Josef
26.07.2001, 14:38 |
Debitismus: Warum ist ein Geldschein ein Zahlungs-"versprechen"? Thread gesperrt |
Warum ist ein Geldschein, den ich fuer eine Dienstleistung erhalten habe,
ein Zahlungs-"versprechen"? Mit diesem Geldschein zahle ich dann die Reparatur
meines Autos. Wo ist dann das"Versprechen" geblieben. Es ist doch alles bezahlt
und die Schuld ist aus der Welt?
MfG
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Ecki1
26.07.2001, 14:52
@ Josef
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Re: Debitismus: Warum ist ein Geldschein ein Zahlungs-"versprechen"? |
Warum ist ein Geldschein, den ich fuer eine Dienstleistung erhalten habe,
ein Zahlungs-"versprechen"? Mit diesem Geldschein zahle ich dann die Reparatur
meines Autos. Wo ist dann das"Versprechen" geblieben. Es ist doch alles bezahlt
und die Schuld ist aus der Welt?
MfG
Nein. Der Geldschein steht nur stellvertretend für Forderungen (Handelswechsel, Pfandbriefe, Obligationen) auf der Aktivseite der Notenbankbilanz, gegen die er (nach Abzug der Monopolprämie) in Umlauf gebracht worden war. Wenn diese Forderungen fällig werden, muss sie deren Schuldner mit Zentralbankguthaben oder Banknoten ablösen.
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dottore
26.07.2001, 15:28
@ Ecki1
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Re: Debitismus: Warum ist ein Geldschein ein Zahlungs-"versprechen"? |
>Warum ist ein Geldschein, den ich fuer eine Dienstleistung erhalten habe,
>ein Zahlungs-"versprechen"? Mit diesem Geldschein zahle ich dann die Reparatur
>meines Autos. Wo ist dann das"Versprechen" geblieben. Es ist doch alles bezahlt
>und die Schuld ist aus der Welt?
>MfG
>Nein. Der Geldschein steht nur stellvertretend für Forderungen (Handelswechsel, Pfandbriefe, Obligationen) auf der Aktivseite der Notenbankbilanz, gegen die er (nach Abzug der Monopolprämie) in Umlauf gebracht worden war. Wenn diese Forderungen fällig werden, muss sie deren Schuldner mit Zentralbankguthaben oder Banknoten ablösen.
Genau so ist es.
Man könnte sich auch vorstellen, dass wir keine Notenbank haben und Handelswechsel, Pfandbriefe und Obligationen selbst als Geldschein benutzt werden. Der jeweilige Inhaber hätte dann eine Forderung gegen den jeweils auf diesen Papieren namentlich erscheinenden Schuldner. Er kann die Schuld des Schuldners bei diesem selbst einfordern oder er kann - bis zum Fälligkeitstag - diese Forderung an jemand anderen abtreten (zedieren).
Eine solche Abtretung (Gläubigerzession) ist jederzeit ohne Zustimmung des Schuldners möglich, dem es auch egal ist, wer die Schuld am Fälligkeitstag bei ihm einfordert. An seiner Schuld ändert das nichts.
Der Geldschein ist nur eine Tarnung des Tatbestandes, dass eine Forderung abgetreten (zediert) wurde. Dadurch dass er existiert, ändert sich an der eigentlichen, ursprünglichen Schuld überhaupt nichts. Nämlich der Schuld, gegen deren Hinterlegung (nie Bezahlung!) bei der Notenbank der Geldschein überhaupt erst erschienen ist.
Geldscheine werden nicht mit Wechseln, Pandbriefen, Obligationen usw. bezahlt. Und umgekehrt können diese bei Fälligkeit niemals mit den Geldscheinen bezahlt werden, die gegen ihre Hinterlegung ausgegeben wurden.
Für die Tarnung (= Erleichterung der Abtretungen, egal wie oft sie abgetreten werden) erhält die Notenbank die berühmte Prämie, die kein Zins ist, sondern eine Prämie, die sich aufgrund ihrer Monopolstellung ergibt.
