zueinander über die Zeit.
Gruß
d.
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