Aus der FTD vom 30.7.2001
Die Kolumne: Gefährliche Verbindung
Von Stephan-Götz Richter, Washington
In Kreisen der US-Industrie ist Mario Monti, oberster Wettbewerbshüter der EU, als Bezwinger von Jack Welchs GE inzwischen
wohlbekannt. Doch auch einige US-Banker könnten sich dank jüngster Bemühungen des EU-Kommissars in naher Zukunft auf unerwartete
- und unerwünschte - Weise ins Rampenlicht gerückt sehen.
Indem er die deutsche Bundesregierung im Landesbankenstreit zu einem weitgehenden Einlenken brachte, hat Monti die Aufmerksamkeit vieler
Beobachter, nicht zuletzt in den Vereinigten Staaten, auf die problematische Frage öffentlicher Subventionen für Finanzinstitute gerichtet.
Trotz jüngster Proteste des neuen Finanzministers Paul O’Neill leistet die Regierung in Washington weiterhin implizite Garantien für bestimmte
Kreditinstitute - also im Grunde dasselbe, was der deutschen Regierung vorgeworfen wurde. Stein des Anstoßes in den USA ist die Federal
National Mortgage Association, besser bekannt als"Fannie Mae" und die Federal Home Loan Mortgage Association, auch"Freddie Mac" genannt.
Von ihren netten Spitznamen abgesehen, unterscheiden sich die Institutionen in ihrem Auftrag kaum - beide sollen Hypothekendarlehen
erschwinglicher machen. Dazu gewähren sie Hypotheken, bündeln diese als Wertpapier und bieten das Produkt Investoren zum Kauf an. Der
große, und liquide Markt für die Fannie Mae und Freddie Mac-Bonds - mit einem Gesamtvolumen von rund 2000 Mrd. $ - hat vor allem den Effekt,
dass die Hypothekenkosten für den Durchschnittsamerikaner niedriger ausfallen.
Dieses Ziel haben die beiden Institutionen seit ihrer Gründung Ende der 60er Jahre mit bemerkenswertem Erfolg angestrebt. Allerdings sind
beide nicht unbedingt privatwirtschaftlich geführte Geldhäuser - aber eben auch nicht direkt öffentlich-rechtliche Institutionen.
Unabhängigkeit von der Politik
"Fannie" und"Freddie" müssen Privataktionären gegenüber Rechenschaft ablegen, und ihre Vorstände setzen alles daran, eine hohe
Profitabilität der Unternehmen zu gewährleisten - samt der hohen Gehälter für die Geschäftsführung. Das ist grundsätzlich durchaus positiv zu
bewerten, besonders im Vergleich zu den regional geführten deutschen Banken, denen in der Regel private Anteilseigner - zumindest bisher -
noch fehlen. Dass ein Ministerpräsident beziehungsweise Gouverneur die Finanzierung irgendeines persönlichen Lieblingsprojekts im
Immobiliensektor mit einem kurzen Telefonat regeln kann, wäre in den USA wohl kaum denkbar.
Darin liegt ein entscheidender Vorteil gegenüber den Landesbanken in Deutschland, von denen einige in den letzten Jahren vom rechten Pfad
abgekommen sind. Bisweilen entwickelten sie sich regelrecht zur Milchkuh, die von den Behörden für nahezu jedes beliebige Projekt vor Ort -
oder, schlimmer noch, in den abgelegensten Winkeln der Welt - gemolken werden konnte. Als Konsequenz daraus haben sich bei einigen dieser
Banken mittlerweile Kredite angehäuft, die unter rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten niemals vergeben worden wären.
Doch auch Fannie und Freddie haben ihre Probleme mit der hohen Politik. Laut Gesetz dürfen sie beim Fiskus in Anleihe gehen, also theoretisch
ihr Konto beim Steuerzahler überziehen. Und obwohl sie Investoren gegenüber angeben müssen, dass die US-Regierung nicht für ihre
Wertpapiere bürgt, ist man sich an der Wall Street einig, dass das Finanzministerium die beiden Firmen jederzeit vor dem Untergang retten
würde. Das Gleiche gilt auch für die Landesbanken, die so den Zorn der EU-Kommissare auf sich zogen.
Fannie und Freddie wollen jetzt noch einen Schritt weitergehen, denn die Wall Street ist auf der Suche nach neuen Benchmark-Anleihen. Bisher
dienten die US-Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit als Bewertungsmaßstab, doch sie dürften bald von der Bildfläche verschwunden sein.
Denn wenn die US-Regierung - trotz Steuersenkung und höherer Verteidigungsausgaben - planmäßig die Staatsschulden reduziert, dann wird
sie einen erheblichen Teil der ausstehenden Staatsanleihen früher oder später zurückgekauft haben.
Dazu müssen nicht einmal alle ausstehenden Schulden abgestottert werden, denn es reicht schon, wenn das Volumen der Treasury Bonds so
niedrig fällt, dass die Liquidität nicht mehr den Ansprüchen der internationalen Finanzmärkte genügt. Die amerikanische sowie internationale
Finanzwelt muss dann eine neue Benchmarkanleihe finden.
Neue Benchmark-Anleihe
Die Nachfolger auf der Benchmark-Position jedenfalls werden von ihrem neuen Status kräftig profitieren. Genießen sie doch besonders günstige
Refinanzierungskonditionen, da Anleger - vor allem auch institutionelle - praktisch nicht anders können, als ein gewisses Minimum an
Benchmark-Papieren in ihren Portfolios zu halten. Kein Wunder also, dass Fannie und Freddie sich von diesem Kuchen ein großes Stück sichern
wollen.
Doch irgendwann könnte für die US-Regierung das böse Erwachen kommen, wenn sie feststellen muss, dass Fannie und Freddie ohne Erlaubnis
implizite Garantien für sich selbst erstellt haben. Wenn ihre Pfandbriefe als Benchmark für Sicherheit etabliert sind und eines der beiden
Unternehmen in eine finanzielle Schieflage gerät, würde es unter den Anlegern einen fürchterlichen Aufschrei in Richtung Washington geben:
"Wir dachten, diese Investitionen wären sicher!"
Die US-Regierung würde sich in diesem Fall gezwungen sehen, mit Ex-post-facto-Garantien aufzuwarten. Daher lastet auf Washington, wie auch
auf Berlin, ein enormer Druck.
Noch sind Fannie und Freddie nur theoretische Streitpunkte, aber der Kongress und das Weiße Haus müssen bald handeln, damit diese Fragen
auch in Zukunft Theorie bleiben.
Stephan-Götz Richter ist Herausgeber von TheGlobalist.com
Hat das irgendwie mit dem nach wie vor starken Immobilienmark zu tun?
Von COSA:
Die niedrigen Hypothekenzinsen bewirkten Investments weg vom Aktienmarkt hin zu Immobilien sowie Refinanzierungen
laufender Hypotheken.
[img][/img]
--------------------------------------------------------------------------------
"Und obwohl sie Investoren gegenüber angeben müssen, dass die US-Regierung nicht für ihre
Wertpapiere bürgt, ist man sich an der Wall Street einig, dass das Finanzministerium die beiden Firmen jederzeit vor dem Untergang retten
würde."
Die Häusle MÜSSEN erschwinglich bleiben, um die gute Laune nicht zu verderben, oder sehe ich da was falsch? Bei einem Markt von 2000 US$, was würde passieren, wenn die Entlassungswelle schlußendlich doch auf den Häuslemarkt durchschlägt?
Gruß MARSCH
<center>
<HR>
</center> |