Wenn Du die Reparatur Deines Autos bezahlst, trittst Du also immer eine Forderung ab, die ihrerseits an Dich (gegen Bezahlung Deiner Dienstleistung) abgetreten wurde. Dienstschuld und Reparaturschuld sind damit bezahlt, aber die bei der Ausgabe von genau dem Geldschein, mit dem Du bezahlst, bereits vorhandene Schuld ist nach wie vor offen.
"Alles" ist eben nicht"bezahlt". Sondern selbst im maximal denkbaren Fall immer nur"alles" minus eins.
Gruß
d.
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JüKü
26.07.2001, 15:46
@ dottore
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Re: Debitismus: Warum ist ein Geldschein ein Zahlungs-"versprechen"? / ZUSATZ |
>>Warum ist ein Geldschein, den ich fuer eine Dienstleistung erhalten habe,
>>ein Zahlungs-"versprechen"? Mit diesem Geldschein zahle ich dann die Reparatur
>>meines Autos. Wo ist dann das"Versprechen" geblieben. Es ist doch alles bezahlt
>>und die Schuld ist aus der Welt?
>>MfG
>>Nein. Der Geldschein steht nur stellvertretend für Forderungen (Handelswechsel, Pfandbriefe, Obligationen) auf der Aktivseite der Notenbankbilanz, gegen die er (nach Abzug der Monopolprämie) in Umlauf gebracht worden war. Wenn diese Forderungen fällig werden, muss sie deren Schuldner mit Zentralbankguthaben oder Banknoten ablösen.
>Genau so ist es.
>Man könnte sich auch vorstellen, dass wir keine Notenbank haben und Handelswechsel, Pfandbriefe und Obligationen selbst als Geldschein benutzt werden. Der jeweilige Inhaber hätte dann eine Forderung gegen den jeweils auf diesen Papieren namentlich erscheinenden Schuldner. Er kann die Schuld des Schuldners bei diesem selbst einfordern oder er kann - bis zum Fälligkeitstag - diese Forderung an jemand anderen abtreten (zedieren).
>Eine solche Abtretung (Gläubigerzession) ist jederzeit ohne Zustimmung des Schuldners möglich, dem es auch egal ist, wer die Schuld am Fälligkeitstag bei ihm einfordert. An seiner Schuld ändert das nichts.
>Der Geldschein ist nur eine Tarnung des Tatbestandes, dass eine Forderung abgetreten (zediert) wurde. Dadurch dass er existiert, ändert sich an der eigentlichen, ursprünglichen Schuld überhaupt nichts. Nämlich der Schuld, gegen deren Hinterlegung (nie Bezahlung!) bei der Notenbank der Geldschein überhaupt erst erschienen ist.
>Geldscheine werden nicht mit Wechseln, Pandbriefen, Obligationen usw. bezahlt. Und umgekehrt können diese bei Fälligkeit niemals mit den Geldscheinen bezahlt werden, die gegen ihre Hinterlegung ausgegeben wurden.
>Für die Tarnung (= Erleichterung der Abtretungen, egal wie oft sie abgetreten werden) erhält die Notenbank die berühmte Prämie, die kein Zins ist, sondern eine Prämie, die sich aufgrund ihrer Monopolstellung ergibt.
>Wenn Du die Reparatur Deines Autos bezahlst, trittst Du also immer eine Forderung ab, die ihrerseits an Dich (gegen Bezahlung Deiner Dienstleistung) abgetreten wurde. Dienstschuld und Reparaturschuld sind damit bezahlt, aber die bei der Ausgabe von genau dem Geldschein, mit dem Du bezahlst, bereits vorhandene Schuld ist nach wie vor offen.
>"Alles" ist eben nicht"bezahlt". Sondern selbst im maximal denkbaren Fall immer nur"alles" minus eins.
>Gruß
>d.
Wenn ich darf ;-)
Die Schuld, die hinter dem Geldschein steht, ist natürlich nicht weg, aber demjenigen, der den Schein zum Bezahlen weiter reicht, ist das in diesem Moment egal. Er hat das"Problem", dass der Schein wertlos werden könnte,"schnell genug" weiter gereicht. Das gilt atürlich nicht für die anderen Scheine oder evtl. Guthaben, die er sonst noch hat. Nur für diesen einen Schein ist er das Problem los. Oder ist das falsch ausgedrückt?
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dottore
26.07.2001, 16:02
@ JüKü
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Re: Debitismus: Warum ist ein Geldschein ein Zahlungs-"versprechen"? / ZUSATZ |
>Wenn ich darf ;-)
>Die Schuld, die hinter dem Geldschein steht, ist natürlich nicht weg, aber demjenigen, der den Schein zum Bezahlen weiter reicht, ist das in diesem Moment egal. Er hat das"Problem", dass der Schein wertlos werden könnte,"schnell genug" weiter gereicht. Das gilt atürlich nicht für die anderen Scheine oder evtl. Guthaben, die er sonst noch hat. Nur für diesen einen Schein ist er das Problem los. Oder ist das falsch ausgedrückt?
Nein, richtig.
Und vielleicht noch das, womit hoffentlich alles klar ist:
Bank darf an ZB Sicherheiten einreichen, um im Gegenzug Banknoten zu bekommen.
Bank hat 1000 € Sicherheiten (Summe steht auf dem Papier).
Bank kriegt 1000 €.
Mit diesen 1000 € muss sie sich die Sicherheit wieder abholen (der beim Repogeschäft bekannte Verkauf mit Rückkaufsverpflichtung).
Dann kauft sie mit den € die Sicherheit über 1000 € zurück.
Mit welchem Geld soll die Sichrheit bezahlt werden, die anschließend fällig wird?
Gruß
d.
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Caspar
26.07.2001, 16:45
@ Josef
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Re: Geldschein ein Zahlungs-"versprechen"? / paar Detailerläuterungen |
>Warum ist ein Geldschein, den ich fuer eine Dienstleistung erhalten habe,
>ein Zahlungs-"versprechen"? Mit diesem Geldschein zahle ich dann die Reparatur
>meines Autos. Wo ist dann das"Versprechen" geblieben. Es ist doch alles bezahlt
>und die Schuld ist aus der Welt?
>MfG
Ein Geldschein, früher Banknote genannt ist eine schriftlich fixierte
Schuld, und deshalb wie jede Schuld ein Zahlungsversprechen. Das
ganz System kann man nur verstehen, wenn man sich die Funktionweise
einer Geld- (besser noch: Eigentums-) wirtschaft anguckt.
Dazu habe ich jetzt gerade das auch von dottore mehrfach hier
empfohlene Buch"Bankpolitik" von Felix Somary gelesen, das
sehr viel zur Erhellung beiträgt, weil es eben die Abläufe eines ganzen
Banksystems beschreibt und auch, wie es sich geschichtlich entwickelt
hat, und zwar zum Stand von 1934. (Die dritte Auflage ist nach wie vor
lieferbar vom Verlag Mohr-Siebeck in Tübingen, an dem ich mir neulich
erst die Nase plattgedrückz habe.)
Somary definiert eine Bank als eine Institution die"berufsmässig
Schulden macht". Das scheint in der Tat der kleinste gemeinsame Nenner
zu sein. Dann beschreibt er sehr gut, wie die unterschielichen Banken
das organisieren. Die Anlagebank, die Hypothekenbank, die Notenbank,
die Kreditbank, etc. Aus den Beschreibungen der Funktion der Noten-
bank wird sehr schön sichtbar, wie die Notenbank sich langsam von
einem privaten Unternehmen immer mehr zu einer Institution mit
öffentlich-rechtlichem Charakter entwickelt hat, aber es wird dabei
deutlcih, dass das eine eher willkürliche Entscheidung ist (die ja
von der Bank von England abgegeuckt ist). Auch heute noch haben
Notenbanken ja noch private Eigentümer, eine Tatsache, die völlig
im Nebel lieght, und zu der ich mich auch noch näher informieren muss.
Wichtig in diesem Zusammenahng ist aber, dass die Notenbank"Geld"
immer so erzeugt: sie übernimmt die ducrh Kaufmannstradition
und Gesetze besonders formalisierte Form des Schuldscheins, den
Wechsel, entgegen und schreibt dem Einreicher eine um den Diskont-
satz abdiskontierte Summe (kleiner als die Summe über die der Wechsel
lautet) für sein Notenbankkonto gut. Dieser Einreicher, meist eine Bank,
kann dann in dieser Höhe Noten bekommen.
Der Einreicher kann solche Wechsel in beliebieger Höhe, aber nur bis zu
seinem Maximalkontingent, einreichen.
Daneben gibt es manchmal noch Lombardkredit bei der Notenbank,
das heisst Guthaben gegen hinterlegung lombardfähiger Wertpapiere.
Früher war die Note in sofern ein direkteres Versprechen, als man die
Barauszahlung verlangen konnte, und mit"bar" war früher eben immer
Gold gemeint.
Aber auch heute noch ist es"bankmässig" ne suabere Sache: Die Gut-
haben der Einreicher sind fällig, wenn auch der Wechsel fällig ist, das
heisst, der ursprüngliche Einreicher hat plötzlich KEIN Guthaben mehr,
bzw, wenn er es in Noten abgehoben hat, dann hat er ein Soll stehen.
Un da macht sicht die Notenbank GANZ eng und will sehen. Das heisst,
der Wechsel wird einbezahlt vom Bezogenen (der ursprünglich mal ne
Lieferung bekommen hat und diese jetzt endlich betzahlt), der gewährte
Kredit ist abgelaufen, und deshalb ist auch das mit dem Kredit
erzeugte Guthaben (genauer: eine Forderung auf ein bestimmte Frist)
weg. Der Einreicher muss also irgendwie aus dem Verkehr Noten
einsammelt und der Notenbank zurückgeben.
Kredit abgelaufen, Guthaben weg, Schulden weg, Note weg! Völlig ge-
schlossener Kreis.
Der Wechsel ist nun eine besonders sichere Form des Kredits, sagt
man. Das ist eigentlich der unausgesprochene Grundsatz bei seiner
Ausgestaltung, denn: jeder, der Ihn an Zahlungs statt entgegen nimmt
indossiert (unterschreibt) ihn auf der Rückseite. Damit garantiert er
Ihn aber gleichzeitig! Also muss nicht nur der Anfangsschuldner
(der Bezogene) für ihn gradestehen, sondern, falls der Pleite macht,
jeder Indossent, von oben runter! Wechsel platzen lassen ist der
kaufmännische Super-GAU, und daher rührt auch das ausgeprägte
Ehrengehabe unter Kaufleuten. Er hat das Vertrauen für immer
verloren, er hat keinen Kredit mehr, und credere heisst glauben.
(Am Ende etwas abgeschweift, aber es ist doch ein faszinierendes
System oder?)
"Geld drucken" kann eine Notenbank in so einem System also gar nicht.
Das geht nur, wenn die Notenbank plötzlich Schuldscheine mit weniger
rabiaten Liquidationsregeln akzeptiert. Üblicherweise lässt sie sich vom
Staat Schuldverschreibungen liefern, der ja sagen kann, wenn die Leute
nicht später für uns einzahlen, dann kommen wir mit den Soldaten -
das überzeugt dann erstmal ne Weile. Sowas wird gemacht, weil ein
paar Politiker mal wieder das"billige Geld" entdeckt haben.
Ohne eine Schuldner, der also mit unfairen Mitteln wie Gewalt arbeitet
kann das System also nicht leicht Schlagseite kriegen. Vielmehr rennen
alle denn ganzen Tag rum und versuchen seriös zu wirken, jeder will
von möglichst vielen das Vertrauen. Am seriösesten geben sich die
Banken, das kennt ja jeder, weil sie ja auch"berufsmässig" Schulden
machen.
Im Prinzip eine sehr peaciges System, WENN es nicht ausgehölt wird.
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